Havarie im Betrieb

Havariefall im Betrieb: Arbeitgeberpflichten & Prävention durch Havarieplan

Ein unvorhergesehener Störfall im Betrieb – eine Havarie – kann weitreichende Folgen haben: Produktionsausfälle, hohe wirtschaftliche Schäden und vor allem eine ernsthafte Gefährdung der Sicherheit von Mitarbeitern. Unternehmen stehen hier in der Pflicht, schnell und koordiniert zu handeln. Doch was genau ist eine Havarie? Welche Mitteilungspflichten bestehen bei einem Havariefall im Betrieb? Und wie kann man sich durch einen Havarieplan präventiv darauf vorbereiten? All das erfahren Sie in diesem Beitrag!
Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist eine Havarie im Betrieb?

Der Begriff „Havarie“ stammt ursprünglich aus der Schifffahrt und bezeichnet einen schweren Unfall, beispielsweise das Eindringen von Wasser in ein Schiff mit der Gefahr des Kenterns. Im betrieblichen Kontext beschreibt eine Havarie hingegen einen unerwarteten Störfall, der abrupt auftritt – etwa durch eine Explosion, einen Brand oder extreme Wetterbedingungen. Solche Ereignisse gefährden die Sicherheit von Mitarbeitern und können erhebliche Schäden an Maschinen, Gebäuden und anderen Betriebsmitteln verursachen.

Havariefall im Betrieb: Beispiele

Typische Havariefälle in einem Betrieb können durch verschiedene unvorhergesehene Ereignisse verursacht werden. Dazu gehören unter anderem:

  • Rohrbrüche, die Wasserschäden und Betriebsstörungen verursachen
  • Lecks an Gasleitungen mit hoher Explosions- und Vergiftungsgefahr
  • Austritt von Gefahrstoffen durch undichte Maschinen oder beschädigte Behälter
  • Brände in Produktions- und Lagerhallen
  • Elektrische Defekte, die zum Stillstand von Maschinen oder zur Brandgefahr führen
  • Schwere Sturmschäden, z. B. durch abgedeckte Dächer und eindringendes Wasser

Was müssen Unternehmen bei einem Havariefall im Betrieb tun?

Bei einem schwerwiegenden Notfall im Unternehmen muss die Havarie umgehend der zuständigen Behörde gemeldet werden. In den meisten Fällen ist dies das für die jeweilige Branche verantwortliche Landesamt. Daher sollten Unternehmen bereits im Vorfeld klären, welche Stelle in ihrem Fall zuständig ist. Betrifft die Havarie beispielsweise Gewässer oder geologische Strukturen, muss die Meldung an das Landesamt für Geologie und Bergbau erfolgen. Wenn Gefahrstoffe austreten und Personen außerhalb des Betriebs betroffen sind, ist das Landesamt für Verbraucherschutz des jeweiligen Bundeslandes zu informieren.

Mitteilungspflicht im Falle einer Havarie im Betrieb

Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, eine Havarie im Betrieb unverzüglich der zuständigen Behörde zu melden. Eine schuldhafte Verzögerung ist unzulässig. Die Mitteilung muss alle relevanten Sachverhalte umfassen, insbesondere:

  • Jeden Unfall oder jede Betriebsstörung, bei der Mitarbeitende durch den Umgang mit Gefahrstoffen gesundheitlich geschädigt wurden.
  • Fälle von Todesfällen oder Erkrankungen, die durch austretende Giftstoffe oder andere Folgen der Havarie verursacht wurden.
  • Die ausgeübte Tätigkeit der betroffenen Personen sowie die durchgeführte Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers.

Die rechtliche Grundlage für die Mitteilungspflicht bildet die Gefahrstoffverordnung sowie das Siebte Sozialgesetzbuch.

Behörden haben das Recht, Unternehmen oder einzelnen Mitarbeitern den Umgang mit Gefahrstoffen zu untersagen. Liegt eine akute Gefahr vor, können sie zudem sofortige Anordnungen gegenüber weisungsberechtigten Personen im Betrieb erlassen.

Wichtig: Diese Meldung ist nicht mit der Unfallmeldung an die Unfallversicherung zu verwechseln.

Prävention: Wie erstelle ich einen Havarieplan für den Fall einer Havarie im Betrieb?

Ein gut durchdachter Havarieplan ist essenziell, um im Ernstfall schnell und effektiv reagieren zu können. Er sollte als Teil der Gefährdungsbeurteilung sowie des betrieblichen Risikomanagements in das Sicherheitskonzept integriert werden. Die Erstellung eines Havarieplans erfolgt in drei zentralen Schritten:

  1. Status Quo erfassen
  2. Bestandsaufnahme evaluieren und Maßnahmen ableiten
  3. Ergebnisse dokumentieren und Mitarbeiter schulen

Havarieplan Schritt 1: Status Quo erfassen

Der erste Schritt bei der Erstellung eines Havarieplans entspricht der Gefährdungsbeurteilung: Verantwortliche analysieren potenzielle Risiken und Schwachstellen im Betrieb. Dabei werden kritische Bereiche identifiziert, in denen eine Havarie entstehen könnte.

Wichtige Fragen zur Bewertung des Status Quo

  • Wo entstehen Giftstoffe, und wie werden sie transportiert?
  • Welche Maschinen arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen?
  • Welche Arbeitsbereiche sind im Falle einer Havarie besonders gefährdet?
  • Gibt es bereits präventive Maßnahmen?
  • Werden alle rechtlichen Vorschriften zum Umgang mit Gefahrstoffen eingehalten?

Diese Bestandsaufnahme bildet die Grundlage für gezielte Schutzmaßnahmen und fließt direkt in das betriebliche Risikomanagement ein.

Havarieplan Schritt 2: Bestandsaufnahme evaluieren und Maßnahmen ableiten

Basierend auf der Gefährdungsbeurteilung aus Schritt 1 werden gezielte Schutzmaßnahmen entwickelt, um die Belegschaft, die Umwelt und die Öffentlichkeit im Havariefall bestmöglich zu schützen.

Wichtige Maßnahmen

  • Erstellung von Notfallplänen mit klaren Zuständigkeiten für den Ernstfall
  • Festlegung der Mitteilungspflichten (Welche Behörde muss in welchem Fall informiert werden?)
  • Planung präventiver Maßnahmen (zum Beispiel: regelmäßige Schulungen und Unterweisungen für Mitarbeitende, Weiterbildung von Fachkräften zu Brandschutzbeauftragten oder Betriebssanitätern)

Ein weiterer essenzieller Bestandteil des betrieblichen Risikomanagements ist das Anlegen und Kennzeichnen von Fluchtplänen, um im Notfall eine schnelle Evakuierung zu gewährleisten. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, die gesundheitlichen und lebensbedrohlichen Risiken einer Havarie im Betrieb zu minimieren.

Havarieplan Schritt 3: Ergebnisse dokumentieren und Mitarbeiter schulen

Ein effektiver Havarieplan endet nicht mit der Festlegung von Maßnahmen – er muss systematisch dokumentiert, kommuniziert und umgesetzt werden. Alle Schutzmaßnahmen werden nach Relevanz geordnet und als Betriebsanweisung den jeweiligen Tätigkeitsbereichen zugewiesen.

Im Rahmen dessen müssen Fluchtpläne erstellt, Feuerlöscher und geeignete Werkzeuge zur Brand- oder Gefahrstoffbekämpfung durch das Unternehmen bereitgestellt werden.

Weitere wichtige Schutzmaßnahmen

  • Schulung der Mitarbeitenden im Rahmen der betrieblichen Unterweisung
  • Nachrüstung technischer Einrichtungen, falls die Evaluation Verbesserungsbedarf aufgezeigt hat
  • Ausbildung von Ersthelfern und Betriebssanitätern, um bei Gefahrstoffvergiftungen schnell handeln zu können
  • Weiterbildung von Sicherheitsfachkräften und Ernennung von Brandschutzbeauftragten oder Betriebsärzten, um das Notfallmanagement zu stärken

Wichtig: Alle Maßnahmen müssen dokumentiert und kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit geprüft werden, um sicherzustellen, dass der Havarieplan auch langfristig den höchsten Sicherheitsstandards entspricht.

Havariemanagement fällt unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern. Unternehmen, die im Havariefall keine ausreichenden Schutzmaßnahmen getroffen haben, riskieren Schadensersatzforderungen durch betroffene Mitarbeiter sowie strafrechtliche Konsequenzen.

Die Erstellung eines Havarieplans und die regelmäßige Unterweisung der Mitarbeiter im Umgang mit Gefahrstoffen und Notfallsituationen sind daher nicht nur Teil eines effektiven Risikomanagements, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung.

Ein gut dokumentierter und regelmäßig überprüfter Havarieplan trägt daher nicht nur zur Sicherheit des Betriebs und der Mitarbeiter bei, sondern schützt auch vor rechtlichen Risiken.

Fazit: Risiken und Schäden bei einem Havariefall im Betrieb minimieren

Eine Havarie im Betrieb kann schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben. Geplatzte Leitungen, Brände oder Gefahrstoffaustritte können Produktionsausfälle verursachen und den Betrieb tage- oder wochenlang lahmlegen. Noch wichtiger ist jedoch die Verantwortung des Unternehmens für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden.

Havariemanagement nach ISO 31000 zertifizieren

Ein strukturierter Havarieplan ist daher essenziell, um Personenschäden zu vermeiden und Notfallsituationen effizient zu bewältigen. Unternehmen, die höchste Sicherheitsstandards einhalten möchten, können ihr Risikomanagement beispielsweise nach ISO 31000 zertifizieren lassen. Prävention durch einen klar definierten Havarieplan schützt nicht nur die Belegschaft, sondern sichert auch den langfristigen Geschäftsbetrieb.