Kennzahlen für Ihre Lageroptimierung
Wie schaffen Sie mehr Transparenz in Ihrem Lager?
Es gibt in Betrieben immer wieder Diskussionen in Bezug auf die Erhebung, Analyse und Auswertung von entsprechenden Werten.
Insbesondere dann, wenn die Zahlen individuelle Leistungsbeurteilungen von Mitarbeitern ermöglichen, werden die Kennwerte als Kontrollinstrument gesehen. Doch Kennzahlen sind weitaus mehr. Lesen Sie hier, welche Lagerkennzahlen für Sie am wertvollsten sind.
Welche Funktionen und Arten haben Kennzahlen?
Mit Kennzahlen lassen sich messbare betriebliche Zustände, Eigenschaften und Leistungen zusammenfassen und bewerten. Sie dienen darüber hinaus dazu, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge aufzuzeigen. Sie sind damit wesentlich mehr als ein Kontrollinstrument für Mitarbeiter, Gruppen oder ganze Abteilungen. Grundsätzlich sollen Kennzahlen dazu dienen, die Überwachung und Koordination zu verbessern und somit Entscheidungen abzusichern. Kennzahlen sind absolute Zahlen oder Verhältniszahlen, die in einer verdichteten Form Aussagen über zahlenmäßig erfassbare Tatsachen geben. Da Kennzahlen Daten aus der abgelaufenen Periode zugrunde legen, sind sie vergangenheitsorientiert – um dann aber auf Grundlage dieser Kennzahlen vorausschauend Maßnahmen zu ergreifen.
Damit können auf der Grundlage von Kennzahlen u. a. Vergleiche erfolgen (Benchmarks), Sachverhalte transparent gemacht und die Lager in Ihrem Unternehmen beurteilt werden.
Die Top-7 wichtigsten Lagerkennzahlen im Überblick:
Welche Kennzahlen gibt es für Ihr Lager?
Kennzahlen schaffen Transparenz und können auch zur Motivation beitragen, indem man Verbesserungen in messbaren Größen darstellt. Ein wichtiger Randbereich der Produktion ist das Lager bzw. der Bestand. Hier sind Kennzahlen unumgänglich und werden häufig von der Geschäftsführung gefordert.
Im Folgenden werden die wichtigsten Kennzahlen zur Erfassung, Analyse und Optimierung des Lagers erklärt und mathematisch beschrieben.
Kennzahl 1: Durchschnittlicher Lagerbestand
Der durchschnittliche Lagerbestand (Ø Lagerbestand) gibt Auskunft darüber, wie groß die Vorräte im Durchschnitt sind.
Verändert sich diese Kennzahl, hat das Auswirkungen auf die Kapitalbindungskosten und damit natürlich auch auf die Lagerkosten. Sind die Zu- und Abgänge nicht gleichmäßig oder die Messperiode lang, sollten Sie folgende Formel anwenden:
∅ Lagerbestand = (Anfangsbestand + 12 Monatsendbestände) / 13
Sind Zu- und Abgänge sehr konstant, reicht die Summe des Anfangs- und Endbestands geteilt durch 2.
Kennzahl 2: Bevorratungsquote
Die Bevorratungsquote gibt Auskunft über Bevorratungsintensität des beschafften Materials.
Eine Veränderung dieses Verhältnisses zwischen der Gesamtzahl der bevorrateten Artikel zur Gesamtzahl der insgesamt beschafften Artikel hat Auswirkung auf Ihre Lagerhaltungskosten. Ebenso werden die Kapitalbindungskosten und damit auch auf Ihre Liquidität und die Lieferbereitschaft beeinflusst.
Bevorratungsquote = Gesamtzahl der bevorratenden Artikel / Gesamtzahl der insgesamt beschafften Artikel
Kennzahl 3: Lagerhaltungskostensatz
Der Lagerhaltungskostensatz gibt an, wie hoch die Kosten der Lagerhaltung (Kostenintensität) in Abhängigkeit vom Wert der gelagerten Ware sind.
Verändert sich der Lagerhaltungskostensatz, hat dies Auswirkungen auf die Rentabilität sowie die Berechnung der optimalen Bestellmenge. Die möglichen Ursachen für eine negative Entwicklung des Lagerhaltungskostensatzes (d. h. der Lagerhaltungskostensatz erhöht sich) können beispielsweise in einer zu geringen Lagerkapazitätsauslastung oder einer unwirtschaftlichen Lagerverwaltung begründet sein.
- Je höher der durchschnittliche Lagerbestand, desto höher ist folglich auch der Lagerhaltungskostensatz.
- Je niedriger der durchschnittliche Lagerbestand, desto niedriger ist demnach auch der Lagerhaltungskostensatz.
Lagerhaltungskostensatz (LHKS) = Lagerkostensatz + kalkulatorischer Zinssatz (p. a.)
Anmerkung: Der in der Formel aufgeführte „kalkulatorische Zinssatz (p. a.)“ entspricht dem markt- bzw. banküblichen Zinssatz für das in den Lagerbeständen gebundene Kapital.
Kennzahl 4: Lagernutzungsgrad
Der jeweilige Nutzungsgrad gibt an, wie viel Prozent der Fläche/Höhe bzw. des Raumes tatsächlich für die Lagerung genutzt wird.
Die größte Lagernutzung ermöglicht die Blocklagerung, bei der die Güter auf Paletten gestapelt und ohne große Zwischenräume in Gängen gelagert werden (Lagerraumnutzung liegt hier bei ca. 80 %).
Die ungünstigste Lagernutzung ist anzutreffen, wenn kleine und große, flache und sperrige Materialien in denselben Regalen gelagert werden, weil sie etwa nach Zeichnungsnummern zusammengehören.
Flächennutzungsgrad = (belegt Lagerfläche) / (insgesamt vorhandene Lagerfläche) * 100 [%]
Raumnutzungsgrad = (belegtes Lagervolumen) / (insgesamt vorhandenes Lagervolumen) * 100 [%]
Höhennutzungsgrad = (tatsächliche Nutzhöhe) / (maximal mögliche Nutzhöhe) * 100 [%]
Kennzahl 5: Lagerkostensatz
Beim Lagerkostensatz (LKS) werden die Lagerkosten ins Verhältnis zum durchschnittlichen Lagerbestand (siehe Kennzahl 1) gesetzt.
Die Lagerkosten bestehen aus den Kosten, die im Bereich Lager anfallen – das sind z. B. Personalkosten, Abschreibungen und Zinsen, Instandhaltungskosten, Versicherungskosten, Energiekosten (Strom, Heizung usw.) sowie Kosten für Schwund, Bruch, Verderb oder Diebstahl.
Lagerkostensatz = (Lagerkosten) / (∅ Lagerwert) *100 [%]
Tipp: Diese Lagerkosten sollten Sie berücksichtigten, wenn Sie Ihre Losgrößen dimensionieren. Das, was Sie eventuell durch Erhöhung von Fertigungsmengen einsparen, geben Sie oftmals an Lagerkosten für Eigenfertigungsteile mehr aus!
Kennzahl 6: Lagerreichweite
Die Lagerreichweite gibt Auskunft über die interne Versorgungssicherheit durch eigene Bestände innerhalb einer Periode (meist Tage, Wochen oder Monate). Sie zeigt damit die Zeit an, für die der Lagerbestand bei einem (durchschnittlichen bzw. geplanten) Materialverbrauch ausreicht.
Verändert sich die Lagerreichweite, kann das die eigene Lieferbereitschaft beeinflussen – entweder führt dies bei zu niedriger Lagerreichweite zu Fehlmengenkosten oder bei zu hoher Lagerreichweite zu (unnötigen) Kapitalbindungs- bzw. Lagerhaltungskosten.
Die Gründe für eine negative Entwicklung der Lagerreichweite können beispielsweise in Lieferengpässen oder einer unzureichenden Disposition liegen.
Lagerreichweite = (∅ Lagerbestand [der Periode]) / (Verbrauch [pro Periode])
Lagerreichweite = (∅ Lagerbestand [der Periode] + offene Bestellungen) / (geplanter Verbrauch [pro Periode])
Die Lagerreichweite wird in Lean-Projekten oftmals auch in Durchlaufzeit umgerechnet. So ist die Reichweite gleichzusetzen mit den Tagen, die das Produkt im Durchschnitt liegen bleibt!
Kennzahl 7: Umschlagshäufigkeit
Die Lagerumschlagshäufigkeit (LU) gibt an, wie oft sich das im Lager befindliche Material innerhalb einer Periode (meist ein Jahr) umschlägt, d. h. wie oft sich das Material im Lager verbraucht oder verkauft und durch Neueinlagerung ersetzt wurde.
Bei der Lagerumschlagshäufigkeit wird also der Materialverbrauch mit dem Lagerbestand in Beziehung gesetzt. Eine Reduzierung der Umschlagshäufigkeit würde anzeigen, dass die Lagerhaltung und damit die Kapitalbindung zugenommen haben – dies ist negativ zu bewerten.
Ziel ist es also, eine möglichst hohe Umschlagshäufigkeit zu erzielen. Eine Erhöhung der Umschlagshäufigkeit bewirkt eine Verkürzung der Lagerdauer. Dies führt zu einer Senkung der Lagerkosten sowie des Kapitaleinsatzes durch Kapitalbindung – dies ist positiv zu bewerten.
Maßnahmen zur Erhöhung der Umschlagshäufigkeit waren z. B. eine Reduzierung des Sicherheitsbestands oder eine Verkürzung der Beschaffungszeiten.
LU = (Lagerabgänge bzw. Verbrauch [pro Periode]) / ∅ Lagerbestand
Betrachtet man die Periode für ein Jahr, so erhält man die Formel
LU = (360 Tage) / ∅ Lagerdauer
Tipp: Die Betrachtung der Lagerumschlagshäufigkeit sollten Sie nicht nur pauschal für das gesamte Lager durchführen, sondern auch pro Materialgruppe oder Materialposition. Dabei wären insbesondere die A-Güter näher zu betrachten.