Die verschärfte LKW-Maut in Deutschland und der mögliche Umgang damit
Nach langem Hin und Her hat der Bundestag im November 2022 den Beschluss gefasst, die LKW-Maut zum 1.1.2023 zu erhöhen. Die zusätzlichen Einnahmen sollen für verkehrsträgerübergreifende Mobilität genutzt werden. Außerdem wurde auch eine Reform verabschiedet, die ab 2024 greifen soll. Was bedeutet die Mauterhöhung in der Praxis und welche Auswirkungen sind für Unternehmen zu erwarten?
Warum gibt es die Maut überhaupt?
In Deutschland gibt es die LKW-Maut seit 2005. Belastet werden LKWs ab 7, 5 Tonnen. Zuerst galt die Maut auf Bundesautobahnen und stark befahrenen Bundesstraßen, bis sie im Juli 2018 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet wurde. Mithilfe eines Wegekostengutachtens (WKG) wird die Höhe der Maut berechnet. Als Grundlage für die Maut gelten die Kosten für den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung der Fernstraßen. Seit 2022 werden auch die Kosten mit einberechnet, die durch die Luftverschmutzung und Lärmbelastung der Fahrzeuge entstehen.
In der Regel wird ein WKG für einen Zeitraum von fünf Jahren erstellt. Das letzte WKG stammt aus dem Jahr 2018. Somit ist für den nächsten Zeitraum ab 2023 ein neues Gutachten fällig, das nun auch erstellt wurde. Die Befristung des WKG hat seine guten Gründe, denn die Maut wird regelmäßig ausgeweitet, außerdem werden neue Kosten berücksichtigt.
Wer zahlt am meisten?
Der höchste Anstieg der Mautkosten ist bei den niedrigen Emissionsklassen Euro 0 bis Euro 4 zu beobachten. Diese Fahrzeuge sind weniger umweltfreundlich und belasten die Umwelt somit mehr. Doch auch für LKWs der Klasse Euro 5 mit einem Gesamtgewicht zwischen 7,5 und 12 Tonnen sind hohe Ausgaben vorgesehen.
Welche Bedeutung hat die Maut für Deutschland?
Die Einnahmen aus dem Mautsystem spielen bei der Finanzierung der Infrastruktur eine zentrale Rolle. Fast 74 Milliarden Euro sind in den Jahren von 2005 bis 2021 durch den Mautbetreiber Toll Collect an den Bundeshaushalt übergeben worden. Bis 2011 wurde ein Teil der Gelder für den Erhalt des Schienen- und Binnenwasserverkehrs verwendet. Dies hat sich jedoch geändert, denn seit 2012 wird nur noch das Fernstraßennetz durch die Mauteinnahmen finanziert.
Wie sieht es in den Nachbarländern aus?
In allen Ländern der Europäischen Union gibt es eigene Mautregelungen. Seit Längerem bestehen Bestreben, europaweit ein einheitliches Mautsystem einzuführen. 2012 wurde ein Entwurf zur neuen Eurovignettenrichtlinie präsentiert. Demnach sollten LKWs mit einem Gesamtgewicht ab 3,5 Tonnen in allen EU-Staaten eine Mautabgabe entrichten. Aufgrund der hohen Betriebskosten im deutschen Mautsystem konnte Deutschland jedoch eine Ausnahmeregelung durchsetzen.
Auch in Polen und Frankreich sollen die Mautkosten im Jahr 2023 steigen. In Frankreich ist eine Erhöhung der Autobahnmaut um 4,75 % vorgesehen. Zum Vergleich: 2022 stieg die Autobahnmaut um 2 %. Allerdings gibt es auch Nachlässe, denn Vielfahrer sollen ab 1.2.2023 einen Rabatt von 40 % erhalten, bislang waren es 30 %. In Polen ist für 2023 ebenfalls eine Erhöhung der Mautkosten für Lkws vorgesehen. Genau wie in Deutschland betrifft dies nun auch in Polen Lkws ab einem Gewicht von 3,5 Tonnen.
Was halten Unternehmen von der Mauterhöhung?
Im Zusammenhang mit der geplanten Mauterhöhung hat sich harsche Kritik laut gemacht. Vor allem der Ausweitung auf die Mautpflicht für Lkws ab 3,5 Tonnen ab 2024 wird mit Unmut begegnet. Darüber hinaus soll die Maut im Rahmen dieser Reform auch im Jahr 2024 zu einer CO2-abhängigen Gebühr umgestaltet werden, was ebenfalls auf Unverständnis stößt. Bei diesem Szenario würden Unternehmen profitieren, die Lkws mit alternativen Antrieben einsetzen. Allerdings ist der Umstieg auf Elektro-Lkws für viele Betriebe nach wie vor unmöglich. Kritiker sehen zudem eine deutliche Benachteiligung deutscher LKW-Fahrer, da in Deutschland auf Benzin und Diesel eine CO2-Abgabe erhoben wird. Ausländische Lkws können sich da aus der Affäre ziehen, indem sie ganz einfach nicht in Deutschland tanken.
Mit welchen Folgen müssen Unternehmen rechnen?
Ab 2023 wird ein LKW über 18 Tonnen der Schadstoffklasse Euro 6 für jeden hinterlegten Kilometer statt wie bisher 16,9 Eurocent nun 18,1 Eurocent zahlen müssen. Betroffen sind vor allem Transportunternehmen, die unter den erhöhten Kosten zu leiden haben. Die auch so schon angeschlagene Transportwirtschaft sieht sich mit nie zuvor dagewesenen Problemen konfrontiert: Hohe Treibstoffkosten, erhöhte Lohnforderungen und Inflation treiben die Branche in die Enge.
Experten warnen, dass viele Betriebe vor dem Aus stehen. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) könnte die Mauterhöhung letztendlich eine Halbierung der Einnahmen zur Folge haben. Außerdem werden sich die erhöhten Mautkosten in den Produktkosten für den Endverbraucher bemerkbar machen, was die Kaufbereitschaft deutlich senken dürfte.
Was können Unternehmen tun?
Die Erhöhung der Mautkosten ist beschlossene Sache. Eine Möglichkeit, ihr zu entgehen, wäre der Umstieg auf Lkws mit Elektroantrieb. Doch gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist dies ausgeschlossen. Bleibt nur noch die Lösung, sich durch andere Maßnahmen auf die Mauterhöhung einzustellen. Da der CO2-Ausstoß nun einen hohen Stellenwert bei der Berechnung der Mautkosten einnimmt, sollte vorab ein Plan erstellt werden.
Überhaupt sind ab 2023 alle großen Transportunternehmen EU-weit dazu verpflichtet, ein Corporate Sustainability Reporting mit Emissionsanalyse abzugeben. KMU können sich diese Taktik zunutze machen und eine betriebsinterne Emissionsanalyse erstellen. In diesem Zusammenhang können digitale Routenplaner hilfreich sein. Sie berechnen schon vor Fahrtantritt den zu erwartenden Ausstoß an CO2 und anderen Luftschadstoffen. Außerdem eilt das Förderprogramm “Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur” (KsNI) vom Bundesamt für Güterverkehr zu Hilfe, das bis zu 80 % der Mehrkosten übernimmt. Zahlreiche KMU haben bereits einen Antrag gestellt, um Teil des KsNI zu sein.