Infografik zur Selbstorganisation im Unternehmen.

Selbstorganisation im Unternehmen: Methoden und Tipps

Die Arbeitswelt hat sich dank der Digitalisierung in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark verändert, der Arbeitsalltag ist schnelllebiger geworden. Das verlangt von Mitarbeitern und Führungskräften viel ab – Entscheidungen müssen schneller getroffen werden, auf neue Umstände muss flexibler reagiert werden, will ein Unternehmen weiterhin erfolgreich sein. Mit herkömmlichen Methoden ist dies aber oftmals nicht mehr zu erreichen. Deshalb entscheiden sich viele Unternehmen für das Konzept der Selbstorganisation oder des agilen Arbeitens. Was das ist und worauf Sie achten müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet Selbstorganisation?      

Der Begriff der Selbstorganisation geht auf Frederic Laloux und sein Buch „Reinventing Organizations“ zurück, welches als Manifest der New Work-Szene gilt. Dort beschreibt er, wie Unternehmen mithilfe dieses neuen Prinzips ganzheitlich und selbstorganisierend arbeiten können.

Die Methode der Selbstorganisation stellt Hierarchien in Unternehmen vollkommen auf den Kopf. Die Führung obliegt nämlich nicht mehr nur einzelnen Personen, sondern wandelt sich zur Angelegenheit aller Mitglieder eines Teams. Im Rahmen dessen erhalten alle Teams und Gruppen eines Projektes die Kompetenz zur selbstständigen Organisation – Mitarbeiter können demnach selbstbestimmt arbeiten und Entscheidungen autonom treffen.

Es funktioniert so: Die Verantwortung für einzelne Themen wird innerhalb eines Teams bzw. Projekts auf die Mitarbeiter verteilt, so dass die Führungsverantwortung nicht mehr zur Person selbst, sondern zur Rolle gehört. Dies stärkt die Flexibilität und Handlungsfähigkeit des Teams, da Mitarbeiter auch wechselnde Rollen übernehmen können. 

Dabei lassen sich drei Stufen der Selbstorganisation unterscheiden:

  • Erste Stufe: Die Teammitglieder entscheiden eigenständig, wie sie ihre Arbeit durchführen wollen.
  • Zweite Stufe: Hier setzen die Teammitglieder zusätzlich eigene Standards und kontrollieren sich selbst.
  • Dritte Stufe: Auf der letzten Stufe arbeitet ein Team vollkommen selbstorganisiert und entscheidet selbst über Inhalte, Ziele und Bearbeitungsart.

Aber Achtung: Es funktioniert nur, wenn Führungskräfte auch dazu bereits sind, Aufgaben und Verantwortung abzugeben. Außerdem ist je nach Unternehmens- oder Teamkontext eine andere Stufe passend.

Selbstorganisation in Unternehmen: Was sind die Vorteile?

Selbstorganisierte Teams können einem Unternehmen viele Vorteile bringen, allerdings kann die Entscheidung für diese Arbeitsmethode, wenn nicht richtig umgesetzt, auch zu Nachteilen für eine Organisation führen.

Vorteile der SelbstorganisationNachteile der Selbstorganisation
Gesteigerte Motivation der Mitarbeiter: Die aktive Mitgestaltung des eigenen Jobs führt zu einer stärkeren Wertschätzung auf Seiten des und somit auch zu einem höheren Verantwortungsbewusstsein. Selbstorganisierte Mitarbeiter können dadurch eine gesteigerte Motivation erfahren.Vorteilsnahme durch Mitarbeiter: Es ist durchaus möglich, dass einzelne Mitarbeiter die neue Freiheit ausnutzen und ihre Aufgaben nicht im vorgegebenen Maße erledigen. Dadurch könnte auch die Stimmung innerhalb des Teams in Mitleidenschaft gezogen werden.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Das selbstorganisierte Arbeiten kann zu einer gesteigerten Agilität eines Unternehmens führen, weil es durch zügig getroffene Entscheidungen schneller auf neue Umstände reagieren kann.Überforderung der Mitarbeiter und Führungskräfte: Nicht jeder Mitarbeiter kommt gut mit so viel Verantwortung klar und kann sich zunächst einmal überfordert fühlen. Aber auch Führungskräfte können sich auf den Schlips getreten fühlen, wenn sie auf einmal Verantwortung und Aufgaben abgeben müssen. 
Geringerer Zeitaufwand und Kosten: „Zeit ist Geld“ heißt es so schön. Aufgrund der größeren Handlungsfähigkeit können Unternehmen schnell Anpassungen oder Veränderungen vornehmen, welche Zeit und Kosten sparen. Außerdem entstehen durch das eigenverantwortliche Arbeiten und Zeitmanagement effiziente und innovative Lösungen und optimale Produkte.Konfliktpotenzial: Wenn die Aufgaben- und Kompetenzregelung nicht klar definiert ist, kann es zu Konflikten und Auseinandersetzungen innerhalb des Teams führen.

Was sind die Voraussetzungen für selbstorganisiertes Arbeiten in einer Organisation?

Eines muss Ihnen klar sein, sollten Sie mit der Einführung des selbstorganisierten Arbeitens in Ihrem Unternehmen liebäugeln: Dieser Prozess kann viel Zeit in Anspruch nehmen sowie erhebliche Kosten verursachen. Deshalb sollten Sie vorher sichergehen, dass Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation die richtigen Voraussetzungen für die Methode der Selbstorganisation erfüllt und die Verantwortlichen über die erforderlichen Kenntnisse des Projektmanagements verfügen.

Grundsätzlich eignet sich das Prinzip der Selbstorganisation für jedes Unternehmen – je nach Größe oder Branche muss jedoch ein anderes Zeitmanagement angesetzt werden, damit die Umstellung auf diese Organisationsform gelingt. Folgende Voraussetzungen sollten jedoch stets gegeben sein, um alle Ziele zu erreichen.

Diskussionen transparent austragen

Nicht jeder wird mit der Umstellung auf das selbstorganisierte Arbeiten einverstanden sein. Das können zum einen Mitarbeiter sein, die überhaupt gar kein Interesse daran haben, mehr Verantwortung zu übernehmen. Zum anderen können sich Führungskräfte quer stellen, die keine Macht abgeben wollen. Deshalb sollte eine klare und transparente Diskussionskultur innerhalb des Unternehmens vorhanden sein, welche die Bedenken der Angestellten ernst nimmt.

Unterstützung von oberster Stelle

Es sollten alle von diesem Prozess überzeugt sein – in vorderster Front aber natürlich die Führungsebene, denn ohne sie wird die Umstellung der Strukturen nicht funktionieren. Wenn es die Führung eines Unternehmens nicht ist, wie sollen da die Mitarbeiter mitgezogen werden? 

Klare Aufgabenverteilung und Lernkultur 

Ein Unternehmen sollte sich über die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter und Führungskräfte bewusst sein und dementsprechend die neuen Rollen verteilen. Fühlen sich Mitarbeiter überfordert, senkt es die Motivation. Des Weiteren ist eine ausgeprägte Lernkultur Voraussetzung für die Einführung des selbstorganisierten Arbeitens in einem Unternehmen oder einer Organisation.

5 Tipps für die Einführung von Selbstorganisation im Team 

Damit die Umsetzung der Selbstorganisation in Ihrem Unternehmen oder Ihrer Organisation reibungslos klappt, müssen einige Faktoren beachtet werden. Welche, erfahren Sie dank unserer fünf Tipps.

1. Aufgaben und Zuständigkeiten klar verteilen

Um Machtkämpfe und Konflikte innerhalb eines Teams zu vermeiden, sollten im Vorfeld die Aufgaben und Zuständigkeiten klar verteilt werden. Das beinhaltet ebenfalls, klare Regeln zu schaffen. Zunächst muss festgelegt werden, auf welchen Weg Entscheidungen getroffen werden sollen und wann Teammitglieder diesen Rahmen selbst verändern dürfen. Hier kommen die Führungskräfte ins Spiel, die trotz des Abflachens der Hierarchien natürlich immer noch den Hut aufhaben. Diese übernehmen nun jedoch mehr die Aufgabe des Moderierens und stehen ihrem Team beratend zur Seite.

2. Setzen Sie hohe Standards bei der Kommunikation

Ohne die richtige Unternehmenskultur werden Sie keine Chance haben, das selbstorganisierte Arbeiten innerhalb Ihrer Abteilungen umzusetzen – und dazu gehört auch eine transparente Kommunikation. Dies betrifft sowohl das Verhältnis zwischen Führungskräften und deren Mitarbeitern als auch zwischen den einzelnen Teammitgliedern. 

So ist eine offene Debattenkultur das A und O des selbstorganisierten Arbeitens, denn nur auf diesem Weg können Verantwortlichkeiten klar zugeteilt werden und ein offener Austausch unter den Mitarbeitern entstehen. Eine offene Kommunikation kann das Zünglein an der Waage sein, ob eine Projektarbeit erfolgreich ist oder nicht.

3. Offenes Feedback und Kritik gehört zur Selbstorganisation in einem Unternehmen dazu

Zu Beginn wird es immer Probleme geben, umso wichtiger sind offenes Feedback und Kritik. Diese helfen dabei, Strategien anzupassen, Konflikte aus dem Weg zu räumen sowie etwaige Hürden zu erkennen. Das ist besonders wichtig, da durch die Auflösung der traditionellen Hierarchien ein vergrößertes Konfliktpotenzial entsteht. Am Ende profitieren alle Beteiligten von einer offenen und feedbackfreundlichen Kultur innerhalb eines Unternehmens.

4. Keine Selbstorganisation ohne Weiterbildung der Mitarbeiter

Nicht jeder Mitarbeiter bringt die Skills mit, die ihn automatisch zu einer Führungsfigur qualifizieren. Sorgen Sie mit Weiterbildungen dafür, dass sich Ihre Angestellten nicht überfordert und mit ihrer neuen Rolle wohlfühlen. Dazu gehören ebenfalls Schulungen in Moderations-, Methoden-, Konflikt- und Kommunikationskompetenzen.

5. Auch die technische Infrastruktur muss passen

Ohne die richtige Technik funktioniert nichts, auch nicht das selbstorganisierte Arbeiten. Für die richtige Zusammenarbeit muss auch die entsprechende Technik vorhanden sein – seien es virtuelle Teammeetings oder die Ablage von wichtigen Dokumenten, worauf alle Teammitglieder Zugriff haben müssen. Schaffen Sie gute technische Bedingungen für Ihr Team.

Beispiele für Tools und Methoden des selbstorganisierten Arbeitens

Um das selbstorganisierte Arbeiten innerhalb Ihres Unternehmens oder Teams umzusetzen, können Sie verschiedene Techniken und Methoden anwenden. Wir zeigen Ihnen die beliebtesten Tools.

  • Daily-Standup-Meetings: In dieser Art von Meeting werden die nächsten 24 Stunden geplant und kurzfristige Entscheidungen getroffen. Daily-Standup-Meetings finden – wie der Name schon andeutet – täglich statt, außerdem sollten sie nie länger als 15 Minuten andauern.
  • Taskboards: Mithilfe dieses Boards bzw. Tafel können Sie oder Ihre Teammitglieder Aufgaben verteilen und so den Status der Bearbeitung visualisieren. Dies geht sowohl in analoger als auch virtueller Form (z.B. Trello). 
  • Pair Programming: Hier nehmen sich zwei Mitarbeiter einer Aufgabe zusammen an, so dass die Führungsverantwortung auf zwei Köpfe verteilt werden kann.   
  • Scrum: Hier gibt es keinen einzelnen Teamleiter, der die Aufgaben an die Mitarbeiter verteilt. Stattdessen arbeitet das gesamte Scrum-Team selbstorganisiert. Dafür übernehmen die Teammitglieder je eine Rolle. Hier wird ebenfalls mit Taskboards gearbeitet.
  • Kanban: Der Entwicklungsprozess eines Produktes oder Projektes wird durch eine erhöhte Transparenz sowie Feedbackschleifen optimiert. Das Ziel ist ein effizienter Workflow, der zu einem optimalen Ergebnis führt.

Fazit: Mit Selbstorganisation ein Unternehmen zum Erfolg führen

Neben Methoden wie Crowdworking, Design Thinking oder OKR gehört die Selbstorganisation zum letzten Schrei in der modernen Arbeitswelt. Das Prinzip ist dabei klar: Traditionelle Hierarchien und Strukturen werden auf den Kopf gestellt, der Begriff Führung erhält eine neue Bedeutung. 

Wenn richtig umgesetzt, hält das selbstorganisierte Arbeiten Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bereit. So kann es nicht nur die Motivation von Angestellten steigern, sondern auch die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens. Wichtig beim Prozess der Umsetzung ist jedoch, alle Beteiligten – vor allem die Führung – an Bord zu haben und transparent vorzugehen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Selbstorganisation

Bei der Selbstorganisation obliegt die Führung nicht mehr nur einzelnen Personen, sondern wandelt sich zur Angelegenheit aller Mitglieder eines Teams. Im Rahmen dessen erhalten alle Teams und Gruppen eines Projektes die Kompetenz zur selbstständigen Organisation – Mitarbeiter können demnach selbstbestimmt arbeiten und Entscheidungen autonom treffen.
Unternehmen können flexibler auf Veränderungen in der Umwelt reagieren, wodurch sich der Unternehmenserfolg steigern kann. Außerdem steigert sich die Motivation der Mitarbeiter, da sie eine größere Wertschätzung erfahren und ihre eigenen Vorstellungen einbringen können.