Employee- und Management-Buyout: Wenn eigene Mitarbeiter die Firma übernehmen

Nicht immer kann die Kontinuität der Geschäftsleitung auf klassischem Weg fortgeführt oder ein passender externer Firmenkäufer gefunden werden. Dann tritt mitunter das Management oder gar die reguläre Belegschaft auf den Plan.
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Firmeneigentümer wechseln tagtäglich. Das kann ein Senior-Geschäftsführer sein, der das Unternehmen an seine Kinder weitergibt. Es kann sich aber ebenso als ein Unternehmen darstellen, das an Dritte verkauft wird.

Allerdings läuft es aus unterschiedlichsten Gründen nicht immer so reibungslos. Vielleicht will die Familie das Unternehmen nicht übernehmen – oder es gibt unlösbaren Streit darüber, wer die Führungsrolle bekommt. Vielleicht ist die Firma auch angeschlagen, sodass sich kein externer Käufer findet.

Dann entsteht ein Dilemma, das sich oft nur noch auf zweierlei Arten lösen lässt: Der Betrieb geht unter oder diejenigen, die darin bislang als Gehaltsempfänger arbeiteten, kaufen sich ein und übernehmen das Ruder.

Was es mit diesen Formen des Buyouts auf sich hat und wie es in der Praxis ablaufen kann, lesen Sie jetzt.

Employee- und Management-Buyout im Überblick

Firmen jeglicher Art gehören in vielen Nationen der Erde zu den weitgehend frei handelbaren Gütern – bei Aktiengesellschaften ist das sogar der Wesenskern. Das heißt im Endeffekt: Wer die nötigen Mittel aufbringen und gleichzeitig die bisherigen Unternehmenseigentümer von sich überzeugen kann, dem steht es prinzipiell frei, selbst zum Eigentümer zu werden. Ganz ähnlich, als würde eine Industrieanlage gegen Geld den Besitzer wechseln – naturgemäß vorbehaltlich etwaiger vorgeschriebener Nachweispflichten, etwa Meisterzwängen.

Sowohl Employee- als auch Management-Buyout (fachsprachlich EBO, beziehungsweise MBO abgekürzt) sind diesbezüglich jedoch eine gewisse Besonderheit: Hierbei ist in den typischen Konstellationen niemand Firmenfremdes beteiligt; zumindest nicht im Rahmen der neuen Geschäftsführung:

  • Employee-Buyout: Hierbei erwirbt eine Gruppe aus der regulären Mitarbeiterschaft das Unternehmen. Je nach Betriebsgröße können das nur einzelne Akteure sein oder sogar die gesamte Belegschaft.
  • Management-Buyout: Dabei tritt ausschließlich das aktive, bislang angestellte Management des Hauses als Käufer auf. Erneut können das einzelne Personen sein oder eine geschlossene Gruppe.

Sie erkennen es vielleicht bereits: Natürlich sind hierbei ebenso Mischformen möglich. Beispielsweise ein einzelner leitender Angestellter im Zusammenspiel mit weiteren Angestellten. Je nachdem, welcher Anteil überwiegt, greift die eine oder die andere Bezeichnung.

Tatsächlich lassen sich im Rahmen derart „irregulärer“ Übernahmen sogar fünf distinktive Varianten ausmachen:

  1. Privatisierungs-EBO/MBO: Das Unternehmen ist dabei im Ausgangszustand immer eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Die Angestellten führen im ersten Teil sozusagen eine „Freundliche Übernahme“ durch. Dann allerdings zeigt sich der Unterschied: Die bisherige Aktiengesellschaft wird im Anschluss in eine andere Unternehmensform umgewandelt und dadurch re-privatisiert.
  2. Leveraged EBO/MBO: Zwar übernehmen die bislang Angestellten das Ruder, mangels Eigenkapital sind jedoch Dritte als wichtigste Kapitalgeber beteiligt (= mehr als 50 %). Häufig wird hierfür Mezzanine-Kapital angewendet. Zwar existieren bei dieser speziellen Finanzierungsform Firmen, die sich auf den Immobiliensektor fokussieren (Gebäude oder Grundstücke), andere Investment-Unternehmen liefern jedoch Mezzanine für Buyouts. Die Mittelgeber (die nicht dem Bankenrecht unterliegen) erhalten dafür im Gegenzug wahlweise Beteiligungen, Nachrangdarlehen mit Zinsen oder Anleihen bzw. Genussscheine. Häufig wird hierbei das Mezzanine-Kapital so ausgestaltet, dass es Eigenkapital ähnelt.
  3. Sanierungs-EBO/MBO: Hierbei unterliegt das Unternehmen in seiner bisherigen Form immer einer wirtschaftlichen Schieflage. Der bisherige Eigentümer kann oder will die Finanzierung nicht mehr übernehmen – weshalb externe Käufer häufig schwierig zu finden sind.
  4. Management-Buy-In: Im Gegensatz zum Buyout durch internes Personal erfolgt die Übernahme durch Externe, meist ebenfalls Manager.
  5. Institutional Buyout: Institutionelle Investoren treten als Käufer auf, etwa Fondsgesellschaften oder Banken.

Bei den beiden letztgenannten Varianten sind natürlich vornehmlich Externe beteiligt. Sie wurden deshalb nur der Vollständigkeit halber genannt. Im weiteren Verlauf des Artikels fokussieren wir uns auf klassische EBOs und MBOs.

EBO und MBO: Gute Gründe für die interne Übernahme

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass die Weiterführung, respektive Veräußerung eines Unternehmens auf klassische Weise oftmals nicht ganz einfach ist. Das gilt übrigens selbst bei wirtschaftlich gesunden Betrieben.

  • Die Kosten sind angesichts der aktuellen Wirtschaftslage einfach zu groß, es findet sich kein Interessent.
  • Es handelt sich nicht um eine Gesamtübernahme, sondern es soll nur ein Unternehmensteil ausgegliedert werden.
  • Der bisherige Eigentümer verstirbt urplötzlich. Das ist in jeglicher Konstellation des Unternehmens hinsichtlich seiner Form extrem schwierig. Gibt es keine Gesellschafter oder nicht einmal Erben, ist jedoch der Gipfel der Komplexität erreicht.
  • Der bisherige Geschäftsführer findet schlicht keinen eigenen Nachfolger, der ihm persönlich genehm ist. Mitunter regt er deshalb EBO oder MBO sogar von sich aus an.
  • Das Unternehmen wird aus irgendeinem Grund konträr zu den Wünschen der Belegschaft geführt. Gibt es eine passende Mischung aus Unzufriedenheit, Mut und Mitteln, kann ein Buyout versucht werden.

Letzten Endes verhält sich die reale Sachlage folgendermaßen: Prinzipiell ist jeder Grund, der die Veräußerung eines Unternehmens anstößt, gut genug, um ein Buyout durch das Management oder die Angestellten zu rechtfertigen.

EBO und MBO: Die Vor- und Nachteile der inneren Übernahme

Als wirtschaftlich bewanderte Person wissen Sie vermutlich, wie sehr jede Form von Eigentümerwechsel einen Einschnitt bedeutet. Gerade wenn externe Personen an die Spitze des Unternehmens kommen, zeigt sich das häufig. Denn jeder hat einen anderen Führungsstil, andere Zielsetzungen und Vorstellungen über den Weg dorthin.

Prinzipiell lässt sich sagen: Je länger das Unternehmen im Besitz des bisherigen Eigentümers war, desto größer ist das Risiko, bei einem Wechsel einen Bruch zu erleben – ob zum Positiven oder Negativen sei dahingestellt.

Die Vorteile von Employee- und Management-Buyout liegen daher auf der Hand:

  • Es dürfte unterhalb des Geschäftsführers niemanden geben, der das Unternehmen derart intim und langjährig kennt, wie es die Angestellten tun. Beim Management kommen überdies noch sehr tiefgehende Kenntnisse der wichtigsten, für die Leitung relevanten, Betriebsinterna hinzu.
  • Da bis auf etwaige Investoren keine externen Kreise involviert sind, besteht kein Risiko für den Abfluss von Unternehmensinterna.
  • Insbesondere beim MBO kommt für wichtige Kunden und Lieferanten die Gewissheit einer Kontinuität hinzu: Es gibt unter den Kontakt- und Führungspersonen keine neuen Gesichter, keine Unbekannten, weshalb keine dramatischen Änderungen zu befürchten sind.
  • Bei einem in wirtschaftlichen Problemen steckenden Unternehmen sind EBO und MBO zwar oftmals die einzig tragfähige Option, diese ist jedoch enorm schlagkräftig. Denn wer das Risiko auf sich nimmt, Teil eines Buyouts zu sein und zudem auf eine Geschichte als Angestellter des Hauses zurückblicken kann, ist oft mit besonders viel Leidenschaft dabei, um den Betrieb zu retten.
  • Insbesondere bei einem guten Miteinander von bisherigem Inhaber und den Angestellten ist die Chance enorm hoch, dass die Firma zukünftig exakt im Sinn beider Parteien fortgeführt wird – wohingegen es bei anderen Konstellationen oftmals völlig anders verläuft.
  • Handelt es sich um eine Ausgliederung eines Teilbereichs, dann hat dieses neue Unternehmen durch die personelle Verbindung zum alten Betrieb in aller Regel deutlich bessere Startchancen.
  • Das Risiko von Brüchen ist bei keiner anderen Form des Firmenverkaufs so gering. Gerade erfolgreichen Unternehmen kann das stark dabei helfen, weiterhin auf diesem Kurs zu bleiben.

Natürlich können diese vielen Vorteile nicht die Existenz von potenziellen Nachteilen verbergen. Allerdings werden Sie feststellen, um wie viel kleiner diese sind. Tatsächlich sprechen wir sogar nur von vier möglichen Positionen:

  • Beim MBO können sich mitunter Interessenskonflikte ergeben. Dann, wenn bisherige Manager von Teilbereichen plötzlich die Gesamtleitung übernehmen müssen.
  • Aufgrund der Struktur als Käufergruppe können sich nach der Übernahme Dispute über den künftigen Kurs einstellen – und wer welche Führungsrollen übernimmt.
  • Externe bringen oftmals neue Ideen, frische Denkansätze und Ähnliches mit in das Haus. Bei EBO/MBO unterbleibt dies, wodurch sich mitunter längerfristig Nachteile ergeben können.
  • Insbesondere beim EBO kann es mitunter an den nötigen Kompetenzen mangeln, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen.

EBO und MBO: Genossenschaft als oftmals beste Lösung

Wenn Angestellte die Firma als Gruppe übernehmen, steht immer die Frage im Raum, welche Rechtsform das Unternehmen hernach haben soll. Zwar bietet sich hier prinzipiell die gesamte Bandbreite aller Rechtsformen an. Für diesen besonderen Fall hat sich jedoch immer wieder die Genossenschaft als besonders tauglich erwiesen.

Solange mindestens drei Personen in dem Buyout involviert sind, ist diese Möglichkeit gegeben. Der enorme Vorteil: Ungleich zu den meisten anderen Rechtsformen ist die Genossenschaft im Kern nach dem Prinzip „von Mitarbeitern, durch Mitarbeiter, für Mitarbeiter“ aufgestellt.

Ferner genießen Genossenschaften einen guten Ruf bei Geldgebern und stellen für die einzelnen Gründungsmitglieder durch die geringen Kosten der Anteile ein geringes Risiko dar.