Gründe und Lösungen für den Fachkräftemangel
Was sind die Gründe für den Fachkräftemangel?
Laut Institut der deutschen Wirtschaft fehlten vom Sommer 2021 bis Sommer 2022 538.000 Fachkräfte in Deutschland. Das ist eine fast unglaubliche Zahl, die den hohen Bedarf und die vielen offenen Stellen, die faktisch nicht besetzt werden können, offenbart. Diese Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes hat verschiedene Gründe:
- Demografischer Wandel: Die deutsche Gesellschaft verändert sich und das nicht zwingend zum Vorteil des Arbeitsmarktes. Zum einen wird Deutschland immer älter. Die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre gehen nach und nach in Rente. Gleichzeitig ist die Geburtenrate der letzten Jahre und Jahrzehnte zu gering, um diese Lücke zu schließen, die durch immer frühere Renteneintritte sogar noch vergrößert wird. Deutschland als Einwanderungsland kann zwar durch Zuzug aus dem Ausland entgegenwirken, das reicht allerdings kaum aus.
- Digitalisierung: Die zunehmende Digitalisierung kann langfristig zu einem geringeren Bedarf an Arbeitskräften führen, weil Aufgaben und Prozesse optimiert oder vielleicht sogar ganz automatisiert werden. Allerdings schafft das auch Jobs mit höheren Anforderungen, die nun erst einmal durch qualifiziertes Personal besetzt werden müssen.
- Veränderte Arbeitswelt: Auch die Arbeitswelt verändert sich – und das nicht nur auf technologischer Ebene. Junge Talente haben nun höhere Ansprüche an ihre Karriere, den Arbeitgeber, die eigene Work-Life-Balance. Dabei geht es dann zum Beispiel um eine verkürzte Arbeitszeit. Bei der älteren Generation ist der Trend zum früheren Renteneintritt zu beobachten. Das führt wiederum zu mehr offenen Stellen bzw. zu Stellen, die nicht zwingend in Vollzeit besetzt werden. Der moderne Arbeitnehmer arbeitet nicht einfach nur mehr um jeden Preis, das eigene Privat- oder Familienleben steht ebenso im Fokus.
- Zudem ist die Arbeitswelt globaler geworden. Fachkräfte sind bereit, für die richtige Stelle ins Ausland zu gehen oder können in einigen Branchen vielleicht sogar aus dem Homeoffice agieren. Damit entsteht eine internationale Konkurrenzsituation.
- Regionale Besonderheiten: Regionen, die als strukturschwach gelten oder ein schlechtes Image als Wohnort haben, haben es schwer, Fachkräfte anzulocken. Die Städte werden immer beliebter, ländliche Gebiete haben Probleme, Nachwuchs zu finden und ihre Gemeinden mit Leben zu füllen. In der Folge stehen vor allem kleine und mittelständische Betriebe vor der Herausforderung, die eigenen Standortnachteile auszugleichen.
- Ausbildung vs. Studium: Es ist seit mehr als 20 Jahren eine gegenläufige Entwicklung von angefangenen Ausbildungen und Studienanfängern auszumachen. 2020 gab es sogar zum ersten Mal mehr junge Menschen, die ein Studium aufgenommen haben, statt eine Ausbildung zu beginnen. Für viele Branchen ist das ein Problem, da sie nur über das Ausbildungssystem ihre eigenen Fachkräfte ausbilden können. Der gesellschaftliche Fokus auf das Studium hat sicherlich mit dem besseren Image und den vermeintlich besseren Gehaltsperspektiven zu tun.
Wie können Unternehmen auf den Fachkräftemangel reagieren?
Einige Aspekte, die zum Fachkräftemangel führen, lassen sich nur gesamtgesellschaftlich lösen. Es gibt allerdings dennoch Lösungsstrategien, die jedes Unternehmen für sich verfolgen kann und muss.
- Employer Branding: Um die auf dem Arbeitsmarkt verbleibenden Fachkräfte vom eigenen Unternehmen überzeugen zu können, ist es wichtig, als attraktiver Arbeitgeber aufzutreten und wahrgenommen zu werden. Heute spricht man bei Strategien, die genau das bewirken sollen, vom Employer Branding. Die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer das Unternehmen überzeugen musste, sind vorbei. Heute muss sich das Unternehmen zunächst Gedanken darüber machen, mit welchen Mitteln sich die geeigneten Bewerber finden und überzeugen lassen.
- Arbeitgeberattraktivität und Benefits: Die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber hängt zunehmend von den Arbeitsbedingungen ab. Arbeitnehmer lassen sich nicht nur alleine mit Geld oder Karrierechancen überzeugen. Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen müssen stimmen. Dabei geht es zum Beispiel um flexible Arbeitszeitmodelle, eigenverantwortliches Arbeiten, flache Hierarchien oder andere Benefits wie Zuschüsse, Rabatte o.ä. Bewerber wissen meist um ihren Preis, weshalb das Gehalt alleine kein Faktor mehr ist. Ein modernes Unternehmen muss eine Arbeitsatmosphäre kreieren, in der sich die Belegschaft wohlfühlt und entfalten kann.
- Recruiting und Bewerbungsprozess: Der Bewerbungsprozess sollte hinterfragt und modernisiert werden. Auf welchen Portalen werden die Bewerber gefunden und angesprochen? Wie ist die Stellenanzeige formuliert? Wie präsentiert sich das Unternehmen auf der eigenen Karriereseite? Lassen sich soziale Medien nutzen, um noch mehr Bewerber zu erreichen – vielleicht sogar die, die gerade nicht aktiv auf der Suche sind? Außerdem sollten die Anforderungen für eine Bewerbung nicht zu hoch sein. Dicke Bewerbungsmappen mit vielen Unterlagen sind heute kaum mehr zeitgemäß. Der Bewerbungsprozess als solcher sollte möglichst zügig vonstattengehen und transparent gestaltet werden.
- Mitarbeiterbindung: Der Fachkräftemangel kann auf der einen Seite natürlich mit neuem Personal gelöst werden. Es ist allerdings genauso wichtig, die schon vorhandenen Fachkräfte langfristig zu hallten. Die Mitarbeiterbindung ist fester Bestandteil jeder Personalstrategie. Diese umfasst verschiedene Aspekte von der Mitarbeiterführung, der Feedbackkultur, dem Unternehmensleitbild über die Arbeitsplatzausstattung bis zu den konkreten Aufgabengebieten, Verantwortlichkeiten oder Aufstiegschancen. Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen, seinen Werten und Zielen identifizieren können, werden den Arbeitsplatz weniger wahrscheinlich wechseln wollen.
- Ausbildung und Weiterbildung: Wenn der Arbeitsmarkt keine Fachkräfte hergibt, sollte man verstärkt in das eigene Ausbildungsprogramm investieren. Das beginnt bereits bei Praktika oder Ferienjobs, um potenzielle Auszubildende kennenzulernen und für die eigene Firma zu begeistern. Hierfür lohnt sich die Zusammenarbeit mit Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen. Eine andere Möglichkeit besteht in regelmäßigen Weiterbildungen für die Mitarbeiter. So wirken Unternehmen dem Fachkräftemangel intern entgegen und stärken zudem noch die Mitarbeiterbindung.
- Diversität: Nicht wenige Branchen, in denen Fachkräfte gebraucht werden, gelten nach wie vor als von Männern geprägt. Hier lässt sich ansetzen, wenn die Personalstrategie gezielt Frauen oder andere Zielgruppen anspricht und fördert. Außerdem sorgt das Thema Diversität für ein modernes Unternehmensprofil, welches wiederum zum Employer Branding beiträgt. Zudem könnte es sinnvoll sein, einen Blick ins Ausland zu werfen. Von dort können Fachkräfte abgeworben werden, die hier fehlen.
- Digitalisierung, Automatisierung, Auslagerung: Die Folgen des Fachkräftemangels können nur bis zu einem gewissen Grad durch Personalstrategien aufgefangen werden. Es ist außerdem unumgänglich, die Möglichkeiten moderner Technologien zu nutzen, um Prozesse zu optimieren. So lassen sich mit einer verstärkten Digitalisierungsstrategie Ressourcen sparen, durch die Automatisierung von Routineaufgaben können Mitarbeiter ihren Kernaufgaben nachkommen und mit As-a-Service-IT-Lösungen kann der IT-Bedarf in Teilen ausgelagert und flexibler gestaltet werden.
Mit Personalstrategien und Digitalisierungsbemühungen gegen den Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel ist real und wird einige Branchen zu Veränderungen zwingen. Unternehmen können vor allem durch eine moderne Personalstrategie im Sinne eines Employer Brandings auf diese Entwicklung reagieren. Neue Talente müssen gefunden und überzeugt werden. Das bestehende Fachwissen im Unternehmen muss gehalten und weiter ausgebaut werden. Auch der Blick auf den eigenen Nachwuchs und das eigene Ausbildungsprogramm lohnt sich hier. Letztlich geht es darum, sich in einer umkämpften Arbeitsmarktsituation – die nun auch noch globaler ausgerichtet ist – von anderen Arbeitgebern abzuheben und die eigenen Stärken und Besonderheiten in den Fokus zu rücken und zu kommunizieren.
Darüber hinaus ist Technologie eine Möglichkeit, um den Arbeitsaufwand zu minimieren oder technische Aspekte auszulagern. Unternehmen sollten sich mit As-a-Service-IT, Automatisierungsmöglichkeiten und KI-Unterstützung beschäftigen.