Abwerbung: Erfolgreiche Mitarbeiter abwerben – was Arbeitgeber beachten sollten
- Abwerbung von Mitarbeitern – eine Definition
- Ist das Abwerben von Mitarbeitern erlaubt?
- Wie läuft legales Abwerben ab?
- Was ist bei einer Abwerbung nicht erlaubt?
- Mitarbeiter abgeworben – was tun als ehemaliger Arbeitgeber?
- Wie kann man Abwerbung verhindern? Mitarbeiter gezielt binden
- FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Mitarbeiter abwerben
Abwerbung von Mitarbeitern – eine Definition
Unter „Mitarbeiter abwerben“ versteht man den gezielten Versuch eines Unternehmens, Mitarbeiter eines anderen Unternehmens dazu zu bewegen, ihren aktuellen Arbeitgeber zu verlassen und stattdessen eine neue Anstellung anzunehmen. Das Ziel ist es, qualifizierte Fachkräfte, Talente oder Experten für die eigene Organisation zu gewinnen, um bestimmte Positionen optimal zu besetzen oder den eigenen Bedarf an Know-how zu decken.
Ist das Abwerben von Mitarbeitern erlaubt?
Ja, das Abwerben von Mitarbeitern ist grundsätzlich erlaubt, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Im deutschen Recht ist es Unternehmen gestattet, Mitarbeiter anderer Firmen für sich zu gewinnen, solange dies auf legale Weise geschieht und keine unlauteren Methoden verwendet werden. Ziel ist es, das Recht auf freie Berufswahl und die Dynamik des Arbeitsmarktes zu schützen.
Wie läuft legales Abwerben ab?
Arbeitnehmer dürfen ihren Arbeitsplatz bekanntermaßen frei auswählen. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes stellt damit keine Gesetzwidrigkeit dar – auch wenn ein Headhunter oder ein Mitbewerber einen Beschäftigten aktiv und gezielt abgeworben hat. Es ist somit bei einer Abwerbung zulässig, eine gewünschte Arbeitskraft zu einer ordnungsgemäßen Vertragsauflösung zu verleiten.
Zudem ist es grundsätzlich legal, den Mitarbeiter am Arbeitsplatz telefonisch zu kontaktieren. Aber Vorsicht: Hier ist nicht alles erlaubt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in dieser Sache geurteilt, dass nur eine telefonische Erstkontaktaufnahme erlaubt ist. Das bedeutet: Ordnungsgemäß ist es, wenn man einem Mitarbeiter eine neue Stelle vorstellt und dabei das Interesse abklopft. Während des Gespräches kann man auch einen Termin außerhalb der Arbeitszeit des Mitarbeiters vereinbaren. Rechtlich schwierig wird es erst, wenn das Telefonat andere Ziele verfolgt, als dem Mitarbeiter die neue berufliche Chance vorzustellen.
Natürlich ist es einem Headhunter auch erlaubt, dem Interessenten beispielsweise ein höheres Gehalt oder attraktive Corporate Benefits anzubieten, um ihn so zu einer ordnungsgemäßen Auflösung seines Arbeitsvertrags zu bringen – das ist der Grundsatz eines freien Wettbewerbs.
Ein Unternehmen kann einen potenziellen Kandidaten, der bereits bei einem anderen Unternehmen beschäftigt ist, direkt kontaktieren und ihm ein attraktives Jobangebot unterbreiten. Dies kann über berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder XING geschehen. Wichtig ist, dass diese Ansprache fair und respektvoll erfolgt und keine unlauteren Methoden angewendet werden, wie das Schlechtmachen des aktuellen Arbeitgebers.
Auch die Teilnahme an Jobmessen oder Fachveranstaltungen, bei denen gezielt Mitarbeiter aus bestimmten Branchen oder Bereichen angesprochen werden. Diese Veranstaltungen bieten die Möglichkeit, Mitarbeiter aus anderen Unternehmen kennenzulernen und auf sich aufmerksam zu machen, indem das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber dargestellt wird.
Was ist bei einer Abwerbung nicht erlaubt?
Wie oben dargestellt, ist es grundsätzlich erlaubt, neue Arbeitnehmer über einen Headhunter zu suchen und abzuwerben. Das hat der BGH in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht. Der freie Wettbewerb – auch in puncto Mitarbeitersuche – ist als vorrangig zu bewerten. Das Abwerben von Arbeitnehmern ist somit auch nicht gesetzeswidrig, solange keine verwerflichen Ziele oder Maßnahmen verfolgt und eingesetzt werden. Doch was gilt als verwerflich? Diese Frage wird in diesem Abschnitt geklärt.
Beispiele für unzulässige Methoden beim Abwerben:
Verwerfliche Zwecke beim Abwerben
Wenn ein Unternehmen seinen Konkurrenten gezielt schwächen will, indem er seine Mitarbeiter abwirbt, ist das nicht legal. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Firma einen Arbeiter der Konkurrenz abwirbt, ihn dann aber im Endeffekt nicht einstellt. Außerdem ist es nicht erlaubt, einen Arbeitnehmer abzuwerben, um so die Betriebsgeheimnisse oder Interna des Konkurrenten in Erfahrung zu bringen.
Unzulässige Methoden und Mitteln beim Abwerben
Es ist gesetzeswidrig, einen Arbeitnehmer gezielt zum Vertragsbruch zu verleiten – obwohl es erlaubt ist, diesen einzustellen, auch wenn dieser einen Vertragsbruch mit seinem früheren Arbeitgeber begangen hat. Zudem ist es illegal, verwerfliche Mittel einzusetzen, wie zum Beispiel:
- Falschaussagen über bisherigen Arbeitgeber
- Überrumpelung durch beispielsweise ein bereits aufgesetztes Kündigungsschreiben
- Erpressung
- Unwahre Versprechungen
- Gewaltandrohungen
- Versprechen von Prämien bei Abwerbung von Kollegen
Mehrfache Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz
Außerhalb des Arbeitsplatzes ist eine Kontaktaufnahme mit dem gewünschten Mitarbeiter selbstverständlich erlaubt. Auch während der Arbeitszeit darf ein Headhunter, wie schon erläutert, telefonischen Kontakt aufnehmen – solange es sich um eine Erstkontaktaufnahme handelt und sich der Headhunter auch als solcher zu erkennen gibt. Nicht erlaubt ist es jedoch, die Person mehrmals an seiner Arbeitsstätte anzurufen: Dies gilt als wettbewerbswidriges Verhalten, da es den Betriebsablauf des Unternehmens stört.
Abwerbung durch Kollegen
Verlässt ein noch unter Vertrag stehender Arbeitnehmer das Unternehmen, darf er seine Kollegen nicht abwerben: Das verbieten seine arbeitsvertragsrechtlichen Treuepflichten. Wenn der Mitarbeiter aber seinen Arbeitsvertrag bereits aufgelöst hat, gelten für ihn die gleichen Regeln wie für andere Headhunter. Dies bedeutet natürlich nicht, dass sich Kollegen nicht über einen intendierten Stellenwechsel unterhalten dürfen – auch wenn ein Kollege in diesem Dialog die Vorzüge des Konkurrenzunternehmens hervorhebt.
Missbrauch des Vertrauensverhältnisses
Wenn zwei Unternehmen während des Abwerbungsversuchs über ein Geschäftsverhältnis verhandeln, kann die Abwerbung unlauter sein. Dies gilt auch, wenn zwischen zwei Konkurrenten ein Vertrauensverhältnis besteht.
Mitarbeiter abgeworben – was tun als ehemaliger Arbeitgeber?
Nachdem nun alle rechtlichen Aspekte geklärt sind, stellt sich für viele HR-Mitarbeiter die Frage, was sie tun können, wenn ein Konkurrenzunternehmen einen Arbeitnehmer abgeworben hat. Um diese Frage beantworten zu können, muss selbstredend erst untersucht werden, ob die Abwerbung auch legal war.
Kann das ehemalige Unternehmen eines Mitarbeiters nämlich beweisen, dass das Konkurrenzunternehmen unzulässige Zwecke und Methoden verfolgt und unternommen hat, lassen sich Schadensersatzansprüche geltend machen. Außerdem kann man auch mit einer Unterlassungsklage vorgehen. Ferner ist es möglich, dem ehemaligen Mitarbeiter ein Beschäftigungsverbot auszusprechen.
Das bedeutet in anderen Worten: Der Mitarbeiter darf für eine gewisse Zeit nicht für das Unternehmen arbeiten, das ihn abgeworben hat – sonst hat der ehemalige Arbeitgeber Anrecht auf Schadensersatz.
Wichtiger Hinweis: Die Beweispflicht liegt beim geschädigten Unternehmen – eine genaue Dokumentation der Abwerbung in Form von Zeugenaussagen, E-Mails oder Anrufen ist daher ratsam. Hierbei sollten Sie selbstredend den Datenschutz im Hinterkopf behalten. Ein heimliches Abhören von Telefonanrufen im Rahmen der Mitarbeiterüberwachung ist beispielsweise unzulässig.
Wie kann man Abwerbung verhindern? Mitarbeiter gezielt binden
Doch auch bei einer Abwerbung gilt der Grundsatz: Vorbeugen ist besser als heilen. Wie können Unternehmen also das Abwerben ihrer Mitarbeiter verhindern?
- Option 1: Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit. Arbeitnehmer, die glücklich und zufrieden sind, werden ihren Arbeitgeber deutlich weniger häufig verlassen als unglückliche und unzufriedene Arbeitskräfte. Zufriedene Mitarbeiter sind in anderen Worten eher immun gegen Abwerbungsversuche von anderen Unternehmen.
- Option 2: Ein Wettbewerbsverbot. Es besteht die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu verankern. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter nach Auflösung seines Vertrags kein Beschäftigungsverhältnis bei einem Konkurrenzunternehmen eingehen darf. Hier gilt jedoch: Dem Arbeitnehmer steht für diese Zeit – ein Verbot darf höchsten zwei Jahre lang dauern – eine Karenzentschädigung zu. Diese muss mindestens die Hälfte der letzten vertraglichen Leistungen betragen.
- Option 3: Lange Kündigungsfrist. Um eine kurzfristige Abwerbung zu vermeiden, kann ein Unternehmen längere Fristen für eine vertragsgemäße Kündigung festlegen. Damit macht man es einem anderen Unternehmen schwer, einen wichtigen Arbeitnehmer abwerben zu können.
- Option 4: Flexible Vergütungsmodelle. Für Einmalzahlungen kann man beispielsweise festlegen, dass man sie nur ausbezahlt, wenn der Arbeitsvertrag auch für die nächste Zeit bestehen bleibt. Mit solchen oder ähnlichen Modellen erhöht die Firma den Anreiz, dass Mitarbeiter ihrem Arbeitsvertrag auch in Zukunft treu bleiben.
Grundsätzlich ist es ratsam, die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima im Blick zu behalten. Mitarbeiterbefragungen helfen, sich einen Überblick vom Status quo zu verschaffen und Verbesserungsvorschläge zu erhalten – denen letztlich auch Gehör geschenkt werden sollte, denn schließlich sind die Mitarbeiter das Rückgrat eines Betriebs.