Flache Hierarchien: Merkmale, Vorteile und Einführung
- Was sind flache Hierarchien?
- Die wichtigsten Merkmale flacher Hierarchien
- Was sind die Vorteile von flachen Hierarchien?
- Was sind die Nachteile von flachen Hierarchien?
- Welche Rolle spielen Führungskräfte bei flachen Hierarchien?
- 8 Schritte: Wie führe ich flache Hierarchien ein?
- Welche Alternative bietet sich zur flachen Hierarchie?
- Für welche Unternehmen eignen sich flache Hierarchien?
- Was sind die Unterschiede zwischen steilen und flachen Hierarchien?
- FAQ zur flachen Hierarchie in Unternehmen
Was sind flache Hierarchien?
Der Begriff flache Hierarchie bezieht sich auf eine Organisationsstruktur, die auf Eigeninitiative und -verantwortung setzt. In Betrieben mit flacher Hierarchie gibt es wenig Führungsebenen. Das bedeutet, dass vor allem die mittlere Managementebene stark reduziert ist oder sogar ganz wegfällt.
Zudem greifen Führungskräfte nur wenig in das Arbeiten ihrer Angestellten ein. Es herrscht ein kollegiales Miteinander, oft duzen sich alle im Team. Die direkten Kommunikationswege können Abläufe im Unternehmen beschleunigen und die Zusammenarbeit über verschiedene Abteilungen hinweg erleichtern.
Allerdings bedeutet eine flache Hierarchie nicht, dass es gar keine Führung im Unternehmen mehr gibt. Die Verantwortlichkeiten werden zwar aufgelockert, bei wichtigen Entscheidungen – beispielsweise die Finanzen betreffend – behält allerdings immer noch die Führungskraft das letzte Wort. Dennoch führen flache Hierarchien in der Regel zu einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur, die von einem kooperativen Führungsstil gekennzeichnet ist.
Gut zu wissen: Im Englischen gibt es auch die folgenden Synonyme für eine flache Hierarchie: Flat hierarchy, flat organization oder horizontal organization.
Was sind die Vorteile von flachen Hierarchien?
Das Etablieren flacherer Hierarchieebenen ist für ein Unternehmen durchaus von Vorteil. Denn die kurzen Entscheidungswege und die offene Kommunikation ermöglichen schnelles Handeln und verschaffen dem Betrieb auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil.
Wir stellen die wichtigsten Vorteile für Ihr Unternehmen vor:
- Mehr Eigenverantwortung: Wer in die Entscheidungsfindung eingebunden ist, der übernimmt automatisch auch mehr Verantwortung. Dies kann in einem kleinen Rahmen gegeben sein, aber auch bei großen und wichtigen Fragen. Eine flache Hierarchie sorgt dafür, dass die Verantwortung nicht mehr auf den direkten Vorgesetzten abgewälzt wird. Das stärkt Motivation und Eigeninitiative und führt in der Praxis zu besseren und durchdachteren Entscheidungen.
- Mehr Motivation: Nicht nur ausführen, sondern mitbestimmen – wohl kaum ein anderes Element sorgt bei Arbeitnehmern für mehr Motivation. Das Wissen, als Teil des Unternehmens auch ein Mitspracherecht zu besitzen, ist daher äußerst förderlich für die Motivation Ihrer Mitarbeiter.
- Besseres Arbeitsklima: Über- und Unterordnung ist dem Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Unternehmens wenig zuträglich. Flache Hierarchien haben genau den gegenteiligen Effekt: Durch das Mitspracherecht fühlen sich alle Abteilungen gleichermaßen eingebunden. Konkurrenzdenken hat keinen Platz mehr in der Unternehmenskultur und das Arbeitsklima verbessert sich spürbar, was dazu führt, dass Arbeitnehmer mehr Spaß am Arbeiten entwickeln.
- Weniger Kosten: Je mehr Leitungsebenen, desto höher sind die Personalkosten. Verantwortung verlangt nämlich eine entsprechende Bezahlung: Bei vielen Leitern auf unterschiedlichen Hierarchieebenen sind daher die Kosten ungemein viel größer als durch flache Hierarchien.
- Kurze Entscheidungswege: Keine Anträge mehr, die von allen vorgesetzten Leitern abgesegnet werden müssen. Flache Hierarchien sorgen dafür, dass Entscheidungsfindungen deutlich verkürzt werden.
- Neue und innovative Ideen: Gerade Neuankömmlinge sehen die Arbeitsprozesse in einem anderen Licht. Sie erkennen häufiger, wo die Probleme liegen und bringen oft wertvolles Know-how von vorherigen Arbeitgebern mit. Herrscht in einer Firma eine flache Hierarchie, trauen sich die Mitarbeiter eher, Verbesserungsvorschläge anzubringen und ihr Wissen preiszugeben.
- Entlastung der Führungsebene: Die Verantwortung liegt nicht allein bei der Führungskraft. Diese kann Aufgaben im Sinne des Shared Leadership abgeben. Auf diese Weise lassen sich auch zahlreiche Prozesse beschleunigen. Denn Entscheidungen müssen nicht erst entlang einer mehrstufigen Hierarchiekette abgesegnet werden, sondern können nach einem gemeinschaftlichen Konsens direkt realisiert werden.
Was sind die Nachteile von flachen Hierarchien?
Ist die Organisationsstruktur zu flach angelegt, kann dies in der Umsetzung durchaus auch Nachteile mit sich bringen. Problematisch wird es vor allem dann, wenn niemand mehr die Führungsverantwortung bei sich sieht. Das Unternehmen läuft dann Gefahr, handlungsunfähig zu werden, falls die Mitarbeiter bei Entscheidungen keinen Konsens finden.
Gibt es weniger Hierarchieebenen sind auch die Aufstiegschancen limitiert. Das kann sich negativ auf die Motivation von ambitionierten Mitarbeitern auswirken. Schafft es ein Unternehmen mit flachen Hierarchien nicht, diesen Arbeitnehmern angemessene Anreize zu bieten, werden diese in der Hoffnung auf einen Führungsposten eventuell zur Konkurrenz wechseln.
Zusammenfassend haben flache Hierarchien die folgenden Nachteile:
- Mehr Arbeitsaufwand für das Top-Management: Viele Hierarchieebenen bedeuten auch eine Delegierung von Aufgaben, die nicht zwingend durch die obere Leitungsebene erledigt werden müssen. Aufgaben können an Abteilungsleiter weitergegeben werden, diese koordinieren dann ihre Teams. Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie im Unternehmen entscheiden, müssen Sie daher mit einem Mehraufwand rechnen. Nicht immer ist das im Interesse von Geschäftsführern und Vorstand.
- Weniger Aufstiegschancen: Durch den Wegfall von Hierarchieebenen reduziert sich auch das Angebot an Beförderungen oder innerbetrieblichen Aufstiegschancen. Manche Mitarbeiter empfinden das als störend und werden so in ihrer Motivation gehemmt. Dies gilt ganz besonders dann, wenn Gehaltserhöhungen nur über Beförderungen möglich sind.
- Intensive Teamwork erforderlich: Alle entscheiden gemeinsam – das klappt nur, wenn auch alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Eine flache Hierarchie verlangt entsprechende Zusammenarbeit und gute Kommunikation innerhalb des Teams. Nur, wenn diese auch wirklich gewährleistet ist, können Entscheidungen zum Wohl des Unternehmens getroffen werden.
Welche Rolle spielen Führungskräfte bei flachen Hierarchien?
Führungskräfte sind das A und O, wenn es darum geht flache Hierarchien in der Unternehmenskultur zu etablieren. Der „konservative Chef“, dessen Führungsstil strikt hierarchisch ist und der unter seinen Mitarbeitern als Choleriker bekannt ist, wird kaum dafür sorgen, dass Hierarchiestufen im Unternehmen abgebaut werden. Auch Führungskräfte müssen umdenken und sich den neuen Begebenheiten der Arbeitswelt anpassen. Moderne Führungskräfte begegnen ihren Mitarbeitern auf Augenhöhe und haben das Ziel jedem Teammitglied die Möglichkeit zu eröffnen sich einzubringen.
Zuhören und empathisch sein gehören zum modernen Führungsstil absolut dazu. Kein Mitarbeiter kommt gerne zur Arbeit, wenn er von seinem Chef nur von oben herab behandelt wird. Auch wenn es am Anfang schwerfallen kann, als Führungskraft lohnt sich hier Eigeninitiative!
8 Schritte: Wie führe ich flache Hierarchien ein?
Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie in Ihrem Unternehmen entscheiden, dann erfordert dies oft ein radikales Umdenken in vielen unternehmerischen Prozessen – unter anderem in den Arbeitsprozessen und Kommunikationswegen. Um Ihnen die Einführung einer flachen Hierarchie in ihrem Unternehmen zu erleichtern, finden Sie nachfolgend eine beispielhafte Schritt-für-Schritt-Anleitung.
1. Analyse der bestehenden Strukturen
Beginnen Sie mit einer detaillierten Analyse der aktuellen Hierarchieebenen und Kommunikationswege im Unternehmen. Identifizieren Sie unnötige Führungsebenen und komplexe Entscheidungsprozesse, die die Effizienz beeinträchtigen. Diese Analyse legt den Grundstein für den Abbau überflüssiger Hierarchiestufen.
2. Klare Kommunikation des Wandels
Die Einführung flacher Hierarchien erfordert eine offene und transparente Kommunikation. Informieren Sie alle Mitarbeiter über die Gründe für den Wandel, die Vorteile und die erwarteten Veränderungen. Stellen Sie sicher, dass jeder versteht, wie sich seine Rolle ändern könnte und was von ihm in der neuen Struktur erwartet wird.
3. Schulung und Vorbereitung
Mitarbeiter und Führungskräfte müssen auf die neue Struktur vorbereitet werden. Bieten Sie Schulungen an, die den Umgang mit mehr Eigenverantwortung, Entscheidungsfreiheit und Teamarbeit fördern. Führungskräfte sollten lernen, eine unterstützende und weniger autoritäre Rolle einzunehmen.
4. Anpassung der Rollen und Verantwortlichkeiten
Überprüfen und überarbeiten Sie die Rollen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen. In einer flachen Hierarchie werden Mitarbeiter ermutigt, eigenverantwortlicher zu arbeiten und mehr Verantwortung zu übernehmen. Definieren Sie klare Aufgabenbereiche, um Unklarheiten zu vermeiden und die Effizienz zu maximieren.
5. Förderung einer offenen Unternehmenskultur
Flache Hierarchien funktionieren am besten in einem Umfeld, das Offenheit, Transparenz und Vertrauen fördert. Schaffen Sie eine Kultur, in der Feedback willkommen ist und jeder Mitarbeiter das Gefühl hat, dass seine Ideen und Meinungen geschätzt werden. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert die Zusammenarbeit.
6. Einführung agiler Arbeitsmethoden
Agile Arbeitsmethoden wie Scrum oder Kanban passen gut zu flachen Hierarchien, da sie die Teamarbeit und Flexibilität fördern. Diese Methoden ermöglichen es den Teams, eigenständig zu arbeiten und schnelle Entscheidungen zu treffen, was die Effizienz und Innovationskraft steigert.
7. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung
Der Übergang zu flachen Hierarchien ist ein kontinuierlicher Prozess. Führen Sie regelmäßige Überprüfungen durch, um den Fortschritt zu messen und mögliche Anpassungen vorzunehmen. Holen Sie Feedback von den Mitarbeitern ein, um sicherzustellen, dass die neue Struktur effektiv ist und die gewünschten Ergebnisse erzielt.
8. Geduld und Durchhaltevermögen
Die Einführung flacher Hierarchien ist ein tiefgreifender Wandel, der Zeit und Geduld erfordert. Seien Sie darauf vorbereitet, auf Widerstände zu stoßen, und arbeiten Sie kontinuierlich daran, das Vertrauen und die Akzeptanz der Mitarbeiter zu gewinnen. Langfristig wird sich dieser Einsatz auszahlen, indem er eine flexiblere, dynamischere und produktivere Arbeitsumgebung schafft.
Welche Alternative bietet sich zur flachen Hierarchie?
Traditionell arbeiten Unternehmen nach einer dreiteiligen Organisationsstruktur im Management:
- Obere Leitungsebene: Besteht aus dem Geschäftsführer bzw. dem Vorstand. Sie repräsentiert das Unternehmen nach Außen und ist in die langfristige Planung eingebunden.
- Mittlere Leitungsebene: Besteht aus Abteilungs- und Sachgebietsleitern. Sie übernimmt die Planung und das Controlling und steuert den Einsatz von Mitarbeitern. Hier werden auch die Entscheidungen für die obere Leitungsebene vorbereitet.
- Untere Leitungsebene: Besteht aus Gruppenleitern und Werkmeistern oder Fachwirten. Sie übernimmt die Vorgaben aus der mittleren Leitungsebene und entscheidet, welche Aufgaben an wen verteilt werden. Mitarbeiter der unteren Leitungsebene arbeiten ebenfalls im operativen Geschäft mit und sind dadurch in den Arbeitsalltag „vor Ort“ eingebunden.
Für welche Unternehmen eignen sich flache Hierarchien?
Das Konzept von flachen Hierarchien ist vor allem bei Start-ups weitverbreitet. Doch sind das die einzigen Unternehmen, die von einer flachen Hierarchiestruktur profitieren? Tatsächlich ist es gerade für große und komplexe Konzerne nicht einfach, auf steile Hierarchien zu verzichten. Findet hier keine klare Delegation von Aufgaben statt, bricht schnell Chaos aus.
Dennoch sehnen sich vor allem kompetente Mitarbeiter immer mehr nach Verantwortung und Selbstständigkeit – hier kann das Abflachen von Hierarchien durchaus sinnvoll sein. Das bedeutet nicht, dass jedes Unternehmen alle etablierten Organisationsstrukturen über Bord werfen sollte. Es ist sinnvoller, kleinere Veränderungen nach und nach anzugehen, damit der Erfolg des Betriebs nicht gefährdet wird.
Damit das ganze gelingt, müssen sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte aufeinander zu gehen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Arbeitnehmer bereit sein, mehr Verantwortung zu tragen, während die Vorgesetzten die Bereitschaft benötigen, eben diese abzugeben.
Was sind die Unterschiede zwischen steilen und flachen Hierarchien?
Um flache Hierarchiestrukturen besser zu verstehen, ist es hilfreich, sie als Gegenpol zu steilen Hierarchien zu betrachten. Steil bedeutet in diesem Fall, dass die Entscheidungsgewalt bei der Führungskraft liegt. Diese trifft Entscheidungen und dirigiert die anfallenden Aufgaben dann an Mitarbeiter, die bei dem ganzen Prozess wenig Mitspracherecht haben.
Die folgende Tabelle verdeutlicht die Merkmale und Unterschiede zwischen einer flachen und einer steilen Hierarchie:
Flache Hierarchie | Steile Hierarchie | |
Entscheidungsgewalt | Koordination gemeinschaftlich im Team | allein beim Chef |
Organisationsstruktur | wenige Hierarchiestufen | zahlreiche Hierarchieebenen (beispielsweise Teamleiter, Abteilungsleiter, Geschäftsführung,…) |
Bevorzugte Führungsstile | Laissez-faire-Führungsstil, humanistische Führung, situativer Führungsstil | direktiver und autoritärer Führungsstil |
Reaktionsgeschwindigkeit des Unternehmens | schnell, da Eigeninitiative der Mitarbeiter gewünscht ist | langsam, da verschiedene Instanzen Entscheidungen erst freigeben müssen |
Mitarbeiterzufriedenheit | hoch, da eigene Ideen eingebracht werden können | niedriger, da Arbeitnehmer lediglich „Befehle“ des Chefs umsetzen |
Aufstiegsmöglichkeiten | oft wenig ausgeprägt, da es wenige Hierarchieebenen gibt, in die man aufsteigen kann | ausgeprägte Aufstiegschancen, da Sprung in die nächste Hierarchiestufe einen großen Fortschritt bedeutet |