Demut als wichtigste Qualität der Führung
Der signifikante Unterschied zwischen Demut und Unterwürfigkeit
Es ist kein Wunder, dass Demut hierzulande nicht mehr in Mode und nur selten in zwischenmenschlichen Kontakten zu finden ist. Hinzu kommt, dass Demut in der Regel fast immer im Bezug zur Religion steht, also beispielsweise die Demut Gott oder der Natur gegenüber. Im Umgang mit Menschen kommt sie jedoch eher selten in Betracht.
Sie sollten aber wissen, dass Demut sich vom Althochdeutschen „diomuoti“ ableitet und „dienende Gesinnung“ bedeutet. Das hat also nichts mit Unterwürfigkeit zu tun.
Nur, wenn Sie den Unterschied zwischen Demut und Unterwürfigkeit deutlich erkennen, können Sie diesen Faktor auch in Ihre Führung einbringen.
Merkmale der Demut
Hier genau ist der entscheidende Unterschied zwischen Demut und Unterwürfigkeit zu sehen. Diese Anflug von Verachtung ist bei der Demut in keiner Weise vorhanden, da es sich hier ausschließlich um eine Geisteshaltung handelt. Diese Geisteshaltung können Sie aber nur aus sich selbst heraus entwickeln.
Das Gefühl der Bewunderung oder auch der Hochachtung einer anderen Person gegenüber sind die Grundpfeiler der Demut. Sie zeigen so freiwillig, dass Sie dem Gegenüber eine höhere „Wissensposition“ als sich selbst zubilligen. Daraus entsteht dann im Umkehrschluss eine „dienende Haltung“.
Was ist Demut denn eigentlich?
Demütige Menschen wissen welchen Wert sie haben und wissen was sie können. Trotz allem sind sie bescheiden und begegnen anderen Menschen, die in gewisser Weise hierarchisch unter ihnen stehen, auf Augenhöhe.
Gegebenheiten werden beispielsweise hingenommen, ohne sich zu beschweren. Demut lässt sich also durch Eigenschaften wie Genügsamkeit oder Zufriedenheit beschreiben. Ohne sich klein zu machen, sind demütige Menschen respektvoll und fair anderen gegenüber.
Merkmale der Unterwürfigkeit
Die Unterwürfigkeit zeigt sich vor allem in hierarchischen Systemen sehr deutlich. Sie bedeutet das Anerkennen der Machtposition eines „höher“ Gestellten. Sie zeigt sich dann in der Regel in unterwürfigen Gesten, wie beispielsweise:
- Dem Vorgesetzten gegenüber die eigene Meinung vorzuenthalten,
- ihm den Vortritt zu lassen,
- sich bemüht gut anzukommen,
- seine eigenen Bedürfnisse hinten anstellt,
- oder auch über seine vermeintlich unlustigen Witze zu lachen.
Diese unterwürfigen Gesten sind jedoch häufig begleitet mit einem Anflug von Verachtung, da sie das eigentliche Gefühl des Unterwürfigen unterstreichen.
Die Demut in der Führungsposition
Auch wenn Sie als Führungsmitglied oder als Chef die vermeintlich höchste Position in der Firma bekleiden, so hängt dennoch alles von Ihrer Geisteshaltung ab. Es ist ja durchaus denkbar, dass Angestellte in ihrer Position weit unter Ihnen rangieren, aber dennoch ein deutlich besseres Fachwissen in ihrem Bereich haben. Genau genommen sind diese Mitarbeiter auf Grund ihres Potenzials in diesem Bereich über Ihnen angesiedelt.
Natürlich agiert jeder Mensch aus einer Gewohnheit heraus. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Umgang mit den Mitarbeitern vielerorts immer ähnlich abläuft. Ständig wird versucht, das Handeln von Menschen und ihre Motivation zweifelsfrei zu erklären. Hier ist kaum Platz für eine demütige Geisteshaltung.
Das Verhalten der demütigen Führungskraft
Allerdings ist ein offener Geist maßgeblich dafür, dass Sie als demütige Führungskraft wertschätzen, dass Ihre Mitarbeiter mehr Fachwissen haben als Sie selbst. Nur wenn Sie Ihren Mitarbeitern mit der entsprechenden Demut begegnen, erkennen Sie, dass die Ursache der guten Leistungen bei Ihren Mitarbeitern liegt, und nicht bei Ihnen. Umgekehrt sucht eine Führungskraft mit Demut bei Misserfolgen die Schuld zunächst einmal bei sich selbst. So können Sie zu neuen Erkenntnissen gelangen.
Die Demut hilft Ihnen, Ihrem Gegenüber empathisch und unvoreingenommen zuzuhören. Das hört sich einfach und logisch an, ist aber in der Praxis eher selten. Für gewöhnlich denken Menschen schon über Ratschläge nach, die sie sogleich anbringen, sobald der Gesprächspartner ausgesprochen hat.
Die offene Geisteshaltung bei der Demut ist aber tatsächlich die des aktiven Zuhörens. Und zwar, ohne sich gleichzeitig darüber Gedanken zu machen, wie man die eigene Position einbringt.
Die demütige Führungskraft in der Praxis
Mitarbeiter nehmen Sie als Chef mit Demut wahr, wenn Sie selber Fehler zugeben. Nutzen Sie das Feedback Ihrer Mitarbeiter als Chance, um zu lernen. Versetzen Sie sich in die Lage, Ihre Mitarbeiter zum Lernen zu befähigen und ihnen zu helfen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Aber auch wenn Sie mutig handeln und sogar persönliche Risiken auf sich nehmen, empfinden Ihre Mitarbeiter Sie als demütig. Betrachten Sie den einzelnen Mitarbeiter als wesentlichen Bestandteil Ihres Erfolges.
Der „blinde Fleck“ und die Demut
Das Wissen um den „blinden Fleck“ gibt Ihnen die Möglichkeit, diejenigen Ihrer Persönlichkeitsanteile zu erkennen, die sich Ihrer eigenen Wahrnehmung entziehen. Diese Anteile sind Ihrem Umfeld, also Ihren Mitarbeitern, hingegen durchaus bekannt. Genau, wie Sie in der Regel die schwierigen Anteile Ihrer Mitarbeiter kennen, derer sich diese aber selber ebenfalls nicht bewusst sind. Häufig wissen wir zwar um unseren „blinden Fleck“, dennoch ist die Diskrepanz zwischen der Eigen- und der Fremdwahrnehmung ganz erheblich.
Sie müssen lernen, diesen „blinden Fleck“ zu überwinden. Das bedeutet, dass Sie zukünftig in der Lage sind, Ihre eigene Organisation offen und wertfrei zu beobachten. Dazu gehört auch, allen Mitarbeitern genauso offen zuhören und gleichzeitig alte Muster loszulassen.
Fazit zum ,,blinden Fleck“
Sobald die Umsetzung von Veränderungsprozessen spürbar wird, ist dieser „blinde Fleck“ überwunden. Allerdings kann ein solcher Veränderungsprozess Ihnen sehr viel abverlangen, denn es bedeutet für Sie, neue Denkmuster in Ihr Leben zu integrieren.
Schließlich lässt Demut überhaupt erst Zweifel zu und Sie kommen vielleicht erstmalig in die Situation, Ihre eingeschliffenen Verhaltensmuster zu hinterfragen. Somit ist Demut der Weg, um unterschiedliche Meinungen nah genug an sich heranzulassen und dadurch einen Wandel zu ermöglichen.
Die Studie zum Thema von Jim Collins 2001
Diese Studie hat eindrucksvoll bewiesen, wie wichtig Demut als Charaktereigenschaft für Führungskräfte ist.
Aus insgesamt 500 Unternehmen hat Jim Collins 11 Unternehmen herausgefiltert. Diese Unternehmen hatten es geschafft, den eigenen Unternehmenswert nachhaltig über eine Zeitdauer von 15 Jahren zu vervielfachen. Die Folge war, dass diese 11 Unternehmen zu guten beziehungsweise herausragenden Unternehmen wurden, insbesondere im Vergleich zur direkten Konkurrenz. Ebenso stand deren Erfolg nicht im Zusammenhang mit der Industrie oder dem Wirtschaftsklima.
Alle Führungskräfte dieser 11 Unternehmen hatten einen Führungsstil, der von den Forschern als Level 5 Leadership bezeichnet wird. Dabei geht es neben weiteren positiven Eigenschaften hauptsächlich um die Kombination von Demut und einem eisernen Willen. Diese beiden Eigenschaften waren maßgeblich für ihren Erfolg und bei der Führung der anderen untersuchten Unternehmen nicht vorhanden. Somit konnten sie auch nicht an die herausragenden Ergebnisse dieser 11 Unternehmen anknüpfen.
Demütige Führungskräfte erscheinen selten in Medien, da sie diese Art der Aufmerksamkeit für ihr Ego nicht benötigen. Außerdem führen sie den Erfolg ihres Unternehmens stets auf die Leistung ihrer Mitarbeiter zurück.