Berufsschule schwänzen: Ursachen, Warnsignale und Handlungsmöglichkeiten für Ausbilder

Berufsschule schwänzen: Ursachen, Warnsignale und Handlungsmöglichkeiten für Ausbilder

Berufsschule schwänzen – ein Thema, das viele Ausbilder nur allzu gut kennen. Was steckt wirklich dahinter, wenn Azubis regelmäßig fehlen? Von Schulangst über Überforderung bis zu persönlichen Krisen: Die Gründe sind oft komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Erfahren Sie, wie Sie als Ausbilder frühzeitig erkennen, was los ist, und welche Schritte helfen, die jungen Talente wieder auf Kurs zu bringen.
Inhaltsverzeichnis

Dieser Leitfaden für Ausbilder beleuchtet die Ursachen und zeigt, wie man unterstützend bei Schulverweigerung eingreifen kann.

Berufsschule schwänzen – was bedeutet das überhaupt?

Der regelmäßige Besuch der Berufsschule ist für Azubis verpflichtend und wird durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in § 13 und § 15 geregelt. Laut diesen Vorschriften müssen Auszubildende an der Berufsschule teilnehmen, um den theoretischen Teil ihrer Ausbildung zu absolvieren. Unentschuldigtes Fehlen in der Berufsschule stellt einen Verstoß gegen diese Pflicht dar und wird als Schulabsentismus oder „Berufsschule schwänzen“ bezeichnet. Solches Fehlen kann ernsthafte Folgen für den Auszubildenden haben, da es häufig tieferliegende Gründe wie Schulverweigerung, Schulunlust oder Schulangst widerspiegelt.

Warum schwänzen Azubis die Berufsschule?

Damit Ausbilder geeignete Maßnahmen gegen das Schwänzen der Berufsschule ergreifen können, ist es wichtig, die verschiedenen Ursachen und Anzeichen zu kennen. Azubis bleiben häufig aus unterschiedlichen Gründen dem Unterricht fern – von persönlichen Schwierigkeiten bis hin zu Schulangst. Die folgende Übersicht zeigt typische Ursachen und die damit verbundenen Warnsignale, die helfen können, das Verhalten besser zu verstehen und frühzeitig einzugreifen.

UrsacheBeschreibungWarnsignale
SchulverweigerungTiefergehende Ablehnung, oft durch familiäre Probleme oder soziale Ängste verursacht.Regelmäßiges Vermeiden von schulbezogenen Themen, Konflikte im sozialen Umfeld.
SchulangstLeistungsdruck oder soziale Konflikte führen zu Angst vor der Schule.Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen und Bauchschmerzen vor dem Unterricht, häufiges Zuspätkommen oder Verlassen des Unterrichts.
UnterforderungDer Azubi fühlt sich unterfordert und sieht keine Herausforderung im Unterricht.“Desinteresse am Schulstoff, wenig aktive Teilnahme, gelangweilter Eindruck.
ÜberforderungHohe Anforderungen und Stress in der Schule überfordern den Azubi.Frustration, häufiges Fehlen und Schwierigkeiten beim Verarbeiten des Lehrstoffs.
Persönliche SchwierigkeitenProbleme im privaten Umfeld, wie finanzielle oder familiäre Schwierigkeiten, belasten den Azubi.Häufiges Fehlen oder Zuspätkommen, Konzentrationsprobleme und Rückzug.
FaulheitSchwänzen aufgrund von Bequemlichkeit oder mangelndem EngagementHäufig unentschuldigte Fehlzeiten, fehlende Motivation und geringe Beteiligung.

Wie beugen Sie unentschuldigtem Fehlen in der Berufsschule vor?

Um unentschuldigtes Fehlen von Anfang an zu vermeiden, sind präventive Maßnahmen hilfreich. Nach § 14 BBiG ist es die Pflicht der Ausbilder, Azubis nicht nur freizustellen, sondern sie auch zur Berufsschule anzuhalten. Zu den besten Präventionsstrategien zählen:

  • Enge Zusammenarbeit mit der Berufsschule: Pflegen Sie einen regelmäßigen Kontakt zu Lehrern, um frühzeitig über mögliche Probleme informiert zu sein und böse Überraschungen zur Zeugnisvergabe zu vermeiden.
  • Frühe Anzeichen erkennen: Achten Sie auf Warnsignale wie häufiges Fehlen oder Unlust und greifen Sie frühzeitig ein.
  • Individuelle Unterstützung: Schaffen Sie ein Umfeld, in dem sich der Azubi bei Herausforderungen offen an Sie wenden kann, und vermitteln Sie bei Bedarf einen Schulberater oder Psychologen.

Durch diese präventiven Maßnahmen können Sie das Schwänzen der Berufsschule frühzeitig verhindern und den Auszubildenden aktiv unterstützen.

Schritte im Umgang mit Berufsschule schwänzen

Um das Schwänzen der Berufsschule gezielt anzugehen, sollten Ausbilder strukturiert vorgehen:

  1. Ermahnung und Gespräch: Sprechen Sie das Verhalten direkt an und zeigen Sie Verständnis, verdeutlichen Sie aber auch die Konsequenzen. Ein offenes Gespräch kann oft die Gründe für das Fehlen aufdecken und einen ersten Lösungsansatz bieten.
  2. Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrkräften: Bei minderjährigen Azubis sollte frühzeitig das Gespräch mit den Eltern und Lehrkräften gesucht werden. Eine gemeinsame Strategie zur Überwindung der Schulunlust kann in vielen Fällen entscheidend sein.
  3. Abmahnung und Konsequenzen: Bei fortgesetztem Schulschwänzen ist eine formelle Abmahnung notwendig. Dokumentieren Sie die Fehlzeiten genau und machen Sie deutlich, dass das Verhalten im Extremfall zur Kündigung führen kann.
  4. Kündigung als letzter Schritt: Wenn alle Maßnahmen erfolglos bleiben, bleibt die Kündigung als letzte Konsequenz. Es ist wichtig, alle Schritte und Ermahnungen vollständig zu dokumentieren, um rechtlich abgesichert zu sein.

    Azubi schwänzt Berufsschule – kann ich fristlos kündigen?

    Ob das Schwänzen der Berufsschule eine fristlose Kündigung rechtfertigt, hängt stark von den Umständen ab. Unterschiedliche Gerichtsurteile zeigen, dass folgende Aspekte entscheidend sein können:

    • Schwänzen von Prüfungen: Wenn ein Azubi mehrfach unentschuldigt bei wichtigen Prüfungen fehlt, kann dies als schwerer Pflichtverstoß gewertet werden. In solchen Fällen wurde bereits gerichtlich entschieden, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann, da Prüfungen ein zentraler Bestandteil der Ausbildung sind.
    • Wiederholtes Schwänzen ohne Erfolg trotz pädagogischer Maßnahmen: Gerichte haben festgelegt, dass eine fristlose Kündigung in der Regel nur dann zulässig ist, wenn alle pädagogischen und erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Da die Ausbildung auch eine erzieherische Funktion hat, sollte der Ausbilder zunächst Maßnahmen wie Ermahnungen und Abmahnungen einsetzen, um den Azubi zum Schulbesuch zu motivieren. Erst wenn diese Maßnahmen keinen Erfolg zeigen, könnte eine Kündigung in Betracht gezogen werden.

    Eine fristlose Kündigung ist stets das letzte Mittel. Gründliche Dokumentation aller Maßnahmen und ein umsichtiges Vorgehen sind entscheidend, um die rechtliche Basis für eine Kündigung zu schaffen und gleichzeitig die Rechte des Auszubildenden zu wahren.

    Musterabmahnung für minderjährige Azubis

    Sehr geehrte Frau Muster, sehr geehrter Herr Muster,

    hiermit erteilt unser Ausbildungsbetrieb Ihrem minderjährigen Sohn, dem Auszubildenden Max Muster, eine Abmahnung aufgrund wiederholten Fehlverhaltens. Als Eltern und gesetzliche Vertreter Ihres Kindes werden Sie über diese Abmahnung in Kenntnis gesetzt.

    Ihr Sohn ist an folgenden Tagen und Zeiten nachweislich dem Unterricht an der Berufsschule ferngeblieben:

    • am 05.10.2024 von 8:00 Uhr bis 15:30 Uhr
    • am 12.10.2024 von 8:00 Uhr bis 15:30 Uhr
    • am 19.10.2024 von 8:00 Uhr bis 15:30 Uhr

    Damit hat er gegen seine Schulpflicht verstoßen und seine Pflicht zur Teilnahme am Berufsschulunterricht gemäß §§ 13 S. 2 Nr. 2, 15 S. 1 BBiG verletzt. Als jugendlicher Auszubildender ist er verpflichtet, an den Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die er freigestellt ist.

    Wir haben Ihren Sohn bereits am 26.09.2024 mündlich auf sein Fehlverhalten hingewiesen und die Wichtigkeit eines regelmäßigen Schulbesuchs betont. Leider hat diese Ermahnung nicht zu einer Verhaltensänderung geführt.

    Unser Ausbildungsbetrieb nimmt das Fehlverhalten von Jugendlichen und Kindern in der Ausbildung sehr ernst. Wir fordern Sie als Eltern und Ihren Sohn eindringlich auf, dafür zu sorgen, dass er seinen vertraglichen Verpflichtungen in Zukunft mit der nötigen Disziplin nachkommt. Konkret bedeutet dies:

    1. Pünktliches Erscheinen zum Berufsschulunterricht
    2. Regelmäßige Teilnahme an allen vorgesehenen Ausbildungsmaßnahmen
    3. Bei Krankheit: Unverzügliche Information an den Ausbildungsbetrieb und die Berufsschule

    Sollte sich das Fehlverhalten Ihres Kindes wiederholen, sieht sich unser Ausbildungsbetrieb gezwungen, das Ausbildungsverhältnis fristlos zu kündigen. Diese Abmahnung dient als letzte Warnung vor weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

    Um Ihren Sohn bei der Erfüllung seiner Pflichten zu unterstützen, bieten wir ein Gespräch mit unserem Ausbildungsleiter an. Bitte kontaktieren Sie uns, falls Sie dieses Angebot wahrnehmen möchten.

    Diese Abmahnung wird in die Personalakte Ihres Sohnes aufgenommen.

    Ort, Datum …

    Mit freundlichen Grüßen,

    [Ihr Name]

    Ausbildungsleiter/in

    Fazit: Berufsschule schwänzen – Ursachen erkennen und mit Bedacht handeln

    Das Schwänzen der Berufsschule ist für Ausbilder nicht nur ein Zeichen von Pflichtverletzung, sondern häufig auch ein Hinweis auf tieferliegende Ursachen wie Schulunlust, Schulangst oder persönliche Schwierigkeiten. Frühzeitig die richtigen Warnsignale zu erkennen und gezielt zu reagieren, ist entscheidend, um dem Azubi die notwendige Unterstützung zu bieten und die Ausbildung auf Kurs zu halten. Mit strukturierten Maßnahmen – von Ermahnungen und Gesprächen bis hin zur Einbindung von Eltern und Lehrern – lässt sich oft viel bewirken.

    Vorbeugende Schritte, wie regelmäßiger Austausch mit der Berufsschule und die Schaffung eines positiven Lernumfelds, helfen dabei, das Fehlen zu reduzieren und eine vertrauensvolle Basis zu schaffen. In ernsten Fällen, etwa bei wiederholtem Schwänzen von Prüfungen, könnte eine Kündigung in Betracht gezogen werden, jedoch stets als letztes Mittel und nur, wenn alle erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Gründliche Dokumentation und eine umsichtige Vorgehensweise sind hierbei entscheidend, um rechtlich abgesichert zu handeln und die Rechte des Azubis zu respektieren.