Beitragsbild. Links ist der Schriftzug "Umlageverfahren U1 und U2. Vorteile & Nachteile, Definition" zu lesen. Rechts ist ein Piktogramm abgebildet, das ein Dokument und einen Geldsack darstellt.

Umlageverfahren U1 und U2 für Arbeitgeber

Personalverantwortliche werden spätestens dann mit dem Begriff „Umlageverfahren“ konfrontiert, wenn sie sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer einstellen. Die gesetzlichen Krankenkassen fragen ab, welche Umlageverfahren Unternehmen für ihre Mitarbeiter im Krankheitsfall (U1) und bei einer Mutterschaft (U2) wählen möchten. Doch es gibt noch weitaus mehr Umlageverfahren in Deutschland. Was genau dahintersteckt und welche Umlageverfahren Sie unbedingt kennen sollten, lesen Sie hier.
Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Umlageverfahren?

Ein Umlageverfahren bezeichnet ein Finanzierungssystem, in dem Beitragszahlungen sofort für die vorgesehenen Leistungen ausgegeben werden. Das heißt: Der Staat spart Beiträge – zum Beispiel Sozialbeiträge – nicht langfristig an und baut ebenso wenig einen Kapitalstock (Kapitaldeckungsverfahren) auf. 

Stattdessen werden eingenommene Mittel direkt umgesetzt und bestimmungsgemäß verwendet. Solche Umlageverfahren finden in Deutschland unter anderem in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie in der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung Anwendung.

Welche Vorteile und Nachteile bietet ein Umlageverfahren?

Wie jedes komplexe Finanzierungssystem bietet das Umlageverfahren im Vergleich zu einem Kapitaldeckungsverfahren unterschiedliche Vor- und Nachteile:

VORTEILE UMLAGEVERFAHREN NACHTEILE UMLAGEVERFAHREN
Kapitalmarktunabhängigkeit, da finanzielle Mittel im Kreislauf bleiben Abhängigkeit von negativen Entwicklungen am Arbeitsmarkt
Schutz vor Inflation und Krisen Geringere Renditen als bei kapitalgedeckten Systemen
Schnellere Eingliederung von neuen Beitragsempfängern möglich Demographie-Abhängigkeit, z. B. bei Veränderung der Alterspyramide
Geringere Verwaltungskosten Geringere Akzeptanz bei Beitragserhöhungen, da der individuelle Mehrwert der Beitragszahler nicht immer verständlich ist

Umlageverfahren vs. Kapitaldeckungsverfahren: Welche Unterschiede gibt es?

Während das Umlageverfahren darauf basiert, eingenommene finanzielle Mittel der Beitragszahler umgehend dem eigentlichen Zweck zuzuführen, verfolgt das Kapitaldeckungsverfahren ein anderes Ziel. Auf dem Kapitaldeckungsverfahren gründen sich die meisten privaten Individualversicherungen sowie die private Altersvorsorge.

Bei einer privaten Rentenversicherung, wie zum Beispiel einer Riester Rente, werden die Sparanteile der Versicherten am Kapitalmarkt angelegt. Ziel ist die bestmögliche Rendite und die Bildung eines Deckungskapitals. Hohe Erträge sichern dabei den Anspruch der Versicherten auf Rentenzahlungen nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben.

Wie funktioniert das Umlageverfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung?

In der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Beiträge der Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder Rentner umgehend in die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen umgelegt. Dies bedeutet: Die Einnahmen der Beitragszahler werden im Umlageverfahren der Krankenversicherung benötigt, um Ausgaben für Arzneimittel, Krankengeld oder stationäre Aufenthalte aller Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen zu decken.

Im Rahmen des Solidarprinzips der gesetzlichen Krankenkasse ist es im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung jedoch unerheblich, ob die Ausgaben für die medizinische Versorgung eines Mitglieds die einbezahlten Beiträge übersteigen. Das Ziel der gesetzlichen Krankenkasse ist es, eine Gesundheitsversorgung in Deutschland sicherzustellen, die der Maßgabe des § 12 des Sozialgesetzbuches V entsprechen.

Das Umlageverfahren in der gesetzlichen Krankenkasse stellt zusammen mit den jährlichen Zulagen durch Steuermittel sicher, dass die Vorgabe des Sozialgesetzbuches erfüllt werden kann. Für die Finanzierung weitergehender Maßnahmen, die über die Leistungen des Gesetzes hinausgehen, müssen von Versicherten privatwirtschaftlich durch eine Krankenzusatzversicherung abgedeckt werden. 

Besondere Umlageverfahren U1 und U2 in der gesetzlichen Krankenversicherung

Eine Besonderheit in der gesetzlichen Krankenversicherung stellen die Umlageverfahren U1 und U2 dar. Diese sorgen innerhalb der gesetzlichen Krankenkasse dafür, dass die finanziellen Belastungen aller Betriebe im Zusammenhang mit der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und in Bezug auf Mitarbeiterinnen im Mutterschutz abgefedert und ausgeglichen werden. 

Umlageverfahren U1 = Beteiligung an den Kosten der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Es handelt sich beim Umlageverfahren U1 um eine Pflichtversicherung, deren Beiträge ausschließlich vom Arbeitgeber bezahlt werden (sogenannte Arbeitgeberaufwendungen). Der Umlagesatz, der je nach gesetzlicher Krankenversicherung differiert, wird auf Basis des Bruttolohns des Arbeitnehmers berechnet. 

Die Umlage U1 ist für Unternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von 30 Angestellten verpflichtend. Auszubildende und Schwerbehinderte werden nicht in die Mitarbeiteranzahl eingerechnet. Teilzeitmitarbeiter zählen nach Arbeitszeit anteilig. 

Erkrankt ein Mitarbeiter, übernimmt die Krankenkasse einen Anteil der für die Lohnfortzahlung entstandenen Kosten. Diese Beteiligung liegt zwischen 60 Prozent bis 80 Prozent und kann von Arbeitgebern über die Umlage erhöht werden. Jede Krankenkasse handelt wirtschaftlich selbstständig. Aus diesem Grund können sich die Umlagebeiträge unterscheiden.

Umlageverfahren U2 = Erstattung von Lohnkosten im Rahmen des Mutterschutzes

Das Umlageverfahren U2 greift für Unternehmen aller Größenordnung, denen durch den Mutterschutz einer Mitarbeiterin Lohnkosten entstehen. Die Zahlungen werden in der Schutzfrist vor der Entbindung vom Arbeitgeber an die schwangere Angestellte gezahlt. Auch acht Wochen nach der Geburt des Kindes erhält die Mitarbeiterin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, den Arbeitgeber komplett von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekommen.

Gut zu wissen: Entgegen vieler Befürchtungen ist der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld keine reine Arbeitgeberaufwendung, sondern ein durchlaufender Posten. Diesen strecken Unternehmen vor, um ihn wieder von der Krankenkasse gutgeschrieben zu bekommen.

Nach Auszahlung haben Personaler die Möglichkeit, die Zahlung über das Umlageverfahren U2 zu 100 Prozent von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet zu bekommen. Es handelt sich um eine Pflichtversicherung, die ebenso wie das Umlageverfahren U1 ausschließlich vom Arbeitgeber bezahlt wird. Die Umlage wird buchhalterisch als Anteil am Arbeitslohn der Mitarbeiterin abgeführt. Die Erstattung der Lohnkosten bei Mutterschutz liegt für Arbeitgeber bei 100 Prozent – unabhängig vom Arbeitsentgelt der Mitarbeiterin.

Wie ist das Umlageverfahren Rente geregelt?

Das Umlageverfahren in der gesetzlichen Rentenversicherung existiert in der derzeitigen Form seit 1957. Vor diesem Zeitpunkt war die gesetzliche Rentenversicherung im Kapitaldeckungsverfahren organisiert und fokussierte sich auf die paritätische Beitragszahlung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Diese mussten auf Rentenkonten entrichtet werden.

Mit dem sogenannten Schreiberplan, der ein soziales Konzept des deutschen Wirtschaftstheoretikers Wilfried Schreiber benennt, wurde die Deutsche Rentenversicherung unter dem damaligen Kanzler Konrad Adenauer umfassend reformiert und in ein System mit Umlageverfahren umgebaut. Selbst wenn viele Details des Schreiberplanes letztendlich nicht verwirklicht werden konnten, wurde durch das Konzept ein Umlageverfahren Rente aufgebaut, das bis heute funktioniert.

Umlage in der gesetzlichen Rentenversicherung als Teil des Generationenvertrags

Alle sozialversicherungspflichtigen Angestellten sind verpflichtet, als Beitragszahler in die gesetzliche Rentenversicherung einzubezahlen. Ein Teil ihres Arbeitsentgelts fließt im Umlageverfahren Rente an die jetzigen Beitragsbezieher. Durch diese Vorgehensweise wird der Generationenvertrag erfüllt. 

Selbstständige und Freiberufler sind keine Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie haben allerdings die Möglichkeit, sich als freiwillige Beitragszahler und Mitglieder registrieren lassen – müssen dafür aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Wie werden die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung berechnet?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen für sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten insgesamt 18,6 Prozent vom Arbeitsentgelt, die paritätisch aufgeteilt werden. Die Beitragsbemessungsgrenzen unterscheiden sich nach den alten und neuen Bundesländern. Für geringfügig Beschäftigte oder Angestellte in Privathaushalten gelten andere Staffelsätze. Die Beiträge im Umlageverfahren Rente für die gesetzliche Rentenversicherung werden wie folgt berechnet und sind Stand April 2022 bis zum Kalenderjahr 2024 festgeschrieben:

PERSONENKREIS BEITRAGSHÖHE BEMESSUNGSGRENZE ARBEITSENTGELT
Arbeitnehmer alte Bundesländer 9,3 % 7.050 Euro komplett
Arbeitgeber alte Bundesländer 9,3 % 6.750 Euro komplett

Sowohl bei Minijobs wie für Beschäftigte in Privathaushalten gilt, dass der Versicherte auf eine Versicherungspflicht verzichten kann. In diesem Fall werden keine Anwartschaften für die gesetzliche Rentenversicherung aufgebaut.

Umlageverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung

Neben der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung finanziert sich ebenso die gesetzliche Unfallversicherung im Umlageverfahren. Die Leistungen und die Höhe der Beiträge sind im Allgemeinen weniger bekannt, da man als Beitragszahler ausschließlich die Arbeitgeber heranzieht. 

Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine der ältesten Sozialversicherungen. Ihre Entstehungsgeschichte geht mehr als 100 Jahre zurück. Ihr Gründungsvater ist der bekannte Reichskanzler Otto von Bismarck. Ihre gesetzliche Grundlage hat die gesetzliche Unfallversicherung im Siebten Sozialgesetzbuch.

Jedes Unternehmen ist verpflichtet, alle Betriebsangehörigen in die gesetzliche Unfallversicherung einzugliedern. Dies geschieht über eine Berufsgenossenschaft oder einen Unfallversicherungs-Träger. Im Umlageverfahren erhalten alle gesetzlich versicherten Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Unfallversicherung zahlt zum Beispiel bei:

  • Allen Arbeitsunfällen, selbst wenn diese auf dem Weg zur oder von der Arbeit entstanden sind,
  • Berufskrankheiten, zum Beispiel durch Teilverrentung bei rezidivierenden Depressionen (Burn-out) oder körperlichen Erkrankungen infolge von schädigender Einwirkung chemischer Stoffe.

Somit leitet die gesetzliche Unfallversicherung einen wichtigen Beitrag zu einem funktionierenden Sozialsystem.

Fazit: Umlageverfahren als Grundlage des deutschen Sozialsystems

Die gesetzlichen Sozialsysteme basieren in der Mehrheit auf einem Umlageverfahren. Dieses beinhaltet, dass man die Einnahmen der Beitragszahler fortlaufend einsetzt, um die Ausgaben im jeweiligen Sozialsystem zu decken. 

Für Personalverantwortliche sind vor allem die U1 und U2 sowie die jeweiligen Umlagebeiträge interessant. Ob Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Mutterschaft – diese beiden Umlageverfahren tragen dazu bei, Unternehmen zu entlasten und das Sozialsystem zu erhalten.