Infografik zum Phantomlohn im Unternehmen.

Phantomlohn: Beachten Sie die Gesetze zum Fiktivlohn?

Wird einem Arbeitnehmer in der Praxis weniger Lohn ausbezahlt als ihm laut Vereinbarung im Arbeitsvertrag zusteht, bezeichnet man den entstehenden Differenz-Betrag als Phantomlohn.
Inhaltsverzeichnis

Was ist Phantomlohn und wie kommt er zustande?

Relevant ist der Phantomlohn, der auch als Fiktivlohn bekannt ist, vor allem bei der Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge – denn im Gegensatz zur Lohnsteuer leiten sich die abzuführenden Beträge hier nicht aus dem tatsächlich ausgezahlten Arbeitsentgelt (Zuflussprinzip) ab.

Stattdessen gilt im Sozialversicherungsrecht das sogenannte Entstehungsprinzip: Demnach sind die zu zahlenden Beiträge generell auf Grundlage des vertraglich zugesicherten Arbeitsentgelts zu berechnen. Dies gilt auch dann, wenn die faktisch gezahlte Vergütung geringer ausfällt – also ein Phantomlohn besteht. Je nach Gestaltung des Arbeitsverhältnisses kann dieses Szenario beispielsweise in den folgenden Fällen eintreten:

  • bei flexiblen Arbeitszeitregelungen auf Abruf
  • bei geringfügiger Beschäftigung auf Stundenbasis (Minijob)
  • bei einem wirksamen Lohnverzicht durch den Arbeitnehmer
  • bei der Auszahlung des Urlaubsentgelts
  • beim Ausscheiden von Mitarbeitern aus dem Betrieb
  • bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
  • bei der Berücksichtigung von Zusatzleistungen zum Lohn
  • bei Lohnveränderungen wegen Berufsverbot, z. B. beim Mutterschutz

Berechnet man die Sozialversicherungsbeiträge in diesen Fällen nach dem Zuflussprinzip, bleiben die Beitragsansprüche für den Phantomlohn unberücksichtigt. Bei einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung führt dies meist zu unangenehmen Nachforderungen, die außerdem zulasten des Arbeitgebers ausfallen.

Denn im Gegensatz zu Falschberechnungen bei der Lohnsteuer können fehlende Beiträge zur Sozialversicherung nur innerhalb der nächsten drei Gehaltsabrechnungen vom Arbeitnehmer zurückgefordert werden. Fällt der Fehler also zu spät auf, muss das Unternehmen die ausstehenden Beiträge aus eigener Tasche zahlen – und sich im schlimmsten Fall einem Strafverfahren stellen.

Phantomlohn: Beispiele aus der Praxis

Da die Sozialversicherungsbeiträge nach dem Entstehungsprinzip zu berechnen sind, kommt der Fiktivlohn immer dann zur Anwendung, wenn das tatsächlich bezahlte Arbeitsentgelt vom vertraglich definierten Anspruch auf Lohn abweicht. Vor allem bei Minijobbern und Arbeitsmodellen auf Stundenbasis sollten Personaler den Phantomlohn deshalb genau im Blick haben. Doch auch bei der Kalkulation von Zuschlägen und Provisionen für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub kann ein Fiktivlohn entstehen.

Um folgende Unannehmlichkeiten und Nachforderungen bei der Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung zu vermeiden, sollten sich Unternehmer und Personaler eingehend mit dem Thema Phantomlohn beschäftigen. Die folgenden Beispiele zeigen, in welchen Bereichen besondere Vorsicht geboten ist und wie Sie das Problem bei der Abrechnung umgehen.

Fiktivlohn bei Arbeit auf Abruf: Der Vertrag ist entscheidend

Einer der häufigsten Anwendungsfälle für den Phantomlohn entsteht, wenn die Arbeitszeit des Mitarbeiters keine regelmäßige Stunden-Verteilung aufweist. Die gesetzgeberische Grundlage für diese Arbeit auf Abruf findet sich im § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Dort ist Gestaltung der Arbeitszeit in vertraglichen Vereinbarungen folgendermaßen geregelt:

„Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“

In Bezug auf die Sozialversicherung bedeutet dies, dass Arbeitsverträge ohne genaue Stunden-Festlegung grundsätzlich mit einem Fiktivlohn für 20 Wochenstunden veranschlagt werden. Diese sind in jedem Fall sozialversicherungspflichtig und müssen bei der Beitragsberechnung berücksichtigt werden, auch wenn sie real nicht vom Mitarbeiter geleistet und vergütet wurden. Doch bei genau festgelegten Stunden kann ebenfalls ein Phantomlohn entstehen:

Hat der Arbeitgeber eine Höchstarbeitszeit mit dem Mitarbeiter vereinbart, kann er diese laut der gesetzlichen Vorgabe um bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit vermindern. Arbeitet der Mitarbeiter entsprechend weniger, muss für diese Stunden folglich kein Lohn und auch keine Lohnsteuer bezahlt werden. Das gilt allerdings nicht für die Sozialversicherungsbeiträge: Denn nach dem Entstehungsprinzip gilt hier die Angabe im Arbeitsvertrag.

Phantomlohn bei Minijobbern: Stundenbasierte Vergütung birgt Gefahren

Besonders für geringfügig Beschäftigte, die prinzipiell keine Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen, kann der Fiktivlohn weitreichende Folgen haben. Denn die Minijobber dürfen derzeit (Stand: Juni 2022) höchstens 450 Euro monatlich verdienen, um ihren Status bezüglich Steuer- und Sozialabgaben nicht zu verlieren. Ab Oktober 2022 wird die Minijob-Grenze auf 520 Euro im Monat angehoben, wodurch sich Schranke etwas nach hinten verschiebt – und die Gefahr des Phantonlohns etwas relativiert. 

Zugleich sind Arbeitgeber verpflichtet, diese geringfügigen Tätigkeiten nach der aktuellen Mindestlohn-Regelung zu vergüten. Dieser wurde in den letzten Jahren aufgrund laufender Gesetzesänderungen allerdings immer wieder angehoben: 

Steigerung des Mindestlohns seit 2016

20168,50 €
20178,84 €
20199,19 €
20209,35 €
20219,60 €
202212,00 €
202312,00 €
202412,41 €

Mit steigendem Mindestlohn verringert sich jedoch gleichzeitig die zulässige Stundenzahl für Minijobber – während 2016 noch bis zu 52 Stunden im Monat möglich waren, dürfen geringfügig Beschäftigte für einen maximalen Verdienst von 450 Euro ab Oktober 2022 monatlich nur noch 37,5 Stunden arbeiten. Angesichts dieser Änderungen scheint es auf den ersten Blick sinnvoll, in Arbeitsverträgen für Minijobs keine konkreten Arbeitszeiten festzulegen. 

Achtung

Geschieht dies jedoch nicht, kann es aufgrund der Phantomlohn-Problematik zu ernsten Konsequenzen kommen.

Denn wie bei der Arbeit auf Abruf gilt auch hier die gesetzliche Vorgabe aus § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Bei Arbeitsverträgen ohne konkrete Arbeitszeitangabe wird also auch bei Minijobbern ein Fiktivlohn zum Berechnen der Sozialversicherungsbeiträge angesetzt. Da die pauschal veranschlagten 20 Stunden pro Woche jedoch die zulässige Arbeitszeit deutlich übersteigen, wäre der Minijob in diesem Fall mit sofortiger Wirkung sozialversicherungspflichtig.

Anpassungen der Arbeitszeit von Minijobbern

Aus diesem Grund ist es für Unternehmen wichtig und entscheidend, für Minijobber generell eine wöchentliche Arbeitszeit festzulegen. Bei Änderungen des Mindestlohns sollten diese außerdem im Arbeitsvertrag angepasst werden, um Konflikte mit den Regelungen zur Mindest- und Höchstarbeitszeit zu vermeiden.

Lohnverzicht: Zusatzleistungen können als Phantomlohn gelten

Steckt ein Unternehmen in finanzieller Schieflage, kann der Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen oder Kurzarbeit abwenden, indem er seine Mitarbeiter zu einem freiwilligen Lohnverzicht bewegt. Zwar lassen sich durch dieses Mittel unter Umständen Lohnnebenkosten einsparen – die streng geregelte Maßnahme birgt aber einige Tücken und sollte keinesfalls ohne Rechtsbeistand und genaue Dokumentation ergriffen werden. 

Neben den umfangreichen Regelungen im BGB, im Bundesurlaubsgesetz und möglichen Tarifverträgen erhöhen auch aktuelle Neuerungen in der Rechtsprechung die Gefahr des Phantomlohns: Bis vor Kurzem war es beispielsweise gängige Praxis, einen Entgeltverzicht des Arbeitnehmers durch beitragsbefreite Zusatzleistungen wie Tankgutscheine oder Job-Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel „aufzuwiegen“.

Ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Februar 2021 (B 12 R 21/18 R) hat diesem Verfahren jedoch einen Riegel vorgeschoben: Denn laut der Entscheidung sind solche Vergünstigungen – analog zur aktuellen Bestimmung in § 8 Abs. 4 EstG hinsichtlich der Lohnsteuer – nur dann als beitragsfreie Zusatzleistungen zu veranschlagen, wenn:

  1. „die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.“

Im Hinblick auf einen möglichen Phantomlohn sollten Personaler deshalb die Voraussetzungen des beitragsrechtlichen Zusatzerfordernisses für besondere Leistungen gegenüber dem Arbeitnehmer eingehend prüfen. Um die Veranschlagung eines Fiktivlohns auszuschließen ist es außerdem empfehlenswert, regelmäßige Zusatzleistungen mit einem Anwalt für Arbeitsrecht beitragsrechtlich abzuklären.

Zuschläge beachten: Phantomlohn im Krankheitsfall und beim Urlaubsentgelt

In den meisten Beschäftigungsverhältnissen haben Urlaub und Krankheit eines Angestellten nur wenige Auswirkungen auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung. Kommen jedoch Faktoren wie Zuschläge, Nachtarbeit oder Provisionen ins Spiel, kann die Kalkulation der Beitragsansprüche mit Blick auf den zu veranschlagenden Fiktivlohn durchaus zur Herausforderung werden. Die Höhe und Berechnung des Urlaubsentgelts sind nach § 11 des Bundesurlaubsgesetzes beispielsweise folgendermaßen geregelt: 

„Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.“

In dieses vom Arbeitgeber zu zahlende Urlaubsentgelt sind außerdem auch weitere Lohnbestandteile einzubeziehen, zum Beispiel: 

  • Provisionen
  • Erschwernis- und Gefahrenzulagen
  • Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

Ähnliches gilt auch für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die in § 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes geregelt ist. Übersehen Personaler jedoch einzelne Lohnbestandteile bei der Kalkulation des Arbeitsentgelts, entsteht unter Umständen aus Sicht der Rentenversicherung ein Phantomlohn – beispielsweise durch Zuschläge, die zwar nicht aktiv ausbezahlt, in der fiktiven Lohnabrechnung nach dem Entstehungsprinzip jedoch relevant sind.

Fällt dies bei einer Betriebsprüfung auf, kann die Deutsche Rentenversicherung die fehlenden Beiträge bis zu vier Jahre im Nachhinein zurückverfolgen und einfordern. Bei einer großen Anzahl von Mitarbeitern in einem Betrieb entstehen auf diesem Weg hohe Nachzahlungen, die in der Regel allein vom Unternehmen zu tragen sind.

Auch bei der Kündigung: Phantomlohn beim Ausscheiden von Mitarbeitern

Scheiden Mitarbeiter durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag aus dem Unternehmen aus, erstellen Personaler eine Schlussabrechnung. Diese enthält alle vertraglich geschuldeten Entgelte und möglichen Forderungen. 

Verzichtet ein Mitarbeiter im Rahmen einer solchen Schlussabrechnung auf ein ihm noch zustehendes Arbeitsentgelt, müssen hierfür auf Basis der gesetzlichen Bestimmungen dennoch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Da in diesem Fall das Entstehungsprinzip maßgeblich ist und das Entgelt dem Mitarbeiter rechtlich und vertraglich zustand, ist es vollumfänglich sozialversicherungspflichtig. 

Das gilt ebenso, wenn es faktisch nicht ausbezahlt wurde. Übersieht die HR-Abteilung die Sozialversicherungspflicht, fordern die Sozialversicherungsträger diese Beträge für den Phantomlohn in einer Nachforderung mit zusätzlichen Säumnis-Zuschlägen ein.

Phantomlohn vermeiden mit dem 4-Augen-Prinzip

Als Phantomlohn oder Fiktivlohn bezeichnet man die Differenz zwischen dem ausbezahlten Arbeitsentgelt und der Summe, die einem Mitarbeiter vertragsrechtlich als Lohn oder Gehalt zustehen würde. Phantomlohn entsteht zum Beispiel bei Arbeit auf Abruf und Minijobs, aber auch bei der Abrechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bei der Auszahlung des Urlaubsentgelts. 

Bleiben bei der Kalkulation dieser Posten einzelne Lohnbestandteile wie Zuschläge für Nachtarbeit oder unberücksichtigt, fehlen diese auch bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Ob der geschuldete Fiktivlohn dabei tatsächlich ausbezahlt wurde, ist wegen des grundlegenden Entstehungsprinzips nicht von Belang. 

So können Unternehmen aufgrund von Unwissenheit in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen schnell in die Phantomlohn-Falle tappen. Wegen der Aufbewahrungspflichten fallen diese Fehlkalkulationen in der Folge auch bei fortlaufenden Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung auf. 

Personaler können dies verhindern, indem sie die monatliche Lohn- und Gehaltsabrechnung sorgfältig und transparent bearbeiten und alle relevanten Unterlagen proaktiv archivieren. Des Weiteren kann es hilfreich sein, Sonderfälle bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung im 4-Augen-Prinzip zu prüfen. Auf diesem Weg umgehen Unternehmen durch eine solch professionelle Arbeitsweise nicht nur Phantomlohn-Nachforderungen, sondern auch die zugehörigen Säumnis-Zuschläge, die nach einer Betriebsprüfung zu unvorhergesehenen finanziellen Belastungen führen können.

FAQ zum Thema Phantomlohn

Erhält ein Arbeitnehmer nach der Abrechnung weniger Entgelt, als ihm laut Vertrag zusteht, wird die Differenz als „Phantomlohn“ bezeichnet. Der Betrag ist auch unter dem Namen Fiktivlohn bekannt.
Für die Berechnung der Beiträte zur Sozialversicherung gilt das sogenannte Entstehungsprinzip. Die Kalkulation beruht demnach nicht nur auf dem tatsächlich bezahlten Lohn, sondern auf allen Ansprüchen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag – inklusive Phantomlohn.
Fiktivlohn entsteht häufig in Beschäftigungsverhältnissen ohne konkrete Arbeitszeitregelung, zum Beispiel bei Arbeit auf Abruf oder Minijobs. Allerdings kann der Phantomlohn auch durch nicht eingerechnete Zuschläge bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bei Lohnverzicht durch den Arbeitnehmer auftreten.
Enthält der Arbeitsvertrag keine genaue Arbeitszeitangabe, sieht das Gesetz für die Abrechnung pauschal eine Beschäftigungszeit von 20 Wochenstunden vor. Wegen des steigenden Mindestlohns übertritt der so entstehende Fiktivlohn bei der Sozialversicherung jedoch die derzeit zulässigen 450 Euro sowie die ab Oktober 2022 geltende Mindestlohngrenze von 520 Euro – das macht den Minijob somit beitragspflichtig.