Lohnpfändung: Als Arbeitgeber richtig verhalten – Aufgaben & Schritte
- Definition: Was ist die Lohnpfändung?
- Was sind die Voraussetzungen einer Lohnpfändung?
- Pflichten: Welche Aufgaben hat der Arbeitgeber bei der Lohnpfändung?
- Ablauf: Wie läuft der Prozess der Lohnpfändung ab?
- Pfändungsfreigrenze: Wie viel Gehalt darf gepfändet werden?
- Welche Gehalts-Bestandteile sind pfändbar – welche nicht?
- Wie wird der pfändbare Lohn-Anteil berechnet?
- Ist eine Abmahnung oder Kündigung wegen Lohnpfändung erlaubt?
- Darf der Arbeitgeber den Aufwand für die Lohnpfändung dem Arbeitnehmer in Rechnung stellen?
- Exkurs: Was können Arbeitnehmer bei einer Lohnpfändung tun?
- FAQ zur Lohnpfändung
Definition: Was ist die Lohnpfändung?
Unter der Lohnpfändung versteht man die Beschlagnahmung des pfändbaren Einkommens vom Arbeitsnehmer unmittelbar beim Arbeitgeber. Bei der Lohnpfändung wird das Gehalt des Arbeitnehmers also bereits beim Arbeitgeber gepfändet, bevor das monatliche Arbeitseinkommen auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen wird.
Dabei wird jedoch nicht das komplette Gehalt vom Arbeitnehmer einbehalten. Ein Teil des Gehalts gilt als unpfändbar und soll das Existenzminimum des Schuldners sichern. Dieser sogenannte “Pfändungsfreibetrag” wird jedes Jahr vom Bundesministerium für Justiz berechnet.
Eine Lohnpfändung erfolgt, wenn der Arbeitnehmer als Schuldner im Sinne eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses offene Schulden nicht begleichen kann. Der anspruchsberechtigte Gläubiger kann das ihm zustehende Geld dann nach Antragstellung beim Vollstreckungsgericht bei dessen Arbeitgeber eintreiben. Der Arbeitgeber fungiert demzufolge dem Arbeitnehmer gegenüber als „Drittschuldner“ des Gläubigers.
Was sind die Voraussetzungen einer Lohnpfändung?
Gerät der Arbeitnehmer in finanzielle Not, sodass er seine Schulden nicht mehr begleichen kann, droht ihm die von seinem Gläubiger betriebene Zwangsvollstreckung. Um diese und somit die Lohnpfändung umsetzen zu können, müssen jedoch folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Vollstreckungstitel: Um an sein Geld zu kommen, benötigt der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel. In den meisten Fällen ist das ein Gerichtsurteil, kann jedoch auch ein Vollstreckungsbescheid sein. Der Schuldner muss den Vollstreckungstitel zugeschickt bekommen.
- Erstellung eines Pfändungsbeschlusses auf Antrag: Um die Zwangsvollstreckung in Gestalt einer Lohnpfändung vorantreiben zu können, muss der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht einen entsprechenden Antrag stellen. Daraufhin wird vom Gericht ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt.
- Zustellung des Pfändungsbeschlusses: Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird schließlich – nicht vom Gläubiger selbst –, sondern von einem Gerichtsvollzieher zugestellt. Empfänger ist der Arbeitgeber, der damit gleichzeitig als Drittschuldner auftritt.
Pflichten: Welche Aufgaben hat der Arbeitgeber bei der Lohnpfändung?
Als Arbeitgeber sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, bei einer Lohnpfändung mitzuwirken. Sie müssen den pfändbaren Anteil des Lohns dann statt wie bisher an den Mitarbeiter direkt an den oder die Gläubiger abführen. Ihre Aufgabe ist es, den pfändbaren Lohn des Mitarbeiters zu berechnen und sich professionell um alle Formalitäten zu kümmern.
Sobald der Arbeitgeber den zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in seinen Händen hält, wird er Drittschuldner des Gläubigers. Hinderungsgründe hierfür können sich im Übrigen allenfalls aufgrund Formmängeln oder durch Fehler bei der Zustellung selbst ergeben.
Als Drittschuldner innerhalb der Lohnpfändung entstehen für den Arbeitgeber automatisch Pflichten, denen er nachkommen muss.
- Auskunftspflicht: Der Arbeitgeber ist dem Gläubiger zur Auskunft über die bestehenden Ansprüche des Mitarbeiters verpflichtet (Drittschuldnererklärung). Er muss erklären, ob und inwieweit er die Pfändung anerkennt und ob bereits andere Gläubiger den Lohn gepfändet haben oder eine entsprechende Forderung gestellt haben. Diese Auskunftspflicht soll den Gläubiger vor den Risiken eines sinnlosen Prozesses schützen. Die Auskunft muss so abgegeben werden, dass diese innerhalb von 14 Tagen dem Gläubiger zugeht.
- Pflicht zur Nichtzahlung des Lohns: Ab der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist es dem Arbeitgeber verboten, den Beitrag der Gehaltspfändung an seinen Mitarbeiter auszuzahlen.
- Pflicht zur Berechnung des pfändbaren Einkommens: Es ist die Pflicht und die Hauptaufgabe des Arbeitgebers, als Drittschuldner einer Lohnpfändung den Teil des Gehalts zu ermitteln, der bei einer Lohnpfändung gepfändet werden darf. Hierbei hat der Arbeitgeber jedoch auch die bedingt pfändbaren Bezügen (§§ 850b ZPO) sowie die Pfändungsfreigrenze gemäß § 850c ZPO zur berücksichtigen.
- Pflicht zur Überweisung des pfändbaren Einkommens an den Gläubiger: Bei vollständiger Berechnung des pfändbaren Gehaltes muss der Arbeitgeber den sich ergebenden Betrag an den Gläubiger überweisen.
Ablauf: Wie läuft der Prozess der Lohnpfändung ab?
Bei einer Lohnpfändung sieht sich der Arbeitgeber zahlreichen Pflichten und daraus resultierenden Arbeitsschritten gegenüber. Aus Sicht des Arbeitgebers läuft eine Lohnpfändung in aller Regel wie folgt ab:
Schritt 1: Erhalt des Pfändungsbeschlusses
Sobald der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner in seinen Händen hält, stellt er bei Gericht einen Antrag hinsichtlich eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Nachdem der Gerichtsvollzieher dem Arbeitgeber den Beschluss zugestellt hat, wird diesem dadurch mitgeteilt, dass er ab sofort nicht mehr das volle Gehalt an seinen Mitarbeiter auszahlen darf.
Schritt 2: Prüfung des Pfändungsbeschlusses
Der Arbeitgeber überprüft den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dahingehend, ob überhaupt eine berechtigte Forderung gegen seinen Arbeitnehmer besteht.
Schritt 3: Abgabe der Drittschuldnererklärung
Der Arbeitgeber hat nun zwei Wochen Zeit, dem Gläubiger eine sogenannte Drittschuldnererklärung zukommen zu lassen. Gemäß § 840 ZPO muss er darin u. a. erklären, ob und inwieweit er die Forderung anerkennt und zur Zahlung bereit ist bzw. welche sonstigen Forderungen gegen den Schuldner/Arbeitnehmer bestehen.
Schritt 4: Forderungen sortieren – nur bei mehreren Gläubigern
Im Anschluss ist es die Aufgabe des Arbeitgebers, bei mehreren Fälle von Lohnpfändung eine Liste der bestehenden Forderungen zu erstellen. Dabei muss besonders auf die korrekte Reihenfolge der jeweiligen Zustellung geachtet werden – zuerst eingehende Forderungen haben Vorzug („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“).
Demnach wird zuerst der Gläubiger bedient, dessen Antrag auf Pfändung als Erstes bei Ihnen eingeht. Der gesamte pfändbare Einkommensteil geht dann an diesen Gläubiger, bis die Schuld beglichen ist. Erst dann ist der nächste Gläubiger an der Reihe.
Schritt 5: Berechnung des pfändbaren Lohn-Anteils
Der Arbeitgeber ist bei der Lohnpfändung verpflichtet, den Teil des Gehalts selbst auszurechnen, der tatsächlich pfändbar ist. Schon aus eigenem Interesse sollte der Arbeitgeber die Berechnung diese Pfändungseinkommens besonders genau anstellen.
Denn je nach Berechnungsfehler könnte er sich Schadensersatzansprüchen gegenübersehen: Berechnet er zu wenig, riskiert er eine Klage des Gläubigers. Setzt er dagegen das pfändbare Einkommen zu hoch an, wird sich der Arbeitnehmer zur Wehr setzen.
Wichtig: Vom Vollstreckungsgericht erhält der Arbeitgeber Unterstützung bei seinen Berechnungen.
Schritt 6: Überweisung des pfändbaren Lohn-Anteils
Schließlich muss der Arbeitgeber die Forderung des Gläubigers begleichen. Dafür muss das entsprechende Pfändungseinkommen sowohl rechtzeitig als auch in vollem Umfang – also nicht in Teilbeträgen – an den Gläubiger überwiesen werden.
Pfändungsfreigrenze: Wie viel Gehalt darf gepfändet werden?
Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens ist die vom Gesetzgeber festgelegte, sogenannte Pfändungsfreigrenze zu berücksichtigen. Dies ist der Betrag, der dem Arbeitnehmer verbleiben muss, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Hier nimmt der Gesetzgeber – jeweils zum 1. Juli eines Jahres – eine jährliche Anpassung vor.
Die Pfändungsfreigrenze für den Zeitraum vom 01.07.2023 bis 30.06.2024 beträgt 1.402,28 €.
Welche Gehalts-Bestandteile sind pfändbar – welche nicht?
Grundsätzlich gilt das Nettoeinkommen des Arbeitnehmers als pfändbar. Das bedeutet, dass sämtliche Lohnnebenkosten wie Krankenversicherung, Beiträge zur Renten- bzw. Arbeitslosenversicherung und eben die Lohnsteuer bereits abgezogen wurden.
Darüber hinaus sind manche Teile des Einkommens entweder nicht pfändbar (§ 850a ZPO) oder nach § 850b ZPO nur bedingt pfändbar.
Nicht pfändbares Einkommen | Bedingt pfändbares Einkommen |
---|---|
Aufwandsentschädigungen wie z. B. Arbeitsmaterial, Spesen etc. | Berufsunfähigkeitsrenten |
Urlaubsgeld, Treuegelder, Zuwendungen anlässlich eines besonderen Betriebsereignisses | Unterhaltsrenten (nach gesetzlicher Vorschrift) |
teilweise Weihnachtsvergütungen | Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen |
Geburtsbeihilfen, sonstige Beihilfen bei Eheschließung, Lebenspartnerschaften | Aus Stiftungen bezogene fortlaufende Einkünfte bzw. aufgrund der Fürsorge eines Dritten |
Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge | |
Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen | |
50 % des Einkommens, das durch Mehrarbeitsstunden entstanden ist |
Wie wird der pfändbare Lohn-Anteil berechnet?
Ist das (pfändbare) Nettoeinkommen vom Arbeitgeber ermittelt, stellt sich die Frage, wie die Berechnung des Anteils erfolgt, der an den Gläubiger gezahlt bzw. überwiesen werden muss.
Grundsätzlich richtet sich die Höhe des pfändbaren Einkommens zunächst nach der Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen. Dazu gehören z.B. die eigenen Kinder, der Ehepartner ohne Einkommen oder geschiedene Ehepartner, insofern eine Unterhaltspflicht besteht. Das Nettoeinkommen berechnet sich schließlich aus: Einkommen, Altersrente, ALG 1 und ALG 2.
Bei der exakten Berechnung werden auf Zehnerstellen abgerundete Beträge des Einkommens zugrunde gelegt – Beträge, die 4298,81 Euro übersteigen, sind indes voll pfändbar.
Ist eine Abmahnung oder Kündigung wegen Lohnpfändung erlaubt?
Nein, in aller Regel sind Abmahnungen oder gar eine Kündigung aufgrund einer Lohnpfändung nicht zulässig. Eine finanzielle Notlage wird der persönlichen Lebensführung zugerechnet und ist damit „Privatsache“ des Arbeitnehmers.
Allerdings existieren auch zu diesem Grundsatz Ausnahmen.
Wenn sich die Lohnpfändung als besonders aufwendig herausstellt, sodass erhebliche und auch nachweisbare Betriebsstörungen die Folge sind, kann die Lohnpfändung einen Kündigungsgrund darstellen.
Ähnliches gilt für Mitarbeiter in besonderer, herausgehobener Position bzw. Vertrauensstellung. In diesen Fällen kann es zusätzlich auf das Verschulden des Arbeitnehmers oder die weiteren Auswirkungen der konkreten Lohnpfändung in puncto Höhe und Dauer ankommen.
Darf der Arbeitgeber den Aufwand für die Lohnpfändung dem Arbeitnehmer in Rechnung stellen?
Nein, dem Arbeitgeber ist es nicht gestattet, dem Arbeitnehmer die entstandenen Aufwendungen zu berechnen zu erheben. Auch vom Gläubiger können Sie keine Erstattung der Mehrkosten verlangen.
Allerdings können Sie manche dieser Mehrkosten auf ihren Mitarbeiter umlegen – und zwar mit einer Zusatzklausel im Arbeitsvertrag.
Wichtig: Die Klausel unter 2. bezieht sich nicht auf die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO!
Diese Erklärung müssen Sie nach gesetzlichen Bestimmungen abgeben, ohne vom Arbeitnehmer Kostenerstattung verlangen zu können. Lediglich die Kosten, die für die Bearbeitung der Lohnpfändung anfallen, dürfen auf den Arbeitnehmer umgelegt werden.
FAQ zur Lohnpfändung
Die Pfändung von Lohn ist für viele Arbeitgeber eine große Herausforderung und mit vielen Fragen verbunden. Um auch Ihre letzten offenen Fragen zu beantworten, finden Sie nachfolgend ein umfassendes FAQ zur Lohnpfändung.