Überzahlung Gehalt: Wann Rückforderungen möglich sind
- Kann man zu viel gezahltes Gehalt zurückfordern?
- Wie lange kann man die Überzahlung des Gehalts zurückfordern?
- Rückforderung von überzahltem Gehalt – Muster
- Muss der Arbeitnehmer das zu viel gezahlte Gehalt melden?
- Gibt es Umstände, die einen Rückzahlungsanspruch verhindern?
- Darf man beim nächsten Mal einfach weniger überweisen?
Kann man zu viel gezahltes Gehalt zurückfordern?
Arbeitgeber haben ein grundsätzliches Recht, zu viel gezahltes Gehalt beim Arbeitnehmer zurückzufordern. Hierbei ist es unerheblich, ob der Grund für das Verschulden beim Mitarbeiter oder beim Unternehmen liegt. Hat der Mitarbeiter beispielsweise eine fehlerhafte Überstundenabrechnung abgegeben, für die die Gehaltsabrechnung überzahlt wir, muss mit der Korrektur das zu viel gezahlte Gehalt zurückgefordert werden. Ähnlich verhält es sich, wenn durch einen Abrechnungsfehler in der Lohnsoftware eine Lohnüberzahlung entstanden ist.
Wie lange kann man die Überzahlung des Gehalts zurückfordern?
Es ist möglich, dass Ausschlussfristen in Betriebsvereinbarungen, Arbeits- oder Tarifverträgen festgelegt sein können. Derartige Fristen legen in diesem Fall fest, bis wann der Arbeitgeber das zu viel gezahlte Entgelt zurückfordern darf. Bemerkt der Arbeitgeber seinen Fehler nicht und verpasst die Frist, erlischt sein Anspruch.
Wurde keine Ausschlussfrist vereinbart ist, gilt die normale gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Fehler begangen wurde. Dies legt der § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nahe, in dem es heißt: „Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.“
Praxisbeispiel: Überweist ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer im November 2023 zu viel Lohn und bemerkt seinen Kalkulationsfehler noch im Dezember 2023, verjährt der Anspruch zum Ende des Jahres 2026.
Rückforderung von überzahltem Gehalt – Muster
Arbeitgeber haben die Möglichkeit, mit dem folgenden Musterschreiben die Rückforderung des überzahlten Gehalts zu initiieren. Selbst wenn der Mitarbeiter im Vorfeld mündlich informiert wurde, ist es rechtlich sinnvoll, die Rückforderung schriftlich zu formulieren:
Sehr geehrter Herr Müller,
wir möchten Sie heute bezüglich einer Überzahlung Ihres Gehalts ansprechen, die versehentlich von unserem Unternehmen verursacht wurde. Wir haben kürzlich festgestellt, dass Ihnen in den Gehaltsabrechnungen der letzten Monate ein Betrag in Höhe von insgesamt 750 Euro zu viel ausgezahlt wurde. Die jeweils überzahlten Beträge entnehmen Sie bitte der Anlage.
Bitte prüfen Sie Ihre Gehaltsabrechnungen im Detail. Gemäß unserem geschlossenen Arbeitsvertrag vom 01.01.2020 und den geltenden gesetzlichen Bestimmungen, im besonderen § 812 BGB sind Sie verpflichtet, die überzahlten Beträge zurückzuerstatten.
Um das Verfahren zur Rückzahlung des überzahlten Gehalts einzuleiten, möchten wir Sie bitten, die folgenden Schritte zu berücksichtigen:
1. Überprüfung der Überzahlung: Bitte überprüfen Sie die Gehaltsabrechnungen und stellen Sie sicher, dass eine Überzahlung tatsächlich stattgefunden hat. Sollten Sie Unstimmigkeiten feststellen oder zusätzliche Informationen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, um diese zu klären.
2. Rückforderungsvereinbarung: Sobald die Überzahlung bestätigt wurde, werden wir eine schriftliche Rückforderungsvereinbarung vorbereiten. Diese Vereinbarung wird die folgenden Komponenten beinhalten:
- Den Betrag der Überzahlung,
- Den Zeitraum, in dem die Überzahlung erfolgte, sowie
- Die Modalitäten für die Rückzahlung.
3. Rückzahlungsfrist: Wir werden eine angemessene Frist für die Rückzahlung festlegen, um Ihnen genügend Zeit zu geben, den überzahlten Betrag zurückzuerstatten. Wir werden Ihnen den Rückzahlungsbetrag und das Datum mitteilen, bis zu dem die Rückzahlung erfolgen sollte.
4. Rückzahlungsoptionen: Bitte teilen Sie uns mit, welche Zahlungsoptionen Ihnen für die Rückzahlung des überzahlten Gehalts zur Verfügung stehen. Wir sind bereit, den Betrag entweder in einer Einmalzahlung oder in Raten gemäß unserer Richtlinie entgegenzunehmen.
Wir hoffen auf eine prompte und reibungslose Abwicklung dieser Angelegenheit. Sollten Sie weitere Informationen oder Unterlagen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir sind bestrebt, diese Angelegenheit so schnell wie möglich zu klären, um eine gute Arbeitsbeziehung aufrechtzuerhalten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Verständnis. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung und die weitere Zusammenarbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Muss der Arbeitnehmer das zu viel gezahlte Gehalt melden?
Aus § 812 BGB ergibt sich für beide Seiten ein sogenannter Herausgabeanspruch. Der Gesetzgeber formuliert: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“
Ein im Gegensatz zur normalen Gehaltszahlung überaus hohes Monatsgehalt ohne ersichtlichen Grund wird vom Arbeitnehmer spätestens bemerkt, wenn der Geldbetrag auf dem Konto eingegangen ist. Bei kleineren Beträgen mag dies nicht der Fall sein.
Arbeitnehmer sind auf Grundlage eines Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 26.02.2007 (https://openjur.de/u/320581.html) nicht verpflichtet, jede Gehaltsabrechnung akribisch zu prüfen. Gleichwohl liegt es in ihrer Verantwortung, die Gehaltszahlung oberflächlich zu prüfen und eine Überzahlung zu melden. Tun sie dies wider besseres Wissen nicht, verstößt dies gegen die Treuepflichten. Kann der Arbeitgeber nachweisen, dass der Arbeitnehmer die Überzahlung registriert hat, können arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung gezogen werden.
Gibt es Umstände, die einen Rückzahlungsanspruch verhindern?
Im § 818 BGB im Unterpunkt 3 wird eine einzige Situation aufgeführt, in der ein überbezahltes Gehalt nicht zurückgezahlt werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn der Grundsatz des Gesetzes zutrifft: „Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.“
Für die Praxis bedeutet diese rechtliche Vorgabe, dass eine Rückzahlung nicht notwendig ist, wenn das zu viel gezahlte Gehalt bereits ausgegeben wurde und der Arbeitnehmer den Fehler nicht bemerkt hat. Im Fachjargon spricht man in diesem Fall von „Entreicherung.“
Zur Abgrenzung gilt: Ist der Gegenwert des Geldes noch im Vermögen des Arbeitnehmers vorhanden, beispielsweise, weil dieser das Geld in eine Uhr investiert hat, kann der Arbeitgeber die Rückzahlung fordern. Wurde das überzahlte Gehalt jedoch für einen Urlaub oder Dinge des täglichen Bedarfs ausgegeben, kann es nicht zurückgefordert werden.
Abseits der Entreicherung haben Arbeitgeber in diesem Fall die Möglichkeit, den Arbeitnehmer vor dem zuständigen Arbeitsgericht zu verklagen, da sie davon ausgehen, dass dieser die Überzahlung bemerkt haben muss.
Darf man beim nächsten Mal einfach weniger überweisen?
Ob es möglich ist, die Überzahlung durch eine geringere Überweisung im nächsten Abrechnungsmonat auszugleichen, hängt vor allem davon ab, wie hoch die Lohnüberzahlung war.
Handelte es sich um einen einmaligen Fehler und eine überschaubare Summe, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass das nächste Gehalt entsprechend reduziert wird. Arbeitgeber sind gleichzeitig verpflichtet, die Pfändungsfreigrenzen einzuhalten. Sie dürfen das Gehalt nicht so stark kürzen, dass der Arbeitnehmer seine Lebenshaltungskosten nicht mehr decken kann.