Lehrlingsgehalt: Überblick über die aktuelle Ausbildungsvergütung in Deutschland

In der Berufsausbildung erhalten Auszubildende jeden Monat eine Ausbildungsvergütung, die mit jedem Lehrjahr steigt. Wir zeigen Ihnen, ob vom Lehrlingsgehalt Steuern gezahlt werden müssen, welche Auszubildenden am meisten verdienen und welche Vorgaben das Berufsbildungsgesetz macht.
Inhaltsverzeichnis

Wie die Süddeutsche Zeitung am 01.08.2023 mitteilte, waren in Deutschland mehr als 220.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Auf diese vakanten Positionen kamen im Umkehrschluss nur 117.000 Jugendliche, die Mitte 2023 noch keine Ausbildung gefunden hatten. Deutschland steht durch die fehlenden Auszubildenden vor einem tiefgreifenden Problem. Da die Auszubildenden von heute die Fachkräfte von morgen sind, wird sich der Fachkräftemangel in vielen Branchen weiter verschärfen. Es müssen mehr junge Leute für eine Ausbildung begeistert werden.

Im Artikel der SZ wurde konstatiert: „Mit höheren Löhnen und verlässlicheren Arbeitszeiten ließen sich junge Menschen anlocken, der Fachkräftemangel kann so aber nicht behoben werden.“

Das ein hohes Ausbildungsgehalt nicht die Lösung aller Probleme rund um die Ausbildung in Deutschland darstellt, ist nachvollziehbar. Trotzdem sind eine angemessene Ausbildungsvergütung und verlässliche Rahmenbedingungen für Azubis wichtige Grundvoraussetzungen.

Aus diesem Grund beschäftigt sich dieser Artikel mit Gesamtthema Ausbildungsvergütung und zeigt auf, wie sich die Lehrlingsgehälter in den letzten Jahren verändert haben. Im Artikel erfahren Sie zusätzlich, welche Mindestvergütung oder welcher Mindestlohn Auszubildende in der Ausbildung mindestens erhalten und welche Faktoren die Vergütung von Lehrlingen beeinflussen. Im zweiten Teil des Artikels werden vor allem die Steuer und Sozialabgaben thematisiert, die Azubis und Arbeitgeber vom Brutto-Gehalt abführen müssen. Die bestbezahlten Ausbildungsberufe werden ebenso vorgestellt.

Was ist das Lehrlingsgehalt? eine Zusammenfassung

Die Ausbildungsvergütung, auch Lehrlingsgehalt genannt, ist die Geldleistung, die eine Auszubildender im Rahmen seiner Ausbildung erhält.

  • Die Ausbildungsvergütung variiert nach Branche, Region und Betriebsgröße.
  • Das Gehalt eines Azubis steigt mit zunehmendem Ausbildungsjahr an.
  • Gesetzliche Regelungen sichern eine Mindestvergütung für Auszubildende.

Wie hoch ist die durchschnittliche Ausbildungsvergütung aktuell?

Die Höhe der tariflichen Ausbildungsvergütung hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert und den gestiegenen Nettolöhnen angepasst. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BWP) gibt auf seiner Internetseite eine durchschnittliche Vergütung von 673 DM (ca. 340 Euro) im Jahr 1988 an. 35 Jahre später, im Jahr 2023 ist die durchschnittliche Ausbildungsvergütung auf 1.066 Euro angestiegen.

Wie wird die Ausbildungsvergütung festgelegt?

Die Ausbildungsvergütung ist nicht einheitlich geregelt, sondern variiert je nach Branche, Region und Tarifvertrag. Arbeitgeber, die tarifgebunden sind, müssen die im Tarifvertrag festgelegten Vergütungssätze beachten. Auch Unternehmen ohne Tarifbindung sind verpflichtet, ihren Auszubildenden eine „angemessene“ Vergütung zu zahlen. Eine Orientierung hierfür bietet die sogenannte Mindestausbildungsvergütung, die seit Januar 2020 gesetzlich verankert ist.

Mindestvergütung: Wie viel Gehalt muss ein Azubi mindestens verdienen?

Ein Azubi im ersten Ausbildungsjahr muss seit dem 1. Januar 2024 mindestens 649 Euro pro Monat verdienen. Im Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung, dass abgekürzt als Berufsbildungsgesetz (BBiG) bezeichnet wird, wird im § 17 die Mindestvergütung (Mindestlohn) für Auszubildende thematisiert.

Seit 2020 gilt eine Mindestvergütung, die ähnlich wie der Mindestlohn in einem Arbeitsverhältnis nicht unterschritten werden darf. Die Vergütung, auf die Azubis im Mindestfall einen Anspruch haben, steigt von Kalenderjahr zu Kalenderjahr:

Ausbildungsvergütung seitMonatlicher Brutto-Betrag (mindestens)
01.01.2020515 Euro
01.01.2021550 Euro
01.01.2022585 Euro
01.01.2023620 Euro
01.01.2024649 Euro
Tabelle: Entwicklung der Mindestausbildungsvergütung von 2020 bis 2024

Wie viel erhält ein Azubi je nach Ausbildungsjahr?

Im zweiten Ausbildungsjahr steigt der Mindestlohn um 18 Prozent, im dritten Jahr der Ausbildung um 35 Prozent und im 4. Ausbildungsjahr um 40 Prozent.

Für das Kalenderjahr 2024 ergeben sich die folgenden Mindestwerte für die einzelnen Ausbildungsjahre:

AusbildungsjahrMindestvergütung nach Staffelung (brutto)
1. Ausbildungsjahr 649 Euro
2. Ausbildungsjahr 766 Euro
3. Ausbildungsjahr 876 Euro
4. Ausbildungsjahr 909 Euro
Tabelle: Mindestvergütung in der Ausbildung 2024 nach Ausbildungsjahr

Welche Faktoren beeinflussen die Vergütung?

Die Ausbildungsvergütung wird durch diverse Faktoren beeinflusst. Dazu zählen unter anderem:

  • die Branche,
  • ein gültiger Tarifvertrag,
  • regionale Wirtschaftskraft, beispielsweise in Ballungszentren wie Rhein-Main oder München, und
  • die Größe und finanzielle Kapazität des Ausbildungsbetriebes.

Es liegt auf der Hand, dass gewichtige, international agierende Unternehmen eine höhere Ausbildungsvergütung und andere Benefits zahlen können als ein kleines Unternehmen mit wenigen Angestellten. In größeren Städten und Ballungsräumen, in denen die Kosten für Wohnen und Mobilität höher sind, werden ebenfalls bessere Vergütungen bezahlt oder Zusatzleistungen vom Ausbildungsbetrieb gewährt.

Wichtig: Sollte die Ausbildungsvergütung für einen Azubi nicht zum Leben reichen, können staatliche Unterstützungsmöglichkeiten beantragt werden. Hierzu zählen die Berufsausbildungshilfe, das Schüler-BAföG und das Wohngeld.

Welche Steuer- und Sozialabgaben müssen abgeführt werden?

Die Ausbildungsvergütung wird grundsätzlich brutto angegeben. Als „brutto“ bezeichnet man einen ausbezahlten Betrag vor dem Abzug von Steuern, Abgaben oder anderweitigen Kosten. Bei einer Brutto-Ausbildungsvergütung wird der Gesamtbetrag der Auszahlung vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben dargestellt.

Da der Grundfreibetrag im Steuerjahr 2024 auf 11.604 Euro steigt, ist eine jährliche Ausbildungsvergütung unter dieser Schwelle von der Lohnsteuer befreit. Umgerechnet auf den Monat bedeutet dies, dass Brutto-Vergütungen für Auszubildende von weniger als 1.335 Euro in Lohnsteuerklasse 1 keine Lohnsteuer zahlen. Über dem Grundfreibetrag werden Lohnsteuer und Kirchensteuer fällig. Der Ausbildungsbetrieb berechnet die Abgaben für die Lohnsteuer ebenso wie den zusätzlichen Arbeitgeberanteil.

Rechenbeispiel Steuern: Lohnsteuer / Grundfreibetrag Azubi

Ausbildungsvergütung: 12 * 1.200 Euro = 14.400 Euro

Abzüglich Sozialabgaben (20,1 %) = 2.894,40 Euro

Abzüglich Werbekostenpauschale = 1.230 Euro

Zu versteuerndes Einkommen = 10.275,60 Euro

Sozialabgaben – so setzen sie sich zusammen

Neben der Lohnsteuer und der Kirchensteuer müssen Auszubildende Sozialabgaben zahlen.

Unter die Sozialabgaben fallen die Beiträge zur Rentenversicherung, zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur Pflegeversicherung und zur Arbeitslosenversicherung. Zusammen betragen die Sozialabgaben im Jahr 2024 rund 20,1 Prozent.

Die Rentenversicherung schlägt mit 9,3 % am stärksten zu Buche. Für die Krankenversicherung werden abhängig vom Zusatzbeitrag zwischen 8,1 % bis 8,3 % fällig. Die Pflegeversicherung wird mit 1,7 % abgerechnet und die Arbeitslosenversicherung erhält 1,2 % der Ausbildungsvergütung. Der Arbeitgeber zahlt als Unternehmen den gleichen Anteil wie der Azubi als sogenannten Arbeitgeberanteil.

Rechenbeispiel Ausbildungsvergütung

Ausbildungsberuf Pflegefachmann

Ausbildungsvergütung 1. Lehrjahr: 1.190 Euro

  • Abgaben Rentenversicherung: 110,67 Euro
  • Abgaben Arbeitslosenversicherung: 15,47 Euro
  • Abgaben Pflegeversicherung: 20,23 Euro
  • Abgaben Krankenversicherung: 97,58 Euro
  • Lohnsteuer: keine Berechnung
  • Gesamtabgaben: 243,95 Euro

Auszahlungsbetrag: 946,05 Euro

Was sind die bestbezahlten Ausbildungsberufe?

Nach Auskunft von Ausbildung.de gehören die folgenden 5 Berufsbilder zu den bestbezahlten Ausbildungsberufen 2024:

  • Fluglotse: 1.150 Euro im Monat im 1. Ausbildungsjahr / ab 4.000 Euro im 3. Ausbildungsjahr
  • Schiffsmechaniker: 1.045 Euro im Monat im 1. Ausbildungsjahr / ab 1.800 Euro im 3. Jahr
  • Polizist im mittleren Dienst: ab 1.275 Euro im Monat im 1. Ausbildungsjahr
  • Verwaltungsfachwirt im mittleren Dienst: ab 1.260 Euro im Monat im 1. Ausbildungsjahr
  • Pflegefachmann: ab 1.230 Euro im Monat im 1. Ausbildungsjahr

Selbstverständlich sollte die Ausbildungsvergütung nicht der einzige oder treibende Faktor für junge Menschen sein, um einen Beruf zu erlernen. Vielmehr muss es für Azubis darum gehen, einen Beruf zu finden, der zu den eigenen Neigungen, Eigenschaften und Interessen passt. Gleichzeitig ist die Vergütung für junge Menschen, die zum ersten Mal im Leben Geld verdienen, interessant und eine wichtige Triebfeder für die Entscheidung für oder gegen einen Berufszweig.

Gerechte Vergütung von Azubis – die Chancen und Vorteile

Vorteil 1: Wirksame Maßnahme gegen den Mangel an Auszubildenden

Wie bereits erwähnt, kann eine angemessene Bezahlung dem Fachkräftemangel und dem Mangel an Azubis entgegenwirken. Vor allem in Branchen, in denen schlecht bezahlt wird – wie beispielsweise in der Pflege – fehlt es an Fachkräften.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist dabei eine gerechtere Vergütung für Azubis. Weitere Maßnahmen wären Corporate Benefits sowie die gezielte Schaffung von Perspektiven.

Vorteil 2: Finanzielle Sicherheit für Azubis

Vor allem während der Ausbildungszeit haben Lehrlinge wenig Grund zur Entspannung. So hängt ihre finanzielle Sicherheit doch oftmals vom Wohlwollen ihrer Eltern und dem Staat ab. Wenn die Eltern ihre Kinder nach einiger Zeit nicht mehr unterstützen können oder möchten, ist die finanzielle Sicherheit gefährdet.

Es bleibt Azubis oftmals nichts anderes mehr übrig, als ihr Gehalt durch staatliche Fördermöglichkeiten, wie zum Beispiel BAföG, aufzustocken. Erhalten Lehrlinge bereits während ihrer Ausbildungszeit ein angemessenes Gehalt, können sie sich während dieser Zeit auch ihrer finanziellen Unabhängigkeit sicher sein.

Vorteil 3: Gerechtere Vergütung als wertschätzende Geste gegenüber Auszubildenden

Die eine Seite ist die finanzielle Sicherheit des Azubis. Die andere Seite ist die Implikation für das Unternehmen: Ist der Azubi sich seiner finanziellen Unabhängigkeit von Eltern und Staat sicher, ist er tendenziell auch zufriedener mit seiner Arbeitsstätte.

Dies hat zur Folge, dass er das höhere Gehalt als wertschätzende Geste gegenüber seiner Arbeit wahrnimmt. Das sorgt für mehr Motivation am Arbeitsplatz. Motiviertere Mitarbeiter bedeuten weniger Fehlzeiten sowie eine geringere Mitarbeiterfluktuation– und Abbruchrate.

Eine gerechtere Vergütung für Azubis ist somit eine Win-Win-Situation für den Auszubildenden und für das Unternehmen. Die Relevanz einer angemessenen Ausbildungsvergütung steigt vor allem zu Zeiten des immer wichtiger werdenden Employer Brandings. Firmen müssen heute auf ihren internen und externen Ruf Acht geben. Wer schlecht bezahlt, hat schnell ein negatives Arbeitgeberimage anhaften.

Vorteil 4: Gerechtere Vergütung als Anreiz – auch für Quereinsteiger

Vor allem für ältere Azubis, die erst auf Umwegen zu ihrer Ausbildung gefunden haben, stellt die Berufsausbildung mit niedrigem Gehalt eine oftmals prekäre Lebenszeit dar. Das nicht ohne Grund – haben sich Ältere bereits einen gewissen Lebensstandard mit Partner, Kind, Auto und Wohnung oder Haus aufgebaut. Ein gewisser Lohn ist also ein Muss, um die Lebenshaltungskosten decken zu können.

Vor allem für Quereinsteiger ist es teilweise unmöglich, einen zweiten bzw. anderen Beruf zu erlernen – sofern das Gehalt nicht den entsprechenden Ansprüchen genügt. Bezahlt die Firma jedoch eine gerechtere Vergütung für Azubis, schafft dies auch für Quereinsteiger Anreize, auf einen neuen Job umzusteigen. Doch eine gerechtere Bezahlung stellt auch für jüngere Arbeitnehmer eine Motivation dar, eher einen Ausbildungsberuf zu erlernen, anstatt beispielsweise ein Studium zu absolvieren.

Nachteile einer höheren Bezahlung für Azubis: Risiken für Unternehmen

Höhere Löhne sind kein Allheilmittel für alle Missstände in der Ausbildung. Diese Antwort geben viele Unternehmen auf die Frage, welche Chancen sie in einer höheren Vergütung von Lehrlingen sehen. Viele Unternehmer äußern zudem Bedenken vor möglichen Risiken einer branchenübergreifenden Regelung der Ausbildungsvergütung.

Ein Aspekt ist dabei, dass nicht jede Region gleich hohe Lebensstandards vorweist. Einheitliche Mindestlohnregelungen könnten somit ihr Ziel verfehlen, eine gerechtere Vergütung für Azubis zu schaffen. Auch vor möglichen Engpässen in der Finanzierung der höheren Ausbildungsvergütungen haben viele Unternehmen Sorge.

Nachteil 1: Kein Effekt für weniger Abbruchquoten

Höhere Löhne bedeuten nicht automatisch, dass weniger Azubis ihre Ausbildung abbrechen. So gibt es beispielsweise einen signifikanten Unterschied zwischen den Abbruchquoten von Malern und Lackierern in der Ausbildung mit etwa 40 Prozent. Von den angehenden Landwirten brechen nur 15 Prozent ab. Die tarifliche Vergütung unterscheidet sich lediglich um 11 Euro. Unternehmen sehen sich also mit höheren Lohnkosten, aber einem gleichbleibenden Abbruchrisiko konfrontiert.

Nachteil 2: Hohe finanzielle Hürde vor allem für kleine Unternehmen

Vor allem für kleine Betriebe sind höhere Vergütungen meistens eine große finanzielle Herausforderung. Das könnte zur Folge haben, dass vor allem kleinere Unternehmen keine Ausbildungsplätze mehr anbieten. Ein Effekt, der vor allem in Deutschland mit dessen großer Fülle an kleinen und mittelständischen Unternehmen ein großer Nachteil sein könnte.

FAQ zur Ausbildungsvergütung

Lesen Sie hier die Antworten auf die häufigsten Fragen zur Ausbildungsvergütung.

Die Ausbildungsvergütung ist das monatliche Entgelt, das ein Auszubildender während seiner dualen Berufsausbildung erhält. Sie wird vom Arbeitgeber gezahlt und steigt in der Regel mit jedem Ausbildungsjahr.
Die Höhe der Vergütung variiert je nach Branche, Region und Ausbildungsjahr. Für 2024 liegt die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr bei 649 Euro. In tarifgebundenen Branchen kann die Vergütung jedoch anders ausfallen.
Die Höhe der Ausbildungsvergütung wird in erster Linie durch Tarifverträge bestimmt. Ist ein Betrieb nicht tarifgebunden, muss die Vergütung „angemessen“ sein und darf die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung nicht unterschreiten.
Ja, die Vergütung steigt üblicherweise mit jedem Ausbildungsjahr. Dies ist entweder durch Tarifverträge oder durch betriebliche Vereinbarungen geregelt, um die wachsende Verantwortung und Erfahrung des Auszubildenden zu honorieren.