Gehaltsverzicht: Zulässigkeit, Alternativen & Muster-Klausel
Was versteht man unter Gehaltsverzicht?
Bei einem Gehaltsverzicht, verzichtet der Arbeitnehmer vorübergehend oder endgültig auf einen Teil seines Gehaltes. Mit dem Verzicht auf Teile seines Gehalts, hilft der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber, dessen wirtschaftliche Notlage besser überbrücken zu können.
Der Arbeitgeber kann durch die Einsparungen die Personalkosten niedrig halten. Dem Arbeitnehmer bietet sich durch den Verzicht die Chance, einen vielleicht drohenden Jobverlust vermeiden zu können.
Wenn der Arbeitnehmer einmal auf einen Teil seines Gehalts verzichtet hat, besteht später kein Anspruch mehr darauf. Denn der Gehaltsverzicht bedeutet einen endgültigen Verlust von Bezügen, d. h. das Gehalt wird weder gestundet noch zu einem späteren Zeitpunkt „nachgezahlt“.
Mit dem Gehaltsverzicht schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen sogenannten Erlassvertrag nach § 397 Abs. 1 BGB. Durch die sogenannte Besserungsklausel verpflichtet sich der Arbeitgeber die Teile des Gehalts, auf die verzichtet wurde, wieder nachzuzahlen.
Ist ein Gehaltsverzicht überhaupt zulässig?
Ja, ein Gehaltsverzicht ist arbeitsrechtlich grundsätzlich zulässig. Beim Gestaltungsspielraum eines Gehaltsverzichts bestehen nur wenige Einschränkungen.
Liegt ein Tarifvertrag vor, muss gleichzeitig eine „Öffnungsklausel“ bestehen, um den Gehaltsverzicht gelten zu lassen. Durch eine solche Klausel behalten sich die Vertragsparteien ausdrücklich vor, auch dann individuell Vereinbarungen treffen zu dürfen, selbst wenn sie den geltenden Regeln eines bestehenden Tarifvertrages nicht entsprechen.
Schließlich kann ein Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit den Gehaltsverzicht verhindern. In dem Fall sind die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetz zu berücksichtigen. Unzulässig ist es demnach, wenn nur ein einzelner Arbeitnehmer auf Teile seines Gehalts verzichten müsste.
Welche sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten sind beim Gehaltsverzicht zu beachten?
Ob der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig ist, entscheidet sein Anspruch auf Lohn. Nach dem geltendem Entstehungs- bzw. Fälligkeitsprinzip besteht die Sozialversicherungspflicht nämlich mit dem Entstehen des Lohnanspruchs. Dabei ist es folglich unerheblich, ob das Geld tatsächlich auf dem Konto des Arbeitnehmers landet.
Damit ein Gehaltsverzicht aus sozialversicherungspflichtiger Sicht relevant werden kann und zulässig ist, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Gehaltsverzicht muss im Detail vereinbart und schriftlich festgehalten werden. Dies betrifft zum einen den Teil des Gehalts, auf den verzichtet werden soll und zum anderen sonstige Gehaltskomponenten wie vertraglich bereits vereinbarte Sonderzahlungen, Prämien oder Gratifikationen.
- Gleichzeitig dürfen hinsichtlich Zulässigkeit und Wirksamkeit keine Bedenken bestehen (s. Mindestlohnbestimmungen, Besonderheiten bei Tarifvertrag oder Teilzeitvereinbarungen).
- Der Verzicht muss sich auf künftiges Arbeitsentgelt beziehen. Ist der Anspruch auf Lohn bereits entstanden, kann das Gehalt nicht mehr rückwirkend durch einen Gehaltsverzicht verringert werden.
Was gilt steuerrechtlich für den Gehaltsverzicht?
Gilt für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung das Entstehungsprinzip, so ist bezüglich der Entrichtung der Lohnsteuer das „Zuflussprinzip“ anzuwenden. Danach berechnet sich die Lohnsteuer nach dem Entgelt, welches dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer auch tatsächlich zugegangen ist. Für den Gehaltsverzicht bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer dann weniger Lohnsteuer zu entrichten hat, wenn sich z. B. das Bruttogehalt nach Vereinbarung mit dem Arbeitgeber verringert hat.
Für den Arbeitnehmer gestaltet sich demzufolge der Gehaltsverzicht zumindest steuerrechtlich vorteilhaft: Bekommt er aufgrund des Verzichts weniger Geld auf sein Konto überwiesen, muss er auch weniger Lohnsteuer zahlen.
Gesetzlich verankert ist das Zuflussprinzip in § 38 Abs. 2 EStG. Darin heißt es:
Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer. Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.
Gibt es Alternativen zum Gehaltsverzicht?
Wenn der Arbeitnehmer auf einen Teil seines Arbeitslohns verzichten soll, wird ihm das ungewohnte Unterfangen meist von der Arbeitgeberseite vorgeschlagen. Die wirtschaftliche Notlage zwingt beide Vertragspartner des bestehenden Arbeitsverhältnisses zu unkonventionellen Maßnahmen. Für den Arbeitnehmer steigt dadurch die Chance, doch noch seinen womöglich bedrohten Job behalten zu können.
Dennoch kann ein Geschäftsführer überlegen, seinen Mitarbeiter noch auf eine andere Art überzeugen zu können, damit dieser dauerhaft auf Gehaltsteile verzichtet.
Neben dem Gehaltsverzicht kommen noch weitere Alternativen in Betracht:
Stundung des Gehalts
In dieser Variante verzichtet der Arbeitnehmer zwar ebenfalls auf Teile seines Gehalts. Der Arbeitgeber vereinbart jedoch mit seinem Mitarbeiter, dass er das zurückbehaltende Entgelt zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt.
Beispiel: Der Arbeitnehmer verzichtet für die Dauer von zwei Monaten auf 20 % seines Bruttogehalts (3.000 Euro): 2 x 600 Euro = 1.200 Euro Gehaltsverzicht
In der Vereinbarung wird festgehalten, dass der Arbeitgeber diese Summe bei verbesserter wirtschaftlicher Lage zwölf Monate später auszahlt.
Nachteil: Ist es dem Arbeitgeber auch dann nicht möglich, das Geld zurückzubezahlen, da die Situation unverändert oder gar schlimmer geworden ist, verliert der Arbeitnehmer seinen Anteil.
Besserungsklausel
Ähnlich wie im obigen Fall wird das Entgelt gestundet, der Zeitpunkt der Rückzahlung jedoch offengehalten. Die Besserungsklausel bestimmt, dass die einbehaltenen Teile des Gehalts erst dann gezahlt werden sollen, wenn das Unternehmen wieder gestärkt aus der wirtschaftlichen Notlage herausgekommen ist.
Das Risiko, wonach sich eine wirtschaftliche Erholung im Unternehmen eben doch nicht mehr einstellt, bleibt allerdings auch bei dieser Option bestehen.
Betriebliche Altersvorsorge
Daneben besteht die Möglichkeit, die unternehmerische Krise mithilfe der betrieblichen Altersvorsorge zu umschiffen. Dabei findet weniger ein Gehaltsverzicht statt, es gilt vielmehr eine sogenannte Entgeltumwandlung, um in Richtung Rente vorzusorgen.
Der Arbeitgeber legt Teile des Gehalts in Form einer Investition an, wovon der Arbeitnehmer zu einem bedeutend späteren Zeitpunkt profitieren kann.
Weitere Alternativen zum Gehaltsverzicht
Damit der Arbeitgeber ähnliche Ziele verfolgen kann, die mit einem Gehaltsverzicht einhergehen, kommen folgende Optionen in Betracht:
- Gehaltseinsparungen durch Verringerung der Arbeitszeit
- Firmenwagen statt volles Gehalt
- Unbezahlter Urlaub – auch über längeren Zeitraum
Muster – Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel
§ 1 Gehaltsverzicht
Die Vertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt dieser Vereinbarung auf 20 Prozent seines monatlichen Bruttogehalts verzichtet.
§ 2 Höhe des Gehaltsverzichts (Bruttogehalt)
Die Höhe des Bruttogehalts beträgt gemäß der Vereinbarung aus dem Arbeitsvertrag vom xxx (Datum Arbeitsvertrag) xxx Euro (Festgehalt). Sonstige Zahlungen wie Provisionen, Gratifikationen oder Boni sind nicht Bestandteil des Vertrages. Das sich durch den Gehaltsverzicht ergebende Bruttogehalt beträgt damit vorübergehend xxx Euro.
§ 3 Dauer
Der in dieser Vereinbarung erklärte Verzicht auf Gehaltsansprüche ist auf die Dauer von 2 Monaten befristet.
§ 4 Besserungsklausel
Verbessert sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, endet der Gehaltsverzicht und der Arbeitgeber ist verpflichtet, die abgetretenen Gehaltsteile nachzuzahlen.