Bildungsurlaub: Anspruch, Dauer, Voraussetzungen + FAQ
- Was versteht man unter Bildungsurlaub?
- Was ist die gesetzliche Grundlage von Bildungsurlaub?
- Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?
- Was sind die Voraussetzungen für Bildungsurlaub?
- Wie muss der Arbeitnehmer Bildungsurlaub anfragen?
- Wie viel Bildungsurlaub muss der Arbeitgeber gewähren?
- Rechte: Kann der Arbeitgeber Bildungsurlaub ablehnen?
- FAQ zum Bildungsurlaub
Was versteht man unter Bildungsurlaub?
Unter dem Begriff Bildungsurlaub wird ein gesetzlich anerkanntes und individuelles Weiterbildungsprogramm zusammengefasst. Es ermöglicht Beschäftigten in Deutschland eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr bezahlt von ihrer Arbeit freigestellt zu werden, um sich weiterzubilden.
Damit fördert der Staat das gezielte lebenslange Lernen, das sich nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber auszahlen kann. Unter Bildungsurlaub versteht man grundsätzlich eine bezahlte Freistellung von der Arbeit, die für Fort- und Weiterbildungen genutzt werden kann. Da dieser Urlaub nicht als Freizeit für den Arbeitnehmer gilt, wird er zusätzlich zum gesetzlich vorgeschriebenen Urlaub gewährt.
Da die einzelnen Bundesländer die Bildung in Deutschland eigenständig regeln, ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, welche Weiterbildungen und Kurse der Arbeitnehmer überhaupt in Anspruch nehmen darf. Auch andere Fragen, beispielsweise die Dauer der Bildungsfreistellung oder welche Betriebe überhaupt Bildungsurlaub gewähren müssen, sind auf Länderebene zu prüfen.
Was ist die gesetzliche Grundlage von Bildungsurlaub?
Der Begriff „Bildungsurlaub“ entstammt den deutschen Bildungszeitgesetzen, die in den verschiedenen Bundesländern Gültigkeit haben. Beispielsweise werden im Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) oder im Berliner Bildungszeitgesetz (BiZeitG) die Rahmenbedingungen für Bildungsurlaub, der abweichend als Bildungszeit oder Bildungsfreistellung bezeichnet wird, festgelegt.
Anhand ausgewählter Beispiele verschiedener Bundesländer erhalten Sie eine exemplarische Übersicht.
Bezahlter Urlaub für Weiterbildungen in Hessen
In Hessen gibt es wie in den meisten Bundesländern einen gesetzlich festgelegten Anspruch des Arbeitnehmers auf Bildungsurlaub. Dieses Recht gilt ausdrücklich auch für Auszubildende, Heimarbeiter oder freie Mitarbeiter (arbeitnehmerähnliche Personen). Das Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis muss seit mindestens sechs Monaten bestehen, bevor der Anspruch Gültigkeit erlangt. Beamte, Richter und Soldaten fallen nicht in das Bildungsurlaubsgesetz. Für sie gelten auch zum Bildungsurlaub Sondervorschriften.
Pro Arbeitsjahr stehen den in Hessen Beschäftigten in einer fünf-Tage-Arbeitswoche fünf Tage Bildungsurlaub zu. Die Dauer wird je nach Wochenarbeitstagen erhöht oder verringert. Anerkennen können Arbeitnehmer hier sowohl Veranstaltungen aus der politischen Bildung, der beruflichen Weiterbildung sowie Schulungen zur Ausführung eines Ehrenamtes. Nicht anerkennungswürdig sind Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder Erholung, oder bei Abhängigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, Partei oder Gewerkschaft.
Auch Kursangebote aus anderen Bundesländern können sich Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen anerkennen lassen. Dies sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber im Vorfeld miteinander absprechen und gegebenenfalls die Voraussetzungen prüfen.
Bayern/Sachsen: Kein gesetzlicher Anspruch
In Bayern und Sachsen gibt es aktuell keine gesetzlichen Regelungen für bezahlten Bildungsurlaub. Das bedeutet, Arbeitnehmer, die in Bayern oder Sachsen angestellt sind, haben keinen rechtlichen Anspruch auf die bezahlte Freistellung zu Bildungszwecken. Ein Gesetzentwurf in Sachsen scheiterte jüngst im Jahr 2018.
Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?
Anspruch und Ausprägung von Bildungsurlaub variieren je nach Bundesland. In 14 von 16 Bundesländern haben Beschäftigte einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. Ausschließlich in Bayern und im Freistaat Sachsen besteht dieser Rechtsanspruch nicht.
Anspruch auf Bildungsurlaub haben also alle Beschäftigten eines Bundeslandes, in dem die Bildungsfreistellung gesetzlich geregelt ist.
Im Bildungszeitgesetz für Baden Württemberg ist beispielsweise geregelt, dass „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Beschäftigungsschwerpunkt in Baden-Württemberg, Auszubildende sowie Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, deren Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis seit mindestens zwölf Monaten besteht, einen Anspruch auf Bildungszeit haben.“
Allgemein kann festgehalten werden, dass die regulär Beschäftigten, Auszubildenden und Studenten in den meisten Bundesländern einen Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub haben.
Zusätzlich müssen der Kurs oder das Seminar, an dem der Arbeitnehmer teilnehmen möchte, in der Bildungsurlaubsdatenbank des jeweiligen Bundeslandes registriert sein und den inhaltlichen Anforderungen entsprechen.
Was sind die Voraussetzungen für Bildungsurlaub?
Die wesentlichen Voraussetzungen für Bildungsurlaub beziehen sich auf
- die Dauer der Weiterbildung,
- die Art der Fortbildung und
- die Anerkennung des Bildungsanbieters.
Da Bildungsurlaub in den einzelnen Bundesländern geregelt wird, gibt es marginale Unterschiede bei der Bewilligung einer Bildungsfreistellung.
Dauer der Weiterbildung
Die Dauer des Bildungsurlaubs variiert von Bundesland zu Bundesland. Sie beträgt in der Regel zwischen fünf und zehn Arbeitstage pro Jahr. In einigen Bundesländern kann Bildungsurlaub übergreifend für zwei Kalenderjahre beantragt werden.
Art der Fortbildung
Die Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen des Bildungsurlaubs sollten darauf ausgerichtet sein, Kenntnisse zu vermitteln, die über das normale Berufsbild hinausgehen. Dazu zählen neben berufsbegleitenden Bildungsangebote und Veranstaltungen ebenso Seminare zur politischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Weiterbildung. Beliebt sind beispielsweise Sprachkurse im Ausland, bei denen Business-Englisch, Spanisch oder eine andere Fremdsprache direkt von „Native-Speakern“ unterrichtet werden.
Anerkennung des Bildungsanbieters
Ausschließlich anerkannte Weiterbildungsträger können bei der Beantragung von Bildungsurlaub ausgewählt werden. Ob ein Anbieter diese Anerkennung hat, lässt sich auf den Internetseiten der zuständigen Landesbehörden einsehen.
Wie muss der Arbeitnehmer Bildungsurlaub anfragen?
Bildungsurlaub kann in vier einfachen Schritten angefragt werden:
- Informieren Sie sich über Ihren Anspruch auf Bildungsurlaub, indem Sie die Bildungsurlaubsgesetze und Informationsseiten Ihres Bundeslandes einsehen.
- Wählen Sie ein geeignetes Seminar, einen Kurs oder eine Veranstaltung bei einem anerkannten Anbieter für Bildungsurlaub aus und melden Sie sich an.
- Nach der Anmeldung bei der Veranstaltung erhalten Sie vom anerkannten Veranstalter Informationsmaterial zum Seminar sowie die notwendigen Unterlagen, um den Bildungsurlaub bei Ihrem Arbeitgeber zu beantragen.
- Reichen Sie den Antrag auf Bildungsurlaub frühzeitig, üblicherweise 4 bis 9 Wochen vor Seminarbeginn bei Ihrem Arbeitgeber ein und achten Sie auf die Einhaltung der Fristen (je nach Bundesland)
Wie viel Bildungsurlaub muss der Arbeitgeber gewähren?
Wurde ein Antrag auf Bildungsurlaub fristgerecht eingereicht, muss der Arbeitgeber je nach Bundesland die folgenden Tage der Freistellung für die berufliche Bildung genehmigen:
Bundesland | Bildungsurlaub | Informationen |
Schleswig-Holstein | 5 Tage pro Jahr | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Hamburg | 10 Tage innerhalb von 2 Jahren | Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Bremen | 10 Tage innerhalb von 2 Jahren | |
Niedersachsen | 5 Tage pro Jahr | Antragstellung 4 Wochen vor Kursbeginn Anspruch ist auf max. 50 % der Beschäftigten beschränkt |
Mecklenburg-Vorpommern | 5 Tage pro Jahr | Antragstellung 8 Wochen vor Kursbeginn |
Berlin | 10 Tage innerhalb von 2 Jahren | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn Kleinbetriebe bis 20 Beschäftigte – Anspruch max. 10 % der Beschäftigten |
Brandenburg | 10 Tage innerhalb von 2 Jahren | Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn Kleinbetriebe bis 20 Beschäftigte: Anspruch max. 30 % der Beschäftigten Anspruch ist auf max. 50 % der Beschäftigten beschränkt |
Sachsen-Anhalt | 5 Tage pro Jahr | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Kein Anspruch in Betrieben bis 5 Beschäftigten Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Nordrhein-Westfalen | 5 Tage pro Jahr | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Kein Anspruch in Betrieben bis 10 Beschäftigten Bis 50 Beschäftigte: Anspruch für max. 10 % der Beschäftigten Veranstaltungsort max. 500 km von NRW-Landesgrenze. Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Rheinland-Pfalz | 10 Tage innerhalb von 2 Jahren | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Kein Anspruch in Betrieben bis 6 Beschäftigten Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Saarland | 6 Tage pro Jahr | Tag 1 und 2 vollständige Freistellung Ab dem 3. Tag Eigenanteil Antragstellung frühestens nach 12 Monaten Beschäftigung Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn In Betrieben bis 50 Beschäftigte Anrechnung betrieblicher Schulungen möglich Anspruch auf Bildungsurlaub bis 100 Beschäftigte max. 30 % der Beschäftigten pro Jahr |
Baden-Württemberg | 5 Tage pro Jahr | Antragstellung frühestens nach 12 Monaten Beschäftigung Antragsstellung 9 Wochen vor Kursbeginn Der Arbeitgeber kann Bildungszeit ablehnen: In Kleinstbetrieben mit weniger als 10 Beschäftigten / Wenn mind. 10 % des im Betriebs bestehenden Anspruchs auf Bildungszeit genehmigt wurde. |
Hessen | 5 Tage innerhalb von 2 Jahren | Zusammenfassung für 2 Jahre möglich Anspruch für max. 33 % der Beschäftigten Erstattung des hälftigen Entgelts in Kleinst- und Kleinbetrieben Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn |
Thüringen | 5 Tage pro Jahr / Auszubildende 3 Tage pro Jahr | Kein Anspruch in Betrieben bis 5 Beschäftigten Antragsstellung 6 Wochen vor Kursbeginn Ablehnung in kleineren Betrieben möglich (siehe Gesetz) |
Sachsen | Kein Bildungsurlaub | |
Bayern | Kein Bildungsurlaub |
Rechte: Kann der Arbeitgeber Bildungsurlaub ablehnen?
Der Arbeitgeber kann den Bildungsurlaub aus bestimmten Gründen ablehnen – wie zum Beispiel:
- Die rechtlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt sind.
- Die Fristen für die Beantragung des Bildungsurlaubes sind überschritten.
- Die gewählte Veranstaltung steht nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder politischen Bildung.
Falls der Arbeitgeber die Freistellung ablehnt, hat der Arbeitnehmer das Recht, die Ablehnung arbeitsrechtlich überprüfen zu lassen.
Es ist wichtig, dass der Arbeitgeber die Gründe für die Ablehnung klar und rechtzeitig (in der Regel spätestens drei Wochen vor dem beantragten Bildungsurlaub) mitteilt.
FAQ zum Bildungsurlaub
Sie haben noch Fragen? Dann werfen Sie doch einfach einen Blick in unser FAQ zum Thema Bildungsurlaub. Hier finden Sie die Antworten auf die häufigsten Fragen zu der Bildungsfreistellung.