Resturlaub: Regelungen bei Krankheit, Kündigung und Übertrag

Resturlaub: Regelungen bei Krankheit, Kündigung und Übertrag

Laut Gesetz stehen dem Arbeitgeber insgesamt mindestens 24 bezahlte Werktage als Erholungsurlaub zu. Darunter fallen alle Tage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, also auch Samstage. Die Anzahl der Urlaubstage kann je nach Arbeitsvertrag bzw. Branchentarifvertrag stark variieren. Doch was passiert, wenn der Arbeitnehmer nicht alle Urlaubstage innerhalb eines Jahres genommen hat? Wie geht es dann mit dem sogenannten Resturlaub weiter? Wann die restlichen Urlaubstage verfallen, wann der Resturlaub ausgezahlt werden muss und wann der Urlaub laut des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) ins Folgejahr übertragen werden kann, erfahren Sie in dem folgenden Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Resturlaub?

Unter Resturlaub versteht man im Arbeitsrecht alle verbleibenden Urlaubstage, die der Arbeitnehmer während des laufenden Beschäftigungsjahres (Entstehungsjahr) trotz bestehenden Anspruchs noch nicht genommen hat. Die Vorschriften zum Resturlaub sind im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. 

Besteht ein Anspruch auf Übertragung des Resturlaubes?

Grundsätzlich besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Übertragung des Resturlaubes ins Folgejahr. Insbesondere § 3 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) bestimmt, dass der Urlaub „im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden“ muss.  Das bedeutet, der Arbeitnehmer hat zwar einen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Anzahl von Urlaubstagen, daneben obliegt ihm jedoch die Pflicht, diese im laufenden Kalenderjahr noch vor dem Jahreswechsel zu nehmen. 

Ausnahmen hiervon sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, nämlich, „wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe“ gegeben sind.

Wann verfällt Resturlaub? 

Wenn der Arbeitnehmer seinen ihm zustehenden Urlaub im Entstehungsjahr bis einschließlich 31. Dezember nicht komplett genommen hat, verfällt sein eigentlich noch verbleibender Resturlaub – außer triftige Gründe standen dem entgegen. So stellt sich zumindest die rechtliche Ausgangssituation dar. 

Damit der Resturlaub aber tatsächlich verfällt und eben nicht ins nächste Jahr gerettet werden kann, müssen laut eines neuen Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) folgende drei Bedingungen seitens des Arbeitgebers erfüllt sein:

  1. Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter rechtzeitig im Entstehungsjahr an den noch zu nehmenden Resturlaub erinnern. 
  2. Darüber hinaus muss er den Arbeitnehmer ausdrücklich dazu auffordern, die verbleibenden Urlaubstage noch im gleichen Kalenderjahr zu nehmen.
  3. Ergänzend muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unmissverständlich darüber unterrichten, dass seine übriggebliebenen Urlaubstage verfallen, wenn der Resturlaub nicht mehr im laufenden Kalenderjahr genommen wird.

Wird eine der Bedingungen durch den Arbeitgeber nicht erfüllt, kann gemäß EuGH auch der Resturlaub für den Mitarbeiter nicht verfallen.

Erweiterter Schutz für Arbeitnehmer vor Verjährung des Resturlaubs

Bisher galt der Fall, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Resturlaub nach drei Jahren (nach Ende des Urlaubsjahres) verjährt, wenn der Arbeitgeber seine Aufklärungspflichten verletzt hat. Mit Urteil vom 20.12.2022 des BAG ist auch diese zeitliche Begrenzung des Arbeitnehmeranspruchs aufgehoben. 

Wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht umfassend über den bestehenden Urlaub die Folgen des Ausbleibens informiert, sind die Ansprüche des Arbeitnehmers auf eine verspätete Inanspruchnahme seines Resturlaubs keiner Verjährung mehr unterworfen. Über welchen exakten Zeitraum sich derartige Urlaubsansprüche erstrecken können, ist allerdings noch unbeantwortet geblieben.

Wann kann Resturlaub ins Folgejahr übertragen werden?

Anders als oftmals vermutet, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, seinen Urlaub noch im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Ein Übertrag ins Folgejahr ist gemäß § 3 Abs. 3 BUrlG nur dann möglich, wenn 

  1. Gründe vorliegen, die in der Person des Arbeitnehmers selbst liegen (zum Beispiel folgende Gründe: Arbeitsunfähigkeit bzw. Krankheit oder Inanspruchnahme von Elternzeit bzw. im Mutterschutz), oder
  2.  dringende betriebliche Gründe dies rechtfertigen können. Hierunter fallen Gründe wie etwa Urlaubssperren aufgrund eines hohen Auftragsvolumens oder Schwierigkeiten z. B. technischer Art innerhalb des Unternehmens.

Sollte der Arbeitgeber es zudem versäumt haben, den Arbeitnehmer ausdrücklich an die bestehenden Resturlaubstage zu erinnern und über dessen anstehenden Verfall zu unterrichten, kann der Resturlaub gemäß EuGH ebenfalls nicht verfallen.

Bis wann muss Resturlaub genommen werden?

Ist es dem Arbeitnehmer erlaubt, seinen Resturlaub ins Folgejahr zu verschieben, muss er diesen in den ersten drei Monaten des neuen Jahres, also bis spätestens 31. März, nehmen. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass der Urlaub bis zu diesem Zeitpunkt komplett genommen und nicht bloß begonnen wird.

Kann Resturlaub im Folgejahr auch noch nach dem 31. März genommen werden? 

Ja, in Ausnahmefällen kann der Resturlaub auch über das erste Quartal hinaus in Anspruch genommen werden. Dies kann z. B. bei Langzeiterkrankten der Fall sein. Daneben kann auch die Probezeit für einen verlängerten Anspruch auf Resturlaub führen. Hat die sechsmonatige Probezeit verhindert, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub komplett im laufenden Entstehungsjahr nehmen konnte, so darf er den restlichen Urlaub noch im gesamten Anschlussjahr wahrnehmen.

Was passiert mit Resturlaub bei Krankheit?

Erkrankt der Arbeitnehmer, sodass er im Entstehungsjahr nicht mehr seinen gesamten Urlaub nehmen kann, so kann dieser Resturlaub im Jahr darauf genommen werden. Dies gilt beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer zum Ende des Kalenderjahres krank wird und ein Urlaub nicht mehr rechtzeitig möglich ist. Hierbei gibt es allerdings eine zeitliche Begrenzung, bis wann der wegen Krankheit verpasste Urlaub nachgeholt werden kann: Der Arbeitnehmer hat bis zum 31. März Zeit, den Resturlaub zu nehmen. 

Ist der Arbeitnehmer bis zum Ende des ersten Quartals oder sogar darüber hinaus erkrankt, so kann er den Resturlaub des vergangenen Jahres auch noch später nehmen. Allerdings ist er dann gehalten, den Urlaub ohne größere Verzögerung anzutreten. 

Was passiert bei Resturlaub bei längerfristiger Krankheit?

Ein für den Resturlaub genaueres Zeitlimit ist jedoch dann vorgeschrieben, wenn der Mitarbeiter gleich über Jahre ausfällt. Der angesammelte Urlaub muss in einem solchen Fall innerhalb von 15 Monaten genommen werden. Danach verfällt nach Urteil des BAG (AZ 9 AZR /10) der Anspruch auf Resturlaub aus dem betreffenden Jahr. Auch hier gilt natürlich, dass eine Verjährung erst dann eintreten kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer umfassend über die Urlaubstage und die „drohenden“ Konsequenzen informiert hatte. Tut er dies, so gilt wiederum die 15-Monatsgrenze. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer erkrankt von Dezember 2023 bis Ende 2024. Sein Anspruch auf Resturlaub aus 2023 erlischt gemäß Bundesarbeitsgericht 15 Monate später, nämlich ab dem 1. März 2025. Das gilt übrigens ebenso für den Urlaubsanspruch nach einem Arbeitsunfall.

Was passiert mit Resturlaub bei Kündigung?

Im Falle einer ordentlichen Kündigung, soll der Arbeitgeber darauf achten, den Resturlaub seines Mitarbeiters mit der noch verbleibenden Zeit im Unternehmen zu „verrechnen“. Schwieriger wird das, wenn dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt wird. Was passiert in dem Fall mit den restlichen Urlaubstagen? Der Gesetzgeber hat für diese Konstellation in § 7 Abs. 4 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) folgende Regelung getroffen: 

Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Wie berechnet sich der Resturlaub nach einer Kündigung?

Bei der Berechnung des Resturlaubes unterscheidet man, zu welchem Zeitpunkt die Kündigung ausgesprochen wird.

a) Die Kündigung erfolgt bis zum 30. Juni: In dem Fall berechnet man von den gearbeiteten Monaten ein Zwölftel und multipliziert die Zahl anschließend mit dem kompletten Urlaubsanspruch.

Beispiel: Der Urlaubsanspruch im Jahr beträgt 24 Tage. Wenn die Kündigung zum 31.5. erfolgt, ergibt sich folgende Rechnung zum Resturlaub: 

5 gearbeitete Monate : 12 Monate pro Jahr x 24 Urlaubstage = 10 Tage Resturlaub

b) Die Kündigung erfolgt im zweiten Halbjahr: Wenn der Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte eine Kündigung erhält, darf bei der Berechnung des Resturlaubs der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen nicht unterschritten werden. Stehen dem Arbeitnehmer laut Arbeitsvertrag mehr Urlaubstage zu, so hat er in der Regel Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub als Resturlaub. Einzige Bedingung: Er muss bereits seit dem 01.01. des entsprechenden Jahres angestellt gewesen sein.

Was bedeutet die Vertragsklausel „pro rata temporis“ für die Berechnung des Resturlaubs?

Die Ausnahme von diesem Regelfall greift bei Vorhandensein der sogenannten „pro rata temporis-Klausel“. Ist sie vertraglich vereinbart worden, entspricht der Anspruch auf Resturlaub ähnlich wie bei einer Kündigung im ersten Halbjahr der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses im gleichen Jahr. Der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen muss jedoch stets eingehalten werden. 

Beispiel A: Der Urlaubsanspruch im Jahr beträgt 30 Tage. Wenn die Kündigung zum 31.10. erfolgt, ergibt sich folgende Rechnung zum Resturlaub: 

10 gearbeitete Monate : 12 Monate pro Jahr x 30 Urlaubstage = 25 Tage Resturlaub

Beispiel B: Bei einer Kündigung zum 30.08. ergibt sich folgende Berechnung: 

8 gearbeitete Monate : 12 Monate pro Jahr x 30 Urlaubstage = 20 Tage Resturlaub

Im zweiten Beispiel entspricht der restliche Urlaub dem gesetzlichen Mindesturlaub.

Was passiert mit Resturlaub bei Elternzeit? 

Wer in Elternzeit geht, muss bei noch bestehendem Resturlaub keine Einschränkungen bzw. Kürzungen befürchten. Der Anspruch auf die Urlaubstage bleibt bestehen. Dabei hat der Gesetzgeber in § 17 Abs. 2 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) bestimmt, dass der Arbeitgeber den Resturlaub im Anschluss an die Elternzeit entweder noch im gleichen oder im darauf folgenden Jahr zu gewähren hat. 

§ 17 Abs. 3 BEEG regelt schließlich, dass der Resturlaub dann ausgezahlt werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit endet.

Besteht ein Anspruch auf Auszahlung des Resturlaubs?

Wie bereits in § 7 Abs. 4 BUrlG oder § 17 Abs. 3 BEEG gesehen, kann der Resturlaub auch abgegolten werden. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, den bestehenden Anspruch auf Urlaubstage an den Arbeitnehmer auszuzahlen. In beiden Fällen ist die Urlaubsabgeltung die Folge eines z. B. durch Kündigung beendeten Arbeitsverhältnisses.

Dabei ergibt sich die Berechnung des Urlaubsentgelts aus dem durchschnittlichen werktäglichen Verdienst, der sich aus den letzten 13 Wochen (= 1 Quartal) ermitteln lässt. Zur exakten Berechnung des Entgelts geht man wie folgt vor:

Beispiel: 3.000 € Monatsgehalt = 9.000 € im Quartal / 13 Wochen = 692,30 € Wochengehalt / 5 Werktage = 138,46 € Tagessatz.

Bei 10 Tagen Resturlaub stehen dem Arbeitnehmer folglich 10 x 138,46 € = 1384,62 € zu. 

Wichtig: Der errechnete Betrag aus dem übriggebliebenen Urlaub gilt als Bruttowert und somit als sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Hierauf fallen Steuern und Sozialabgaben an.

Können Arbeitnehmer freiwillig auf Resturlaub verzichten? 

Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu mit Urteil vom 14.5.2013 entschieden, dass der Arbeitnehmer – zumindest so lange das Arbeitsverhältnis besteht – nicht auf den Resturlaub verzichten kann. Diese höchstrichterliche Entscheidung umfasst sowohl die Regelung zu den Urlaubstagen an sich als auch zur Abgeltung des Resturlaubes. Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann der Resturlaub allerdings per Abfindung, etwa per „Erledigungsklausel“ in einem Aufhebungsvertrag, mit geregelt werden.