Krank im Urlaub

Krank im Urlaub: Ab wann muss der Arbeitgeber Urlaubstage gutschreiben?

Der Gesetzgeber zeigt sich in Urlaubsfragen eindeutig: Wer im Urlaub erkrankt und arbeitsunfähig wird, muss diese Tage nicht auf den Jahresurlaub anrechnen lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen muss der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter daher die Urlaubstage zurückerstatten. In unserem Leitfaden erläutern wir die Voraussetzungen, die der Arbeitnehmer erfüllen muss. Darüber hinaus beantworten wir auch die folgenden Fragen: Muss der Arbeitnehmer bei Erkrankung seine Reise unterbrechen und nach Hause zurückkommen? Was gilt, wenn Kinder im Urlaub plötzlich krank werden? Und: Darf der Arbeitnehmer seine geretteten Urlaubstage einfach an den Urlaub dranhängen?
Inhaltsverzeichnis

Was gilt, wenn ein Arbeitnehmer im Urlaub erkrankt?

Wer krank im Urlaub ist, gilt genauso als arbeitsunfähig, wie zu Hause vor Ort. Der Grund für die Gleichbehandlung der krankheitsbedingten Situation liegt im Zweck des Urlaubs selbst. Während man als Arbeitnehmer nur dann seiner vertraglichen Arbeitspflicht nachkommen muss, wenn man gesund und im Vollbesitz seiner Kräfte ist, verfolgt der Urlaub das Ziel, gerade diesen Gesundheitszustand zu erhalten.

Denn in § 1 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) ist geregelt, dass jeder Arbeitgeber pro Kalenderjahr einen Anspruch auf „Erholungsurlaub“ hat. Ist eben diese Erholungszeit aufgrund der Krankheit bzw. der Arbeitsunfähigkeit in Gefahr, werden diese (Urlaubs-)Tage gemäß § 9 BUrlG nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.

Allerdings muss der Arbeitnehmer ähnlich wie bei Erkrankungen zu normalen Bedingungen verschiedene Punkte beachten und gewisse Arbeitnehmerpflichten erfüllen.

Unter welchen Voraussetzungen erhält der Arbeitnehmer den Urlaubstag zurück?

In § 9 BUrlG ist für den Fall einer Urlaubserkrankung geregelt, dass der Arbeitnehmer seine Urlaubstage „retten“ und sie sozusagen wieder zurückerhalten kann. Denn, wenn der Arbeitnehmer gleich zu Beginn seines Urlaubs krank wird, gelten die eingetragenen und genommenen Urlaubstage als nicht aufgebraucht und werden dem Jahresurlaub nicht angerechnet. Hierfür müssen die folgenden beiden Voraussetzungen erfüllt sein:

1.Krankmeldung

Sobald der Arbeitnehmer erkrankt, ist er gezwungen, den Arbeitgeber zu informieren und ihm die konkrete Krankmeldung möglichst schnell zu übermitteln. Dieser Pflicht kommt er am besten dadurch nach, indem er unmittelbar nach der Erkrankung bei seinem Vorgesetzten selbst oder eben in der Personalabteilung persönlich anruft oder per E-Mail Bescheid gibt.

Vorsicht: Dabei reicht es nicht, wenn der Arbeitnehmer lediglich seine Arbeitskollegen über die Krankheit informiert, damit diese die Mitteilung weiterreichen.

Gleichzeitig muss der Arbeitnehmer erreichbar sein. Das bedeutet, er ist gehalten, seine Kontaktdaten zu hinterlassen – sei es das Hotel, ein angemietetes Apartment oder wegen stationärer Behandlung das Krankenhaus.

Wichtig für den Arbeitnehmer: Nur, wenn er der Krankmeldung ordnungsgemäß nachkommt, ist die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 5 Abs. 1 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) gewährleistet.  

2. Nachweis der Krankheit

Neben der Krankmeldung an sich muss der Arbeitnehmer die Krankheit auch mittels Attest durch den behandelnden Arzt bestätigen lassen. Der Arzt muss darüber hinaus auch die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bescheinigen. Denn die Feststellung der Krankheit allein ist für die Rückerstattung der Urlaubstage gegenüber dem Arbeitgeber nicht ausreichend. Vielmehr muss aus der ärztlichen Bescheinigung hervorgehen, dass sich die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer gerade auf seine spezifische Tätigkeit im Unternehmen bezieht. Das Attest muss hingegen nicht extra in die deutsche Sprache übersetzt werden.

Der Arbeitgeber hat das Recht, bereits am ersten Tag der gemeldeten Krankheit ein Attest vom Arbeitnehmer zu verlangen. Sollte sich dies je nach Urlaubsland schwieriger gestalten, ist es ratsam, das Gespräch mit seinem Vorgesetzten zu suchen.

Krank noch vor Abreise: Darf der Arbeitnehmer in den Urlaub reisen?

Wird der Arbeitnehmer krank und kann seiner vertraglich geschuldeten Arbeit nicht mehr nachkommen, muss er alle Aktivitäten unterlassen, die den Genesungsprozess be- oder verhindern. Daher kommt es bei der Frage, ob der Erkrankte überhaupt noch seinen Urlaub antreten darf, zur genauen Beurteilung auf den konkreten Fall an. So kann eine schwerwiegende Krankheit, bei der vielleicht am ehesten eingeschränkte oder gar strenge Bettruhe diagnostiziert würde, für eine Urlaubsabsage bzw. einen Reiseverzicht sprechen.

Liegt die Erkrankung dagegen nur mittelschwer, kann umgekehrt der geplante Aktivurlaub mit körperlicher Beanspruchung den Heilungsverlauf gefährden. Gleichzeitig kann eine Reise mit Erholungscharakter der Gesundheit mehr dienen, als dies zu Hause möglich gewesen wäre.

Demzufolge entscheidet im Fall der Krankheit kurz vor der Reise der Einzelfall, der jedoch unbedingt mit dem Arbeitgeber erörtert werden sollte. Denn so können Unklarheiten und Missverständnisse und auch etwaige Rechtsstreitigkeiten am ehesten vermieden werden.

Muss der Arbeitnehmer bei Krankheit im Urlaub zurück nach Hause?

Nein, wird der Arbeitnehmer im Urlaub krank, muss er nicht sofort seine Heimreise antreten und seine Arbeit aufnehmen. Er ist wie sonst auch dazu verpflichtet, seine Erkrankung beim Arbeitgeber anzumelden und diese per Attest durch einen Arzt nachzuweisen. Vorausgesetzt, er möchte nicht, dass seine Urlaubstage dem jährlichen Erholungsurlaub angerechnet werden.

Dabei muss er sowohl sofort (telefonisch) Meldung über seine Krankheit machen als auch seinem Arbeitgeber unverzüglich eine ärztliche Bescheinigung zukommen lassen. Das Attest muss bereits am ersten Tag der Erkrankung beim Arbeitgeber ankommen und neben der Krankheit ebenso bescheinigen, dass er arbeitsunfähig ist.  

Ist ein ärztliches Attest aus dem Ausland rechtens?

Da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Krankenkasse in Deutschland zum Abruf bereitgestellt werden soll, dürften sich bezüglich eines ausländischen Attests bei Reisen ins EU-Ausland in aller Regel keine weiteren Probleme ergeben. Aber auch im Fall von Nicht-EU-Ländern bestehen oftmals gesonderte Abkommen hinsichtlich der Sozialversicherung, die dann auch vom Arbeitgeber akzeptiert werden können.

Kinder werden während dem Urlaub krank: Kann der Arbeitnehmer seine Urlaubstage zurückholen?

Werden Kinder außerhalb von Urlaubszeiten krank, können die Eltern gemäß § 45 SGB V (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) für die Betreuung Kinderkrankengeld beanspruchen. Dieses beträgt gemäß § 45 Abs. 2 SGB V insgesamt 90 Pro­zent des (Netto-)Ein­kom­mens als Kran­ken­geld. Daneben ist gemäß § 616 BGB eine bezahlte Freistellung von der Arbeit möglich.

Erkrankt das Kind jedoch im Urlaub, besteht kein solcher Anspruch. Das bedeutet, die Eltern erhalten keine freien Tage extra, wodurch ihre Urlaubstage verstreichen und mit dem jährlichen Erholungsurlaub wie vorgesehen an- bzw. verrechnet werden. Nur, wenn die Eltern ebenfalls selbst krank würden, käme das Aufrechterhalten des Urlaubsanspruchs infrage (vgl. Urteil LAG Berlin-Brandenburg v. 10.11.2010 Az 11 Sa 1475/10).

Arbeitnehmer erkrankt beim „Abfeiern von Überstunden“ – wie ist die Rechtslage ?

Ein etwas anderer Fall liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei der Abgeltung von Überstunden krank wird und diese Stunden retten will. Dieser Option schiebt das Bundesarbeitsgericht in einem früheren Urteil vom 31. Mai 1989, Az. 5 AZR 344/88 einen Riegel vor.

Denn das sogenannte Abfeiern von Überstunden ist auch bei Krankheit nicht geeignet, um das Arbeitszeitkonto nicht anzurühren. Das bedeutet, der Arbeitnehmer hat trotz Krankheit während der Arbeitsbefreiung keinen „neuen“ Anspruch darauf, dass ein zusätzlicher Freizeitausgleich stattfindet. Im Ergebnis verstreichen damit die Überstunden, die der Arbeitnehmer im Krankheitsfall nur bedingt genießen und „abfeiern“ kann.

Was gilt bei Langzeiterkrankung und Urlaub?

Auch eine Langzeiterkrankung bedeutet für den Arbeitnehmer nicht das Ende aller Reiseträume. Wer also schon über einen längeren Zeitraum hin erkrankt ist und aufgrund einer Krankschreibung Krankengeld erhält, kann u. U. dennoch verreisen – sogar ins Ausland. Hierbei spielt neben dem Arbeitgeber vor allem die Krankenversicherung eine entscheidende Rolle.

Denn bei Urlaubsreisen in Deutschland muss die Krankenversicherung vom Langzeiterkrankten nicht über die bevorstehende Reise informiert werden. Wohingegen bei Auslandsreisen nach § 16 Abs. 4 SGB V sogar eine Mitteilungspflicht besteht und der erkrankte Arbeitnehmer in dem Fall eine Zustimmung benötigt, um verreisen zu dürfen. Eine solche Zustimmung der Krankenkasse ist allerdings bei Reisen ins Ausland bzw. in die EU in der Regel zu erteilen, was dann gleichbedeutend mit der Fortzahlung des Krankengeldes ist.

Wichtig für Arbeitgeber ist in dem Zusammenhang der Urlaubsanspruch des langzeiterkrankten Arbeitnehmers: Ist der Urlaub wegen Krankheit nicht möglich, besteht der Anspruch darauf noch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres!

Darf der Urlaub eigenmächtig durch die Krankheitstage verlängert werden?

Nein, der erkrankte Arbeitnehmer darf die durch die Krankheit im Urlaub „wiedergewonnenen“ Urlaubstage nicht eigenmächtig an die Urlaubszeit dranhängen. Wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer die durch ärztlichen Nachweis gemäß § 9 BUrlG nicht angerechneten Urlaubstage retten konnte, verlängert sich dadurch nicht automatisch sein Urlaub. Denn dieser dauert solange wie ursprünglich vorgesehen und muss nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber neu beantragt werden.

Der Arbeitnehmer darf die Urlaubstage also erst dann nehmen bzw. den neu geplanten Urlaub der geretteten Tage antreten, nachdem der Arbeitgeber diesen genehmigt hat.