Unkündbarkeit: Welche Arbeitnehmer genießen einen besonderen Kündigungsschutz?
- Definition: Was bedeutet Unkündbarkeit im Arbeitsrecht?
- Wann liegt Unkündbarkeit vor?
- Besonderer Kündigungsschutz: Welche Arbeitnehmergruppen sind unkündbar?
- Was ist der Unterschied zwischen besonderem und allgemeinem Kündigungsschutz?
- Kann auch der Arbeitnehmer bei Unkündbarkeit nicht kündigen?
- Sind fristlose Kündigungen bei Unkündbarkeit zulässig?
- Fazit: Die absolute Unkündbarkeit gibt es nicht
Definition: Was bedeutet Unkündbarkeit im Arbeitsrecht?
Unkündbarkeit stellt eine wichtige Ausnahme im Arbeitsrecht dar. Denn üblicherweise kann jeder Arbeitnehmer unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen und mit einem triftigen Kündigungsgrund gekündigt werden. Allerdings gibt es Mitarbeiter, für die neben der ordentlichen Kündigungsfrist noch weitere Voraussetzungen gelten beispielsweise durch Tarifverträge. Diese unkündbaren Angestellten können nur fristlos und aus wichtigem Grund gekündigt werden. Grundlage dafür liefert § 626 abs. 1 BGB.
Wann liegt Unkündbarkeit vor?
Die gesetzliche Unkündbarkeit existiert für verschiedene Berufsgruppen wie zum Beispiel:
- Beschäftigte im öffentlichen Dienst oder
- Schwerbehinderte.
Grund dafür sind oftmals Krankheiten oder Tarifverträge, nach denen sich Arbeitgeber an bestimmte Regeln halten müssen. Diese sind im BGB festgehalten. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gilt beispielsweise der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD).
Beispiel: Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst durch Tarifvertrag (TVöD)
Der TVöD besagt, dass Arbeitsverhältnisse von Beschäftigen, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und nach den Regelungen des Tarifgebietes West seit mehr als 15 Jahren im öffentlichen Dienst tätig sind, auf Grund dieser langen Beschäftigungszeit nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden können. Die üblichen Regelungen für Kündigungen für Beschäftigte finden keine Anwendung.
Besonderer Kündigungsschutz: Welche Arbeitnehmergruppen sind unkündbar?
Neben den Beschäftigten im öffentlichen Dienst gibt es diverse weitere Gruppen, für die die Unkündbarkeit gilt. Vor den geltenden Regelungen einer ordentlichen Kündigung sind folgende Gruppen durch das Arbeitsrecht geschützt:
- Auszubildende
- Mitglieder des Betriebsrates
- Angestellte von befristetem Arbeitsverhältnis
- Angestellte in Elternzeit bzw. Pflegezeit
- Gleichstellungsbeauftragte
- Schwerbehinderte
- Mitglieder des Personalrates
- Mitarbeitervertreter
- Schwangere
Nachfolgend wollen wir noch einmal genauer auf die einzelnen Personengruppen eingehen, die arbeitsrechtlich einen besonderen Kündigungsschutz genießen:
1. Unkündbarkeit von Auszubildenden
Nachdem Azubis die Probezeit zwischen einem und vier Monaten absolviert haben, darf ihr Ausbildungsvertrag nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Damit sind aus Arbeitgebersicht erst einmal unkündbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dennoch eine außerordentliche Kündigung in Frage kommen. Liegt ein wichtiger Grund vor, müssen Ausbildungsbetriebe keine Kündigungsfrist wahren.
2. Unkündbarkeit von Mitgliedern des Betriebsrates
Arbeitgeber dürfen Betriebsratsmitglieder nur aus wichtigem Grund kündigen. Darüber hinaus benötigen Sie auch die Zustimmung des restlichen Betriebsrates.
Der Kündigungsschutz gilt auch für Anwärter auf ein Amt im Betriebsrat. Sie werden „Wahlbewerber“ genannt. Die Unkündbarkeit bleibt für sechs Monate bestehen, wenn die Wahlbewerber nicht in den Betriebsrat gewählt wurden.
3. Unkündbarkeit von Angestellten mit befristetem Arbeitsverhältnis
Wurde in einem befristeten Arbeitsvertrag nicht explizit vereinbart, dass eine ordentliche Kündigung möglich ist und gilt kein Tarifvertrag, kann das befristete Arbeitsverhältnis nicht ordentlich gekündigt werden.
4. Unkündbarkeit von Angestellten in Elternzeit bzw. Pflegezeit
Laut Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) dürfen Mitarbeitende in der Elternzeit nur aus wichtigen Gründen und dann gekündigt werden, wenn die Arbeitsschutzbehörde zustimmt. Das gilt auch für pflegende Angehörige.
5. Unkündbarkeit von Gleichstellungsbeauftragten
Diese Gruppe ist vergleichbar mit den Mitgliedern des Betriebsrats. Sie können z.B. nur im Falle einer Betriebsstilllegung oder aus anderen wichtigen Gründen gekündigt werden. Darüber hinaus benötigt der Arbeitgeber bei der Kündigung von Gleichstellungsbeauftragten die Zustimmung des Personalrates.
6. Unkündbarkeit von Schwerbehinderten
Ab einem Grad der Behinderung von 50 können Mitarbeitende nur gekündigt werden, wenn das Integrationsamt zustimmt. Damit Schwerbehinderte unkündbar sind, müssen sie im Betrieb eine Beschäftigungszeit von mindestens sechs Monaten haben.
7. Unkündbarkeit von Mitgliedern des Personalrates
Für diese Gruppe gelten dieselben Unkündbarkeitsregelungen wie für Mitglieder des Betriebsrates. Eine Ausnahme bildet u.a. die Stilllegung des Betriebs.
8. Unkündbarkeit von Mitarbeitervertretern
In Unternehmen mit kirchlichem Träger gibt es keinen Betriebsrat. Stattdessen gibt es eine Mitarbeitervertretung. Ähnlich wie Betriebsratsmitglieder dürfen auch die Mitarbeitervertreter nur unter bestimmten Voraussetzungen aus wichtigen Gründen und nur unter Zustimmung der übrigen Mitglieder der Mitarbeitervertretung gekündigt werden. Dieselben Rechte haben übrigens auch Schwerbehindertenvertreter.
9. Unkündbarkeit von Schwangeren
Schwangere liegen unter einem besonderen Kündigungsschutz. Weiß der Arbeitgeber von der Schwangerschaft, gilt die Unkündbarkeit. Das gilt sowohl für ordentlich, als auch für außerordentliche Kündigungen. Kommt es zu einer Betriebsschließung darf Schwangeren nur gekündigt werden, wenn die entsprechende Behörde zustimmt. Für Frauen, die erst entbunden haben, gilt bis zu vier Monate nach der Geburt ihres Kindes Unkündbarkeit.
Was ist der Unterschied zwischen besonderem und allgemeinem Kündigungsschutz?
Ein reguläres Arbeitsverhältnis kann nach dem BGB jederzeit innerhalb der arbeitsrechtlichen Kündigungsfristen gekündigt werden, und zwar von Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Bei der Unkündbarkeit gilt dieses ordentliche Kündigungsrecht nicht.
Der reguläre Kündigungsschutz greift, wenn Mitarbeitende in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern eine Betriebszugehörigkeit von mehr als 6 Monaten aufweisen können. Um Mitarbeitende nach dem allgemeinen Kündigungsschutzgesetz zu kündigen, benötigen Arbeitgeber triftige Sachgründe.
Kündigungsschutzklagen als häufige Folge
Sobald einer oder mehrere dieser Gründe vorliegen, ist eine ordentliche Kündigung nach KSchG sozial gerechtfertigt. In der Praxis ziehen ordentliche Kündigungen häufig Kündigungsschutzklagen nach sich, wenn Arbeitgeber die Kündigung nicht sachgerecht begründet haben.
Ein Gericht prüft dann den Sachverhalt im speziellen Fall. Im Vergleich zur Unkündbarkeit bedeutet Kündigungsschutz demnach, dass der Arbeitnehmer nach einer Kündigung immer die Möglichkeit hat, ein Gericht klären zu lassen, ob die Kündigungsgründe korrekt waren und die Kündigung rechtens ist.
Bei einer Unkündbarkeit kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter nur außerordentlich kündigen, da eine ordentliche Kündigung im Vorfeld ausgeschlossen.
Kann auch der Arbeitnehmer bei Unkündbarkeit nicht kündigen?
Nein, denn das Prinzip der Unkündbarkeit wurde geschaffen, damit der Arbeitnehmer besser vor Kündigungen geschützt ist. Er hat dadurch im Gegenzug immer das Recht, sein Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen.
Sind fristlose Kündigungen bei Unkündbarkeit zulässig?
Unkündbarkeit gilt nur so lange, bis ein triftiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt. In diesem Fall gilt keine Kündigungsfrist. Vielmehr tritt die Kündigung mit ihrem Aussprechen in Kraft.
Soziale Auslauffrist, trotz fristloser Kündigung
Auch wenn Mitarbeitende bei Unkündbarkeit in der Regel fristlos gekündigt werden können, bleibt ihnen meist eine sogenannte „soziale Auslauffrist“. Diese Übergangsphase soll den Gekündigten ermöglichen, sich ein neues Beschäftigungsverhältnis zu suchen.
Fazit: Die absolute Unkündbarkeit gibt es nicht
Oftmals wird das Prinzip der Unkündbarkeit mit einer vermeintlichen „Narrenfreiheit“ für Arbeitnehmer gleichgesetzt. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn auch unkündbare Arbeitnehmer können aus triftigen Gründen oder bei grobem Fehlverhalten gekündigt werden.
Allerdings genießen sie in Bezug auf ordentliche und außerordentliche Kündigungen einen größeren Schutz. Das ist für Personengruppen wie Schwangere oder Betriebsratsmitglieder auch wichtig. Denn sie haben entweder eine besondere Verantwortung oder es muss ihre gewerkschaftliche Arbeit gesichert werden und demnach verhindert werden, dass eine Kündigung z.B. nur aus arbeitspolitischen Gründen erfolgt.