Ein Arbeitnehmer packt seine Arbeitsutensilien in eine Box und geht, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen.

Kündigungsschutzklage – ein umfassender Leitfaden für Arbeitgeber

Kündigungsschutzklagen sind in der Berufswelt und vor allem für Arbeitgeber keine Seltenheit. Schließlich lassen sich viele Arbeitnehmer (richtigerweise) von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten, wenn die Rechtmäßigkeit der Kündigung Zweifel zulässt. Daher sollten Arbeitgeber stets wissen, was auf Sie zukommt, welche Fristen einzuhalten sind und wie Sie sich richtig bei der Kündigungsschutzklage verhalten.
Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist eine Kündigungsschutzklage?

Eine Kündigungsschutzklage ist ein Mittel im Arbeitsrecht, das Arbeitnehmer in Deutschland nutzen können, um gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vorzugehen. Das vorrangige Ziel der Klage besteht darin, die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen. In diesem Fall kann entschieden werden, ob das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird oder ob es mit der Zahlung einer Abfindung endet.

Die gesetzliche Grundlage für eine Kündigungsschutzklage finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer im § 4 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).

Wann können Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben?

Arbeitnehmer können eine Kündigungsschutzklage erheben, wenn sie der Meinung sind, dass ihr Arbeitsverhältnis sozial ungerechtfertigt gekündigt wurde oder das die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist.

Gegen welche Kündigungen kann eine Kündigungsschutzklage erhoben werden?

Eine Kündigungsschutzklage kann gegen die folgenden Kündigungsarten eingereicht werden:

  • Ordentliche Kündigung: Bei einer ordentlichen Kündigung ist der Arbeitgeber verpflichtet, soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Gemäß § 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
  • Außerordentliche Kündigung: Eine außerordentliche Kündigung ist bei Vorliegen eines wichtigen verhaltensbedingten Grundes möglich. Der Kündigungsgrund muss so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
  • Änderungskündigung: Arbeitnehmer können eine Kündigungsschutzklage auch bei einer Änderungskündigung einreichen. In diesem Fall wird die Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtlich überprüft und vom Arbeitsgericht bewertet.

Wann kann keine Kündigungsschutzklage erhoben werden?

Bei einer Kündigung vor Ablauf der Probezeit kann in der Regel keine Kündigungsschutzklage eingereicht werden, da in der Probezeit kein Kündigungsschutz besteht. Die Kündigungsfrist beträgt in der Probezeit 2 Wochen.

Wurde der Mitarbeiter allerdings durch die Kündigung diskriminiert, könnte eine Klage erfolgreich sein. Eine Diskriminierung kann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber offensichtlich gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoßen hat. Im Gesetz wird ausgeführt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wann haben Kündigungsschutzklagen Aussicht auf Erfolg?

Gibt es nachvollziehbare und beweisbare Gründe für eine unrechtmäßige Kündigung oder wurden bei der schriftlichen Kündigung Formfehler begangen, hat eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg.

Welche Fristen müssen bei einer Kündigungsschutzklage beachtet werden?

Arbeitnehmer haben nicht unendlich Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Auf Grundlage von § 4 KSchG muss die Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung bei Gericht eingereicht werden. Wird diese Frist vom Betriebsangehörigen nicht eingehalten, gilt die Kündigung als wirksam.

Ausnahmen bestehen laut § 5 unter anderem bei:

  • Arbeitnehmern, die„nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert waren, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben“. Ein Beispiel für diese Ausnahme wäre ein Mitarbeiter, der direkt nach Übergabe der Kündigung langfristig ins Krankenhaus eingeliefert wurde und sich aus diesem Grund nicht um die Einreichung der Kündigungsschutzklage kümmern konnte.
  • Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist Kenntnis erlangt hat.
  • Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig.

Ab wann beginnt die 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage?

Entscheidend für die 3-Wochen-Frist ist im Arbeitsrecht, wann dem Mitarbeiter die Kündigung zugestellt wurde. Dies kann durch persönliche Übergabe des Vorgesetzten, postalische Zustellung oder durch einen Kurier erfolgen. Es zählt nicht, wann der Mitarbeiter die Kündigung gelesen hat, sondern es gilt, ab welchem Zeitpunkt die Möglichkeit bestand, sie zur Kenntnis zu nehmen.

Frist für den Kündigungs-Einspruch beim Betriebsrat

In Unternehmen mit einem Betriebsrat muss dieser vorab und ebenfalls mit einer Frist von einer Woche (nach Kündigung) angerufen werden. Dies erklärt § 3 KSchG.

Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für begründet, so wird er versuchen, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Er hat seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen.

Ablauf: Was passiert nach dem Erheben einer Kündigungsschutzklage?

Eine Kündigungsschutzklage wird vor dem zuständigen Arbeitsgericht in der Regel in den folgenden vier Phasen bearbeitet:

Phase 1: Klageeinreichung

Der Arbeitnehmer reicht persönlich oder über einen beauftragten Fachanwalt für Arbeitsrecht die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht ein. Das Gericht prüft, ob die 3-Wochen-Frist zur Klage eingehalten wurde oder ob Ausnahmen angewandt werden können. In diesem Fall terminiert in der Folge die Verhandlung.

Phase 2: Güteverhandlung

Es findet im ersten Schritt eine Güteverhandlung statt, bei der das Gericht versucht, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erzielen.

Ziel einer Güteverhandlung kann unter anderem die Zahlung einer Abfindung sein. In der Güteverhandlung geht es nicht um den spezifischen Kündigungsgrund, sondern ausschließlich um die Möglichkeit, eine Hauptverhandlung zu vermeiden.

Phase 3: Hauptverhandlung

Kommt zwischen den streitenden Vertragsparteien keine Einigung zustande, folgt die Hauptverhandlung. In der Hauptverhandlung geht das Gericht wie folgt vor:

Zu Beginn stellt der vorsitzende Richter den Sachverhalt dar und klärt offene Fragen. Die beiden Parteien haben persönlich und über ihre Anwälte die Gelegenheit, ihre Sichtweise und ihre Argumente darzulegen. Der Kläger erläutert seine Gründe für die Annahme, dass die Kündigung unwirksam ist, während der Arbeitgeber die Rechtmäßigkeit der Kündigung verteidigt.

Im Verlauf der Verhandlung werden Fakten und Beweise aufgenommen. Dies kann die Anhörung von Zeugen, die Vorlage von Dokumenten oder andere Beweismittel umfassen. Der Richter prüft sorgfältig alle vorgebrachten Argumente und Beweise, um ein vollständiges Bild zu erhalten.

Abschließend bietet der Richter häufig erneut eine gütliche Einigung an, um den Rechtsstreit ohne Urteil zu beenden.

Phase 4: das Urteil

Sollte keine gütliche Einigung erzielt werden, verkündet der vorsitzende Richter das Urteil des Gerichts. Er entscheidet auf Grundlage der geltenden Gesetze und des Einzelfalls darüber, ob die Kündigung wirksam oder unwirksam ist und welche Konsequenzen daraus resultieren.

Was sind die potenziellen Ausgangsmöglichkeiten einer Kündigungsschutzklage?

Es gibt drei mögliche Szenarien für den Ausgang einer Kündigungsschutzklage:

  1. Weiterbeschäftigung: Das Gericht erklärt die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitnehmer wird zu den Bedingungen im Arbeitsvertrag weiterbeschäftigt. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall das Recht, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
  2. Abfindung: In vielen Fällen einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine Abfindung, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Dies kann vor allem vor dem Hintergrund zielführend sein, dass das Vertrauensverhältnis durch die Kündigung und die Klage beschädigt ist. Die Höhe der Abfindung kann frei verhandelt werden oder auf § 10 KSchG beruhen. Häufig werden pro Jahr der Unternehmenszugehörigkeit 0,5 bis 1 Monatsgehälter als Abfindung angesetzt.
  3. Kündigungsschutzklage abgewiesen: Die Klage wird vom Gericht abgewiesen. Die Kündigung bleibt wirksam und das Arbeitsverhältnis gilt als beendet. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Dies muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen, die im Urteil genannt wird. In der Berufungsverhandlung wird der Fall erneut geprüft, wobei insbesondere Rechtsfehler des ersten Urteils im Fokus stehen.

Was sind die Folgen bei einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage?

Wird die Kündigung vom Gericht für unwirksam erklärt, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen. Für die Monate, in denen der Arbeitgeber während der laufenden Verhandlung nicht beschäftigt wurde, muss gegebenenfalls rückwirkend der Lohn nachgezahlt werden.

Mit welchen Kosten muss der Arbeitgeber bei einer Kündigungsschutzklage rechnen?

Eine Kündigungsschutzklage kann für Arbeitgeber erhebliche Kosten verursachen, die sich aus den folgenden Posten zusammensetzen:

  • Anwaltskosten: Der Arbeitgeber muss einen Anwalt beauftragen, der ihn im Kündigungsschutzprozess vertritt. Die Höhe der Anwaltskosten richtet sich nach dem Streitwert. Dieser wird vom Arbeitsgericht festgelegt und entspricht in der Regel dem Jahresgehalt des gekündigten Arbeitnehmers. Große Konzerne beschäftigen eigene Rechtsabteilungen oder einen firmeninternen Anwalt für Arbeitsrecht, sodass die Kosten oberflächlich nicht ins Gewicht fallen. Viele Unternehmen sichern die Risiken von Kündigungsschutzklagen über eine Rechtsschutzversicherung ab.
  • Gerichtskosten: Falls der Arbeitgeber den Prozess verliert, muss er die Gerichtskosten tragen. Diese belaufen sich beispielsweise bei einem Jahresgehalt von 30.000 Euro auf ca. 800 Euro.
  • Mögliche Abfindungszahlung: Häufig einigen sich die Parteien im Laufe des Verfahrens auf eine Abfindung für den Arbeitnehmer. Die Höhe der Abfindung kann von einem halben bis zu mehreren Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr betragen.

Insgesamt können die Kosten für den Arbeitgeber fünfstellige Summen erreichen. Dies gilt im Besonderen, wenn er den Prozess verliert und eine hohe Abfindung zahlen muss. Aus diesem Grund verfolgen Arbeitgeber und ihre Anwälte häufig die Strategie, einen für sie günstigen Vergleich zu erzielen, um hohe Kosten zu vermeiden.

Wie erfolgreich sind Kündigungsschutzklagen generell?

Laut einer Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden 2019 insgesamt 311.643 Kündigungsschutzklagen bei deutschen Arbeitsgerichten eingereicht. Davon wurden 23.686 Fälle durch ein streitiges Urteil entschieden. Mehr als 92 Prozent der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten endeten durch Vergleich oder eine anderweitige Einigung. Häufig war die Kündigung unter Zahlung einer Abfindung wirksam.

Wie oft werden Kündigungsschutzklagen erhoben?

In Deutschland wird mehr als jede vierte Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor Gericht verhandelt. Das entspricht in etwa 300.000 Kündigungsschutzklagen pro Jahr.

Drei Tipps für Arbeitgeber bei einer Kündigungsschutzklage

  1. Rechtliche Beratung einholen: Konsultieren Sie frühzeitig einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Besteht die Gefahr, dass ein Mitarbeiter bei einer Kündigung eine Kündigungsschutzklage einreicht, lassen Sie sich schon im Kündigungsprozess arbeitsrechtlich beraten.
  2. Dokumentation: Führen Sie genaue schriftliche Aufzeichnungen über alle relevanten Vorgänge und Gründe für die Kündigung.
  3. Güteverhandlung nutzen: Seien Sie offen für eine gütliche Einigung, um Kosten und Zeit zu sparen.

FAQ zur Kündigungsschutzklage

Sie haben noch weitere Fragen zur Kündigungsschutzklage? Das folgende FAQ liefert weitere relevante Antworten rund um das Thema.

In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Probezeit besteht in der Regel kein Kündigungsschutz. Dennoch kann in Ausnahmefällen eine Kündigungsschutzklage erhoben werden, insbesondere bei Verstößen gegen das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz).
Die Dauer des Prozesses bei einer Kündigungsschutzklage kann variieren. Kommt es bei der Güteverhandlung (meist 2 bis 6 Wochen nach Klageeinreichung) zu einem Vergleich, ist der Prozess innerhalb weniger Wochen beendet. Ist ein Kammertermin vor dem Arbeitsgericht notwendig, vergehen in der Regel 3 bis 5 Monate, je nach Auslastung des Gerichts. Kommt es im Zuge einer Beweisaufnahme zu einem zweiten Kammertermin, ist mit weiteren Monaten Pause zwischen den Terminen zu rechnen.
Arbeitgeber können Kosten, die rund um eine Kündigungsschutzklage entstehen, als Betriebskosten absetzen. Arbeitnehmern steht die steuerliche Absetzbarkeit über die Werbungskosten offen, da Kosten für eine Kündigungsschutzklage der Sicherung und Erhaltung der eigenen Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit dienen. Absetzbar sind sowohl die Anwaltskosten als auch die Gerichtskosten und etwaige Kosten für Sachverständige, die im Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage entstehen.
Arbeitnehmer erheben Kündigungsschutzklagen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, unberechtigte Kündigungen anzufechten oder eine angemessene Abfindung zu erhalten. Mit der Abfindung kann der Verlust des Arbeitsplatzes teilweise kompensiert werden.