Klageverzichtsvereinbarung: Voraussetzungen und Vorteile
Was ist eine Klageverzichtsvereinbarung?
Mit einer Klageverzichtsvereinbarung möchte der Arbeitgeber vermeiden, dass sich der Arbeitnehmer gerichtlich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung zur Wehr setzt.
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung drei Wochen Zeit, Klage zu erheben, um damit die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung überprüfen zu lassen. Einzige Voraussetzung hierfür ist gemäß §§ 1, 23 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) die eigene mindestens sechsmonatige Betriebszugehörigkeit bei einem Betrieb mit mehr als 10 beschäftigten Mitarbeitern. Erst wenn dies gegeben ist, greift der Kündigungsschutz. Das Kündigungsschutzgesetz soll den Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen bewahren, sei es aus verhaltens-, personen- oder aus betriebsbedingten Gründen.
Mit der Klageverzichtsvereinbarung verfolgt der Arbeitgeber das legitime Ziel, die Phase der Ungewissheit zu überspringen und auf Personalebene Planungssicherheit zu erlangen. Denn nicht nur die dreiwöchige Frist bis zur möglichen Klageerhebung, sondern auch die Prozessdauer selbst können den Arbeitgeber und sein Personalmanagement vor große Herausforderungen stellen. Können sich die Vertragsparteien daher zu einer Klageverzichtsvereinbarung entschließen, ist der Arbeitgeber auf der sicheren Seite. In den meisten Fällen findet der Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag Erwähnung.
Da der Arbeitnehmer auf sein Recht verzichtet, Klage erheben und die Kündigung womöglich als unwirksam erklären lassen zu können, erhält er einen angemessenen Ausgleich, sozusagen eine Entschädigung.
Wann ist die Klageverzichtsvereinbarung wirksam?
Damit der Klageverzicht Bestand hat, muss auch dieser Verzicht bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllen. Mit der Klageverzichtsvereinbarung schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer meist einen Aufhebungsvertrag, der neben der Vertragsbeendigung dann auch den Klageverzicht selbst regelt.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits 2007 festgestellt, dass der Arbeitnehmer nach einer Kündigung nicht verpflichtet ist, Kündigungsschutzklage zu erheben. Vielmehr hat er die Wahl, ob er auf die Klage verzichten möchte, um sich mit dem Arbeitgeber bezüglich einer Klageverzichtsvereinbarung per Abwicklungs- bzw. Aufhebungsvertrag einig zu werden (BAG, Urteil v. 19.4.2007 – 2 AZR 208/06).
Eine solche Vereinbarung ist im deutschen Arbeitsrecht nur dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug für den Klageverzicht entschädigt wird, also eine sogenannte kompensatorische Gegenleistung erhält. Während der Arbeitgeber den Vorteil erzielt, keine Klage befürchten zu müssen, darf auf der anderen Seite der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsrecht nicht unangemessen benachteiligt werden. Wird keine Gegenleistung in diesem Sinne angeboten, gilt die Klageverzichtsvereinbarung nach deutschem Arbeitsrecht als unwirksam (Az.: 2 AZR 722/06).
Folgende Gegenleistungen dienen als Beispiel für eine wirksame Klageverzichtsvereinbarung:
- Der Arbeitnehmer kann im Gegenzug zum Klageverzicht eine Abfindung erhalten. Berechnungsgrundlage ist dabei unter Berücksichtigung von § 1a KSchG ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr im Unternehmen.
- Die Gegenleistung kann auch im Verzicht seitens des Arbeitgebers auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bestehen.
- Eine dritte Möglichkeit ist eine verlängerte Kündigungsfrist. Auch in diesem Fall gilt die Klageverzichtsvereinbarung als wirksam abgeschlossen.
Wann gilt die Klageverzichtsvereinbarung als unwirksam?
Unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit der Klageverzichtsklausel ist die kompensatorische Gegenleistung. Bei der vertraglichen Verwendung der Klausel ist unbedingt auf die strenge Kontrolle durch die Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und deren Anwendung zu achten. Nach den §§ 305 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gelten diese Vorschriften bereits bei einmaliger Verwendung, solange es sich um einseitige Vorgabe handelt, die der Arbeitnehmer nicht „mitgestalten“ konnte.
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB („Inhaltskontrolle“) nicht „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“ benachteiligt werden darf, damit die Klageverzichtsvereinbarung nicht ihre Wirksamkeit verliert (s. BAG, Urteil v. 24.09.2015 – 2 AZR 347/14).
Im gleichen Urteil des Bundesarbeitsgerichts wird das Vorliegen der kompensatorischen Gegenleistung abgelehnt, wenn der Arbeitnehmer lediglich ein verbessertes Arbeitszeugnis erhalten soll. Denn laut Gesetz besteht seitens des Arbeitnehmers ohnehin ein „Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis“ (§ 109 Abs. 1 Satz 1 GewO – Gewerbeordnung), sodass diese Arbeitgeberleistung im Hinblick auf eine Klageverzichtsvereinbarung keine gültige Gegenleistung darstellt.
Der Arbeitgeber ist demnach gehalten, dem Arbeitnehmer eine kompensatorische (und angemessene) Gegenleistung anzubieten. Andernfalls gilt die Klageverzichtsvereinbarung trotz Vorliegens eines Abwicklungsvertrags als unwirksam. Die Rechtsfolge dieser Unwirksamkeit äußert sich darin, dass der im Abwicklungsvertrag unterschriebene Klageverzicht ungültig ist. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer weiterhin Kündigungsschutzklage erheben kann.
Welche Form muss eine Klageverzichtsvereinbarung aufweisen?
Wie vom Bundesarbeitsgericht bestätigt sind Klageverzichtsvereinbarungen grundsätzlich zulässig – sofern die entsprechenden Formerfordernisse erfüllt werden. Eine derartige Vereinbarung stellt schließlich einen Vertrag dar, der schriftlich abgeschlossen werden muss. Diese Bedingung dient in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers, der sich durch den erklärten Verzicht endgültig die Möglichkeit nimmt, doch noch Kündigungsschutzklage erheben zu können. Daher bekommen die Unterzeichnenden durch die gebotene Schriftform eine verlängerte Bedenkzeit.
Wie muss eine Klageverzichtsvereinbarung formuliert werden?
Zum einen muss der Klageverzicht in allen Inhaltspunkten eindeutig formuliert sein. Besteht der Verdacht, der Arbeitnehmer könne beim Lesen Verständnisprobleme haben, müssen diese berücksichtigt und ausgeräumt werden. Dies kann vor allem dann auftreten, wenn die Kündigung und die Verzichtserklärung in einem Schriftstück zusammengefasst werden.
Das Schriftformerfordernis ist ansonsten nur dann erfüllt, wenn beide Vertragsparteien die Ausfertigung des jeweils anderen unterzeichnen. Gleiches gilt für das einmalige Exemplar, welches sowohl von Arbeitgeber als auch von Arbeitnehmer unterschrieben werden muss.
Eine sogenannte Formularerklärung, wonach der Arbeitnehmer lediglich den Erhalt der Kündigung bestätigt und den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage erklärt, verstößt wie erörtert gegen § 307 Abs. 1 BGB. Denn damit ist der Interessenlage des Arbeitnehmers nicht Genüge getan, denn er ist bei fehlender kompensatorischer Gegenleistung als unangemessen benachteiligt zu betrachten.
Ist eine Klageverzichtsvereinbarung für Arbeitgeber sinnvoll?
Ja, eine Klageverzichtsvereinbarung erweist sich bei Beachtung sämtlicher Voraussetzungen für den Arbeitgeber als vorteilhaft. Dieser kann unmittelbar nach rechtswirksamem Vertragsabschluss seine Planungen in der Stellenbesetzung bzw. im Bereich Personalmanagement fortsetzen. Gleichzeitig schafft der Arbeitgeber beruhigende Planungssicherheit. Zwar in erster Linie für sich und sein Unternehmen. Dennoch gilt für den Arbeitnehmer Ähnliches. Denn auch dieser muss sich keine Gedanken mehr um eine gerichtliche Auseinandersetzung machen, vielmehr hat er für den Verzicht eine ausgleichende Gegenleistung erhalten.
Dennoch muss der Arbeitgeber im Vorfeld genau überlegen, wie weit er dem Arbeitnehmer bei seinen eigenen Ambitionen entgegenkommen will. So muss er die Qualität der angebotenen, kompensatorischen Gegenleistung richtig einschätzen und ins Verhältnis zur ausbleibenden Kündigungsschutzklage setzen. Lohnt sich beispielsweise eine hohe Abfindung, wenn die Kündigung entweder rechtmäßig erfolgt war oder der Arbeitnehmer ohnehin keine Klage eingereicht hätte? Dieser Überlegung ist allerdings die wertvolle Zeit gegenüberzustellen, die der Arbeitgeber ohne den eventuell zu führenden Prozess gewinnt.
Hat sich der Arbeitgeber jedoch für die Planungssicherheit und die Klageverzichtsvereinbarung entschieden, muss er lediglich auf die Wirksamkeit des Vertrages bzw. der verwendeten Klauseln achten. Denn ansonsten läuft er Gefahr, dass der Arbeitnehmer seine Rechte geltend machen und eben doch eine Kündigungsschutzklage einreichen kann.
Um dies zu verhindern, kann für den Arbeitgeber eine anwaltliche Unterstützung bei der Umsetzung äußerst hilfreich sein.