Kündigung wegen Mobbing: Vorschriften, Tipps & Muster
Wann liegt Mobbing am Arbeitsplatz vor?
Mobbing am Arbeitsplatz kennt heutzutage leider viele verschiedene Formen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bezeichnet ein derartiges Verhalten zwischen Kollegen als Benachteiligung, die sich in gleich mehreren Bereichen zeigen kann. So kann sich Mobbing am Arbeitsplatz nach § 1 AGG bemerkbar machen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität „benachteiligt“ wird. Wer sich dementsprechend so verhält, dass er durch sein Verhalten eine andere Person bzw. einen Arbeitskollegen schikaniert, diskriminiert, blamiert, bewusst ärgert o. ä., muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Ob diese Benachteiligung dann zur Abmahnung führt oder gleich eine Kündigung wegen Mobbing bedeutet, ist natürlich individuell zu beurteilen. So kommt es ähnlich wie bei einer Abmahnung wegen Beleidigung stets auf die konkrete Situation, das allgemeine Arbeitsklima bzw. den üblichen Umgangston im Betrieb an. Nicht jede vielleicht unangemessene Handlung ist mit Mobbing gleichzusetzen. Dazu zählen etwa einmalige, auch herabwürdigende Äußerungen oder fachliche Kritik.
Mobbing am Arbeitsplatz ist vielmehr dann anzunehmen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Ein fortgesetztes, ineinandergreifendes bzw. aufeinander aufbauendes Verhalten
- Systematische Anfeindungen, Schikane oder Diskriminierung
- Eine von der herrschenden Rechtsordnung nicht mehr gedeckte Vorgehensweise bzw. Zielsetzung
- Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der sonstigen Rechten des Einzelnen
Danach ergibt sich, dass Benachteiligungen immer einer gewissen Systematik unterworfen sind, die den Bereich des rechtlich Erlaubten eindeutig verlassen. Vorübergehende Meinungsverschiedenheiten oder einmalige Streitigkeiten stellen dagegen noch keine Benachteiligung dar. Eine Kündigung wegen Mobbing kommt dann infrage, wenn die Handlung systematisch ehrverletzend bzw. gesundheitsgefährdend ist oder allgemein gegen das Persönlichkeitsrecht verstößt.
Um Mobbing am Arbeitsplatz zu bejahen, muss allerdings keine bestimmte Mindestlaufzeit gegeben sein. Es genügt ein zeitlich naher Abstand der Benachteiligungen, welche zudem den gleichen Zweck erfüllen müssen.
Wie sollten Führungskräfte reagieren, wenn Mobbing erkannt wird?
Im Fall von Mobbing am Arbeitsplatz obliegt Führungskräften gegenüber dem Arbeitnehmer eine Schutz- und Fürsorgepflicht. Erfährt der Arbeitgeber, dass sich einer seiner Mitarbeiter im Betrieb gemobbt fühlt, muss er der Sache auf den Grund gehen und weitere Nachforschungen betreiben. Dabei hat der Arbeitgeber nicht nur das Recht, den betreffenden Mitarbeiter zur Rede zur stellen. Es ist darüber hinaus sogar seine Pflicht, den Vorfall anzusprechen. Inwiefern dem „Täter“ Konsequenzen drohen, ob demnach eine Abmahnung oder eine Kündigung wegen Mobbing im Raum steht, ist nach der Schwere des Falls zu beurteilen.
Des Weiteren ist es oftmals mit Problemen verbunden, die Handlung beweisen zu können. So ist der Arbeitgeber gezwungen, entweder auf ein „Geständnis“ des Arbeitnehmers zu hoffen oder aber dokumentierte Zeugenaussagen verwerten zu können. In jedem Fall sind Gespräche mit den Beteiligten zu führen, um Klarheit – auch unter den Mitarbeitern – zu schaffen.
Stellt sich heraus, dass tatsächlich eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG stattgefunden und der Mobber somit den Betriebsfrieden gestört hat, muss der Arbeitgeber das Mobbing am Arbeitsplatz sofort unterbinden.
Kann Mobbing abgemahnt werden?
Konnte einem Mitarbeiter Mobbing nachgewiesen werden, kann ihn der Arbeitgeber bzw. sein Personalmanagement nach deutschem Arbeitsrecht abmahnen. Steht im Fall einer bewiesenen Benachteiligung eines Arbeitnehmers sogar eine verhaltensbedingte Kündigung des Mobbenden im Raum, ist der Arbeitgeber sogar zur Abmahnung verpflichtet. Denn die ordentliche (hier: verhaltensbedingte) Kündigung setzt eine vorherige Abmahnung voraus – oder mehrere.
Der Mitarbeiter kann somit auch mehrfach abgemahnt werden, bevor weitreichendere Konsequenzen drohen. Allerdings müssen sich die wiederholten Abmahnungen auf die gleiche Art des Fehlverhaltens, nämlich auf das Mobbing beziehen.
Ist Kündigung wegen Mobbing erlaubt?
Ja, ein systematisches, schikanöses Verhalten seitens des Arbeitnehmers, wobei ein anderer Kollege oder Vorgesetzter eine Benachteiligung erfährt und diesen in seinen (Persönlichkeits-)Rechten verletzt, kann eine Kündigung zur Folge haben. Liegt ein besonders schweres Fehlverhalten vor, ist auch eine fristlose Kündigung möglich.
Bevor der Arbeitgeber dem Mitarbeiter verhaltensbedingt ordentlich kündigen kann, muss er ihn abmahnen. Lässt sich der Arbeitnehmer allerdings erneut zu derartigen Handlungen hinreißen, kann der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen. In bestimmten Fällen wird er sogar gezwungen sein, den Täter zu entlassen. Denn er muss sich stets schützend vor seine Angestellten stellen, die nicht weiter Opfer von Mobbinghandlungen sein dürfen.
Wie bei anderen ordentlichen Kündigungen ist auch bei der Kündigung wegen Mobbing die Kündigungsfrist zu beachten. Fristlos kann der Arbeitgeber dann kündigen, wenn das Mobbing einen schwerwiegenden Fall darstellt. Der hierfür wichtige Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB ist in der nachhaltigen Störung des Betriebsfriedens zu sehen. Durch das Mobbing hat der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten in besonderem Maße verletzt. Denn es ist seine Pflicht, das (gute) Betriebsklima zu wahren und Schaden von den Kollegen fernzuhalten. Wer jedoch eine andere Person schikaniert oder diskriminiert, schadet den anderen Mitarbeitern und somit gleichzeitig dem Unternehmen. Insbesondere muss eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber und den Betrieb unzumutbar sein.
Beispiele für fristlose Kündigungen wegen Mobbing:
- Körperlicher Angriff mit dem Ziel der Demütigung
- Rassistische Beleidigungen
- Verbreitung von Gerücht, der Kollege sei ein Straftäter (z. B wegen Vergewaltigung)
In diesen Beispielfällen ist eine fristlose Kündigung möglich. Kündigungsfristen sind somit nicht zu beachten.
Hat der Gekündigte wegen Mobbing Anspruch auf eine Abfindung?
Nein, einen Anspruch auf Abfindung kann der Gekündigte beim Vorwurf des Mobbings nicht gegen den Arbeitgeber geltend machen. Gleichwohl kann es sein, dass er eine Zahlung erhält, wenn es Zweifel an den Gründen einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung.
Kommt es zum Gerichtsverfahren, bei dem es dem Arbeitgeber nicht gelingt, die Mobbingvorwürfe zu beweisen, kann der Gekündigte oftmals eine Einigung bzw. einen Vergleich erzielen. Dabei wird ihm der Arbeitgeber meist eine Abfindung anbieten. Denn: Andernfalls kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Wiedereinstellung geltend machen. Da der Arbeitgeber dies nach den erhobenen Mobbingvorwürfen sicherlich vermeiden will, wird er zur Zahlung einer Abfindung bereit sein.
Auch außergerichtlich kann der Gekündigte eine Abfindung herausschlagen, wenn beide Vertragsparteien einen sogenannten Abwicklungsvertrag vereinbaren.
Die Höhe der Abfindung orientiert sich meist nach folgender Berechnung:
Anzahl Jahre Betriebszugehörigkeit x halbes Bruttomonatsgehalt = Höhe der Abfindung
Können Betroffene bei Mobbing selbst fristlos kündigen?
Unabhängig davon, ob ein befristeter oder unbefristeter Arbeitsvertrag vorliegt, kann die fristlose Kündigung wegen Mobbing eine wirksame Option sein, um aus dem Arbeitsverhältnis herauszukommen. Möglich ist dies in Form einer außerordentlichen Kündigung, die zur Wirksamkeit jedoch einen wichtigen Grund verlangt – der bewiesen werden muss. Dabei kann sich die Beweislage für den Kündigenden problematisch darstellen. Denn nur mithilfe von Zeugenaussagen und bei detaillierter und vollständiger Dokumentation der Vorfälle wird es dem Betroffenen gelingen, den Mobbingvorwurf auch vor Gericht genau darlegen und beweisen zu können. Stellt sich schließlich heraus, dass es für den Mitarbeiter aufgrund der Mobbingvorfälle nicht zumutbar war, die Tätigkeit im Betrieb weiter auszuführen (z. B. durch zusätzliche Vorlage eines ärztlichen Attests), droht zudem auch keine Sperrfrist wegen der Bezüge von ALG I.
Wie können Arbeitgeber Mobbing am Arbeitsplatz vorbeugen?
Der erste Schritt, um Mobbing im eigenen Betrieb effektiv entgegenwirken zu können, ist das Publikmachen des heiklen Themas. Mobbing sollte im Unternehmen direkt angesprochen werden. Dies ist immer dann gut umsetzbar, wenn die „Benimmregeln“ im eigenen Haus klar und deutlich kommuniziert werden. Doch, um Mobbing erst gar nicht entstehen zu lassen, eignen sich verschiedene Vorsorgemaßnahmen.
So kann Mobbing vorgebeugt werden:
- Sensibilisierung und Offenheit gegenüber Mobbing sind der Ausgangspunkt für effektive Prävention. Arbeitgeber und Mitarbeiter sollten Mobbing als ernstes Thema behandeln und transparent darüber sprechen. Eine offene Kommunikation bildet die Basis für wirksame Präventionsmaßnahmen.
- Benennung von Vertrauenspersonen im Unternehmen ist entscheidend. Diese speziell geschulten Ansprechpartner dienen als Anlaufstelle für Mobbingopfer, wodurch das Vertrauen gestärkt wird und die Meldung von Vorfällen erleichtert wird.
- Klare Kommunikation und Konfliktlösung sind ebenfalls wichtige Präventionsmittel. Offene und konstruktive Gespräche bei Meinungsverschiedenheiten können Mobbing verhindern. Mitarbeiter sollten ermutigt werden, Differenzen respektvoll anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu finden.
- Regelmäßige Meetings zur Umgangsüberprüfung bieten die Möglichkeit, die Arbeitsatmosphäre zu bewerten und zwischenmenschliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Dies fördert ein positives Arbeitsklima und reduziert das Mobbingrisiko.
- Kontrolle und Optimierung von Arbeitsabläufen dienen der Vorbeugung von Konflikten. Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der Prozesse minimieren Unklarheiten und Stressfaktoren, die Mobbing begünstigen könnten.
- Fairer Umgang mit unangenehmen Aufgaben ist präventiv. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass solche Aufgaben gerecht aufgeteilt werden, um Ungerechtigkeiten und daraus resultierendes Mobbing zu verhindern.
- Anerkennung und Lob für die Mitarbeiter fördern ein positives Arbeitsumfeld und stärken den Teamgeist, was das Mobbingrisiko reduziert.
- Führungskräfte als Vorbilder sind entscheidend. Ihr respektvolles Verhalten sendet ein klares Signal an den gesamten Betrieb. Führungskräfte sollten auch aktiv gegen Gerüchte und Klatsch vorgehen, um eine gesunde Unternehmenskultur zu unterstützen.
- Offene Kommunikation und direkte Ansprache von potenziellen Mobbingopfern sind unerlässlich. Arbeitgeber und Kollegen sollten bei Anzeichen von Mobbing aktiv Unterstützung anbieten und gemeinsam Lösungen finden.