Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag: Ansprüche & Beispiel-Formulierung

Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag: Ansprüche & Beispiel-Formulierung

Kaum ein Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kommt heute noch ohne Ausschlussfristen aus. Doch welche Ansprüche können laut Arbeitsrecht davon betroffen sein? Und vor allem: Welche Ansprüche nicht? Auch bei der Formulierung der Ausschlussklauseln müssen gleich verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden, damit sie wirksam sind. In unserem Arbeitsrecht-Ratgeber informieren wir Sie des Weiteren darüber, wann eine Ausschlussfrist beginnt, wie lange sie dauert und worin der Unterschied zwischen der einstufigen und der zweistufigen Ausschlussfrist besteht.
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Ausschlussfrist?

Die Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag bestimmt, wie lange dort näher bezeichnete Ansprüche geltend bzw. durchgesetzt werden können. Die Regeln des geltenden Arbeitsrechts sind dabei entsprechend anzuwenden. Die Ausschlussfrist, auch als Verfallsfrist bezeichnet, besagt: Werden die festgelegten Ansprüche innerhalb der Frist nicht geltend gemacht, so verfallen sie. 

Daher ist es empfehlenswert, die bestehenden Ansprüche unmittelbar nach Ende des Arbeitsverhältnisses, vor allem aber fristgerecht, auf die Geltendmachung hin sorgfältig zu überprüfen.

Wo sind Ausschlussfristen gesetzlich geregelt?

Das Gesetz sieht keine extra Regelungen für Ausschlussfristen vor. Ausschlussfristen werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Arbeits- oder Tarifverträgen bzw. in Betriebsvereinbarungen vereinbart.

Daneben existiert im Arbeitsrecht eine Vielzahl gesetzlicher Ausschlussfristen, die in verschiedenen Gesetzen verankert sind. Beispiele für gesetzliche Ausschlussfristen:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Bei der Inhaltsanfechtung gemäß §§ 119, 121 BGB und der Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung bzw. arglistiger Täuschung gemäß §§ 123, 124 BGB beträgt die Frist ein Jahr.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Gemäß § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG muss der Betriebsrat innerhalb einer Woche einer beantragten Personalentscheidung widersprechen, nachdem er vom Arbeitgeber darüber unterrichtet wurde.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Soll eine Kündigung nach §§ 4, 7, 13 KSchG per Kündigungsschutzklage (vor dem Arbeitsgericht) als unwirksam erklärt werden, so muss dies innerhalb einer Frist von drei Wochen geschehen.

Wen betreffen Ausschlussfristen?

Vereinbarte Ausschlussfristen gelten sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Die Frist ist demnach auch für den Arbeitgeber und sein Personalmanagement maßgeblich, wenn er Schadensersatzansprüche geltend macht. In der Regel ist es jedoch der Arbeitnehmer, der die Länge der Ausschlussfrist genau beobachten sollte, wenn die bestehenden Zahlungsansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber nicht erlöschen sollen.  

Was ist der Zweck von Ausschlussfristen?

Ausschlussfristen sorgen für mehr Klarheit zwischen den Vertragsparteien, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgewickelt wird. Mit genauen Regeln, wie und vor allem wie lange Ansprüche aus der Arbeitsbeziehung geltend gemacht werden können, dienen Ausschlussfristen somit der Rechtssicherheit. Denn durch die getroffenen Vereinbarungen wissen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass der Zeitraum zur Durchsetzung der Ansprüche begrenzt ist – und können so eher einen Rechtsstreit vermeiden. 

Dies gilt umso mehr, da vertragliche Vereinbarungen für den juristischen Laien oft unklar erscheinen. Je deutlicher und ausführlicher sich die Rechtslage zu den Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag darstellt, desto eher herrscht Rechtsklarheit und besteht die Chance auf eine gütliche Einigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 

Wo werden Ausschlussfristen vereinbart?

Ausschlussklauseln, auch Verfallklauseln genannt, werden meist standardmäßig im Arbeitsvertrag vereinbart. Vereinbart werden Ausschlussfristen außer in Arbeitsverträgen noch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. 

Dabei geht es immer um den aufklärenden Charakter der Klausel: Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (meist Arbeitnehmer gegen Arbeitgeber) unterliegen einer Frist und bestehen eben nicht endlos.

Im Arbeitsvertrag selbst sind Ausschlussfristen bzw. -klauseln meist im letzten Teil der Urkunde geregelt. 

Welche Ansprüche können von der Ausschlussfrist betroffen sein?

Zu den Ansprüchen, die von einer Ausschlussfrist erfasst sein können, zählen nicht nur die vertraglich vom Arbeitgeber vereinbarten, sondern auch gesetzliche Ansprüche. In der Konsequenz bedeutet dies, dass sich der Arbeitnehmer beispielsweise nicht auf die gesetzliche Verjährungsfrist berufen kann, wenn die vertragliche Ausschlussfrist abgelaufen ist. 

Gleichzeitig können gesetzliche Ansprüche durch eine Ausschlussfrist verwirkt sein, auf die der Arbeitnehmer durch eine Klausel im Arbeitsvertrag im Grunde gar nicht hätte verzichten können. Danach ist es dem Arbeitnehmer verwehrt, derartige gesetzlichen Ansprüche vor Gericht geltend zu machen, da die Ausschlussklausel bzw. -frist in solchen Fällen zulässig und anwendbar ist. Dies ist deshalb überraschend, da eine Geltendmachung dieser Ansprüche seitens des Arbeitnehmers per Vertrag nicht ausgeschlossen werden darf. Dennoch verhindert die Ausschlussklausel die gerichtliche Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber, sobald die Frist abgelaufen ist. 

Welche vertraglichen Ansprüche im Einzelnen von der Ausschlussfrist betroffen sein können, hängt natürlich von den getroffenen Vereinbarungen ab. Zu den Ansprüchen mit wirksamer Ausschlussklausel gehören etwa Lohnansprüche oder Ansprüche auf Entgeltzahlung im Krankheitsfall. 

Daneben gibt es jedoch auch Ausnahmen, bei denen die Ausschlussfrist nicht greift bzw. die Ausschlussklausel unwirksam ist. 

Welche Ansprüche sind von der Ausschlussfrist nicht betroffen? 

Geht es um den Mindestlohn, ist die Ausschlussfrist nicht anwendbar, so urteilt das Bundesarbeitsgericht. Danach ist der gesetzliche Mindestlohn nicht in Gefahr, der Anspruch darauf kann per tarifvertraglicher Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen werden. Dementsprechend findet sich in § 3 Satz 1 MiLoG (Mindestlohngesetz) die gesetzliche Vorschrift, wonach solche Vereinbarungen unwirksam sind, die „den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen“ (s. BAG vom 18. September 2018, 9 AZR 162/18).

Darüber hinaus sind Ausschlussfristen auch bei einigen anderen Ansprüchen nicht anwendbar. Dazu zählen:

  • Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit
  • Ansprüche auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
  • Urlaubsansprüche dann, wenn die Höhe des Mindestlohns betroffen ist
  • Ansprüche auf Karenzentschädigung bei einem Wettbewerbsverbot

Welche formellen Anforderungen bestehen an eine Ausschlussfrist? 

Für die genaue Formulierung von Ausschlussfristen gelten bestimmte, restriktive Vorschriften. Mit der Ausschlussfrist wird vertraglich festgelegt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis fristgerecht geltend gemacht werden müssen, damit sie nicht erlöschen. 

Inhaltlich und formell muss die Ausschlussfrist zusätzlich folgende Voraussetzungen laut Arbeitsrecht erfüllen:

  • Die Ausschlussklausel muss klar und transparent formuliert werden, sodass ersichtlich wird, welche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis welchen Fristen unterliegen. Ausschlussfristen unterliegen demzufolge auch einer AGB-Kontrolle. 
  • Da die Verfallsfrist weitreichende Rechtsfolgen wie den Wegfall von Lohnansprüchen auslösen kann, muss sie als wichtiger Vertragsbestandteil so für den Arbeitnehmer und Rechtslaien formuliert sein, dass dieser Inhalt und Aussage der Klausel jederzeit leicht verstehen kann.
  • Ausschlussfristen müssen im Vertrag deutlich gekennzeichnet sein. Dies bedeutet, dass die Verfallsfristen leicht aufzufinden und nicht etwa in anderen Abschnitten des Arbeitsvertrags „versteckt“ sind.

Beispiel-Formulierung für eine Ausschlussfrist

Hier eine Beispiel-Formulierung für eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag:

„Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis erlöschen gänzlich, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Ansonsten gelten die Ansprüche als verwirkt. Im Falle einer Ablehnung der Gegenseite oder falls sie sich nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs erklärt, verfällt dieser ebenfalls, wenn nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung bzw. Ablauf der Frist eine gerichtliche Geltendmachung erfolgt. 

Davon unberührt sind Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung. Das Gleiche gilt für Ansprüche auf Schadensersatz aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässig begangener unerlaubter Handlung oder im Falle eines Anspruchs auf gesetzlichen Mindestlohn gem. § 1 MiLoG.“ 

Wann beginnt die Ausschlussfrist?

Die Ausschlussfrist fängt in der Regel dann an zu laufen, sobald der Anspruch fällig ist. Dies bemisst sich wiederum nach den maßgeblichen Vereinbarungen, die im Vertrag getroffen wurden oder eben nach den geltenden gesetzlichen Regelungen. 

Den entscheidenden Zeitpunkt des Fristbeginns allein an die Fälligkeit des Anspruchs knüpfen zu wollen, könnte allerdings – vor allem aus Arbeitgebersicht – zu riskant sein. Gleiches gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Bundesarbeitsgericht stellt eher hohe Anforderungen an die Erkennbarkeit einer beginnenden Frist. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, die vereinbarte Regelung so zu verstehen, dass er sich über Bedeutung und Konsequenzen im Klaren ist. 

Daher ist für die Formulierung einer Ausschlussklausel unbedingt zu empfehlen, den Fristbeginn (spätestens) dann starten zu lassen, wenn der Arbeitnehmer Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat bzw. ihm eine fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden kann. 

In dem Zusammenhang ist etwa bei der Frage, ob ein Anspruch der Verjährung unterliegt, vor allem der Grundgedanke des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu erwähnen. Denn danach muss der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis oder sie ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben, damit die Verjährungsfrist beginnt. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass der entstandene Anspruch auch wirklich erkennbar und ebenso durchsetzbar sein muss.

Wie lange dauert die Ausschlussfrist in der Regel?

Hat die Ausschlussfrist einmal begonnen, so beträgt die Dauer meist drei Monate. Dies ist nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts auch gleichzeitig die Mindestdauer: Denn kürzere Fristen gelten als unangemessen und sind folglich unwirksam. 

Dabei gilt die Besonderheit, dass die ursprünglich vereinbarte Ausschlussfrist ersatzlos wegfällt. Die sonstigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages behalten jedoch ihre Gültigkeit. Der Arbeitsvertrag selbst ist somit weiterhin wirksam und bleibt bestehen.

Was ist der Unterschied zwischen einer einstufigen und einer zweistufigen Ausschlussfrist?

Neben den vertraglichen Ansprüchen, die mit einer Ausschlussfrist versehen sind, können Ausschlussklauseln sowohl einstufig als auch zweistufig ausgestaltet sein. 

Einstufige Ausschlussfrist

Hierbei verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit bzw. Kenntnisnahme geltend gemacht werden. Dies muss gegenüber der Gegenseite schriftlich erfolgen, wobei seit dem 1. Oktober 2016 dafür die Textform ausreicht.

Zweistufige Ausschlussfrist

Bei der zweistufigen Ausschlussfrist ist vorgesehen, dass sich nach der ersten Frist zur Geltendmachung des Anspruches (1. Stufe) eine weitere Frist zur Klageeinreichung (2. Stufe) anschließt. In dieser zweiten Stufe können die Ansprüche verfallen, wenn der Anspruch abgelehnt wird oder der Anspruchsgegner sich nicht innerhalb von vier Wochen nach Empfang der Erklärung äußert. Die Ansprüche erlöschen jedoch dann nicht, wenn innerhalb einer zweiten Frist von erneut drei Monaten Klage beim Amtsgericht eingereicht wird.

Gelten Ausschlussfristen auch bei Unwissenheit? 

Ausschlussfristen gelten auch bei Unwissenheit. Auch wer keine Kenntnis hat, riskiert, auf Lohnansprüche nach Ablauf der Frist verzichten zu müssen. „Übersehen“ kann man vertragliche Regelungen vor allem dann, wenn zum eigentlichen Arbeitsvertrag weitere tarifvertragliche Bestimmungen existieren, die der Arbeitnehmer nicht gleich ersehen kann.