Kassendifferenz: Wer haftet in welchem Umfang? + Tipps zur Vermeidung
- Was ist eine Kassendifferenz?
- Wer haftet bei einer Kassendifferenz?
- Wann haften Mitarbeiter – und in welchem Umfang?
- Rechtfertigt eine Kassendifferenz eine Abmahnung oder Kündigung?
- Kann der Arbeitgeber die Haftung vollständig auf den Arbeitnehmer lagern?
- Was sind die Voraussetzungen für eine Mankovereinbarung?
- Was sind die Vor- und Nachteile der Mankovereinbarung?
- Beispiel-Formulierung Mankovereinbarung
- 9 Tipps für Arbeitgeber: Wie reduzieren Sie Kassendifferenzen?
- FAQ zu Kassendifferenzen
Was ist eine Kassendifferenz?
Als Kassendifferenz bezeichnet man eine Abweichung oder einen Fehlbetrag zwischen dem erwarteten Kassenbestand und dem tatsächlichen Bestand.
Beispiel: Ein Einzelhandelsunternehmen hat auf Basis der Auswertung der digitalen Kasse 4.235,70 Euro eingenommen. Neben den unbaren Buchungen, bei denen Kunden mit EC- oder Kreditkarte bezahlt haben, wurden 935,70 Euro in bar eingenommen. Beim Zählen des Bargelds fällt allerdings auf, dass der Barbestand der Kasse nur 932,80 Euro beträgt. Der Fehlbetrag beläuft sich auf 2,90 Euro.
Wer haftet bei einer Kassendifferenz?
Eine Differenz in der Kasse kann aus Versehen oder absichtlich entstehen. In Deutschland ist die Haftungsfrage in Bezug auf eine Kassendifferenz klar umrissen: Jeder, der an einer Kasse arbeitet, hat grundsätzlich die Pflicht, ein neutrales Kassenfach zu übergeben.
Diese Arbeitnehmerhaftung ergibt sich aus dem § 280 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). In diesem Paragrafen wird erklärt:
Verletzt der Schuldner (Arbeitnehmer) eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis (Arbeitsverhältnis), so kann der Gläubiger (Arbeitgeber) Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
Dieser Passus des BGB bedeutet nicht, dass Arbeitgeber bei jeder Differenz berechtigt sind, Schadenersatz zu verlangen. Dies ist ausschließlich möglich, wenn ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Tatbestand nachgewiesen werden kann.
Wann haften Mitarbeiter – und in welchem Umfang?
Bei der Haftung des Mitarbeiters geht es vor allem um eine Interessenabwägung. Hierfür werden Faktoren wie die Schadenshöhe und der Betrag, die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers und das genaue Verschulden berücksichtigt und abgewogen.
In der Regel wird das folgende Stufen-Modell genutzt, um die Haftungsfrage zu klären:
Grad der Fahrlässigkeit | Haftbarkeit |
Leichte Fahrlässigkeit | 0 Prozent |
Mittler Fahrlässigkeit | 50 Prozent |
Grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz | 100 Prozent |
Doch wann liegt welcher Grad an Fahrlässigkeit vor?
Wann liegt eine mittlere Fahrlässigkeit bei Kassendifferenzen vor?
Bei mittlerer Fahrlässigkeit, die ein vorsätzliches oder gleichgültiges Verhalten impliziert, kann der Betrag der Haftung bei der Hälfte der Kassendifferenz liegen. Dies bedeutet, dass der Mitarbeiter hälftig und persönlich für die Differenz aufkommen muss. Ein gleichgültiges Verhalten könnte beispielsweise vorliegen, wenn eine Kassiererin in einem Supermarkt versehentlich einen Artikel nicht scannt oder falsch abrechnet, weil sie durch Gespräche mit Kunden oder Kollegen langfristig abgelenkt ist.
Dieses Verhalten geht über eine einfache Unachtsamkeit hinaus, da von einem Kassierer erwartet wird, dass er die Vorgänge an der Kasse genau verfolgt. Es stellt gleichzeitig keine grobe Fahrlässigkeit dar, da kein vorsätzliches Fehlverhalten vorliegt.
Rechtfertigt eine Kassendifferenz eine Abmahnung oder Kündigung?
Das Arbeitsrecht enthält für eine Abmahnung oder eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Kassendifferenzen hohe Hürden. Ob eine Abmahnung oder eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sind, hängt vom Einzelfall ab. Aus Unternehmenssicht macht es Sinn, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen im Detail zu betrachten.
Viel hängt von den individuellen Umständen und dem Wiederholungsgrad ab. Eine einmalige leichte Fahrlässigkeit kann in der Regel nicht zur Kündigung führen. Bei einer Kette von Vorfällen, fortlaufender großer Differenzen im Kassenbestand oder bei einem Vertrauensverlust zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnte eine Kündigung gerechtfertigt sein. Abmahnungen sind der erste Schritt in einer längerfristigen Eskalationsspirale und sollen dem Arbeitnehmer deutlich machen, dass seine Handlungen nicht akzeptabel sind und dringend verändert werden müssen. Ein Anwalt ist der beste Ansprechpartner für eine fortlaufende Rechtsberatung.
Kann der Arbeitgeber die Haftung vollständig auf den Arbeitnehmer lagern?
Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann die Haftung bei einer Kassendifferenz nicht vollständig auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Damit trotzdem eine einfache, effiziente und zielführende Methode im Alltag zur Verfügung steht, nutzen viele Unternehmen die sogenannte Mankovereinbarung, die ebenfalls als Mankogeld bezeichnet wird.
Was sind die Voraussetzungen für eine Mankovereinbarung?
In Deutschland müssen Mankovereinbarungen bestimmten rechtlichen Anforderungen entsprechen, um gültig zu sein.
- Eine Mankovereinbarung muss schriftlich als Anlage zum Arbeitsvertrag oder direkt im Arbeitsvertrag festgehalten werden.
- Eine Mankovereinbarung muss klar, verständlich und eindeutig formuliert sein.
- Die Vereinbarung muss angemessen sein und darf den Arbeitnehmer nicht benachteiligen.
- Die Mankovereinbarung darf nichtgegen das geltende deutsche Arbeitsrecht verstoßen.
Was sind die Vor- und Nachteile der Mankovereinbarung?
Mankovereinbarungen bieten sowohl Vor- als auch Nachteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Was sind die Vorteile der Mankovereinbarung?
Der Abschluss einer Mankovereinbarung schafft nicht nur klare Regeln bei der Frage nach der Verantwortung für Verluste, sondern trägt auch dazu bei, dass Mitarbeiter sorgfältiger mit den ihnen anvertrauten Werten umgehen und hat damit eine präventive Wirkung.
Weitere Vorteile:
- Klarheit und Transparenz
- Fairer Umgang mit Verlusten
- Vorbeugung von Diebstahl und Betrug
- Fördert das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter
- Effizienzsteigerung im Bereich der Kasse
Welche Nachteile birgt die Mankovereinbarung?
Mankovereinbarungen können einen erheblichen Druck auf Mitarbeiter ausüben, besonders in hochfrequentierten oder chaotischen Arbeitsumgebungen, wo Fehler leicht passieren können.
Weitere Nachteile:
- Potenzielle Ablenkung von systematischen Problemen
- Kann zu Misstrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen
- Rechtsfragen bei der Implementierung und Umsetzung
Beispiel-Formulierung Mankovereinbarung
Die folgende auszugsweise Formulierung einer Mankovereinbarung als Zusatz zum Arbeitsvertrag muss im Einzelfall individuell angepasst und rechtlich geprüft werden:
„Für das übernommene Haftungsrisiko erhält der Arbeitnehmer eine monatliche Fehlgeldentschädigung von 16,00 Euro (jährlich 192,00 Euro), die aktuell als steuer- und sozialversicherungsfreier Arbeitslohn gilt. Der Arbeitnehmer haftet auch ohne nachgewiesenes Verschulden für Kassenfehlbestände. Er hat ein Recht auf Entlastungsbeweis. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mankos liegt beim Arbeitgeber.“
9 Tipps für Arbeitgeber: Wie reduzieren Sie Kassendifferenzen?
Die Wahrscheinlich von Kassendifferenzen können Sie durch wenige Maßnahmen gezielt reduzieren. Folgende Tipps gilt es zu beherzigen:
- Führen Sie ein klares und gut kommuniziertes Kassenmanagement.
- Organisieren Sie regelmäßige Trainings für Mitarbeiter zur korrekten Kassenführung.
- Führen Sie turnusmäßige Überprüfungen der Kassenführung durch.
- Implementieren Sie transparente Verfahrensweisen für die Handhabung von Kassendifferenzen.
- Dokumentieren Sie alle Kassentransaktionen sorgfältig, um Unstimmigkeiten schnell aufklären zu können.
- Schaffen Sie Anreize für Mitarbeiter, die durch Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei der Kassenführung auffallen.
- Etablieren Sie ein faires System zur Verantwortungsübernahme bei Kassendifferenzen (Mankovereinbarung), das sowohl präventiv wirkt als auch Lösungen bietet.
- Führen Sie eine faire und gründliche Untersuchung durch, wenn Kassendifferenzen auftreten. Beziehen Sie dabei alle relevanten Mitarbeiter ein und stellen Sie sicher, dass die Privatsphäre und die Rechte der Mitarbeiter gewahrt bleiben.
- Nutzen Sie Technologie zur Fehlerminimierung wie automatisierte Kassensysteme und regelmäßige Software-Updates.