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Work-Life-Balance: Definition, 4 Säulen und Vorteile für Arbeitgeber

Zum Thema Work-Life-Balance gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Der australische Motivationsredner Matthew Kelly ist der Meinung, dass „Work-Life-Balance kein Anspruch oder Vorteil ist. Ihr Unternehmen kann es Ihnen nicht geben. Sie müssen es für sich selbst erschaffen.“ Der bekannte amerikanische Autor Steven Covey, der das Buch: Die 7 Wege zur Effektivität geschrieben hat, beleuchtet Work-Life-Balance eher vom Standpunkt der richtigen Prioritäten: „Der Schlüssel liegt nicht darin, Prioritäten für das zu setzen, was auf dem Terminkalender steht, sondern darin, Termine für Ihre Prioritäten festzusetzen.“ Die amerikanische Autorin Betsy Jacobson gibt zu bedenken: „Balance bedeutet nicht besseres Zeitmanagement, sondern besseres Grenzmanagement.“
Inhaltsverzeichnis

Das Stichwort Work-Life-Balance ist ein wichtiges und kontrovers diskutiertes Gesellschaftsthema. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmer in den letzten Jahrzehnten die Ansicht geprägt haben: „Arbeite hart, sei immer verfügbar, opfere Privates für Erfolg.“ Heute zeigt sich, dass diese Mentalität im Beruf zu psychischen Erkrankungen, Überlastung, Stress und Unzufriedenheit führen kann. Eine gesunde Work-Life-Balance ist für moderne Unternehmen heute wichtiger denn je.

Dieser Artikel gibt Ihnen als Arbeitgeber daher umfassende Einblicke in die Bedeutung der Work-Life-Balance, zeigt mögliche Herausforderungen auf und erläutert Lösungsmodelle und Maßnahmen, die Sie in Ihrem Unternehmen integrieren können.

Was versteht man unter Work-Life-Balance?

Der Begriff Work-Life-Balance beschreibt ein Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben. Eine gute Balance bringt beides in Einklang. Individuelle Lebenszufriedenheit ergänzt sich mit beruflichem Einsatz. Sie schließen sich nicht aus, da Arbeit und Freizeit wichtige Elemente eines ausgewogenen Lebens sind.

Balance bedeutet in diesem Zusammenhang nicht immer eine gleiche Verteilung. Der Anteil der Arbeitszeit kann durchaus hoch sein, wenn gleichzeitig genügend Zeit für Entspannung, Freizeit, Hobbys und Familie bleibt. Aus Arbeitgebersicht geht es bei der Work-Life-Balance darum, die Bedürfnisse jedes Mitarbeitenden zu beachten.

Ein populäres und praxiserprobtes Konzept ist das 4-Säulen-Modell, das sich in die folgenden Bereiche gliedert:

  • Arbeit und Leistung: Zeit und Energie, die Arbeitnehmer in ihren Job investieren. Hier ist die Gefahr des Burnouts hoch, wenn kein Gegengewicht besteht.
  • Gesundheit und Fitness: Dazu gehören sowohl physisches als auch mentales Wohlbefinden.
  • Familie und soziale Kontakte:Ein starkes soziales Netzwerk wirkt ausgleichend und schützend.
  • Sinn und Werte: Die Selbstverwirklichung sowie die Orientierung an moralischen Grundsätzen schaffen tiefgehende Zufriedenheit.

Jede der vier beschriebenen Säulen trägt richtig ausgefüllt zum Wohlbefinden und zum langfristigen Erfolg von Beschäftigten bei. Fehlt die Balance und dominiert der Bereich „Arbeit“, entstehen oft Probleme mit negativen Folgen.

Das 4-Säulen-Modell zur Work-Life-Balance geht auf den iranischen Psychotherapeuten Nossrat Peseschkian zurück. Er nannte sein Modell auch „Balance-Modell“ oder die „vier Qualitäten des Lebens“. Das 4-Säulen-Modell beschreibt die Basis der von ihm geschaffenen Positiven Psychotherapie.

Im Laufe der Zeit haben sich unterschiedliche Versionen und Interpretationen des 4-Säulen-Modells entwickelt. Der deutsche Autor und Keynote Speaker Dr. Marco von Münchhausen hat das Konzept beispielsweise in seinem Buch „Die vier Säulen der Lebensbalance“ verändert und angepasst. Auch der Experte für Lebensbalance und Zeitmanagement, Lothar Seiwert, entwickelte eine eigene Variante des Modells.

Zusammenfasst lässt sich der Begriff Work-Life-Balance in 4 Sätzen definieren:

  1. Work-Life-Balance bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Job und Freizeit zu halten.
  2. Es ist für Arbeitnehmer wichtig, ihre beruflichen Ziele zu erreichen.
  3. Gleichzeitig ist Zeit für Erholung und Lebensqualität für ein ausgewogenes Privatleben entscheidend.
  4. Ruhepausen helfen, Kraft für das Berufsleben zu tanken.

Warum ist Work-Life-Balance so wichtig?

Eine unzureichende Work-Life-Balance hat sichtbare und langfristige Folgen. Sowohl Arbeitnehmer wie Unternehmen spüren die Auswirkungen einer unausgewogenen Ansicht zur Arbeit. Studien zeigen, dass gestresste und überforderte Mitarbeiter häufiger erkranken. Viele erleben Überforderung und Burnout-Symptome und fehlen aus diesem Grund oft bei der Arbeit. Dies erhöht die Kosten für Unternehmen deutlich. Auch Produktivitätsverluste gehören zu den negativen Auswirkungen einer nicht gelebten Work-Life-Balance.

Eine finnische Langzeitstudie zeigt dies anschaulich. In der Studie wurden 800 Angestellte eines Metallunternehmens über 28 Jahre begleitet und regelmäßig untersucht. Die Studie zeigt, dass Arbeitsstress das Risiko für Herzerkrankungen stark erhöht. Menschen in Jobs mit einem hohen Stresslevel hatten ein doppelt so hohes Risiko für Herzprobleme. Stress wurde in dieser Studie mit dem „Anstrengungs-Gegenleistungs-Modell“ gemessen. Dabei fand man ebenfalls eine Verbindung zu Übergewicht. Übergewicht ist ein weiterer Risikofaktor, der langfristig zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und anderen Gesundheitsproblemen führt.

Die Studie zeigt, wie wichtig Stressmanagement ist. Unternehmen sollten Maßnahmen zur Stressreduzierung und Work-Life-Balance ergreifen. So schützen sie langfristig die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und das Privatleben.

Vorteile einer guten Work-Life-Balance für Ihr Unternehmen

  • Gesteigerte Produktivität durch stressresistente und motivierte Mitarbeiter.
  • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit, die die Bindung (Employer Branding) ans Unternehmen stärkt.
  • Möglichkeit der Reduzierung der Krankheitsausfälle durch Burnout oder Depression
  • Verbesserte Employer Branding – Attraktive Arbeitsbedingungen sind heute ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
  • Langfristige Förderung einer offenen und gesunden Unternehmenskultur.

Folgen einer sehr schlechten Work-Life-Balance für Unternehmen

Im Gegensatz zu den nachweislichen Vorteilen und Mehrwerten schädigt eine mangelnde Work-Life-Balance nicht nur das Wohl Ihrer Belegschaft, sondern auch den Ruf, den Erfolg und die Effizienz Ihres Unternehmens. Eine extreme Arbeitslast, eingeschränkte Flexibilität oder ein Umfeld, in dem Angst und Druck an der Tagesordnung sind, wirken sich im Alltag direkt auf die Zufriedenheit und Gesundheit der Beschäftigten aus. Die Anzeichen sind ernst zu nehmen:

  • Überdurchschnittliche Fehlzeiten
  • Motivationsverlust und fehlendes Engagement bei der Arbeit
  • Möglichkeit einer sinkenden Produktivität und Qualität der Arbeit
  • Fluktuation und damit einhergehende Rekrutierungskosten

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung führen flexible Arbeitszeiten ohne tägliche Grenzen zu mehr Überstunden und weniger Erholung. Beschäftigte in Unternehmen mit Fachkräftemangel, engen Deadlines oder Projektarbeit machen durchschnittlich mehr Überstunden und können in ihrer Freizeit schlechter abschalten.

Eine Umfrage des Future Forum zeigt, dass Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitsmodellen seltener von Burnout-Gefühlen berichten als solche ohne Flexibilität. Flexible Arbeitszeitmodelle, die sich an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren, können auf Grundlage verschiedener Studien zudem das Burnout-Risiko verringern.

Wie optimieren Sie als Arbeitgeber die Work-Life-Balance Ihrer Arbeitnehmer?

Arbeitgeber tragen eine große Verantwortung für das Arbeitsumfeld und die Bedingungen, unter denen ihre Mitarbeiter im Betrieb arbeiten. Eine ausgewogene Work-Life-Balance fördert dabei nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Sie steigert gleichzeitig auch die Leistungsfähigkeit.

Ein Mitarbeiter, der Unterstützung dabei erhält seine individuell Work-Life-Balance umzusetzen, ist wie ein Akku, der regelmäßig und fachgerecht aufgeladen und nicht tiefentladen wird. Mitarbeiter fühlen sich durch eine gute Work-Life-Balance ausgeglichener und belastbarer. Sie sind in der Mehrzahl motiviert und engagiert. Berufliche Aufgaben meistern sie leichter als Angestellte, die unter Leistungsdruck und eingeschränkter Flexibilität arbeiten.

Hier sind einige Aktivitäten, die aus Arbeitgebersicht sofort umsetzbar sind:

Flexible Arbeitszeitmodelle einführen

Flexibilität steht im Mittelpunkt einer modernen Work-Life-Balance. Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, Teilzeit oder ergebnisbasierte Arbeit fördern Verantwortung und Freiheit.

Praxisbeispiel: Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern, Arbeitszeiten an ihre Lebensrealität anzupassen und Homeoffice flexibel zu nutzen.

Programme für Gesundheit und Wohlbefinden schaffen

Gesunde Beschäftigte sind produktiver. Fitnessprogramme und Gesundheitsförderung im Büro sind eine starke Botschaft für eine besser Work-Life-Balance. Beispielsweise können Unternehmen ihren Mitarbeitern vergünstigte Mitgliedschaften im Fitnessstudio anbieten oder sie durch Ernährungsprogramme dabei unterstützen, sich im Privatleben gesund zu ernähren. Das steigert die Zufriedenheit in der Familie.

Klare Trennung zwischen Beruf und Freizeit

Fördern Sie aktiv, dass Arbeitszeiten im beruflichen Alltag respektiert werden. Begrenzen Sie die Erreichbarkeit. Kommunizieren Sie, dass E-Mails nach Feierabend oder im Urlaub möglichst nicht versandt werden. Solche proaktiven Arbeitgebermaßnahmen, die die Zufriedenheit der Familie in den Vordergrund stellen, können Stress verringern. Auf diese Weise werden das Gleichgewicht und die Work-Life-Balance gestärkt.

Interne Umfragen zu Stress und Work-Life-Balance

Bleiben Sie in engem Kontakt mit Ihrer Belegschaft. Regelmäßige interne Umfragen, beispielsweise digital über das Intranet helfen dabei, die echten Bedürfnisse der Mitarbeiter zu verstehen. Wenn eine positive Kommunikationskultur im Unternehmen besteht, erkennen Sie durch die Umfrageergebnisse auch frühzeitig problematische Stimmungen oder Belastungen.

Vorbildfunktion der Führungskräfte

Führungskräfte sollten eine ausgewogene Work-Life-Balance vorleben. Selbst wenn Führungskräfte in vielen Bereichen stärkeren Leistungsdruck verspüren und durch Meetings, Ziele und externe Einflüsse beeinflusst werden, ist ihr persönliches Beispiel wichtig. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass Führungskräfte aktiv flexible Arbeitsmodelle unterstützen oder Mitarbeiter ermuntern, an internen Gesundheitsprogrammen teilzunehmen.

Kontinuierliches Monitoring & Verbesserungsmanagement

Eine gute Work-Life-Balance ist ein fortlaufender Prozess und kein einmaliges Ziel. Die innerbetrieblichen Arbeitsbedingungen verdienen regelmäßig eine sorgfältige Überprüfung. Auch Maßnahmen, die eingeführt wurden, um Mitarbeiter zu entlasten und Produktivität zu fördern, müssen überprüft und angepasst werden. Proaktive und objektive innerbetriebliche Veränderungen sind wichtig. Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden stehen dabei im Mittelpunkt.

Was kann ich selbst tun, um meine eigene Work-Life-Balance zu verbessern?

Neben den genannten und weiteren individuellen Arbeitgeber-Maßnahmen müssen jeder Mitarbeiter und jede Führungskraft aus Eigeninteresse und aktiv daran mitwirken, die eigene Balance zu bewahren. Work-Life-Balance ist dabei grundsätzlich individuell. Während ein Mitarbeiter resilienter in Bezug auf Stress und Druck im Job ist, benötigt ein anderer klare Grenzen. Das Bewusstsein um die eigenen Eigenschaften und Grenzen ist ein erster Schritt auf dem Weg, die eigene Work-Life-Balance zu verbessern.

Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten zur Selbstentwicklung:

  • Bewusstes Setzen von beruflichen sowie persönlichen Zielen.
  • Bessere Organisation durch Zeitmanagement-Tools.
  • Klare Kommunikation von Erwartungen und Herausforderungen an Führungskräfte.
  • Regelmäßige Reflexion und Selbstbewertung der eigenen Work-Life-Balance.
  • Aktives Einfordern von flexiblen Arbeitsmodellen oder Gesundheitsförderungsmaßnahmen im Unternehmen. 

Setzen Sie Ihr Unternehmen auf den Prüfstand: Anzeichen für eine gute oder schlechte Work-Life-Balance

Um herauszufinden, ob es in Bezug auf die Work-Life-Balance Verbesserungsbedarf innerhalb Ihres Betriebs gibt, können die folgenden Punkte zielführend sein:

Anhaltspunkte für VerbesserungspotenzialPositive Anzeichen Work-Life-Balance
Haben Ihre Mitarbeiter regelmäßige und lange Videocalls ohne Pausen?Flexible Optionen zur freien Gestaltung der Arbeitszeit.
Werden im Betrieb sehr viele Überstunden angehäuft?In der Mehrheit positive Arbeitnehmer, die ihre Aufgaben gern und motiviert ausführen.
Zeigt sich eine hohe Fluktuation aufgrund Unzufriedenheit?Ein geringer Krankenstand im Unternehmen
Haben Sie im Betrieb nur sehr wenig Programme zur Gesundheitsförderung?Eine unterdurchschnittliche Fluktuationsrate
Bleibt kaum Zeit zur Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Work-Life-Balance?Eine betriebliche Atmosphäre und eine Kommunikationskultur, die ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben fördert.

Die Arbeit an einer ausgewogenen Work-Life-Balance-Strategie ist nicht kurzfristig zu sehen. Vielmehr bedeutet es, einen langen Atem für langfristigen Erfolg zu haben. Unternehmen profitieren in diesem Fall von motivierten, leistungsfähigen und gesunden Mitarbeitern, die effizient, lösungsorientiert und im Sinne der Unternehmensziele arbeiten.

Das fortlaufende Implementieren von Maßnahmen zur Schaffung einer nachhaltigen Work-Life-Balance ist wichtig. Dadurch wird das Unternehmen als noch attraktiverer Arbeitgeber angesehen, der seine Mitarbeiter wertschätzt und schützt.