Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz: Abmahnung & Kündigung?
- Unpünktlichkeit ist Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten
- Wann kann Unpünktlichkeit sanktioniert werden?
- Warum sollten Sie Unpünktlichkeit auf keinen Fall ignorieren?
- 3 Argumente für mehr Pünktlichkeit
- Abmahnung bei Verspätung
- Kündigung bei wiederholtem Fehlverhalten
- Fazit: Zuspätkommer riskieren ihren Job
Unpünktlichkeit ist Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten
Allzu oft wird Unpünktlichkeit hingegen als Kavaliersdelikt betrachtet. Doch genau das ist es im Berufsleben nicht. Das Einhalten der Arbeitszeiten ist eine Nebenpflicht, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Unpünktlichkeit stellt somit eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar und kann zumindest im Wiederholungsfall zur Kündigung führen. Tatsächlich ist Unpünktlichkeit ein klassischer Grund für die verhaltensbedingte Kündigung.
Wie Sie als Arbeitgeber auf Unpünktlichkeit reagieren sollten, hängt immer vom Einzelfall ab. Ein langjähriger Mitarbeiter, der erstmals verschläft und sich aufrichtig entschuldigt, ist sicher kein Grund, sich lange zu ärgern. Der Aufwand einer Abmahnung ist wahrscheinlich nicht gerechtfertigt. Erscheinen Arbeitnehmer jedoch wiederholt unpünktlich zur Arbeit, sollte dies auf jeden Fall angesprochen werden. Das Fehlverhalten können Sie auch mit einer Abmahnung wegen Unpünktlichkeit versehen.
Wann kann Unpünktlichkeit sanktioniert werden?
Voraussetzung für jedwede Art der Sanktionierung ist, dass die Ursache für die Unpünktlichkeit tatsächlich dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Grob gesagt ist das immer dann der Fall, wenn die Ursache in seinem Verantwortungsbereich liegt, wobei dieser Verantwortungsbereich sehr weit zu fassen ist.
Beispiel: Gerät der Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit in einen Stau, weil eine Weltkriegsbombe gefunden wurde, die erst entschärft werden muss, war das für ihn nicht absehbar und die Verspätung kann ihm nicht ursächlich zulasten gelegt werden. Gerät er hingegen in den „normalen“ morgendlichen Pendlerstau und verspätet sich deshalb, ist die Sachlage eine andere. Denn er weiß ja, wann die morgendliche rush hour ist. Immerhin hätte er früher losfahren oder ein alternatives Verkehrsmittel wählen können.
So ist beispielsweise auch das defekte Auto, das nicht anspringen will, keine höhere Gewalt, sondern liegt im Verantwortungsbereich des Angestellten. Kommt es dadurch zu einer einmaligen Verspätung eines ansonsten zuverlässigen Mitarbeiters, kann man sicherlich Nachsicht walten lassen. Ein typischer Fall von “Kann jedem Mal passieren”. Schiebt der Mitarbeiter hingegen regelmäßig sein in die Jahre gekommenes Fahrzeug für unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz vor, ist das sicherlich kein akzeptables und auch kein glaubwürdiges Argument mehr.
Sonderfälle: Nicht beeinflussbare Verspätungen
Zwischenfälle, wie etwa ein Streik bei der Bahn, sind meist schon im Vorfeld bekannt. Anders sieht es mit unvorhersehbaren Ereignissen aus, die nicht beeinflusst werden können. Zwar sieht das Wegerisiko des Arbeitnehmers vor, dass dieser sich zu Pünktlichkeit verpflichtet, jedoch können Ausnahmen eintreten.
Arbeitgeber müssen keinen Lohn für die Zeit auszahlen, in der ein Angestellter aufgrund von vorhersehbaren Vorfällen zu spät kommt, und keine effektive Arbeitsleistung erbringt. Ist eine Verspätung jedoch durch unverschuldete Ereignisse bedingt, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) im § 616 eine gesonderte Handhabung.
Interessant: Arbeitnehmer sind auf ihrem Weg zur Arbeit grundsätzlich durch den § 8 Absatz 2 des SGB VII geschützt, welcher eine gesetzliche Absicherung für den Fall eines Unfalls vorsieht.
Warum sollten Sie Unpünktlichkeit auf keinen Fall ignorieren?
Systematischen Zuspätkommern müssen schon deshalb die Grenzen aufgezeigt werden, um dem Rest der Belegschaft zu signalisieren, dass solch ein Fehlverhalten in Ihrem Unternehmen nicht geduldet wird. Ansonsten könnte die Disziplin bei der gesamten Abteilung einreißen.
Frei nach dem Motto: “Was der darf, darf ich auch.” Sie setzen damit auch ein Zeichen für Gerechtigkeit. Immerhin gelten für alle die gleichen Regeln und die sollten auch eingehalten werden.
Das beginnt schon damit, dass Sie jedem neuen Mitarbeiter Ihre Erwartungshaltung deutlich machen und ihn darauf hinweisen, dass Sie Pünktlichkeit als das ansehen, was es ist: nämlich eine Selbstverständlichkeit. Kommt es zu Verspätungen, reagieren Sie darauf, um sowohl dem Betroffenen als auch seinen Kollegen deutlich zu machen, dass Sie die Verspätung sehr wohl wahrgenommen haben.
Das muss nicht gleich eine Drohung sein. Fragen Sie ruhig, ob es zu Hause Probleme gab. Oder tun Sie es humorvoll, indem Sie dem Mitarbeiter sagen, dass er bei der nächsten Verspätung zum Meeting einen ausgeben muss. Kommt Unpünktlichkeit öfter vor, suchen Sie das persönliche Gespräch unter vier Augen und weisen Sie den Mitarbeiter auf sein Fehlverhalten und Ihren Unmut darüber hin. Meist wirkt bereits das Wunder.
3 Argumente für mehr Pünktlichkeit
Manche Auszubildende sind schon zu Schulzeiten regelmäßig unpünktlich zum Unterricht erschienen. In der Ausbildung setzt sich solches Verhalten dann möglicherweise fort. Das sollten Sie allerdings auf gar keinen Fall dulden. Das Problem: Mit bloßen Worten und Drohungen kommen Sie nicht weit. Sie müssen vielmehr überzeugen. Die folgenden 3 Argumente können Ihnen dabei helfen:
- Sie haben als Ausbilder die Pflicht, den Azubis berufliche Handlungskompetenz zu vermitteln – dazu gehört auch Pünktlichkeit. Wenn Sie das Ziel der Vermittlung beruflicher Handlungskompetenz nicht erreichen können, scheitert die gesamte Ausbildung. Daher sind Sie verpflichtet, die Auszubildenden fortwährend zu Pünktlichkeit aufzufordern, sie zu ermahnen und sie gegebenenfalls abzumahnen. Das bedeutet am Ende auch: Sogar eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit ist möglich.
- Wer ständig unpünktlich ist, zieht den Argwohn seiner Kollegen auf sich. Dadurch verliert er Anerkennung und nimmt in Kauf, dass hinter seinem Rücken über ihn geredet wird. Das alles ist für das Betriebsklima und vor allem für die persönliche Situation eines Auszubildenden schlecht.
- Der Azubi bringt die Abläufe durcheinander. Schließlich ist jeder Azubi ein Bestandteil der gesamten Organisation und – auch wenn für ihn das Lernen und nicht das Arbeiten im Vordergrund steht – des Produktionsprozesses. Er muss daher wie jeder andere Mitarbeiter auch pünktlich sein, damit betriebliche Prozesse nicht ins Stocken geraten.
Folgen des Zuspätkommens
Durch die Verspätung von Mitarbeitern aufgrund von Streiks, Staus oder Wetterbedingungen ergeben sich für die Firma negative Folgen. So müssen Vorgesetzte und die anwesenden Arbeitnehmer eigentlich routinierte Prozesse neu anpassen und verändern, um die gewohnte Effizienz des Unternehmens zu erhalten.
Schwierig ist vor allem der Umgang mit geregelten Öffnungszeiten oder Kundenbesuch. Verantwortliche müssen schnelle Umplanungen vornehmen. Unter Umständen können trotzdem Einbußen entstehen, da beispielsweise kein Personalersatz verfügbar ist.
Die Auswirkungen des Verhaltens eines Mitarbeiters, der regelmäßig zu spät kommt, sind besonders problematisch. Unter Kollegen kann sich durch dieses Benehmen eine unvorteilhafte Stimmung verbreiten, die die Produktivität beeinträchtigt und sich negativ auf das Betriebsklima auswirkt.
Aus diesem Grund sollten Arbeitgeber gegen wiederholte Verspätungen vorgehen und eingreifen, bevor sich die Verhaltensweise eines einzelnen Mitarbeiters auf die Arbeit der Kollegen auswirkt. Verhaltensoptimierungen führen zu einem verbesserten Mitarbeitsklima.
Abmahnung bei Verspätung
Hilft all das nicht oder wollen Sie möglichst frühzeitig den juristischen Weg ebenen, müssen Sie eine Abmahnung aussprechen. Sie ist in aller Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Sie zeigt dem Mitarbeiter die gelbe Karte und droht ihm ernsthafte Konsequenzen an, wenn der das Fehlverhalten nicht unverzüglich abstellt.
Die Abmahnung hat im Wesentlichen drei Funktionen:
1. Ermahnungs-/Rügefunktion
Sie rügen die Unpünktlichkeit des Mitarbeiters klar und deutlich, so dass er die Abmahnung nachvollziehen kann. Dafür muss das Fehlverhalten möglichst detailliert aufgeführt werden. Sammeln Sie die Tage, Uhrzeiten sowie Dauern der jeweiligen Verspätungen und listen Sie diese Daten in der Abmahnung auf.
2. Warn- und Androhungsfunktion
Es reicht nicht, das Fehlverhalten nur aufzuführen, sondern Sie müssen auch deutlich machen, dass Sie nicht gewillt sind, dieses weiter zu dulden. Verdeutlichen Sie dies, indem Sie dem Mitarbeiter im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen (Kündigung) androhen.
3. Dokumentationsfunktion
Um im Falle einer Entlassung die Rechtmäßigkeit der Kündigung beweisen zu können, erfüllt die Abmahnung eine Dokumentationsfunktion. Sie wird vor allem dann relevant, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einlegt.
Die Abmahnung erfolgt in schriftlicher Form
Am besten lassen Sie sich den Erhalt des Schreibens mit Unterschrift quittieren. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man ein Fehlverhalten erst dreimal abmahnen muss, bevor man kündigen kann. Das stimmt aber nicht. Bei grobem Fehlverhalten kann man einmal Abmahnen und im Wiederholungsfall kündigen. Bei kleineren Vergehen sollte man maximal dreimal abmahnen.
Kommt ein Mitarbeiter alle 6 Monate mal 3 Minuten zu spät, dann würde ich sicher dreimal abmahnen. Kommt er aber eine Stunde zu spät und wiederholt sich das – ohne dass der Mitarbeiter sich ausreichend entschuldigen kann, dann würde ich gleich nach dem zweiten Mal verhaltensbedingt kündigen.
Kündigung bei wiederholtem Fehlverhalten
Es handelt sich dabei um eine verhaltensbedingte Kündigung, deren Voraussetzung eine Abmahnung wegen früherem gleichgelagertem Verhalten ist. Aber Achtung: Mit der Zeit verliert eine Abmahnung allerdings ihre Rüge- und Warnfunktion. Sich auch eine 3 Jahre alte oder gar noch Ältere Abmahnung zu berufen, wird wahrscheinlich vor keinem Arbeitsgericht funktionieren. Mahnen Sie im Zweifel lieber einmal zu viel als zu wenig ab.
Achtung: Inflationäre Abmahnungen verlieren Ihre Wirkung! Heißt, mahnen Sie ein Fehlverhalten „immer nur“ ab, dann muss ein Mitarbeiter irgendwann nicht mehr damit rechnen, dass er tatsächlich gekündigt wird. Er kann sich quasi darauf verlassen, dass es eben wieder eine Abmahnung gibt (LAG Rheinland-Pfalz, AZ: 10 Sa 52/09). Darum: Mahnen Sie maximal dreimal ab und überschreiben Sie die letzte Abmahnung mit „Letzte Abmahnung“. Dann weiß der Mitarbeiter: Bis hierher und nicht weiter. Wenn Du dich jetzt nicht zusammennimmst, dann bist Du draußen.
Fazit: Zuspätkommer riskieren ihren Job
Keine Frage: Unpünktlichkeit ist kein Kavaliersdelikt, aber jede Verspätung muss nüchtern und sachlich betrachtet werden. Weder der Vorgesetzte noch die Kollegen sind sauer, wenn ein Mitarbeiter mal verschläft oder er gar unverschuldet zu spät kommt.
Regelmäßige Zuspätkommer jedoch stören nicht nur den Betriebsfrieden, sondern auch den Betriebsablauf. Sie kosten bares Geld, weshalb ihnen die Grenzen aufgezeigt werden müssen. Ab einer bestimmten Toleranzgrenze macht es mehr Sinn sich von einem unpünktlichen Mitarbeiter zu trennen, als sich ständig über ihn zu ärgern. Damit eine Kündigung juristisch haltbar ist, müssen Sie unpünktliche Mitarbeiter rechtzeitig abmahnen.