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Kernarbeitszeit – wie sinnvoll für Unternehmen?

Flexible Arbeitszeiten sind für viele Arbeitnehmer charakteristisch für einen attraktiven Arbeitsplatz. Zugleich erfordert Flexibilität Sorgfalt, um Betriebsabläufe nicht zu stören. Beispielweise kann die Abwesenheit wichtiger Mitarbeiter aufgrund flexibler Arbeitszeiten den Teamablauf signifikant beeinträchtigen. Unternehmen setzen in solchen Fällen häufig auf Kernarbeitszeit, um flexible Arbeitszeitmodelle effizient zu strukturieren. Doch was versteht man darunter? Und was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Dieser Artikel erläutert praxisnah den Begriff Kernarbeitszeit, die Ziele von Kernarbeitszeit und die rechtlich korrekte Einführung und Kommunikation im Unternehmen. Zudem werden Vor- und Nachteile von Kernarbeitszeit aus Arbeitgebersicht herausgestellt.
Inhaltsverzeichnis

Definition: Was versteht man unter Kernarbeitszeit?

Die „Kernarbeitszeit,“ die in vielen Unternehmen auch als Kernzeit bezeichnet wird, ist per Definition ein festgelegter Zeitraum innerhalb eines Arbeitstags, in dem Anwesenheitspflicht für alle Mitarbeiter besteht. Während der Kernarbeitszeit müssen alle Arbeitnehmer, unabhängig von flexibleren Regelungen wie Gleitzeit, anwesend und einsatzbereit sein. Die restliche Arbeitszeit kann variabel gestaltet werden.

Das Modell der Kernarbeitszeit verknüpft Ordnung mit Flexibilität. Es sorgt dafür, dass in vorab definierten Tageszeiten alle Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz tätig sind. Bei erfolgreicher Implementierung profitieren Unternehmen von verbesserter Zusammenarbeit, Planbarkeit und Effizienz. Eine sorgfältige Einführung und klare Regelkommunikation sind maßgeblich für den Erfolg der Kernzeit.

Beispiel: Wie funktioniert das Prinzip der Kernzeit?

Als Beispiel für die Funktionsweise der Kernarbeitszeit dient hier ein Industrieunternehmen aus Niedersachsen. Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wurde zwischen 07.00 Uhr und 18.00 Uhr Gleitzeit vereinbart. Die Gleitzeit berechtigt Mitarbeiter, den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende flexibel zu planen. Innerhalb dieses Rahmens wird ab 01.01.2025 von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr eine Kernarbeitszeit definiert. Dies bedeutet für die Arbeitspraxis der Mitarbeiter:

  • Vor 10.00 Uhr: Arbeitsbeginn flexibel gestaltbar (z. B. zwischen 07.00 und 09.59 Uhr).
  • 10.00 bis 15.00 Uhr: Anwesenheitspflicht.
  • Nach 15.00 Uhr: Arbeitsende flexibel gestaltbar (bis spätestens 18.00 Uhr).

Welches Ziel verfolgt die Kernarbeitszeit?

Die Kernzeit wurde entwickelt, um eine Balance zwischen zeitlicher Flexibilität und betrieblicher Struktur zu schaffen. Der Begriff „betriebliche Struktur“ drückt aus, dass eine organisierte Arbeitsweise notwendig ist, um effizientes und produktives Arbeiten sicherzustellen. Zur betrieblichen Struktur gehört, dass das Unternehmen in wichtigen Phasen auf die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer zurückgreifen kann. Das erleichtert die Planung von Meetings oder die individualisierte Teamarbeit.

Abseits der Kernarbeitszeit können Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten in der Regel flexibel gestalten. Eltern haben die Möglichkeit, ihre Kinder zur Schule zu bringen oder nach Ende der Kernarbeitszeit das Arbeitsende flexibel zu planen. Betriebliche Stoßzeiten, also Phasen mit hohem Arbeitsaufkommen, lassen sich zudem effizienter bewältigen, da alle entscheidenden Personen gleichzeitig arbeiten.

Wie und wo wird die Kernarbeitszeit im Betrieb geregelt?

Die Kernarbeitszeit legt fest, wann Mitarbeiter anwesend sein müssen. Die konkrete Regelung zur Kernarbeitszeit kann auf unterschiedliche Weise geregelt und kommuniziert werden.

  1. Dienstanweisung: Der Arbeitgeber bestimmt die Kernzeit durch eine interne schriftliche oder mündliche Weisung. Eine Dienstanweisung ist arbeitsrechtlich bindend und ermöglicht als Regel eine direkte Reaktion auf betriebliche Erfordernisse.
  2. Betriebsvereinbarung: Hat sich im Unternehmen ein Betriebsrat organisiert, erfolgt die Vereinbarung zur Kernzeit im Austausch mit der Arbeitnehmervertretung. Dabei berücksichtigen beide Seiten die jeweiligen Interessen. Betriebsvereinbarungen zur Kernarbeitszeit sind in diesem Fall ein Kompromiss zwischen den Unternehmensanforderungen und den Mitarbeiterbedürfnissen.
  3. Arbeitsvertrag: In manchen Fällen definieren Arbeitsverträge Kernarbeitszeiten individuell. Die Vertragsparteien treffen bei der Einstellung spezielle individualvertragliche Abmachungen. Eine arbeitsvertragliche Festlegung der Kernzeiten bietet Mitarbeitern Klarheit über ihre tägliche Arbeitszeit und Anwesenheitspflicht.

Wie lang darf die Kernarbeitszeit sein?

Der Arbeitgeber legt die Kernarbeitszeit fest, da gesetzliche Vorschriften zur Kernarbeitszeit fehlen. Generell gilt, dass die Kernarbeitszeit maximal 75 % der vereinbarten täglichen Arbeitszeit betragen sollte, um genügend Flexibilität zu ermöglichen. Ansonsten verliert die Gleitzeit an Bedeutung und es handelt sich um herkömmliches, starres und nicht um ein flexibles Arbeitszeitmodell. Bei einer Vollzeitbeschäftigung mit 8 Stunden sollte die Kernzeit maximal 6 Stunden pro Tag betragen.

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) begrenzt die maximale tägliche Arbeitszeit im § 3 ArbZG auf 8 Stunden pro Tag. Die Arbeit kann unter bestimmten Bedingungen auf 10 Stunden ausgeweitet werden. In Bereichen wie dem Gesundheitswesen oder der Produktion kann die Kernarbeitszeit in Ausnahmefällen bis zu 10 Stunden betragen.Dies muss jedoch durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen geregelt sein.

Kernarbeitszeit am Beispiel Audi: Kernarbeitszeit von 08:30 – 15:00 Uhr

Welche Folgen drohen bei Verstoß gegen die Kernarbeitszeit?

Mitarbeiter, die die Kernarbeitszeit wiederholt nicht einhalten, riskieren eine mündliche und schriftliche Abmahnung. Im Wiederholungsfall und bei häufigen Verstößen gegen die Kernarbeitszeit ist eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Diese beendet das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Verstoßes gegen vertragliche Pflichten.

Aus Arbeitgebersicht ist es wichtig, die genauen Gründe für das Nichteinhalten der Kernarbeitszeit zu kennen. Unverschuldetes und nachweisbares Fehlen, etwa durch Staus oder Zugverspätungen, erfordert das Verständnis des Arbeitgebers, da äußere Umstände den Mitarbeiter beeinflussen. Hier kann vor allem an den Arbeitnehmer appelliert werden, noch besser zu planen und Zeitpuffer für die Anreise zum Arbeitsplatz einzubauen.

Tatsächliche Verstöße und unangemeldetes Fehlen stören die betrieblichen Abläufe erheblich. Da die Produktivität des Teams leiden kann, sollten solche Störungen konsequent geahndet werden. Das frühzeitige Gegensteuern ist wichtig, um nicht andere Mitarbeiter zu motivieren, ebenfalls lax mit den Arbeitszeiten umzugehen. 

Ein strukturiertes Zeiterfassungssystem erleichtert die präzise Dokumentation von Verstößen. Es erfasst die Arbeitszeiten strukturiert und bietet Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine klare Übersicht über Arbeitszeiten und nicht genehmigte Abweichungen von der Kernzeit.

Was sind die Vorteile von Kernarbeitszeit?

Die Einführung einer Kernarbeitszeit hat aus Sicht des Arbeitgebers diverse Vorteile:

  • Effizienzsteigerung: Da alle Mitarbeiter in der für die Produktivität wichtigen Kernzeit anwesend sind, lassen sich Meetings und Teambesprechungen unkompliziert planen. Dies erhöht die betriebliche Schlagkraft.
  • Höhere Produktivität: Durch eine klare Strukturierung können betriebliche Stoßzeiten, beispielsweise Zeiten mit erhöhtem Kundenkontakt, besser bewältigt werden.
  • Attraktivität als Arbeitgeber: Kernzeiten in Kombination mit flexiblen Arbeitszeitmodellen können die Work-Life-Balance steigern und das Employer Branding erhöhen.

Was sind die Nachteile einer Kernarbeitszeit?

Eine Kernarbeitszeit kann aus Arbeitgebersicht auch Nachteile haben, die berücksichtigt werden müssen:

  • Eingeschränkte Flexibilität: Im Vergleich zur Gleitzeit kann die Kernzeit als weniger flexibel wahrgenommen werden. Dies kann vor allem für junge Arbeitnehmer abschreckend wirken und den Arbeitsplatz weniger attraktiv erscheinen lassen.
  • Höherer Verwaltungsaufwand: Unternehmer müssen Zeitvorgaben und mögliche Verstöße gegen die Kernarbeitszeit kontrollieren, was zusätzliche innerbetriebliche Ressourcen bindet.
  • Teilzeitkräfte: Kernzeiten sind in vielen Fällen nicht mit den kürzeren Zeitkontingenten von Teilzeitarbeitskräften kompatibel, sodass für Teilzeitmitarbeiter individuelle Regelungen gefunden werden müssen.

Ein sorgfältiges Abwägen der genannten Vor- und Nachteile hilft Unternehmen objektiv zu entscheiden, ob eine Kernarbeitszeitregelung im Betrieb sinnvoll ist.

Wie sinnvoll ist die Einführung einer Kernarbeitszeit für Unternehmen?

Viele Unternehmen profitieren von der Einführung von Kernarbeitszeiten. Dies gilt insbesondere, wenn im Unternehmen ein hoher Abstimmungsbedarf zwischen verschiedenen Teams und cross-funktionale Zusammenarbeit gefordert ist. Meetings und Kundenkontakte finden mit Kernarbeitszeit effizienter in festgelegten Zeitfenstern statt.

Kleine Unternehmen oder Start-ups profitieren im Gegensatz eher von freieren Modellen wie der Vertrauensarbeitszeit. Vor allem in kreativen Berufen oder Betrieben, in denen Entscheidungswege kurz und flexibel sind, ist die Einführung einer Kernarbeitszeit selten notwendig.

FAQ zum Thema Kernarbeitszeit

Bei der Kernarbeitszeit legt das Unternehmen eindeutige Anwesenheitszeiten fest. Bei der Vertrauensarbeitszeit hingegen dürfen Arbeitnehmer ihren Tagesablauf im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen selbstständig organisieren.
Bei Remote Work und im Homeoffice können Mitarbeiter ebenfalls verpflichtet werden, in der Kernarbeitszeit zu arbeiten. Sie müssen während der Kernarbeitszeit per Videocall, E-Mail oder Telefon erreichbar sein.
Da Teilzeitkräfte häufig weniger als die Kernarbeitszeit arbeiten, sind für sie festgelegte Kernzeiten unpraktisch. Für Teilzeitkräfte sollten aus diesem Grund individuelle und praktikable Lösungen gefunden werden.