Arbeitszeitkonto: Aufbau, Muster sowie Vor- und Nachteile
- Definition: Was ist ein Arbeitszeitkonto?
- Ist ein Arbeitszeitkonto Pflicht?
- Welche Vorteile hat ein Arbeitszeitkonto?
- Darf der Arbeitgeber jederzeit ein Arbeitszeitkonto einführen?
- Wer darf das Arbeitszeitkonto einsehen?
- Wie ist ein Arbeitszeitkonto aufgebaut?
- Wann und wie muss ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden?
- Was passiert mit dem Arbeitszeitkonto bei Kündigung?
- Welche Softwarelösung für Arbeitszeitkonto eignet sich?
- FAQ – Antworten zum Arbeitszeitkonto
Definition: Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Ein Arbeitszeitkonto vergleicht vereinfacht ausgedrückt die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten, die als Sollstunden bezeichnet werden, mit den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (Ist-Stunden). Der Saldo des Arbeitszeitkontos zeigt Arbeitnehmer und Arbeitgebern, ob die vereinbarten Stunden erreicht wurden.
Ein Arbeitszeitkonto kann ausgeglichen sein, wenn die vereinbarten Arbeitsstunden geleistet wurden. Minusstunden entstehen, wenn weniger Arbeitsstunden erbracht wurden, als vertraglich festgesetzt sind. Plusstunden und ein Zeitguthaben werden vor allem dann generiert, wenn viele Überstunden im Betrieb anfallen. Zeiten, in denen ein Mitarbeiter krank war und der gesetzliche Erholungsurlaub gelten als Arbeitszeit. Der Begriff Stundenkonto wird häufig als Synonym für das Arbeitszeitkonto verwendet.
Ist ein Arbeitszeitkonto Pflicht?
Es gibt keine gesetzliche Pflicht zur Führung von Arbeitszeitkonten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer legen frühzeitig bei der Vertragsverhandlung zum Arbeitsvertrag fest, wie sie in Bezug auf die Arbeitszeit zusammenarbeiten möchten. Regelungen zum Arbeitszeitkonto werden aus diesem Grund im Detail im Arbeitsvertrag verankert werden. Wünschen Unternehmen kein Arbeitszeitkonto steht das Modell der Vertrauensarbeitszeit als Alternative zur Verfügung.
Mit der Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gewinnt das Arbeitszeitkonto jedoch wieder an Bedeutung. Denn im Urteil 35/22 vom 13.09.2022 wurde festgelegt: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, empfiehlt sich daher die Einführung von Arbeitszeitkonten als ein solches Zeiterfassungssystem.
Welche Vorteile hat ein Arbeitszeitkonto?
Das Management schätzt Arbeitszeitkonten in der Regel sehr, weil diese die Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit steigern und der HR-Abteilung mehr Flexibilität bei der Verwaltung der Belegschaft einräumen. Weitere Vorteile sind:
- Höhere Mitarbeiterzufriedenheit: Eine erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit ergibt sich durch die verbesserte Kontrolle der Mitarbeiter über ihre Arbeit. Können Mitarbeiter in Teilen eigenverantwortlich über die Arbeitszeit bestimmen, führt dies zu einer erhöhten Identifikation mit dem Unternehmen.
- Gesteigerte Produktivität: Arbeitszeitkonten ermöglichen es den Beschäftigten, produktiver zu sein und Aufgaben mit größerer Geschwindigkeit und Effizienz zu erledigen. Der Arbeitgeber erhält ein besseres Verständnis über die Gesamteffizienz im Unternehmen und kann Aufgaben zielgerichteter zuweisen.
- Geringere Arbeitskosten: Arbeitszeitkonten können die Arbeitskosten senken, da Überstunden seltener ausbezahlt werden müssen. Arbeitgeber können gleichzeitig sicherstellen, dass Mitarbeiter Work-Life-Balance-Ziele einhalten und gleichzeitig ihre Produktivitätsziele erreichen.
- Flexible Zeitplanung: Durch das Angebot eines Arbeitszeitkonto-Systems können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern flexible Zeitplanungsoptionen bieten, die ihren individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten am besten entsprechen.
- Einfachere Nachverfolgung von Stunden: Digitale Arbeitszeitkonten erleichtern die Nachverfolgung und Abrechnung von geleisteten Arbeitsstunden, Überstunden und Urlaubs- und Fehlzeiten eines Mitarbeiters.
Welche Nachteile haben Arbeitszeitkonten?
Leider bieten Arbeitszeitkonten nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile – Punkte, die Arbeitgeber stets vor Implementierung berücksichtigen sollten.
- Hohe Implementierungskosten: Digitale Zeiterfassungssysteme können initial kostenintensiv sein, da für die Anschaffung und Schulung finanzielle Mittel eingesetzt werden müssen. Installation und Wartung können ebenfalls zeitintensiv sein. Der hohe Nutzen von Arbeitszeitkonten rechtfertigt gleichzeitig den Aufwand.
- Möglicher Missbrauch von Arbeitszeitkonten: Arbeitszeitkonten können, ähnlich wie andere digitale Systeme missbraucht werden. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn Arbeitnehmer versuchen, ihre flexiblen Zeitplanungsoptionen auszunutzen, indem sie ihre geleisteten Arbeitsstunden nicht korrekt erfassen. Moderne digitale Systeme bieten gleichzeitig viele Optionen, um Missbrauch auszuschließen.
- Probleme mit der Genauigkeit: Es kann eine Herausforderung darstellen, genaue Aufzeichnungen in einem Arbeitszeitkontensystem zu führen, da es dem Mitarbeiter obliegt, seine Arbeitsstunden und Abwesenheiten korrekt in das System einzugeben oder sich korrekt ein- und auszustempeln.
- Schwierigkeiten bei der Verfolgung der Produktivität: Da der Schwerpunkt bei Arbeitszeitkonten auf den geleisteten Arbeitsstunden und nicht auf den erledigten Aufgaben liegt, ist ein Arbeitszeitkonto nicht in jedem Fall ideal für die Überwachung der Mitarbeiterproduktivität.
- Potenzielle rechtliche Herausforderungen: Bei der Zeiterfassung arbeiten Unternehmen mit personenbezogenen Daten der Mitarbeiter. Arbeitgeber könnten rechtlich haftbar gemacht werden, wenn sie die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der genauen Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden und der gezahlten Löhne oder in Bezug auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht einhalten.
Darf der Arbeitgeber jederzeit ein Arbeitszeitkonto einführen?
Nein, der Arbeitgeber hat nicht das Recht, einfach ein Arbeitszeitkonto in seiner Abteilung oder seinem Betrieb zu implementieren. Denn für die Einführung eines Kontos für die Arbeitszeit ist eine vertragliche Basis erforderlich – und zwar etwa:
- im Abeitsvertrag,
- in einem Tarifvertrag oder
- in einer Betriebsvereinbarung erforderlich.
Ohne eine solche Betriebsvereinbarung ist das Führen von Arbeitszeitkonten nicht rechtmäßig! Der Grund: Mit einem Konto für die Arbeitszeit geht in der Regel auch die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden einher.
Wer darf das Arbeitszeitkonto einsehen?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten zu jeder Zeit Zugriff auf die dokumentierten Arbeitszeiten im Arbeitszeitkonto haben. Eine klare Regelung zur Verfügbarkeit der Einsicht ist unerlässlich. Ausschließlich der Arbeitnehmer sowie zuständige Mitarbeiter aus der Abteilung HR sowie der direkte Vorgesetzte sollten Zugang zum Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters haben.
Wie ist ein Arbeitszeitkonto aufgebaut?
Ein Arbeitszeitkonto enthält im oberen Teil die personenbezogenen Daten des Mitarbeiters, beispielsweise seine Personalnummer, den Namen und andere wichtige Informationen. Ebenfalls wird im Arbeitszeitkonto aufgeführt, wie hoch der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters im aktuellen Jahr ist und wie viele Tage Erholungsurlaub aus dem letzten Jahr übernommen werden. Ebenso wird im Arbeitszeitkonto ein möglicher Übertrag an Arbeitsstunden aus dem letzten Kalenderjahr dargestellt.
Im unteren Teil werden für jeden Monat eines Kalenderjahres die Sollstunden und Ist-Stunden aufgelistet. Die Differenz an Minus- oder Plusstunden wird in der Tabelle ebenso aufgeführt, wie der Stand des Urlaubskontos.
Beispiel für ein Arbeitszeitkonto in Tabellenform
Name des Mitarbeiters: | Heinz Mustermann / Personalnummer 1234 | ||||
Kalenderjahr: | 2023 | ||||
Stundenkonto Übertrag: | 25 Arbeitsstunden | ||||
Urlaubsanspruch Kalenderjahr: | 30 Arbeitstage | ||||
Urlaubsanspruch Übertrag: | 5 Arbeitstage | ||||
Monat | Soll-Stunden | Ist-Stunden | Differenz | Urlaub genommen | Stand Urlaubskonto |
Januar 2023 | 168 | 170 | +27 | 0 | 35 |
Februar 2023 | 168 | 151 | +10 | 5 | 30 |
März 2023 | 168 | 168 | +10 | 0 | 30 |
Können Arbeitszeitkonten bei Mini-Jobs geführt werden?
Für geringfügig Beschäftigte Mitarbeiter gibt es ebenfalls die Möglichkeit, Arbeitszeitkonten zu führen. Dies ist für Arbeitgeber vor allem vor dem Hintergrund interessant, das Mini-Jobs durch ihre Flexibilität an Attraktivität gewinnen.
Arbeiten Minijobber mit einem Arbeitszeitkonto, darf deren Verdienst nicht mehr als 538 Euro pro Monat betragen. Ausschließlich in diesem Fall ist das Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei und für den Arbeitgeber steuerbegünstigt. In der Jahressicht darf das Arbeitsentgelt aktuell aus diesem Grund einen Wert von 6.456 Euro nicht überschreiten (538 Euro * 12).
Um ein Arbeitszeitkonto für einen geringfügig Beschäftigten zu realisieren, müssen Arbeitgeber zwingend den Arbeitslohn pro Stunde festlegen. Hierbei muss der Lohn am gesetzlichen Mindestlohn orientieren, der 2024 auf 12.41 Euro pro Stunde erhöht wurde. Wurde der Stundenlohn festgelegt, kann die Sollstundenzahl pro Monat errechnet werden.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) begrenzt in § 2 Arbeitszeitkonten für Mini-Jobber. Der Gesetzgeber legt fest, dass die auf dem Arbeitszeitkonto gespeicherten Arbeitsstunden monatlich nicht mehr als 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit übersteigen dürfen. Diese Begrenzung gilt, wenn ein Mitarbeiter den Mindestlohn erhält. Bei einem höheren Verdienst darf er mehr Plusstunden aufbauen.
Wann und wie muss ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden?
Abhängig vom Modell des Arbeitszeitkontos bestehen unterschiedliche Verpflichtungen des Arbeitnehmers, das Arbeitszeitkonto auszugleichen. Bei einem Lebensarbeitszeitkonto, dass langfristig ausgerichtet ist, sind die Bestimmungen anders als bei einem Kurzzeitkonto.
Aus rechtlicher Sicht ermöglichen es Arbeitszeitkonten den Arbeitnehmern, unbezahlte Arbeiten zu kompensieren. Sie erhalten auf Basis ihres Arbeitsvertrags ein festes Arbeitsentgelt, das auf einer bestimmten Stundenzahl basiert und im Vorfeld gezahlt wird. Die später geleistete Arbeitszeit kann von dem vorausbezahlten Entgelt abweichen und als Guthaben oder Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto verrechnet werden.
Was passiert bei Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto?
Die üblichen Schwankungen in der Wochenarbeitszeit werden auf dem Arbeitszeitkonto erfasst. Minusstunden können später durch Mehrarbeit ausgeglichen werden, solange dies im Vertrag festgehalten ist. Wenn der Arbeitnehmer gegen vertragliche Vereinbarungen verstößt, indem er zu viele Minusstunden ansammelt oder diese innerhalb des definierten Ausgleichszeitraums nicht nacharbeitet, darf der Arbeitgeber die Fehlzeiten vom Lohn abziehen.
Was passiert bei Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto?
Abhängig vom Arbeitszeitkonto können die gesammelten Überstunden entweder als Ausgleich für Freizeit genutzt oder ausgezahlt werden. In vielen Unternehmen mit Arbeitszeitkonten werden Überstunden bis zu einem Limit von 150 Stunden angesammelt, was nahezu einem Vollzeitarbeitsmonat entspricht.
Unternehmen steht es frei, alternative Modelle zu wählen, die besser zum Unternehmen passen und mit den Beschäftigten andere Vereinbarungen zu Plusstunden zu treffen.
Was passiert mit dem Arbeitszeitkonto bei Kündigung?
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung kann Zeitguthaben, das durch überzählige Plusstunden entstanden ist, entweder mit Freizeit ausgeglichen oder ausbezahlt werden. Bei einem Arbeitszeitkonto mit Minusstunden kann im Einzelfall der Lohn des Mitarbeiters gekürzt werden, wenn nachweisbar ist, dass der Beschäftigte für die Minusstunden verantwortlich ist.
Welche Softwarelösung für Arbeitszeitkonto eignet sich?
Ein Arbeitszeitkonto kann per Excel oder mit einer speziellen Software im Unternehmen eingeführt werden.
Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen verwenden Microsoft Excel als kostenloses und flexibles Zeiterfassungssystem für Arbeitszeitkonten. Microsoft Excel bietet umfangreiche Möglichkeiten und Vorlagen, mit denen Arbeitnehmer simpel und selbstständig ihre Zeiterfassung durchführen können.
Ein wesentlicher Nachteil von Excel besteht darin, dass das System nicht automatisiert und aus diesem Grund fehleranfällig ist. Typische Probleme bei der Eingabe von Daten oder bei der Kalkulation der Plusstunden und Minusstunden sind fehlerhafte Einträge und falsche Formatierungen, die zu Ungenauigkeiten und Abweichungen führen. Durch die Intransparenz der Arbeitszeiterfassung in Excel kann Misstrauen in der Belegschaft entstehen.
Vor allem für größere Unternehmen ist es aus diesem Grund sinnvoll, spezifische Software zur Arbeitszeiterfassung einzusetzen, die flexibel, transparent und automatisiert eingesetzt werden kann, um Arbeitsstunden lückenlos und systematisch zu erfassen.
FAQ – Antworten zum Arbeitszeitkonto
Noch Fragen? Wir liefern Ihnen in unserem FAQ noch einmal alle Antworten auf die häufigsten Fragen zum Arbeitszeitkonto.