Infografik über die Konsequenzen eines Arbeitszeitbetrugs des Arbeitnehmers.

Arbeitszeitbetrug: Wann liegt ein Betrug vor? Beispiele & Muster für Abmahnung

Arbeitszeitbetrug: Wann liegt ein Betrug vor? Beispiele & Muster für Abmahnung Ein Arbeitszeitbetrug ist kein harmloses Vergehen. Wenn der Arbeitnehmer mit betrügerischer Absicht handelt und eine falsche Arbeitszeit aufschreibt, drohen ihm nach deutschem Arbeitsrecht schnell empfindliche Strafen. Insbesondere, wenn dem Arbeitgeber dadurch ein Schaden entsteht, weil der Arbeitnehmer weniger gearbeitet hat. In unserem Leitfaden erläutern wir die Voraussetzungen eines Arbeitszeitbetrugs und zeigen Beispiele auf. Wie soll und wie darf der Arbeitgeber darauf reagieren? Und wie kann er Beweise sammeln, um den Betrug seines Mitarbeiters zu belegen?
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Arbeitszeitbetrug?

Unter Arbeitszeitbetrug versteht man das bewusste Vortäuschen von geleisteter Arbeit bzw. Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer gibt demnach wider besseres Wissen vor, zu einer bestimmten Zeit seiner Arbeitspflicht gemäß Arbeitsvertrag nachgekommen zu sein.

Wann liegt ein Arbeitszeitbetrug vor?

Ein Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die Absicht hatte, den Arbeitgeber über die geleistete Arbeitszeit zu täuschen und dennoch das komplette Gehalt zu erhalten – dabei jedoch weniger zu arbeiten.

Macht der Arbeitnehmer diesbezüglich bewusst falsche Angaben, handelt er in arbeitsrechtlicher Hinsicht mit betrügerischer Absicht. Ein Arbeitszeitbetrug ist dabei bereits mit Beginn der Täuschung gegeben.

Wann liegt in der Regel kein Arbeitszeitbetrug vor?

Erscheint der Arbeitnehmer mal verschuldet oder unverschuldet zu spät zur Arbeit, so liegt darin zwar bereits eine vertragliche Pflichtverletzung. Solche kleineren Arbeitszeitverstöße werden jedoch ähnlich wie das einmalige Überziehen einer Pausenstunde nicht weiter beanstandet.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich auch kleinere Verfehlungen nicht zu oft wiederholen und die verpasste Arbeitszeit nachgeholt wird.

In der Regel werden derartige Abweichungen von der Norm zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter unkompliziert geregelt werden können. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der Arbeitgeber um diese Arbeitszeit bewusst, d. h. absichtlich oder mutwillig, betrogen wird.

Beispiele für Arbeitszeitbetrug

Der Arbeitszeitbetrug umfasst viele verschiedene Aktivitäten, anhand derer der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über die Arbeitszeit täuschen kann. Neben den bereits erwähnten kleineren Vergehen wie z. B. das einmalige Zuspätkommen oder eine eigenmächtig verlängerte Pause fallen andere Beispiele dagegen mehr ins Gewicht:

  • mehrmaliges bzw. regelmäßiges nicht angezeigtes Zuspätkommen zur Arbeit
  • nicht gemeldete Pausen
  • Arbeitnehmer betätigt sich privat am Arbeitsplatz, z. B. durch Internetnutzung, private Telefonate
  • bewusster Missbrauch der Zeiterfassung
  • Fahrtzeiten werden nicht korrekt angegeben bzw. abgerechnet
  • Aufschreiben nicht gearbeiteter Stunden, Missbrauch bei Stempelkarten (bei Zeiterfassung)
  • Vortäuschen von Arbeitszeit im Homeoffice oder Außendienst
  • unentschuldigtes Fehlen im Unternehmen

Es liegt auf der Hand, dass die Umstände des Einzelfalls darüber entscheiden, ab wann man von einer Täuschung durch den Arbeitnehmer sprechen kann. So ist beim Homeoffice nicht gleich jedes Entfernen vom Schreibtisch als Arbeitszeitbetrug zu werten. Wenn der Arbeitnehmer jedoch länger das Haus verlässt, um Erledigungen zu tätigen, während er dafür Arbeitszeit berechnet, so ist der Fall leichter zu beurteilen.

Wie darf der Arbeitgeber auf den Arbeitszeitbetrug reagieren?

Liegt ein echter Arbeitszeitbetrug mit Vorsatz vor, der sich deutlich von einer kleineren Verfehlung unterscheidet, so muss sich der Arbeitgeber relativ wenig gefallen lassen. Denn der Arbeitszeitbetrug zieht folgenschwere Konsequenzen nach sich und hat mitunter sogar strafrechtlichen Charakter. Schließlich wurde bei der beabsichtigten Täuschung mit messbarem Schaden beim Arbeitgeber ein tatsächlicher Betrug begangen.

Da das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitszeitbetrug entschieden gestört wird, hat der Arbeitgeber mehrere Optionen, um sich gegen den arbeitsrechtlichen Verstoß zur Wehr zu setzen. Er kann je nach Fall zwischen einer Abmahnung und einer ordentlichen Kündigung wählen. Auch eine fristlose Kündigung kommt in Betracht.

Abmahnung – sinnvoll bei einzelnen Arbeitszeitbetrügen

Hat der Arbeitszeitbetrug lediglich überschaubare Auswirkungen auf den entstandenen Schaden, sodass ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis zukünftig fortgeführt werden kann, kann der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter abmahnen. Dabei sollte dessen Fehlverhalten besprochen werden, der Arbeitgeber fordert ihn ausdrücklich auf, ähnliche Handlungen zu unterlassen. Anderenfalls kann der Arbeitgeber gezwungen sein, die Kündigung auszusprechen.

Ordentliche Kündigung – bei geschädigtem Vertrauensverhältnis durch Arbeitszeitbetrug

Ist das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Arbeitgebers gänzlich zerrüttet, ist eine Kündigung die letzte Möglichkeit, auf den Arbeitszeitbetrug angemessen zu reagieren. Dabei kommt eine (ordentliche) verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, die aufgrund der besonderen Umstände nicht immer eine vorherige Abmahnung voraussetzt. Denn der Arbeitnehmer ist ob der beabsichtigten Verfehlung arbeitsrechtlich nicht als schützenswert anzusehen.

Fristlose Kündigung – nur bei klarer Täuschungsabsicht und Schaden

Will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden, kann er bei begangenem Arbeitszeitbetrug auch eine fristlose Kündigung aussprechen. Der erforderliche „wichtige Grund“ ist problemlos in der Täuschungsabsicht mit entstandenem Schaden zu sehen.

Der Vorteil für den Arbeitgeber: Er muss den in Ungnade gefallenen Arbeitnehmer nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beschäftigen und bezahlen.

Muster: Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrug

Adresse Arbeitgeber

Adresse Arbeitnehmer

Ort Datum

Sehr geehrte(r) Frau/Herr xxx (Name Arbeitnehmer),

leider mussten wir feststellen, dass Sie die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit wiederholt missachtet haben und somit Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind.

So konnte Ihr Abteilungsleiter xxx (Name) in mehreren Fällen feststellen, dass Sie deutlich vor Arbeitsende Ihren Arbeitsplatz verlassen haben, ohne die entgangene Arbeitszeit nachzuarbeiten. Darüber hinaus haben Sie in drei Fällen die Pause um jeweils mehr als 15 Minuten überzogen.

Wir bedauern es sehr, dass wir Ihnen aus den genannten Gründen eine Abmahnung aussprechen und Sie darauf hinweisen müssen, derartige Arbeitszeitverstöße in Zukunft gänzlich zu unterlassen. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, das bestehende Arbeitsverhältnis per fristloser Kündigung zu beenden.

Dieses Schreiben findet als Kopie Eingang in Ihre Personalakte finden.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Arbeitgeber

Unterschrift Arbeitnehmer Abmahnung erhalten am:

Nachweispflicht: Wie kann man Arbeitszeitbetrug belegen?

Wenn der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter einen Arbeitszeitbetrug vorwirft, hat er meist die entsprechenden Nachweise zur Hand. Denn nur mit stichhaltigen Beweisen kann er den Betrug nachweisen. Doch wie gelangt der Arbeitgeber an die Nachweise?

Der wohl offensichtlichste Fall eines Arbeitszeitbetrugs ist das Ertappen auf frischer Tat. Fällt der Arbeitnehmer damit auf, dass er z. B. bei einem Zeiterfassungssystem falsche Ein- oder Auslogzeiten angibt, kann ihm seine Tat noch vor Ort nachgewiesen werden. Ähnlich exakt kann die tatsächliche Arbeitszeit überprüft werden, wenn der Mitarbeiter dauerhaft zu spät an seinem Arbeitsplatz erscheint.

Etwas schwieriger wird es für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht im Unternehmen selbst verrichtet. So ist die Einhaltung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitsstunden z. B. im Homeoffice schlicht nicht überprüfbar. Verlässt der Arbeitnehmer jedoch sein Homeoffice zu den vereinbarten Arbeitszeiten, um private Erledigungen zu tätigen, könnte man dies u. U. nachweisen und „ahnden“.

Geht es dagegen darum, die Arbeit des Mitarbeiters inhaltlich überprüfen zu wollen, muss der Arbeitgeber beim Einsatz von entsprechender Software darauf achten, dabei nicht die Vorschriften des Datenschutzes zu umgehen.

Wie kann man Arbeitszeitbetrug vorbeugen?

Zunächst sollten die geltenden Richtlinien im Unternehmen zur Arbeitszeit klar und verständlich besprochen und letztendlich auch vertraglich festgehalten werden. Parallel dazu bietet es sich an, das allgemeine Arbeitsklima offen und kommunikativ zu gestalten, sodass Missverständnisse schneller vermieden werden können.

Zur Überprüfung der einzuhaltenden Arbeitszeiten eignen sich vor allem Zeiterfassungssysteme. Diese sind zum Teil so ausgestaltet, dass sich der Einzelne beim Ein- und Ausloggen zu erkennen geben muss, ohne manipulieren zu können. Ob die Arbeit zu den festgelegten Arbeitszeiten auch wirklich geleistet wird, ergibt sich sodann über weitere Kontrollen. Besteht trotz regelmäßiger Überprüfungen der Verdacht auf Arbeitszeitbetrug, kann die Beauftragung eines Detektivs eine Option darstellen.

Urteile aus der Praxis: Was sagt die Rechtsprechung zum Thema Arbeitszeitbetrug?

Auch wenn faktisch ein Arbeitszeitbetrug zu bejahen wäre, sind die Gesamtumstände des Falls mit zu berücksichtigen. Zwei Praxis-Fälle und ihre Urteile zeigen, wann in der Rechtsprechung Arbeitszeitbetrüge vorliegen:

Fall 1: Keine fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug ohne Abmahnung

Verlässt beispielsweise ein Mitarbeiter mehrfach das Firmengelände, aber nur für kurze Zeiträume und in der Gesamtsumme nicht länger als eine Stunde, muss darauf abgezielt werden, worin der messbare Schaden beim Arbeitgeber liegt. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13.06.2012 – Az. Sa 407/12) verneinten die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Hauptgrund war hier der Umstand, dass der Mitarbeiter ohnehin bis zu zehn Überstunden abzuleisten hatte. Das Gericht erkannte den Schaden des Arbeitsgeber durch den vermeintlichen Arbeitszeitbetrug nicht an und lehnten die Kündigung ab.

Fall 2: Widersetzung gegen Pflicht zur Zeiterfassung erlaubt Kündigung

In einem anderen Fall wurden dem Mitarbeiter nicht genehmigte Raucherpausen zum Verhängnis. Diese waren nämlich Bestandteil einer Betriebsanweisung, sodass ihm aus Sicht des LAG Rheinland-Pfalz zu Recht gekündigt wurde, nachdem er sich der Pflicht zur Zeiterfassung durch das regelmäßige Abstempeln widersetzt hatte.

FAQ zum Arbeitszeitbetrug

Noch Fragen? Dann werfen Sie einfach einen Blick in das nachfolgende FAQ zum Thema Arbeitszeitbetrug. Hier beantworten wir Ihnen weitere relevante Fragen.

Unter einem Arbeitszeitverstoß versteht man im Arbeitsrecht kleinere Vergehen, wonach der Arbeitnehmer überwiegend versehentlich gegen die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstößt (z. B. durch einmaliges Zuspätkommen oder Überziehen einer Pause). Ein Arbeitszeitbetrug verlangt hingegen Täuschungsabsicht, die zu einem wirtschaftlichen Schaden beim Arbeitgeber führt.
Auch wenn es für den Arbeitgeber schwierig ist, den Arbeitszeitbetrug im Homeoffice zu überprüfen und nachzuweisen, kann sich der Arbeitnehmer dennoch schuldig machen. So etwa, wenn private Telefonate geführt werden oder das Haus während der Arbeitszeit verlassen wird, um Einkäufe zu tätigen.
Leistet sich der Arbeitnehmer eine einzige Raucherpause zu viel oder wird diese zu sehr ausgedehnt, liegt sicherlich noch kein Arbeitszeitbetrug vor. Wurde der Arbeitnehmer allerdings jedoch bereits mehrmals wegen eines solchen Vergehens am Arbeitsplatz abgemahnt, kann auch eine Raucherpause als Betrug gewertet werden.
In diesen Fällen kommt es entscheidend auf den beim Arbeitgeber entstandenen Schaden an. Ist ein solcher zudem beabsichtigt, da der Arbeitnehmer bewusst eine Täuschung über seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit begeht, können auch Kaffeepausen und Toilettengänge als Arbeitszeitbetrug gewertet werden. Dies muss aber je nach Einzelfall beurteilt werden, insbesondere die Anzahl der Fehlminuten oder -stunden inklusive bereits erhaltener Abmahnungen dürften für die Bejahung eines Betruges mitentscheidend sein.
Ja, auch Arbeitgeber können einen Betrug begehen – gegenüber Mitarbeitern und Finanzbehörden. Im ersten Fall kann dies dazu führen, dass der Arbeitgeber gegen die Arbeitszeiterfassung verstößt, um Gehälter zu senken oder tatsächlich geleistete Überstunden nicht vergüten zu müssen. Gibt der Arbeitgeber dagegen gegenüber dem Finanzamt eine geringere Arbeitszeit an, um Steuern einzusparen, kann er sich gar wegen Steuerhinterziehung strafbar machen.