Das müssen Sie als Arbeitgeber über den Tarifvertrag wissen

Das müssen Sie als Arbeitgeber über den Tarifvertrag wissen

Wer in der Personalabteilung tätig ist, kommt nicht selten mit geltenden Tarifverträgen in Berührung. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über das breit gefächerte Thema der Tarifvertrag: Von der Definition über die Relevanz bis hin zum Geltungsbereich.
Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Tarifvertrag?

Den notwendigen gesetzlichen Rahmen für einen Tarifvertrag steckt das Tarifsvertragsgesetz (TGV). Die erste Fassung des Gesetzes existiert bereits seit dem Jahr 1949 – also seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Direkt im ersten Paragrafen werden der Sinn und die Inhalte von Tarifverträgen geregelt:

„1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.“

Mit dem Abschluss eines Tarifvertrags gelten also sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer bestimmte Regelungen. Zumeist betrifft das folgende Punkte:

Ausgehandelt werden die Tarifverträge zwischen zwei Vertragsparteien: Dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmerverband. Ein prominentes Beispiel für die Arbeitnehmervertretungen sind die Gewerkschaften, die es für zahlreiche Berufsgruppen gibt.

Gut zu wissen: Arbeitgeber können sich sowohl in Interessenverbänden organisieren als auch als einzelne Unternehmen auftreten. Das ist bei den Arbeitnehmern nicht so – sie können in Tarifvertragsverhandlungen nur organisiert, also im Rahmen der Gewerkschaft, mitwirken.

Was ist der Unterschied zwischen Lohntarifvertrag und Manteltarifvertrag?

Werden Tarifverträge abgeschlossen, einigen sich die beiden Tarifvertragsparteien auf insgesamt zwei Verträge:

  1. Lohntarifvertrag: Hierbei werden nicht nur Löhne und Gehälter geregelt, sondern auch Zulagen und Zuschläge – beispielsweise für Schichtarbeit. Zu den Inhalten eines Lohntarifvertrags zählen Lohnfortzahlungen (bspw. Im Krankheitsfall), Akkordlohn, eventuell eine Erfolgsbeteiligung sowie die Regelung der Lohn- und Gehaltsgruppen.
  2. Manteltarifvertrag: Der Manteltarifvertrag macht seinem Namen alle Ehre, denn in diesem wird das Drumherum, also Details zu den Arbeitsbedingungen festgehalten. Vertragliche Inhalte sind beispielsweise vermögenswirksame Leistungen und Urlaubsregelungen. Die Arbeitszeit wird ebenfalls im Manteltarif geregelt. Auch Rationalisierungsschutz und Arbeitsschutz sind Dinge, die im Manteltarifvertrag niedergeschrieben werden.

Beide Vertragsbestandteile ergeben zusammen ein Tarifvertrag-Konglomerat, das im Übrigen über weiteren schriftlichen Vereinbarungen steht.

Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag

Tarifverträge stehen in der Hierarchie unterschiedlicher vertraglicher Regelungen ganz oben. Die Reihenfolge:

  • Tarifvertrag
  • Betriebsvereinbarung
  • Einzelarbeitsverträge

Liegt also ein Tarifvertrag vor, so ist dieser hinsichtlich der dort festgelegten Rahmenbedingungen und Inhalte bindend. Es ist nicht möglich, dass der Tarifvertrag eine 35-Stunden-Woche vorsieht, im Einzelarbeitsvertrag aber eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden festgeschrieben wird. Hier ist der Rahmen, den der tarifliche Vertrag steckt, bindend.

Tipp

Gehalts- und Lohnvereinbarungen im Arbeitsvertrag sind nur dann zulässig, wenn sie nicht den Inhalten des Tarifvertrags widersprechen. Besondere Beachtung verdienen auch Betriebsvereinbarungen, die ebenfalls Vereinbarungen hinsichtlich der Lohn- und Gehaltsgestaltung beinhalten können.

Betriebsvereinbarungen sind fixe Regelungen, die zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ausgehandelt wurde. Sie haben den Vorteil, dass sie relativ schnell durchgeführt werden können – ohne dass zahlreiche Verhandlungsrunden überstanden werden müssen. Aus diesem Grund werden Betriebsvereinbarungen oftmals dann getroffen, wenn in der Branche noch kein Tarifvertrag unterschrieben wurde. In Einzelfällen ist eine Betriebsvereinbarung auch sinnvoll, wenn bestimmte unternehmensspezifische Einzelheiten geregelt werden müssen, die in Tarifverträge keinen Eingang finden.

Welche Vorteile und Nachteile hat ein Tarifvertrag?

Mit Tarifverträgen gehen einige Vor- und Nachteile einher, die alle beteiligten Parteien betreffen und sich unter Umständen für die eine Seite positiv und für die andere Seite negativ auswirken können. Zu den unterschiedlichen Beteiligten zählen die Folgenden:

  • Staat
  • Arbeitnehmer
  • Arbeitgeber

Für den Staat steht ein wesentlicher Vorteil im Fokus: Sind Tarifverträge ausgehandelt, hat der Staat eine neutrale Position inne. Er muss sich nicht in die Verhandlungen einmischen, die zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgetragen werden.

Auch Arbeitgeber profitieren von Tarifverträgen. Zum einen gibt das Vertragswerk einen Rahmen vor, sodass Gehälter und Arbeitsbedingungen nicht für jeden einzelnen Mitarbeiter neu austariert werden müssen. Das erleichtert die administrative Arbeit. Des Weiteren gestaltet sich auch die Kalkulation einfacher: Lohn- bzw. Gehaltskosten und Urlaub sind vorab festgelegt, wodurch Unternehmen mit feststehenden Konstanten rechnen können.

Gut zu wissen: Herrscht die „Friedenspflicht“ besteht automatisch ein Streikverbot. Heißt: während der Tarifvertragslaufzeit dürfen Ihre Mitarbeiter nicht streiken. Laufen tarifliche Festsetzungen jedoch ab, gibt es oftmals Streiks.

Auch Ihre Beschäftigten können aus Tarifverträgen einen Nutzen ziehen. So bieten die Gewerkschaften die Möglichkeit, aktiv an der Arbeitsrealität mitzuwirken.

Tarifvertrag Öffentlicher Dienst, IG Metall und mehr

Es gibt zahlreiche Firmen, deren lohn- und arbeitsspezifische Mindeststandards durch einen Tarifvertrag geregelt sind. In Deutschland ist es üblich, dass Tarifverträge für ganze Branchen gelten. Bekannte Beispiele dafür sind die folgenden:

  • Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD)
  • Tarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie
  • Vertrag für die Chemieindustrie
  • Tarifverträge Zeitarbeit (iGZ-DGB-Tarifgemeinschaft)

Aber das sind nur einige von insgesamt 73.000 Tarifverträgen, die es in Deutschland gibt. Die Zahlen sprechen für sich: Rund 61 Prozent der deutschen Beschäftigten haben einen Tarifvertrag. Wissenswert ist hierbei, dass nur Personen, die auch Mitglied in der Gewerkschaft sind, von den tariflichen Bestimmungen profitieren können.

Interessant ist zudem, dass es nochmals eine Differenzierung zwischen Tarifverträgen gibt: Es handelt sich hierbei um sogenannte Flächentarifverträge und Haustarifverträge. Wie der Name bereits andeutet, gilt der Flächenvertrag für eine bestimmte Fläche bzw. Region oder ein Bundesland. So sollen ähnliche Arbeitsbedingungen in einer vergleichbaren Region geschaffen werden. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Lebenshaltungskosten kann das sinnvoll sein.

Haustarifverträge regeln die Konditionen in einem Haus, also in einer Firma. Solche Verträge haben zumeist große Konzerne wie BMW oder Lufthansa.

Wann wird ein Tarifvertrag für ein Arbeitsverhältnis bindend?

Tarifverträge werden erst dann verbindlich, wenn der Beschäftigte Mitglied der Gewerkschaft ist, die mit Ihrem Unternehmen als Arbeitgeber einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Dabei ist es unerheblich, ob Ihre Firma direkter Vertragspartner war (Firmentarifvertrag) oder in einer Arbeitgebervereinigung Mitglied ist (Verbandtarifvertrag).

Möglich wäre es auch, dem Arbeitsverhältnis einen Tarifvertrag zugrunde zu legen. Wichtig: In diesem Fall muss Ihr Mitarbeiter nicht zwingend Mitglied in der Gewerkschaft sein. Denn: Die Geltung der tariflichen Vereinbarungen wird „kraft vertraglicher Vereinbarung“ festgesetzt.

Denkbar wäre auch, dass ein Tarifvertrag zur Rechtsnorm und somit allgemein verbindlich wird. Diese Kompetenz hat jedoch nur der jeweilige Bundesminister mit dem Ressort Arbeit (und Soziales – je nach Benennung der Ministerien) inne. Wenn das geschieht, ist es wiederum egal, ob die Beschäftigten Mitglied in der Gewerkschaft sind oder ein Arbeitsverhältnis auf Basis des Tarifvertrags eingegangen sind.