Infografik zu vertraglichen Besonderheiten bei der Mitarbeiterentsendung ins Ausland.

Mitarbeiterentsendung ins Ausland: Vertragliche Gestaltung und A1-Bescheinigung

Als international aktiver Unternehmer denken Sie vermutlich an die Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland. Eine Mitarbeiterentsendung könnte der besseren Kommunikation dienen, Kundenkontakte im Zielland optimieren oder die Fortbildungsmaßnahmen der Niederlassung vor Ort fördern. Im nachfolgenden Alles erfahren Sie alles Wissenswerte zur Mitarbeiterentsendung und wann ein Entsendungsvertrag erforderlich ist. Des Weiteren beantworten wir Ihre Fragen zur Steuerpflicht und Sozialversicherung sowie zu den Reisekosten und den Reisekosten für Geschäftsreisen.
Inhaltsverzeichnis

Wann handelt es sich um eine Mitarbeiterentsendung?

Der Begriff Entsendung trifft zu, wenn ein Mitarbeiter auf Verlangen seines Arbeitgebers einer befristeten Tätigkeit im Ausland nachgeht. Ein Unternehmen kann aber auch eigens für die Mitarbeiterentsendung ins Ausland Leute in Deutschland anwerben. Lebt eine Person bereits im Zielland und wird dort angeworben, handelt es sich um eine Arbeitskraft vor Ort und nicht um eine entsendete Person.

Unabhängig davon muss die Mitarbeiterentsendung immer auf eine gewisse Zeit begrenzt sein. Bei einer unbefristeten Beschäftigung im Ausland ist eher von einer Versetzung oder einem Übertritt in die ausländische Tochtergesellschaft die Rede.

Vorbereitung einer Mitarbeiterentsendung

Sie können die Entsendung nicht einfach anordnen, sondern müssen sie mit dem ausgewählten Mitarbeiter einvernehmlich besprechen. Es sei denn, die Person wurde von Ihnen aus diesem Grund eingestellt und die entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag festgehalten. Es bedarf auch keiner besonderen Absprache, wenn es sich um eine kurzfristige Mitarbeiterentsendung im Rahmen einer Dienstreise handelt.

Zustimmung des Betriebsrats

Sie benötigen für eine Entsendung die Zustimmung des Betriebsrats, wenn der Zeitraum über einen Monat hinausgeht oder sich die Tätigkeit Ihres Mitarbeiters während des Auslandsaufenthalts gravierend ändert. Rechtliche Grundlage ist hierfür das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG, § 95 Abs. 3 und BetrVG, § 99).

Vertragliche Gestaltung einer Mitarbeiterentsendung

Im Entsendungsvertrag sollten alle vereinbarten Konditionen sowie die Entsendedauer und Aufgaben vor Ort schriftlich festgehalten werden. Die Gestaltung ist von der Dauer des Auslandsaufenthalts abhängig:

Aufenthaltsdauer bis 3 Monate:

Bis zu maximal drei Monaten kann die Dienstreiseregelung in Betracht gezogen werden. Hierbei bleibt der ursprüngliche Arbeitsvertrag bestehen und es wird zusätzlich eine ergänzende Dienstreisevereinbarung erstellt.

Aufenthaltsdauer 3-6 Monate:

Bei einem Auslandsaufenthalt von drei bis sechs Monaten handelt es sich um eine verlängerte Dienstreise oder Delegation. Dabei ist zu prüfen, ob es im jeweiligen Zielland zu einer Steuerpflicht kommt. Hierzu nutzt man meist die 183-Tage Regelung. Mehr Informationen dazu finden Sie weiter unten in diesem Artikel.

Aufenthaltsdauer 6-12 Monate:

In der Regel entsteht bei einem Aufenthalt von sechs bis zwölf Monaten eine Steuerpflicht im Gastland. Dieser Aufenthalt wird als kurzfristige Entsendung bezeichnet. Ist dies der Fall, muss geprüft werden, ob es ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Gastland gibt.

Aufenthaltsdauer über einem Jahr:

Bei einem über ein Jahr hinausgehenden Auslandsaufenthalt handelt es sich um eine langfristige Entsendung. Ist die zukünftige Arbeitsstätte eine Niederlassung im Ausland, besteht die Möglichkeit, den alten Arbeitsvertrag in den Status „ruhend“ zu setzen. Dabei wird ein neuer Vertrag mit der Auslandsgesellschaft aktiviert.

Zeitlich unbegrenzte Aufenthalte:

Eine zeitlich unbegrenzte Mitarbeiterentsendung resultiert in der Aufhebung des deutschen Arbeitsvertrags mit Ersatz durch einen ausländischen Vertrag. Hierbei ist der Entsendungsvertrag entbehrlich, weil von einer dauerhaften Versetzung ins Ausland auszugehen ist.

Welche Positionen müssen im Entsendungsvertrag festgehalten sein?

Wichtig ist, dass Sie den Entsendungsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter besprechen und offene Fragen vor der Unterzeichnung klären. Folgende Details sollten im Vertrag festgehalten sein:

  • Grundgehalt und Auslandszulagen.
  • Existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen? Muss man im Gastland Steuern zahlen?
  • Wer kommt für die Kranken- und Unfallversicherung im Ausland auf?
  • Werden die Reisekosten nur für An- und Abreise übernommen?
  • Wie ist der Urlaubsanspruch beim Auslandsaufenthalt geregelt?
  • Wer übernimmt die Kosten für Umzug oder doppelte Haushaltsführung?
  • Gibt es einen Zuschuss für Schul- oder Kindergarten-Gebühren vor Ort?

Neben diesen Aspekten, die in einem Entsendungsvertrag geregelt werden, gibt es weitere, vom Zielland abhängige Faktoren, die individuell geregelt werden sollten. Dementsprechend ist die Sozialversicherung bei der Mitarbeiterentsendung besonders bedeutsam.

Entsendung ins Ausland: A1 Bescheinigung, um doppelte Beiträge zu vermeiden

Gerade bei international agierenden Unternehmen und Konzernen gehört die Entsendung von Mitarbeitern zum Tagesgeschäft. Der Sinn dahinter ist vielfältig – immer stehen dabei der Know-how-Gewinn und der Austausch von Fachwissen im Mittelpunkt. Nicht selten sind deshalb vor allem Fach- und Führungskräfte die Mitarbeiter, die vorübergehend ins Ausland gehen bzw. aus einem anderen Land kommen, um vor Ort in Deutschland zu arbeiten.

Die A1 Bescheinigung verhindert doppelte Beitragszahlung

Bei der Sozialversicherung gibt es jedoch eine Besonderheit: Arbeiten Deutsche im Ausland, so sind theoretisch nicht nur die deutschen Sozialversicherungsbeiträge verpflichtend, sondern auch die Beiträge im Ausland. Um hier Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entlasten, sieht das europäische Gemeinschaftsrecht vor, dass nur die Beitragspflicht des „Heimatlandes“ – also Deutschland – verpflichtend ist.

Achtung: Dies gilt jedoch nur bei Entsendungen in ein EU-Land bzw. nach Liechtenstein, Island, Norwegen und in die Schweiz.

Die Entbindung von der doppelten Sozialversicherungspflicht erfolgt aber nicht automatisch, sondern erst mit der sogenannten A1 Bescheinigung. Um diese zu erhalten, müssen Arbeitgeber bei der zuständigen Krankenkasse (gesetzlich Versicherte) oder beim zuständigen Träger der Deutschen Rentenversicherung (privat Versicherte) einen Antrag stellen. Hierbei gibt es jedoch seit vergangenem Jahr weitreichende Neuerungen.

A1 Verfahren: Was ist das maschinelle Antrags- und Bescheinigungsverfahren A1?

Das maschinelle Antrags- und Bescheinigungsverfahren A1 für Arbeitgeber bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Fortgeltung der deutschen Rechtsvorschriften bei einer Entsendung festzuschreiben. Das heißt konkret, dass für den im Ausland beschäftigten Mitarbeiter mit der A1 Bescheinigung weiterhin das deutsche Gesetz als Rechtsgrundlage bindend ist. Insbesondere mit Blick auf die soziale Sicherheit und die oben genannten Beiträge. 

Um festzulegen, dass die deutschen Rechtsvorschriften für den betroffenen Mitarbeiter auch im europäischen Ausland geltend sind, muss der Arbeitgeber aktiv werden. Er stellt einen Antrag auf die Ausstellung einer A1 Bescheinigung. Unternehmen können die Antragstellung auf zweierlei Weise abwickeln:

  1. Übertragung der relevanten Daten aus einem spezifischen Programm
  2. Über die elektronische maschinell erstellte Ausfüllhilfe lässt sich ebenfalls die Bescheinigung beantragen

Auf elektronischem Weg geht der Antrag dann bei der zuständigen Stelle ein. Gibt diese dann dem Antrag statt, erhält das entsendende Unternehmen die A1 Bescheinigung. In aller Regel geschieht das innerhalb von drei Arbeitstagen. Der Arbeitgeber händigt die A1 Bescheinigung dann an den Mitarbeiter aus.

Hinweis: Seit Mitte 2019 ist die elektronische Beantragung der Bescheinigung Pflicht.

Wie ist die Sozialversicherung bei der Mitarbeiterentsendung geregelt?

Laut SGB IV, § 4 Abs. 1 und 2 ist die Entsendung eines Mitarbeiters als zeitlich begrenzte Verlagerung der Tätigkeit von Deutschland ins Ausland zu verstehen. Wie Sozialversicherung und Steuer-Pflicht geregelt sind, hängt dabei wieder von der Länge des Auslandsaufenthalts sowie den vertraglichen Vereinbarungen ab.

Eine als Dienstreise deklarierte Entsendung erübrigt das Nachdenken über beide Aspekte, weil der Arbeitsvertrag mit dem deutschen Arbeitgeber ebenso bestehen bleibt wie die Sozialversicherung und die Steuer-Pflicht. Bei längerer Entsendung sind mehrere Kriterien zu beachten:

  • Bleibt der deutsche Arbeitsvertrag bestehen, unterliegt der Mitarbeiter weiterhin der deutschen Sozialversicherung.
  • Wird bedingt durch einen ruhenden Vertrag ein Arbeitsvertrag mit der ausländischen Tochterfirma abgeschlossen, muss geprüft werden, ob zwischen Deutschland und dem Zielland ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen.
  • Betrifft die Mitarbeiterentsendung ein Land ohne verpflichtende Sozialversicherung, kann die Ausstrahlwirkung des deutschen Sozialversicherungsrechts in Anspruch genommen werden. Das bedeutet, der entsendete Mitarbeiter unterliegt auch beim Auslandsaufenthalt der deutschen Sozialversicherungspflicht.

Sozialversicherung bei kurz- oder langfristigem Aufenthalt

Der Entsendungsvertrag sollte bei einem Zielland ohne Sozialversicherung in jedem Fall so gestaltet werden, dass die Ausstrahlwirkung des deutschen Sozialversicherungsrechts genutzt werden kann. Bei einer langfristigen Mitarbeiterentsendung (Versetzung) sollte die freiwillige Mitgliedschaft in der Sozialversicherung (Rentenversicherung) geprüft werden, damit bereits erworbene Ansprüche weiter wachsen.

Steuerpflicht bei Entsendung – die 183-Tage-Regel

Normalerweise wird die Steuer in dem Land der Tätigkeit fällig, sofern die Mitarbeiterentsendung die Anzahl von 183 Tagen pro Jahr übersteigt. Grundlage ist hierbei die 183-Tage-Regel. Bei einer Entsendung mit Dienstreise-Charakter bleiben Arbeitsvertrag, Steuer-Pflicht und Sozialversicherung im Inland erhalten. Ausschlaggebend für die Steuer-Pflicht ist auch bei kurzfristiger Betätigung, wer das Gehalt bezahlt. Kommt die Vergütung vom Arbeitgeber in Deutschland, gelten die deutschen Bestimmungen. Zahlt die ausländische Tochter die Entlohnung, ist das Einkommen im Staat der Tätigkeit zu versteuern.

Was gibt es darüber hinaus bei der Mitarbeiterentsendung zu beachten?

Das Interesse an einer Entsendung wird bei Mitarbeitern von verschiedenen Beweggründen getragen, unter anderem:

  • Selbstständiges Arbeiten mit größerem Verantwortungsbereich.
  • Optimierte Karrierechancen durch zielstrebige berufliche Qualifizierung.
  • Höheres Einkommen in einem kulturell fremden Umfeld.

Vor allem die oft fremde Kultur kann bei einer Entsendung zur Herausforderung für den Mitarbeiter werden. Er muss unter Umständen während seiner Tätigkeit mit völlig ungewohnten menschlichen Verhaltensweisen zurechtkommen und trotzt aller Hindernisse erfolgreich sein.

Vorteilhaft ist für Arbeitgeber und Mitarbeiter, wenn im Vorfeld der eigentlichen Entsendung ein Besuch des Gastlandes stattfinden kann. Natürlich sollte auch hierbei das Unternehmen die Reisekosten übernehmen, denn es profitiert von einem bereits erfahrenen und oft bestens motivierten Mitarbeiter. Im Fall einer negativen Entscheidung kann der Unternehmer so rechtzeitig eine alternative Arbeitskraft ins Zielland entsenden.

Fremdsprachenkurs und Mobilität vor Ort

Bis zur Entsendung sollte der Mitarbeiter zumindest Grundkenntnisse in der Sprache des Ziellandes erwerben. Die Beherrschung der wichtigsten Redewendungen beseitigt Sprachbarrieren, führt zu Anerkennung bei Geschäftspartnern und Mitarbeitern und vereinfacht das Arbeitsleben.

Um Land und Leute besser kennenzulernen, sollte auch die Mobilität vor Ort gewährleistet sein. Ein Dienstfahrzeug kann dabei eine erfolgsversprechende Lösung darstellen. Zudem steigert es die Produktivität durch Unabhängigkeit.

Betreuung im Ausland und bei der Rückkehr

Bei aller Begeisterung kann das Leben in einer fremden Kultur auch zur Einsamkeit führen. Ein fester Ansprechpartner im Heimatland fördert die Kommunikation mit dem Hauptsitz, motiviert bei Bedarf und steht für Fragen rund um die Arbeit zur Verfügung.

Am Ende der Mitarbeiterentsendung steht der Wiedereintritt in den deutschen Alltag bevor. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt ist die Reintegration eine ebenso große Herausforderung wie die Begegnung mit einer fremden Kultur zu Beginn der Auslandstätigkeit. Als Arbeitgeber können Sie den zurückgekehrten Mitarbeiter mit einer geeigneten Beschäftigung oder sogar einem gezielten Onboarding unterstützen.

Fazit: Mitarbeiterentsendungen als sinnvolles Instrument

Eine Mitarbeiterentsendung ist für jeden international agierenden Unternehmer sinnvoll. Dadurch findet eine Verbesserung der Beziehung von der Niederlassung zur Muttergesellschaft im Ausland statt. Zusätzlich dient der Mitarbeiter als starkes Steuerungsinstrument der internationalen Geschäfte. Für Ihren Mitarbeiter kann die Entsendung ein sehr motivierendes Erlebnis sein, welches ihm als zusätzliche Qualifikation dient und die Bindung zum Unternehmen festigt.