Infografik mit dem Text: "Überstunden im Arbeitsvertrag formulieren: Muster und Beispiele für unanfechtbare Überstunden-Vereinbarungen"

Überstunden im Arbeitsvertrag: Fakten und Formulierungen (mit Beispielen)

Damit Arbeitgeber Überstunden und Mehrarbeit anordnen können, muss eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag aufgenommen werden. Allerdings sind nicht alle gängigen Klauseln und Überstunden-Regelungen wirksam. In diesem Artikel lesen Sie fünf wichtige Fakten rund um das Thema Überstundenregelungen. Damit Sie unanfechtbare Überstunden-Vereinbarungen in Ihren Arbeitsverträgen treffen, haben wir für Sie im Anschluss zahlreiche Muster und Beispiele für Überstunden-Formulierungen zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis

Fakt 1: Überstunden vs. Mehrarbeit – was ist der Unterschied?

Die Begriffe „Überstunden“ und „Mehrarbeit“ sind oftmals synonym in Gebrauch – was arbeitsrechtlich nicht ganz korrekt ist. Unter „Überstunden“ fällt nämlich die Arbeitszeit, die Mitarbeiter zusätzlich zu dem, was vertraglich geregelt ist, ableisten. Die Wochenarbeitszeit ist in aller Regel in Verträgen festgehalten. Einen verbindlichen Rahmen können beispielsweise die folgenden Verträge und Vereinbarungen stecken:

Das Wort „Mehrarbeit“ bezeichnet den Fall, wenn Beschäftigte die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen nicht einhalten. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt fest, dass die Arbeitszeit von acht Stunden pro Werktag nicht überschritten werden darf. Davon gibt es zahlreiche Ausnahmen: So gelten für Minderjährige andere Arbeitszeitgrenzen als für Führungskräfte oder werdende Mütter.

Vertragliche Regelungen für Überstunden

Auf den Punkt gebracht sind Überstunden also wesentlich unkritischer zu sehen als Mehrarbeit. Während Mehrarbeit ein Unternehmen in die arbeitsrechtliche Bredouille bringt, handelt es sich bei Überstunden vielmehr um zusätzliche Arbeitszeit, die jedoch nicht mit dem Arbeitszeitgesetz in Konflikt steht oder stehen darf. Für Unternehmen – und deshalb im weiteren Sinne auch für die Personalabteilung, die die Arbeitsverträge aufsetzt – ist es wichtig, vertragliche Regelungen für Überstunden festzulegen.

Fakt 2: Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung stehen über dem Arbeitsvertrag

Überstundenregelungen sorgen sowohl beim Arbeitnehmer als auch beim Arbeitgeber für Transparenz. Zu beachten ist jedoch, dass sich der individuelle Arbeitsvertrag in der rechtlichen Hierarchie ganz unten befindet. Das bedeutet, dass Vorgaben aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und der Betriebsvereinbarung in genau dieser Reihenfolge über dem Arbeitsvertrag stehen.

Tarifverträge existieren für viele Branchen. Ob Öffentlicher Dienst, Metallverarbeitung oder Kunststoff: In den meisten Fällen finden sich in den Tarifverträgen Überstundenregelungen bezüglich folgender Fragen:

  • Welche Umstände müssen eintreten, dass der Arbeitgeber Überstunden anordnen darf?
  • Wie viele Überstunden dürfen die Beschäftigten maximal leisten?
  • Mit welchem Vorlauf können Überstundenanordnungen in Kraft treten?

Mitspracherecht des Betriebsrats

Je nach Unternehmen und Branche haben unterschiedliche Gremien ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf Überstunden. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt in § 87 Abs. 1 beispielsweise, dass der Betriebsrat bei der Überstundenthematik mitreden darf. Unter Umständen gibt es also eine Betriebsvereinbarung, aus der hervorgeht, wann Überstunden zulässig sind – und wann eben nicht.

Fakt 3: Überstunden anordnen

Sollten durch Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung keine verbindlichen Vorgaben vorliegen, ist es sinnvoll, bereits im Arbeitsvertrag bestimmte Regelungen für Überstunden festzulegen. Denn: Es ist nicht möglich, dass ein Vorgesetzter oder die Personalabteilung unter Berufung auf das allgemeine Weisungsrecht zusätzliche Arbeitsstunden anordnet. Das Weisungsrecht, welches der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber hat, greift nur, um bestimmte Aufgaben näher zu spezifizieren. Es dürfen aber keine zusätzlichen oder neuen Absprachen einseitig festgelegt werden.

Beispiel

Der Arbeitsvertrag bestimmt den allgemeinen Tätigkeitsrahmen eines Mitarbeiters: „Arbeit in der Buchhaltung“. Das Weisungsrecht gibt dem Abteilungsleiter das Recht, dem Beschäftigten genaue Aufgaben zuzuteilen – so die Verbuchung der Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten. Die Führungskraft darf aber keine Überstunden anordnen, so lange im Arbeitsvertrag keine Überstundenregelungen hinterlegt sind und kein Notfall eintritt.

Das bedeutet: Der Arbeitnehmer muss – soweit keine andere vertragliche Verpflichtung vorliegt – keine Überstunden ableisten. In Einzelfällen ist eine Einigung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter über die Ableistung von Überstunden jedoch möglich. Das kann auf mehrere Weisen geschehen:

  • Mündliche Übereinkunft: Der Abteilungsleiter oder Personalverantwortliche bittet den Mitarbeiter, eine Aufgabe zu Ende zu bringen und heute noch eine Stunde anzuhängen.
  • Stillschweigende Übereinkunft: Der Mitarbeiter wurde vom Chef darauf hingewiesen, dass eine Aufgabe Dringlichkeit hat. Der Beschäftigte möchte seine Kollegen entlasten und entscheidet sich für die Fertigstellung – auch wenn er dafür länger am Arbeitsplatz bleiben muss, als es normalerweise vorgesehen ist.

Ausnahme

Eine Ausnahme stellen Notfälle und Katastrophensituationen dar: In existenzgefährdenden Situationen, beispielsweise nach einem Brand, wenn Aufräumarbeiten notwendig sind, um das Geschäft am Laufen zu halten, darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen. Das Ableisten dieser einseitig angeordneten Überstunden fällt unter die sogenannte „Treuepflicht“ des Arbeitnehmers.

Fakt 4: Überstundenregelungen im Arbeitsvertrag – das ist nicht erlaubt

Für mehr Transparenz und Klarheit bezüglich der Überstundenregelungen sollten alle relevanten Informationen und Angaben im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Wie bereits angedeutet, stehen Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der Hierarchie über dem individuellen Arbeitsvertrag. Gesonderte Regelungen können also festgehalten werden, müssen aber mit gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Vorgaben konform gehen.

Des Weiteren ist es nicht möglich, dass Überstunden pauschal durch das Gehalt abgegolten werden können. Solche Klauseln im Arbeitsvertrag sind unwirksam, wie im Jahr 2015 ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAB) entschieden hat (Az. 5 AZR 517/09). Die Rechtsprechung berief sich hier auf das „Transparenzgebot“, das durch solch unspezifische Formulierungen verletzt wird.

Mehr zu rechtssicheren Formulierungen zu Überstundenregelungen im Arbeitsvertrag lesen Sie im Anschluss.

Überstunden bei Führungskräften

Ausnahmen stellen jedoch einige Positionen und bestimmte Berufsgruppen dar:

  • Führungskräfte
  • Ärzte
  • Rechtsanwälte

Bei leitenden Positionen und bei Diensten höherer Art entfallen die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben. In solchen Fällen ist es auch möglich, dass der Entgeltanspruch für die Überstunden nicht geltend gemacht werden kann.

Fakt 5: Überstunden vergüten – wie sieht es mit der Bezahlung aus?

Ob der Arbeitgeber Mehrarbeit anordnen kann, hängt von den oben beschriebenen Faktoren ab. Unberührt davon bleibt jedoch die Frage nach der Vergütung der Überstunden. Es existiert in Deutschland kein Rechtsgrundsatz, der besagt, dass abgeleistete Überstunden immer ausbezahlt werden müssen. Generell gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Ausbezahlung: Der Arbeitnehmer erhält für die zusätzlichen Arbeitsstunden eine angemessene Vergütung. Diese muss in jedem Fall über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen und kann unter Umständen auch mit einem Überstundenaufschlag aufgewertet werden.
  • Freizeitausgleich: Eine Abgeltung von Mehrarbeit durch Freizeit ist ebenfalls möglich. Das bedeutet, dass der Beschäftigte die zusätzlich geleisteten Arbeitsstunden nach Absprache „abfeiern“ darf.

Auch hier gilt die Devise: Alle Eventualitäten sollten im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Sowohl der Fall, wann Mehrarbeit eintreten darf als auch die Wege, wie die Mehrarbeit abgegolten werden könnte. Auch hier lohnt sich ein Blick in den Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung: Vielmals gibt es tarifliche Vorgaben, dass Überstunden beispielsweise mit einem Aufschlag ausbezahlt werden müssen.

Wann müssen Überstunden in keinem Fall nicht vergütet werden?

Was jedoch nicht möglich ist, ist folgender Fall: Der Arbeitnehmer möchte sein Gehalt aufbessern und bleibt aus eigenem Antrieb und ohne die Absprache mit dem Arbeitgeber länger am Arbeitsplatz. In einem solchen Fall müssen Überstunden nicht vergütet werden, da sie nicht dem Arbeitgeber zuzurechnen sind, sondern vom Beschäftigten eigenmächtig festgelegt wurden.

Wie formulieren Sie die Pflicht zur Leistung von Überstunden im Arbeitsvertrag?

Im ersten Schritt sollten Sie zunächst mit Ihren Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag vereinbaren, dass überhaupt eine Pflicht zur Leistung von Überstunden besteht. Sollte eine solche Überstunden-Vereinbarung fehlen, sind Sie als Arbeitgeber auch nicht dazu berechtigt, Überstunden von Ihren Arbeitnehmern zu verlangen.

Muster: Pflicht zur Leistung von Überstunden

Der Arbeitnehmer ist bei Anordnung des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden verpflichtet, insofern betriebliche Gründe dies erfordern. Die Anordnung von Überstunden erfolgt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, vor allem des Arbeitszeitgesetzes, und der betrieblichen Erfordernisse.

Grundsätzlich muss die Überstunden-Vereinbarung im Arbeitsvertrag stets auch die Anzahl an zu leistender Überstunden aufweisen.

Muster: Pflicht zur Leistung von einer bestimmten Überstunden-Anzahl

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – sofern betriebliche Belange dies erfordern –, bis zu … Überstunden im Monat zu leisten.

Wie formulieren Sie die Vergütung der Überstunden im Arbeitsvertrag?

Bei der Überstunden-Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung ist nicht nur die Pflicht zur Leistung einer bestimmten Anzahl an Überstunden festzuhalten, sondern auch, wie eben diese Überstunden vergütet werden. Hier haben Sie als Arbeitgeber jedoch verschiedene Möglichkeiten:

  • Bezahlung der einzelnen Überstunden
  • Pauschale Abgeltung der Überstunden
  • Kombination aus pauschaler Abgeltung und Bezahlung einzelner Überstunden
  • Überstundenzuschläge

Muster-Formulierung: Bezahlung der einzelnen Überstunden

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – sofern betriebliche Belange dies erfordern –, bis zu … Überstunden im Monat zu leisten. Diese Überstunden werden mit … € brutto pro Stunde vergütet.

Erfahren Sie mehr zu den verschiedenen Inhalten eines Arbeitsvertrages:

Beispiel-Vereinbarung: Pauschale Abgeltung der Überstunden

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – sofern betriebliche Belange dies erfordern –, bis zu … Überstunden im Monat zu leisten. Diese Überstunden sind mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung (oder: … mit einer Pauschale von … € brutto pro Monat) abgegolten.

Klausel: Kombination aus pauschaler Abgeltung und Bezahlung einzelner Überstunden

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – sofern betriebliche Belange dies erfordern bis zu … Überstunden im Monat zu leisten. … Überstunden sind mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung abgegolten. Jede weitere Überstunde im Monat wird mit … € brutto pro Stunde vergütet.

Muster: Überstundenzuschläge

Hier werden die obigen Formulierungen einfach um folgenden Satz ergänzt:

Für Überstunden erhält der Arbeitnehmer einen Überstundenzuschlag von … % der Bruttostundenvergütung.

Statt den Zuschlag in Prozent anzugeben, können Sie auch ausrechnen, wie viel z. B. 25 % sind, und etwa schreiben: Für Überstunden erhält der Arbeitnehmer einen Überstundenzuschlag von 15 €. Davon rate ich jedoch ab. So kann sich z. B. der Stundenlohn ändern; dann stimmen die 15 € nicht mehr.

Wie formulieren Sie einen Freizeitausgleich für Überstunden im Arbeitsvertrag?

Um zu verhindern, dass alle Überstunden stets bezahlt werden, vereinbaren viele Arbeitgeber in der Regel einen Freizeitausgleich für die Überstunden im Arbeitsvertrag. Folgendes Beispiel verschafft Ihnen einen Überblick:

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – sofern betriebliche Belange dies erfordern bis zu … Überstunden im Monat zu leisten. Diese Überstunden sollen durch einen Freizeitausgleich abgebaut werden. Alternativ kann der Arbeitgeber eine finanzielle Abgeltung der Mehrarbeit angehen. Diese beläuft sich jedoch höchstens auf bis zu … Stunden pro Monat. Jegliche Überstunden, die über diese Grenze hinausgehen, müssen durch Freizeit des Arbeitnehmers ausgeglichen werden.

Überstunden im Arbeitsvertrag: Diese Klauseln sind unzulässig

Nicht alle Überstunden-Klauseln in Arbeitsverträgen sind zulässig und somit wirksam. Arbeitgeber müssen darauf achten, dass alle Klauseln stets präzise und deutlich formuliert sind. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, wann und in welchem Umfang und für welchen Ausgleich Überstunden und Mehrarbeit zu leisten sind. Arbeitgeber sind demnach gut beraten, einen Anwalt aufzusuchen und sich zu entsprechenden Klauseln beraten zu lassen.

Ein Beispiel für eine häufig vorkommende, jedoch unwirksame Überstunden-Klausel im Arbeitsvertrag: Alle Überstunden sind mit der Arbeitsvergütung abgegolten.

Eine solche Formulierung ist nicht konkret und verstößt gegen das Transparenzgebot. Schließlich weiß der Arbeitnehmer nicht, welche Mehrarbeit damit abgegolten ist.