Dieses Bild ist eine Infografik, mit der Aufschrift: Pflegezeit und Familienpflegezeit - wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Freistellung zwecks Pflege?

Pflegezeit und Familienpflegezeit: Anspruch auf Freistellung

Wenn nahe Angehörige erkranken und Pflege benötigen, haben Arbeitnehmer unter gewissen Bedingungen das Recht auf eine pflegebedingte Freistellung - die Sie als Arbeitgeber gewähren müssen. Doch was sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegezeit und Familienpflegezeit? Welche Pflichten kommen auf Sie als Arbeitgeber zu? Und wo liegt überhaupt der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen? Wer, wann und wie lange Anspruch auf Pflegezeit und Familienpflegezeit hat, welche Fristen eingehalten werden müssen und welche Pflichten der Arbeitgeber erfüllen muss, erfahren Sie in dem nachfolgenden Text.
Inhaltsverzeichnis

Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Pflegezeit?

Arbeitnehmer haben gemäß dem deutschen Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf eine Freistellung von der Arbeit, um sich um die Pflege von nahestehenden pflegebedürftigen Personen und Angehörigen zu kümmern. In diesem Fall bekommen Sie keinen regulären Lohn, sondern können ein zinsfreies Darlehen aufnehmen. Findet die Arbeitsverhinderung nur kurzfristig statt, erhalten Sie Pflegeunterstützungsgeld von den Pflegekassen bzw. der Pflegeversicherung. Diese Freistellung kann vollständig bis zu sechs Monaten erfolgen oder in Form einer Arbeitszeitverkürzung bis zu 24 Monaten.

Die Freistellung zur Pflege kann für folgende nahestehende Personen in Anspruch genommen werden:

  • Ehegatten,
  • Lebenspartner,
  • Eltern,
  • Schwiegereltern,
  • Großeltern,
  • Kinder,
  • Enkelkinder und
  • Geschwister.

Eine Freistellung kann in Unabhängigkeit zu dem Grad der Pflegebedürftigkeit realisiert werden.

Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer für die Pflege von Angehörigen?

Bei der pflegebedingten Freistellung haben Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten:

  • Pflegezeit: Arbeitnehmer haben das Recht, sich bis zu sechs Monate vollständig oder in Teilzeit von ihrer Arbeit freistellen zu lassen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen und zu betreuen. Dieses Recht gilt für Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten arbeiten. Die Freistellung kann in der Regel nur einmal je Pflegefall beansprucht werden.
  • Familienpflegezeit: Arbeitnehmer haben auch die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate zu reduzieren, um die Pflege von nahestehenden Angehörigen zu ermöglichen. Dabei wird die Arbeitszeit auf mindestens 15 Stunden pro Woche reduziert.

Was bedeutet die Pflegezeit?

Die Pflegezeit ist eine gesetzlich verankerte Möglichkeit, die es Arbeitnehmern in Deutschland ermöglicht, sich für eine begrenzte Zeit von ihrer beruflichen Tätigkeit freistellen zu lassen, um die Pflege und Betreuung eines nahestehenden pflegebedürftigen Angehörigen zu übernehmen. Diese Pflege kann in häuslicher Umgebung stattfinden und dient dazu, den Pflegebedürftigen angemessen zu unterstützen und zu versorgen. Während der Pflegezeit ruht das Arbeitsverhältnis vorübergehend, und der Beschäftigte hat die Gelegenheit, sich intensiv um die Pflegemaßnahmen zu kümmern, ohne dabei seine Anstellung zu verlieren.

Die Dauer der Pflegezeit ist auf insgesamt sechs Monate begrenzt. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten ruhen lassen und sich vollständig oder teilweise der Pflege widmen.

Was sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pflegezeit?

Die Inanspruchnahme von Pflegezeit in Deutschland setzt bestimmte Voraussetzungen gemäß dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) voraus. Um Anspruch auf Pflegezeit zu haben, müssen Beschäftigte folgende Bedingungen erfüllen:

  1. Nahestehende pflegebedürftige Person: Die Pflegezeit kann genommen werden, um einen nahestehenden pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen und zu pflegen. Hierzu zählen Ehegatten, Lebenspartner, Eltern, Schwiegereltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder und Geschwister.
  2. Pflegebedürftigkeit: Die zu pflegende Person muss eine anerkannte Pflegebedürftigkeit gemäß den Pflegegraden 1 bis 5 aufweisen, wie sie durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere anerkannte Begutachtungsstellen festgestellt wird.
  3. Beleg: Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen.
  4. Beschäftigungszeit: Der Arbeitnehmer muss in einem Unternehmen beschäftigt sein, das regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Dies ist eine Mindestvoraussetzung für den Anspruch auf Pflegezeit.
  5. Ort: Die Pflege erfolgt zuhause (= häusliche Pflege).
  6. Ankündigung: Die Pflegezeit muss mindestens 10 Arbeitstage vor ihrem Beginn schriftlich beim Arbeitgeber angekündigt werden. In dringenden Fällen, zum Beispiel bei plötzlicher Pflegebedürftigkeit, kann eine kurzfristigere Ankündigung erfolgen.
  7. Keine vorherige Inanspruchnahme: Der Anspruch auf Pflegezeit kann je Pflegefall nur einmal beansprucht werden. Das bedeutet, dass, wenn Pflegezeit bereits in einem vorherigen Fall genommen wurde, sie für denselben Angehörigen nicht erneut genutzt werden kann.

Wie muss die Pflegezeit angekündigt werden?

Die Ankündigung der Pflegezeit muss stets schriftlich und in einem angemessenen Rahmen erfolgen. Die Ankündigung muss folgende Informationen beinhalten:

  • Beginn und Ende der Pflegezeit (Zeitraum)
  • Art der Freistellung (vollständige Freistellung oder Wechsel zu Teilzeit)
  • Falls Teilzeit: Neue Arbeitszeiten
  • Nachweis der Pflegebedürftigkeit

Bis wann muss die Pflegezeit angekündigt werden?

Die Ankündigung der Pflegezeit muss nach dem Pflegezeitgesetz spätestens 10 Arbeitstage vor ihrem geplanten Beginn schriftlich beim Arbeitgeber erfolgen (§ 3 Abs. 3 PflegeZG). Dabei kommt es auf den Eingang des Schreibens an – ein Beispiel:

  • Geplanter Beginn der Pflegezeit: 01.12.
  • Eingang der schriftlichen Mitteilung (bei 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag) spätestens am: 17.11.

Wird das Schreiben erst am 17.11. weggeschickt und geht am Folgetag beim Arbeitgeber ein, wäre dies verspätet!

Lediglich im Fall der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung (§ 2 Pflegezeitgesetz – PflegeZG), also im Akutpflegefall, reicht eine „unverzügliche“ formlose Mitteilung an den Dienstgeber. Mitarbeiter können in diesem Fall also auch eine SMS oder eine E-Mail schicken mit der Information, dass eine akute Pflegesituation eingetreten ist und um welchen pflegebedürftigen nahen Angehörigen es sich handelt. 

Wichtig: Die 10-Tage-Frist verlängert sich auf 8 Wochen, wenn Sie die Pflegezeit in unmittelbarem Anschluss an eine Familienpflegezeit nehmen wollen.

Kann die Pflegezeit vom Arbeitgeber abgelehnt werden?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber nicht das Recht, einen Antrag auf Pflegezeit willkürlich abzulehnen. Für eine Ablehnung ist stets ein triftiger Grund aus dem Betrieb selbst erforderlich.

Kann die Pflegezeit verlängert werden?

Für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen kann längstens 6 Monate Pflegezeit gewährt werden. Hat ein Arbeitnehmer z. B. nur 3 Monate in Anspruch genommen und möchte dieser die Dauer der Pflegezeit nachträglich verlängern, braucht er dafür regelmäßig die Zustimmung seines Arbeitgebers.

Eine Stückelung der Pflegezeit in mehrere getrennte Zeitabschnitte erkennt die Rechtsprechung übrigens nicht an (Bundesarbeitsgericht,15.11.2011, Az. 9 AZR 348/10)

Kann die Pflegezeit vorzeitig beendet werden?

Ja, eine Pflegezeit kann vorzeitig beendet werden – insofern der Arbeitgeber seine Zustimmung äußert. Das gilt aber z. B. nicht, wenn der Angehörige stirbt oder eine stationäre Aufnahme in ein Pflegeheim notwendig wird. Dann endet die Pflegezeit 4 Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände (§ 4 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG).

Was bedeutet Familienpflegezeit?

Die Familienpflegezeit stellt eine gesetzliche Regelung in Deutschland dar, die es Arbeitnehmern ermöglicht, ihre Arbeitszeit über einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren, um die Pflege und Betreuung von nahen Angehörigen sicherzustellen. Anders als bei der Pflegezeit, bei der eine vollständige Freistellung von der Arbeit erfolgt, ermöglicht die Familienpflegezeit eine längerfristige und flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit, um den Pflegeanforderungen gerecht zu werden.

Während der Familienpflegezeit kann ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden wöchentlich reduzieren. Dies bietet die Möglichkeit, die Pflegeverantwortung mit der beruflichen Tätigkeit zu vereinbaren. Die Familienpflegezeit kann insgesamt bis zu 24 Monate dauern, wobei die Reduzierung der Arbeitszeit schrittweise erfolgen kann.

Ein weiteres Merkmal der Familienpflegezeit ist die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zu beantragen, um finanzielle Unterstützung während der reduzierten Arbeitszeit zu erhalten. Dieses Darlehen soll dazu dienen, den Einkommensverlust aufgrund der Arbeitszeitreduzierung auszugleichen.

Was sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienpflegezeit?

Die Nutzung der Familienpflegezeit in Deutschland setzt das Erfüllen bestimmter Kriterien gemäß dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) voraus. Die zentralen Vorbedingungen für die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit sind:

  1. Betroffene pflegebedürftige Person: Die Familienpflegezeit kann genutzt werden, um einen nahestehenden Angehörigen in seiner häuslichen Umgebung zu betreuen und pflegen. Berechtigte Personen umfassen Ehepartner, Lebenspartner, Eltern, Schwiegereltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder und Geschwister.
  2. Nachgewiesene Pflegebedürftigkeit: Die zu pflegende Person muss eine festgestellte Pflegebedürftigkeit in den Pflegegraden 1 bis 5 aufweisen, die durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere anerkannte Gutachterstellen bestätigt wurde.
  3. Beschäftigungsverhältnis: Der Arbeitnehmer muss in einem Unternehmen angestellt sein, das regelmäßig mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigt. Diese Schwelle bildet eine Mindestanforderung für den Anspruch auf Familienpflegezeit.
  4. Zustimmung des Arbeitgebers: Die Nutzung der Familienpflegezeit erfordert die Zustimmung des Arbeitgebers. Infolgedessen sollte der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber eine Übereinkunft über die schrittweise Reduzierung der Arbeitszeit und den festgelegten Zeitraum der Familienpflegezeit erreichen.
  5. Antrag und Ankündigungsfrist: Der Antrag auf Familienpflegezeit muss spätestens acht Wochen vor dem geplanten Beginn der reduzierten Arbeitszeit schriftlich beim Arbeitgeber eingereicht werden. Die zeitliche Staffelung der Arbeitszeitreduzierung kann schrittweise vorgenommen werden.
  6. Begrenzte Inanspruchnahme pro Angehörigem: Jeder Angehörige kann die Familienpflegezeit nur einmal nutzen.

Wie muss die Ankündigung der Familienpflegezeit erfolgen?

Für die Anmeldung einer Familienpflegezeit gilt eine 8-Wochen- Frist (§2a Abs. 1 Familienpflegezeitgesetz – FpPfZG). Im Rahmen der Ankündigung sind folgende Informationen ebenfalls zu übermitteln:

  • Dauer der Familienpflegezeit
  • Zu arbeitende Stunden in der Familienpflegezeit (Ausmaß der Kürzung)
  • Neue Arbeitszeiten
  • Nachweis über Pflegebedürftigkeit des Angehörigen

Wichtig: Will ein Arbeitnehmer nach einer Pflegezeit in eine Familienpflegezeit wechseln, dann gilt eine erweiterte Ankündigungsfrist von 3 Monaten.

Kann die Familienpflegezeit abgelehnt werden?

Grundsätzlich muss sich der Arbeitgeber hier nach den Wünschen beziehungsweise Interessen des Arbeitnehmers richten. Der Arbeitgeber kann aber geltend machen, dass diesen Wünschen dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (vgl. § 2a Abs. 2 FPfZG).

Die Rechtsprechung legt für das Merkmal „dringend“ hohe Maßstäbe an. Es genügt dafür also nicht schon jeder organisatorische Einwand des Arbeitgebers. Und er trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von ihm vorgetragene Grund so gravierend ist, dass ihm der Vorrang einzuräumen ist.

Erhalten Arbeitnehmer bei Pflegezeit und Familienpflegezeit Gehalt?

Bei Arbeitsverhinderung durch Pflegezeit oder Familienpflegezeit erhalten Beschäftigte kein reguläres Gehalt. Stattdessen besteht die Möglichkeit, eine finanzielle Unterstützung in Form eines staatlichen Darlehens zu beantragen, welches durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben erfolgt.

Das staatliche Darlehen hat das Ziel, sicherzustellen, dass pflegende Arbeitnehmer trotz reduzierter Arbeitszeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben und ihre Pflegeverantwortung ohne erhebliche finanzielle Belastungen wahrnehmen können. Dieses Darlehen soll demnach dazu dienen, den Einkommensverlust aufgrund der reduzierten Arbeitszeit während dieser Zeiträume auszugleichen.

Besteht die Arbeitsverhinderung nur kurzfristig gibt es noch eine weitere Möglichkeit die verpassten Arbeitstage auszugleichen. Bei einer Pflegezeit von bis zu maximal 10 Tagen zahlt die Pflegekasse bis zu 90% des Nettolohns, jedoch maximal 112,88€ Brutto pro Tag als sogenanntes Pflegeunterstützungsgeld. Dieses Geld muss nicht an die Pflegeversicherung zurückgezahlt werden und dient der kurzfristigen Überbrückung von Notfällen. Dafür muss eine Bescheinigung vom Arzt eingereicht werden.

Die Gewährung des Darlehens erfolgt durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben und verpflichtet zur Rückzahlung in monatlichen Raten nach Abschluss der Pflegezeit oder Familienpflegezeit.

Muss das Darlehen für die Pflegezeit zurückgezahlt werden?

Es ist bedeutend zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um ein Darlehen handelt und nicht um einen direkten Zuschuss. Daher müssen die empfangenen Beträge zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden – und zwar in der Regel in monatlichen Raten nach Abschluss der Pflegezeit oder Familienpflegezeit.

Die genauen Modalitäten der Rückzahlung, inklusive Höhe der Raten und Dauer, werden individuell festgelegt.

Haben Arbeitnehmer in Pflegezeit und Familienpflegezeit Urlaubsanspruch?

Bezüglich des Urlaubs gelten folgende Regelungen:

  • Pflegezeit: Während der Pflegezeit ruht das Arbeitsverhältnis, daher kann während dieser Zeit kein Urlaub genommen werden. Der Anspruch auf Erholungsurlaub bleibt jedoch erhalten und kann nach Beendigung der Pflegezeit in Anspruch genommen werden. Doch Achtung: Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat einer vollständigen Arbeitsfreistellung im Rahmen der Pflegezeit um 1/12 kürzen (vgl. § 4 Abs. 4 PflegeZG)!
  • Familienpflegezeit: Während der Familienpflegezeit reduziert der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit. Der Urlaubsanspruch wird entsprechend der reduzierten Arbeitszeit anteilig berechnet. Das bedeutet, dass der Urlaub entsprechend gekürzt wird, je nachdem, wie stark die Arbeitszeit reduziert wurde.

Sind Arbeitnehmer während der Pflegezeit in der Sozialversicherung?

Während der Inanspruchnahme von Familienpflegezeit oder Pflegezeit bleiben Arbeitnehmer weiterhin in der Sozialversicherung integriert. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte bleibt während dieser Perioden bestehen.

Dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter in Pflegezeit und Familienpflegezeit kündigen?

Arbeitgeber sind während der Pflegezeit oder Familienpflegezeit nicht berechtigt, Mitarbeiter allein aufgrund dieser Inanspruchnahme zu kündigen. Während dieser Zeiträume greift ein spezieller Kündigungsschutz, der den betroffenen Arbeitnehmern besonderen Schutz bietet.

Eine Kündigung des Beschäftigten ist nur unter strengen, gesetzlich definierten Bedingungen möglich, die unabhängig von der Nutzung der Pflegezeit oder Familienpflegezeit sind.

Was sind die Unterschiede zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit?

Hier ist eine Tabelle mit den wichtigsten Unterschieden zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit:

UnterschiedePflegezeitFamilienpflegezeit
DauerMaximal 6 Monate pro PflegefallBis zu 24 Monate
ArbeitsbefreiungVollständige Arbeitsbefreiung möglich, aber auch ArbeitszeitreduktionReduzierte Arbeitszeiten (auf 15 bis 30 Stunden pro Woche)
BeschäftigtengrößeÜber 15 Beschäftigte erforderlichÜber 25 Beschäftigte erforderlich
TeilzeitbeschäftigteWerden voll mitgezähltWerden nicht mitgezählt (FPfZG)
Anspruch auf staatliches DarlehenJaJa
Ankündigungsfrist10 Tage vor Beginn der Pflegezeit8 Wochen vor Beginn der Familienpflegezeit
KündigungsschutzWährend der Pflegezeit gewährtWährend der Familienpflegezeit vorhanden
Anspruch auf EntgeltfortzahlungNein (vollständige Freistellung)Teilweise, je nach Reduktion der Arbeitszeiten (70 – 90%)
RückkehrrechtGarantiertGarantiert

Beide Modelle, Pflegezeit und Familienpflegezeit, haben den gleichen Anspruchsberechtigtenkreis und regeln die Definition von pflegebedürftigen nahen Angehörigen identisch. Seit Januar 2015 haben pflegende Beschäftigte in beiden Fällen einen Rechtsanspruch auf ein staatliches Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.

Bevor Sie sich für ein Modell entscheiden, sollten Sie die jeweiligen Vor- und Nachteile abwägen und sich darüber im Klaren sein, welche Form der Unterstützung besser zu Ihrer persönlichen Situation passt.

Kann die Familienpflegezeit und Pflegezeit miteinander vereinbart werden?

Das PflegeZG wurde durch die Einführung der Familienpflegezeit nicht außer Kraft gesetzt. Sie können beide Möglichkeiten nebeneinander ausschöpfen. Mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf die Familienpflegezeit zum 1.1.2015 wurde das Verhältnis zwischen beiden Pflegezeiten aber gesetzlich neu geregelt: Die Gesamtdauer der Freistellungen darf demnach insgesamt höchstens 24 Monate betragen.

Was sind die Pflichten des Arbeitgebers bei Pflegezeit und Familienpflegezeit?

Der Arbeitgeber trägt bei der Pflegezeit oder Familienpflegezeit eines Arbeitnehmers eine Reihe von Pflichten, die darauf abzielen, eine angemessene Balance zwischen beruflichen und pflegerischen Verpflichtungen zu gewährleisten. Dies beinhaltet:

  • Beantwortung des Antrags: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Antrag angemessen zu prüfen und binnen einer bestimmten Frist zu antworten. Sollten keine triftigen betrieblichen Belange vorliegen, muss der Arbeitgeber den Antrag auf Pflegezeit oder Familienpflegezeit in der Regel bewilligen.
  • Freistellung (vollständig oder teilweise): Bei bewilligter Pflegezeit oder Familienpflegezeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit für die vereinbarte Dauer. Diese Freistellung kann bei der Pflegezeit vollständig oder nur teilweise erfolgen. Bei der Familienpflegezeit hingegen gibt es keine Möglichkeit zur vollständigen Freistellung.
  • Wiederbeschäftigungsgarantie: Nach Ablauf der Pflegezeit oder Familienpflegezeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich das Recht, an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine gleichwertige Position zu erhalten.
  • Dokumentationspflicht: Der Arbeitgeber muss die Pflegezeit und alle Vereinbarungen schriftlich festhalten und aufbewahren. Dies ist insbesondere bei der Familienpflegezeit der Fall, da hier die Vereinbarungen zur Arbeitszeitverkürzung und der neuen Stundenanzahl schriftlich fixiert werden müssen..
  • Vertraulichkeit: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle persönlichen Informationen des Arbeitnehmers in Bezug auf die Pflegezeit vertraulich zu behandeln.

FAQ – alle Antworten auf Fragen zur Pflegezeit und Familienpflegezeit

Noch offene Fragen zur Pflegezeit oder zur Familienpflegezeit? Im Folgenden finden Sie die häufigsten Fragen inklusive Antworten:

Bei der Pflegezeit gemäß § 3 Abs. 1 PflegeZG sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen.
Die Familienpflegezeit im Sinn des § 2 Abs. 1 FPfZG ist die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von Beschäftigten, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, bis auf einen Mindestumfang von 15 Stunden für die Dauer von längstens 24 Monaten.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer beispielsweise bei der Organisation der Arbeitszeitreduzierung unterstützen und flexible Lösungen finden, um den Übergang zu erleichtern.
Eine Pflegezeit darf grundsätzlich für jeden pflegenden Angehörigen nur einmal und nur für maximal 6 Monate beantragt werden. Geschwister oder Eheleute können sich die Pflegezeit für Ihre Eltern bzw. Schwiegereltern aufteilen.
Nein, die Familienpflegezeit ist unbezahlt. Der Arbeitnehmer erhält während dieser Zeit ein zinsloses Darlehen von der Bundesagentur für Arbeit, um finanzielle Einbußen abzufedern.
Während der Familienpflegezeit besteht Kündigungsschutz, das heißt, der Arbeitnehmer kann nicht ohne besondere Gründe gekündigt werden.
Was, wenn ein Mitarbeiter die gesetzlichen Anforderungen für beide Freistellungen erfüllt und aus seiner Ankündigung nicht klar hervorgeht, ob er eine Pflegezeit oder eine Familienpflegezeit verlangt? Für diesen Fall legt das Gesetz fest, dass im Zweifel die Erklärung als Ankündigung einer Pflegezeit gilt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 3 PflegeZG).
Die Inanspruchnahme der Pflegezeit ist grundsätzlich eine Sache, die der Arbeitgeber und ein interessierter Kollege allein ausmachen. Das heißt allerdings nicht, dass der Betriebsrat bei der Pflegezeit gar nichts zu sagen hat. Denn bei der Organisation einer Pflegezeit sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats meist berührt. So redet er z. B. mit, sofern durch die Inanspruchnahme einer Pflegezeit Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb betroffen sind (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)). Auch wenn es um die Personalplanung (§ 92 BetrVG) für den personellen Ausgleich und die Mitbestimmung für die Arbeitszeit bei einer Teilfreistellung in der Pflegezeit geht, ist der Betriebsrat gefragt: So ist z. B. die Frage, ob die Teilfreistellung wie gewünscht möglich ist, eine Personalplanungsangelegenheit. Auch bei der Frage, wie die Abwesenheitszeiten von ihren Kollegen ausgeglichen werden können, hat der Betriebsrat ein Wörtchen mitzureden. Beteiligungsrechte hat der Betriebsrat zudem, wenn es um die Arbeitszeit geht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Das betrifft vor allem den Fall der möglichen teilweisen Freistellung.