Piktogramm eines Mannes, der vor einer großen Uhr sitzt und in Gleitzeit arbeitet.

Gleitzeit: Modelle, Dokumentation, Vor- und Nachteile

Morgens später kommen und dafür abends länger bleiben – diese flexible Art zu arbeiten nennt sich Gleitzeit. Bei Beschäftigten in Unternehmen ist sie ein beliebtes Modell. Doch Gleitzeit bietet nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken.
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zur Gleitzeit in Kürze

  • Definition: Unter Gleitzeit versteht man flexible Arbeitszeit innerhalb eines festgelegten Rahmens. Dabei können Mitarbeiter über den Beginn und das Ende ihrer Arbeitszeit selbst entscheiden.
  • Modelle: Die zwei typischen Modelle sind die einfache Gleitzeit, bei der jeden Tag dieselbe Stundenanzahl in einer flexiblen Zeitspanne gearbeitet wird und die qualifizierte Gleitzeit, bei der Arbeitnehmer selbst über Arbeitsmenge und Arbeitszeit pro Arbeitstag entscheiden.
  • Vorteile: Viel Flexibilität, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit, Anpassung an individuelle Arbeitsrhythmen, mehr Produktivität und mehr Mitarbeiterzufriedenheit.
  • Nachteile: Hoher Verwaltungsaufwand, eventuell schlechtere Kommunikation aufgrund fehlender Überschneidungen zwischen Mitarbeitern.

Was versteht man unter Gleitzeit?

Gleitzeit bedeutet, den Beginn und das Ende der Arbeitszeit innerhalb eines festgelegten Rahmens selbst definieren zu können. Somit müssen nicht alle Mitarbeiter eines Unternehmens zur selben Zeit anfangen, sondern haben die Möglichkeit, ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit flexibel zu erbringen. Allerdings gibt es dabei auch Vorgaben.

Welche Gleitzeitmodelle gibt es?

Es gibt unterschiedliche Gleitzeitmodelle. Üblicherweise wird zwischen zwei Modellen unterschieden:

  • einfache Gleitzeit und
  • qualifizierte Gleitzeit.

Einfache Gleitzeit

Arbeitnehmer können in diesem Modell, der einfachen Gleitzeit, ihre Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens erbringen. Das heißt, sie sind an ihre tägliche Arbeitszeitdauer gebunden. Bei dieser Art der Gleitzeit erfolgt oft eine Festlegung einer Kernarbeitszeit. Zudem ist ein Arbeitszeitkonto nötig, das die erbrachte Zeit erfasst. Die sogenannte Gleitspanne kann dabei vom Arbeitgeber definiert werden.

Beispiel für die einfache Gleitzeit

Angenommen, die Gleitspanne würde beispielsweise den Arbeitsbeginn zwischen 7 und 9 Uhr sowie das Arbeitsende zwischen 16 und 19 Uhr vorsehen.

Die Kernarbeitszeit, zu der alle Mitarbeiter zu arbeiten haben, ist demnach die Zeit zwischen 9 und 16 Uhr (unterbrochen von gesetzlich vorgeschriebenen Pausen).

Einfache Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit

Die einfache Gleitzeit muss nicht zwingend mit einer Kernarbeitszeit versehen werden. Entscheidet sich ein Unternehmen für die einfache Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit, müssen die Arbeitnehmer (wie bei der klassischen einfachen Gleitzeit) ihre vertraglich definierte Arbeitszeit einhalten, müssen jedoch keine Kernzeiten einhalten, an denen sie verfügbar sein müssen. Demnach birgt diese Gleitzeit-Variante bereits etwas mehr Flexibilität.

Noch flexibler ist jedoch die qualifizierte Gleitzeit, die wir uns im Folgenden ansehen.

Qualifizierte Gleitzeit

In dem Modell der qualifizierten Gleitzeit dürfen Arbeitnehmer nicht nur darüber entscheiden, wann genau sie am Tag ihre tägliche Arbeitszeit erbringen. Sie dürfen auch entscheiden, wie lange sie pro Tag arbeiten und wie sie einen Ausgleich dieser Zeit schaffen, um die vertraglich vereinbarten Stunden innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums zu erreichen.

Beispiel für die qualifizierte Gleitzeit

So können Arbeitnehmer mit einem vertraglich vereinbarten Kontingent von 38 Stunden pro Woche montags beispielsweise 9 Stunden arbeiten, dienstags nur 6 Stunden, mittwochs 8,5 Stunden, donnerstags 7,5 Stunden und freitags 7 Stunden. So kommen sie am Ende der Woche auf 38 Stunden und haben dabei ihre Zeiten selbst eingeteilt.

Es gibt auch Modelle, in denen Arbeitnehmer ihre vereinbarte Stundenzahl nicht auf Wochenbasis, sondern auf Monats- oder Jahresbasis erreichen müssen. Das schafft noch mehr Flexibilität.

Gleitzeit auf Jahresbasis

Gleitzeit auf Jahresbasis ist ein Arbeitszeitmodell, das den Beschäftigten ermöglicht, ihre Arbeitszeit über das gesamte Jahr hinweg flexibel zu gestalten. Bei der Gleitzeit auf Jahresbasis wird die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht auf wöchentliche oder monatliche Zeiträume begrenzt, sondern auf das gesamte Jahr verteilt. Mitarbeiter haben die Freiheit, ihre Arbeitsstunden nach Bedarf zu variieren, solange sie am Jahresende die vereinbarte Gesamtarbeitszeit erreicht haben.

Gleitzeit mit Funktionszeit – Was ist das?

Gleitzeit mit Funktionszeit kombiniert die Flexibilität der Gleitzeit mit der Verpflichtung, während bestimmter Zeitspannen anwesend oder erreichbar zu sein. Bei der Gleitzeit mit Funktionszeit können Mitarbeiter ihre Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen. Allerdings gibt es festgelegte Funktionszeiten, während derer die Anwesenheit im Büro oder die Erreichbarkeit zwingend erforderlich ist. Diese Funktionszeiten stellen sicher, dass wichtige Aufgaben, Meetings und Teamarbeit ohne Unterbrechungen erledigt werden können.

Wie wird die Gleitzeit dokumentiert?

Im Arbeitsalltag wird die Gleitzeit über ein Arbeitszeitkonto dokumentiert. Die geleisteten Stunden werden dabei mit einem Tool erfasst und den zu erbringenden Stunden gegenübergestellt.

Dieser Soll-Ist-Vergleich macht deutlich, wie viele Stunden dem Arbeitnehmer in der laufenden Woche, dem Monat oder dem Jahr noch fehlen, um die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu erbringen. In der Regel legt der Arbeitgeber den Zeitpunkt fest, bis zu dem ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein muss.

In einigen Betrieben wird noch mit den klassischen Stempelkarten gearbeitet, um die Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu erfassen. Andere Unternehmen setzen auf elektronische Zeiterfassungstools, in die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten eintragen bzw. sich morgens einloggen und nachmittags wieder ausloggen.

Einhaltung der gesetzliche Arbeits- und Pausenzeit auch bei Gleitzeit nötig!

Vor allem bei der qualifizierten Gleitzeit, bei der Arbeitnehmer sich ihre Arbeitszeiten sehr frei einteilen dürfen, ist es wichtig, dass Arbeitnehmer trotzdem die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der zulässigen Arbeits- bzw. nötigen Pausenzeit einhalten.

Ampelsystem: So zu viele Plus- oder Minusstunden vermeiden?

Mit einem Ampelsystem können Arbeitgeber dafür sorgen, dass Mitarbeiter nicht zu viele Plus- oder Minusstunden anhäufen. Wie viele Stunden in welchem Bereich anfallen dürfen, legt das Unternehmen fest.

Beispiel

  • Grüner Bereich: bis zu 20 Plus- oder Minusstunden
  • Gelber Bereich: zwischen 21 und 30 Plus- oder Minusstunden
  • Roter Bereich: ab 31 Plus- oder Minusstunden

Arbeitgeber können auf diese Weise erreichen, dass Mitarbeitende Überstunden abbauen oder fehlende Arbeitszeiten zügig aufholen. So lässt sich zum Beispiel vereinbaren, dass im gelben Bereich zunächst abgesprochen werden muss, ob weitere Stunden aufgebaut werden dürfen. Im roten Bereich müsste dann besprochen werden, wann genau ein Mitarbeiter Stunden auf- oder abbaut.

Der Abbau von Stunden kann durch freie Zeitfenster an einzelnen Tagen, ganze Gleittage oder sogar Modelle wie ein Sabbatical erreicht werden. Dabei sammeln Arbeitnehmer Arbeitsstunden an und gleichen diese dann über einen längeren Zeitraum geballt aus.

Der Vorteil des Ampelsystems liegt darin, dass Angestellte auf die Weise Freiheiten haben, aber nicht unkontrolliert Stunden ansammeln.

Welche Vorteile bietet Gleitzeit?

Gleitzeitmodelle bieten sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern viele Vorteile.

Vorteile von Gleitzeit für Arbeitgeber

Arbeitgeber profitieren von folgenden Vorteilen bei der Einführung von Gleitzeit:

  • Positives Betriebsklima: Flexibilität und Gestaltungsspielraum wirken sich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Mitarbeiter empfinden durch Gleitzeit entgegengebrachtes Vertrauen und Wertschätzung.
  • Höhere Produktivität: Dadurch, dass Mitarbeiter zufriedener sind und außerdem der individuelle Arbeitsrhythmus berücksichtigt werden kann, kann die Produktivität eines Unternehmens erhöht sein.
  • Saisonale Schwankungen ausgleichen: In einigen Branchen und Betrieben ist nicht das ganze Jahr über gleich viel zu tun. Dank einer Gleitzeitreglung lässt sich auf solche Schwankungen flexibel reagieren.
  • Employer Branding: Gleitzeitmodelle wirken sich positiv auf das Image von Arbeitgebern aus, da sie den Mitarbeitern Flexibilität ermöglichen. Für neue Mitarbeiter bzw. Bewerber kann Gleitzeit ein Faktor sein, weshalb sie sich für eine Stelle entscheiden.

Vorteile von Gleitzeit für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer wünschen sich aus guten Gründen oft Gleitzeit:

  • Individueller Arbeitsrhythmus wird berücksichtigt: Während die einen morgens produktiver sind, arbeiten andere lieber in den Abend hinein. Mit Gleitzeit lassen sich solche Individualitäten gut abdecken.
  • Work-Life-Balance: Arbeitnehmer können ihr Privatleben mit ihrem Beruf dank Gleitzeit besser vereinbaren. Ob die nachmittägliche Kinderbetreuung oder private Termine – flexible Arbeitszeiten sind eine enorme Erleichterung für viele Menschen und tragen stark zur Zufriedenheit im Job bei. Wer sogar Gleittage abbauen kann, hat außerdem mehr Flexibilität bei der Urlaubsgestaltung.
  • Arbeitsweg: Wer längere Pendelstrecken zum Arbeitsplatz zurücklegen muss, kann dank Gleitzeit auch antizyklisch fahren und so Staus zu den absoluten Stoßzeiten umgehen. So bleibt mehr Freizeit übrig, was wiederum die Zufriedenheit stärkt.

Welche Nachteile und Risiken birgt Gleitzeit?

Gleitzeit bietet viele Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das Modell birgt aber auch einige Risiken, die Arbeitgeber kennen sollten:

Risiken von Gleitzeit für Arbeitgeber

Bevor Arbeitgeber das Konzept der Gleitzeit in ihren Betrieb einführen, gilt es stets auch die Risiken dieses Arbeitszeitmodelles zu berücksichtigen:

  • Erhöhter Dokumentationsaufwand: Arbeitgeber müssen viel dokumentieren und nachhalten, was Aufwände erzeugt.
  • Produktivitätsverlust: Falls die Mitarbeiter alle zu sehr unterschiedlichen Zeiten arbeiten und dadurch die Kommunikation untereinander erschwert wird, kann das zu Produktivitätsverlusten führen.
  • Arbeitsabläufe schwerer planbar: Gemeinsame Meetings oder Absprachen werden schwerer zu planen, da sich die Arbeitszeiten nicht mehr komplett überschneiden. Es besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber den Überblick darüber verlieren, wer wann wie arbeitet.

Nachteile von Gleitzeit für Arbeitnehmer

Leider beinhaltet die Gleitzeit auch für Arbeitnehmer einige Nachteile:

  • Zeiterfassung: Arbeitnehmer müssen stets darauf achten, dass sie ihre Stunden korrekt dokumentieren und Plus- oder Minusstunden dann auch entsprechend ausgleichen.
  • Erschwerte Kommunikation: Die Kommunikation mit Kollegen kann erschwert sein, wenn diese zu anderen Zeiten arbeiten als man selbst.
  • Weniger Transparenz: Dadurch, dass nicht alle Mitarbeiter zur selben Zeit arbeiten, kann auch für Arbeitnehmer der Überblick verloren gehen, wer an was arbeitet, was das Fortkommen in Projekten erschwert.

Wichtig: Um Gleitzeit im Unternehmen erfolgreich zu leben und Produktivitätsverlusten vorzubauen, ist gute Kommunikation unverzichtbar. Sowohl die Mitarbeiter untereinander als auch Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen ihre Abstimmung optimieren, damit es nicht zu Produktivitätsverlusten kommt und die Arbeit für alle transparent bleibt.

Wie und wo wird Gleitzeit vereinbart?

Gleitzeit wird üblicherweise in Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen festgelegt. Diese Vereinbarungen (auch: Gleitzeitvereinbarungen) werden zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder direkt mit den Mitarbeitern getroffen und regeln die Rahmenbedingungen wie Kernarbeitszeiten, Gleitzeitrahmen und Zeiterfassung. Solche Regelungen stellen sicher, dass die flexible Arbeitszeitgestaltung klar definiert und für alle Beteiligten verbindlich ist.

FAQ zur Gleitzeit

Rund um das Thema Gleitzeit gibt es viele weitere Fragen, auf denen Arbeitgeber Antworten suchen:

Gleitzeit ist in den Unternehmen sinnvoll, in denen der Zeitpunkt für die Erledigung einer Aufgabe nicht relevant ist. Gleitzeit empfiehlt sich zugleich in Unternehmen und Branchen, die kreative und wissensbasierte Tätigkeiten fördern. Diese Flexibilität ermöglicht es den Mitarbeitern, ihre produktivsten Zeiten zu nutzen, was zu einer höheren Zufriedenheit und gesteigerten Effizienz führt. Branchen wie die IT, kreative Agenturen, Beratungsunternehmen und Forschungseinrichtungen profitieren von Gleitzeit, da sie eine anpassungsfähige Arbeitsumgebung erfordern und oft projektbasiert arbeiten.
Für Unternehmen, die im Schichtbetrieb arbeiten, macht Gleitzeit keinen Sinn. Auch in der Dienstleistungsbranche wie zum Beispiel im Einzelhandel oder beim Frisör ist Gleitzeit schwer umzusetzen, da es feste Öffnungszeiten gibt. In der Produktion ist Gleitzeit ebenfalls nicht sinnvoll, da es zu Produktionsausfällen kommen kann, wenn Arbeiter nicht zur vereinbarten Arbeitszeit anwesend sind.
Wie viele Stunden bei Gleitzeit gearbeitet wird, hängt davon ab, was zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart ist. Bei der einfachen Gleitzeit wird eine festgelegte Anzahl von Stunden pro Tag gearbeitet. Bei der qualifizierten Gleitzeit kann die Anzahl der Stunden pro Tag stark schwanken und muss erst auf die Woche, den Monat oder das Jahr ausgeglichen werden.
Die Gleitspanne ist die Zeitspanne vor und nach der Kernarbeitszeit. Sie gibt an, um wie viele Stunden der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende flexibel nach vorne oder nach hinten geschoben werden können.
Mit Kernarbeitszeit ist die Arbeitszeit gemeint, in der für alle Beschäftigten eines Unternehmens Arbeitspflicht besteht. Sie soll die gleichzeitige Anwesenheit aller Mitarbeiter eines Betriebs ermöglichen, damit die Zusammenarbeit und Kommunikation reibungslos vonstattengehen können.
Gleittage sind arbeitsfreie Tage, die Mitarbeiter als Ausgleich für zu viel geleistete Arbeitsstunden nehmen können. Sie kompensieren Mehrarbeit und können eine Ergänzung zu Urlaubstagen sein. Ob und wie Gleittage genommen werden dürfen, legen Betriebe mit Gleitzeitmodellen individuell fest.