Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Anspruch, Dauer & Voraussetzungen
- Was bedeutet Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
- Wer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
- Was sind die Voraussetzungen für die Entgeltfortzahlung?
- Was ist die Höchstdauer der Entgeltfortzahlung?
- Wie erfolgt die Entgeltfortzahlung bei einer Beschäftigungszeit unter vier Wochen?
- Wann beginnt die Entgeltfortzahlung?
- Können Arbeitnehmer bei verschiedenen Krankheiten mehrfach hintereinander Entgeltfortzahlung verlangen?
- Erhalten Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung bei erneuter Arbeitsunfähigkeit mit der gleichen Erkrankung?
- Wie wird die Höhe der Entgeltfortzahlung berechnet?
- Können sich Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung erstatten lassen?
- FAQ – alle Antworten zu Fragen rund um die Entgeltfortzahlung
Was bedeutet Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
Die beste Definition zur Entgeltfortzahlung liefert das Entgeltfortzahlungsgesetz im § 3 selbst. Der Gesetzgeber beschreibt hier den Anspruch auf Lohnfortzahlung und erklärt, dass jeder Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen hat.
Nach sechs Wochen läuft die Arbeitgeberpflicht zur Entgeltfortzahlung aus und wird durch das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse ersetzt.
Wer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Grundsätzlich steht jedem Angestellten, der ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis von vier Wochen nachweisen kann, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber zu.
Die folgenden Personengruppen haben generell einen Anspruch auf Lohnfortzahlung:
- Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte,
- Mitarbeiter in Jobs ohne Sozialversicherung,
- Vollzeitangestellte,
- Teilzeitangestellte,
- Geringfügig beschäftigte Mitarbeiter, zum Beispiel Studenten,
- Auszubildende,
- Kurzfristig beschäftigte Mitarbeiter (Anspruch endet mit letztem Beschäftigungstag),
- Rentner, die als Arbeitnehmer beschäftigt sind,
- Mitarbeiter in einer Rehabilitationsmaßnahme,
- Angestellte in einer Maßnahme der medizinischen Versorgung,
Was sind die Voraussetzungen für die Entgeltfortzahlung?
Die Voraussetzungen für den Anspruch auf die Entgeltfortzahlung lauten wie folgt:
- Arbeitsverhältnis von über vier Wochen
- Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit, die nicht Schuld des Arbeitnehmers ist
Sind diese Bedingungen erfüllt, erhält der Arbeitnehmer in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit sein vertraglich vereinbartes Entgelt ohne Abschläge weiter.
Wann gilt eine Arbeitsunfähigkeit als verschuldet?
Ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit sieht die Rechtsprechung dann als gegeben an, wenn Ihr Arbeitnehmer einen groben Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten an den Tag legt. Dabei tragen Sie die volle Beweislast für das Verschulden.
Die Rechtsprechung hat ein Verschulden bei einem Selbstmordversuch und bei einer Drogensucht verneint. Bejaht hat sie es beispielsweise bei einer Verletzung in einer Schlägerei nach einer vorangegangenen Provokation oder bei einem Verstoß gegen ein Rauchverbot nach einem Herzinfarkt! Bei Verkehrsunfällen bejaht sie dann ein Verschulden, wenn die Sicherheitsgurte nicht angelegt waren, wenn grobe Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung vorliegen, beispielsweise eine auf rot geschaltete Ampel überfahren wird, oder bei einem erheblichen Alkoholmissbrauch.
Bei deutlichen Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen kann ebenfalls ein Verschulden vorliegen. Dieses kann sowohl bei Verletzung der Bestimmungen des Arbeitszeitrechts als auch dann vorliegen, wenn Ihre Arbeitnehmer die vorgeschriebene Schutzkleidung trotz einer Belehrung nicht tragen.
Was ist die Höchstdauer der Entgeltfortzahlung?
Die Höchstdauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beträgt 6 Wochen. Eine erneute Lohnfortzahlung von sechs Wochen bei Krankheit ist möglich:
- wenn ein abweichendes Krankheitsbild diagnostiziert wird,
- nach einer Karenzzeit von 6 Monaten oder
- wenn seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
Wie erfolgt die Entgeltfortzahlung bei einer Beschäftigungszeit unter vier Wochen?
Bei einer Beschäftigungszeit unter vier Wochen zahlt die gesetzliche Krankenkasse in den ersten vier Wochen Krankengeld statt Arbeitslohn. Besteht die Beschäftigung trotz Krankheit weiter, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ab der fünften Woche höchstens sechs weitere Wochen den vereinbarten Lohn zu entrichten, bevor nach Auslaufen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung erneut ein Krankengeldanspruch besteht.
Beispiel: Am 1. 6. stellen Sie Beate Kleinert ein. Am 10. 6. meldet sich Frau Kleinert für längere Zeit krank. Bis zum Ablauf der 4-Wochen-Frist (die ab dem Tag des Arbeitsbeginns berechnet wird), zahlt die Krankenkasse: Die 4-Wochen-Frist beginnt am 1.6. Die vierte Woche des Arbeitsverhältnisses endet am 28. 6. Ihre Entgeltfortzahlungspflicht beginnt am 29. 6. und endet nach sechs Wochen am 9. 8. Die Krankenkasse zahlt Krankengeld vom 10. 6. bis 28. 6. und dann wieder ab dem 10. 8.
Wann beginnt die Entgeltfortzahlung?
Grundsätzlich beginnt die Zahlung der Entgeltfortzahlung mit dem ersten Tag der Krankheit. Der behandelnde Arzt vermerkt auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Beginn der Arbeitsunfähigkeit und das voraussichtliche Ende. Der Entgeltfortzahlungsanspruch beginnt mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
Der Mitarbeiter Manuel Müller erhält seine Entgeltfortzahlung also bereits ab dem ersten Tag seiner Arbeitsunfähigkeit – und zwar weil er bereits deutlich länger als vier Wochen im Betrieb arbeitet. Wie sieht es jedoch bei einer Mitarbeiterin aus, die gerade frisch eingestellt wurde – der Beschäftigungszeitraum von vier Wochen also noch nicht erfüllt ist?
Können Arbeitnehmer bei verschiedenen Krankheiten mehrfach hintereinander Entgeltfortzahlung verlangen?
Arbeitgeber sind auf Grundlage des EntgFG verpflichtet, einem Angestellten bei einer ärztlichen Krankschreibung 42 Kalendertage lang das reguläre Gehalt weiterzuzahlen. Diese Regel gilt grundsätzlich für jede neue Krankheit.
Erhielt ein Arbeitnehmer 42 Kalendertage oder sechs Wochen lang eine Entgeltfortzahlung aufgrund eines privaten Unfalls und steckt sich am ersten Arbeitstag nach der Genesung mit einem Erkältungsvirus an, kann er erneut per Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung krankgeschrieben wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall verpflichtet, für bis zu sechs weitere Wochen den vollen Lohn zu zahlen.
Relevant dafür, ob eine Entgeltfortzahlung mehrfach hintereinander erfolgen kann, ist demnach das Vorliegen einer ANDEREN Erkrankung NACH Ablauf der 6-Wochen-Frist für die erste Erkrankung.
Erhalten Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung bei erneuter Arbeitsunfähigkeit mit der gleichen Erkrankung?
Bei einer Erkrankung hat der Arbeitnehmer das Recht auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Sollte die Krankheit nach diesen sechs Wochen nicht auskuriert sein, erhält der Arbeitnehmer nach Ablauf Krankengeld. Sollte der Arbeitgeber nach Rückkehr und einem Monat Beschäftigung erneut aufgrund derselben Erkrankung arbeitsunfähig sein, besteht kein Anspruch auf eine weitere Entgeltfortzahlung.
Der Grund: Der Arbeitgeber darf die Vorerkrankungszeiten bei derselben Krankheit anrechnen. Da der Arbeitnehmer im obigen Beispiel bereits die 6-Wochen-Frist der Entgeltfortzahlung ausgereizt hat, muss der Arbeitgeber im Krankheitsfall mit der gleichen Erkrankung keinen einzelnen Tag Entgeltfortzahlung mehr leisten.
Sollte der Arbeitgeber hingegen vier Wochen arbeitsunfähig sein und nach zwei Monaten erneut – wegen demselben Grund – erkranken, muss der Arbeitgeber nur noch zwei Wochen zahlen, bevor das Krankengeld das Entgelt ersetzt. Schließlich können die Vorerkrankungszeiten von vier Wochen auf die 6-Wochen-Frist angerechnet werden.
Wichtig: Die Anrechnung der Vorerkrankungszeiten bei derselben Krankheit ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.
Wie wird die Höhe der Entgeltfortzahlung berechnet?
Die Höhe des Arbeitsentgelts im Rahmen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird auf Grundlage von § 4 EntgFG berechnet. Der Gesetzgeber gibt Arbeitgebern auf, Arbeitnehmern das vertraglich zugesicherte Gehalt während der Arbeitsunfähigkeit weiterzuzahlen. Es gilt das sogenannte Entgeltausfallprinzip, dem der Arbeitnehmer in Bezug auf seinen Lohn so gestellt wird, als würde er arbeiten.
In die Berechnung fließen keine Zulagen oder ähnliche Leistungen ein, die an tatsächliche entstandene Ausgaben des Beschäftigten geknüpft sind. Sonderzahlungen können wie im § 4a EntgFG (Kürzung von Sondervergütungen) beschrieben, eingekürzt werden. Im Gegensatz dazu fließen die folgenden Leistungen in die Kalkulation ein:
- Funktionszulagen,
- Sachbezüge, wie z. B. freie Kost und Wohnung, Waren, Kleidung,
- Leistungszulagen und Prämien, soweit der Mitarbeiter diese bisher regelmäßig erhalten hat (z. B. für Pünktlichkeit oder besondere Qualität),
- Zuschläge zur Sonn- und Feiertagsarbeit – aber auch Nachtarbeit und
- Rufbereitschaft.
Das bedeutet: Es ist das Arbeitsentgelt zu zahlen, das Ihr Mitarbeiter erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte.
Erhält ein Arbeitnehmer einen Akkordlohn oder eine andere leistungsorientierte Vergütung, wird für die Kalkulation der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall der durchschnittliche Verdienst berechnet, den der Angestellte während seiner regulären Arbeitszeit erzielt hätte.
Können sich Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung erstatten lassen?
Arbeitgeber, die nicht mehr als 30 Arbeitnehmer in ihrem Betrieb beschäftigen, nehmen am Umlageverfahren U1 (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) teil. Pro Beschäftigten zahlen Arbeitgeber für einen Erstattungssatz von 70 Prozent einen Umlagesatz von 2,6 Prozent auf das Brutto-Monatsgehalt des Arbeitgebers. Bei einem Erstattungssatz von 50 Prozent beträgt der Umlagesatz 1,7 Prozent, bei 80-prozentiger Erstattung 4,10 Prozent.
Bei einer Eingliederung in die Arbeitgeberversicherung erhalten Arbeitgeber somit ihre Kosten für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall anteilig erstattet. Unternehmen, die nicht in die Arbeitgeberversicherung inkludiert sind, müssen die Kosten für die Entgeltfortzahlung selbstständig tragen.
FAQ – alle Antworten zu Fragen rund um die Entgeltfortzahlung
Noch Fragen? Wir liefern Ihnen die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zur Entgeltfortzahlung.