Infografik über die Chancen und Herausforderungen im Unternehmen durch die Mitbestimmung der Mitarbeiter.

Mitbestimmung am Arbeitsplatz: Gesetzliche Plicht und Vorteile

Die Mitbestimmung am Arbeitsplatz ist nicht nur für Arbeitnehmer ein wichtiges Thema. Spätestens seit den letzten Reformbemühungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind die Zeiten, in denen die Entscheidungen ausschließlich in der Chefetage gefällt wurden, endgültig vorbei. Und auch wenn viele Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte ihrer Angestellten mit gemischten Gefühlen betrachten: Unternehmen, in denen Mitarbeiter mitreden und mitentscheiden dürfen, sind nachweislich erfolgreicher. Erfahren Sie in diesem Artikel, warum Mitgestaltung zu einer zeitgemäßen Unternehmenskultur gehört und welche Vorteile Arbeitgeber aus der Beteiligung ihrer Belegschaft ziehen können.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Mitbestimmung der Arbeitnehmer?

Mitbestimmung am Arbeitsplatz bedeutet, dass Arbeitnehmer aktiv an betrieblichen Entscheidungen beteiligt werden, die ihre Arbeitsbedingungen und das Unternehmen betreffen. In Deutschland ist dieses Recht durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Es gibt den Beschäftigten, meist über gewählte Arbeitnehmervertretungen wie den Betriebsrat, die Möglichkeit, bei wichtigen Fragen wie Arbeitszeiten, Kündigungen, Arbeitsschutz und sozialen Angelegenheiten mitzuwirken.

So regelt § 1 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), dass in Betrieben mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsrat gewählt werden kann. Allerdings besteht natürlich kein Zwang zur Wahl einer solchen Interessenvertretung. Sind die Voraussetzungen jedoch erfüllt, können Arbeitgeber auch nichts dagegen unternehmen, dass die Beschäftigten ihr Mitbestimmungsrecht ausüben.

Die Mitbestimmung stärkt die Position der Arbeitnehmer, indem sie eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Belegschaft fördert. Ziel ist es, faire und transparente Entscheidungen zu treffen, die sowohl den Interessen des Unternehmens als auch der Mitarbeiter gerecht werden.

Wie wird das Mitbestimmungsrecht durchgesetzt?

Die Mitbestimmung am Arbeitsplatz wird durch eine Arbeitnehmervertretung durchgesetzt, wie beispielsweise durch den Betriebsrat oder den Personalrat im öffentlichen Dienst.

Der Betriebsrat wird von den Mitarbeitern gewählt und vertritt ihre Interessen gegenüber der Unternehmensleitung. In vielen Angelegenheiten, wie etwa bei Arbeitszeiten, Urlaubsplänen oder Kündigungen, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber ohne die Zustimmung des Betriebsrats keine endgültige Entscheidung treffen kann. In Fällen, in denen keine Einigung erzielt wird, kann eine Schlichtungsstelle eingeschaltet werden, die einen Kompromiss herbeiführt.

Welche Folgen zieht ein Betriebsrat für den Arbeitgeber nach sich?

Ist der Betriebsrat einmal gegründet, bedeutet das unter Umständen, dass die Gestaltung der Arbeitsprozesse komplizierter wird. Die Arbeitnehmervertretung muss zu vielen Dingen angehört werden – denn die gewählten Beschäftigten im Betriebsrat haben nicht nur ein Mitspracherecht hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe, sondern sollen beispielsweise auch auf den Arbeitsschutz achten. Entscheidungen, die das Personal betreffen, dauern folglich länger. 

Mitunter können Arbeitgeber geplante Veränderungen deshalb auch nicht so umsetzen, wie sie es vorher gewohnt waren. Auch der bürokratische Aufwand und die damit verbundenen Kosten sorgen bei vielen Unternehmern für eine skeptische Haltung gegenüber der organisierten Interessenvertretung ihrer Mitarbeiter – denn laut Arbeitsrecht darf die Betriebsratsarbeit ausdrücklich auch während der Arbeitszeit erledigt werden. 

Im Umgang mit dem Betriebsrat sollten sich Arbeitgeber allerdings auch bewusstmachen, dass eine zielgerichtete Partizipation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen bedeutet.

Wie können Betriebsräte die Produktivität steigern?

Obwohl die Einrichtung eines Betriebsrats für Arbeitgeber auf den ersten Blick vor allem mit Belastungen verbunden scheint – die organisierte Mitbestimmung am Arbeitsplatz birgt auch Chancen. Denn Betriebsräte machen Unternehmen nachweislich erfolgreicher: So haben Wirtschaftsforscher bereits in einer Studie aus dem Jahr 2011 festgestellt, dass allein die Existenz eines Betriebsrats die Produktivität am Arbeitsplatz um ganze 9 Prozent steigert.

Die Belastungen, die der Dialog mit Beschäftigten und Betriebsratsvorsitzenden hin und wieder verursacht, zahlen sich somit letztlich auch als wirtschaftlich vorteilhafte Investitionen in die Zukunft aus. Genau genommen können erfolgshungrige Unternehmer ihre Beschäftigten sogar darin unterstützen, ihr Mitbestimmungsrecht in Form der Betriebsratsarbeit auszuüben. Doch auch abseits dieses bürokratischen Instruments ist es für Arbeitgeber ratsam, ihrer Belegschaft Chancen zur Mitgestaltung einzuräumen. 

Denn wenn Mitarbeiter ihre eigenen Ideen und Verbesserungsvorschläge erfolgreich einbringen können und sich in Entscheidungen am Arbeitsplatz einbezogen fühlen, sind sie nicht nur insgesamt zufriedener, sondern meist auch deutlich motivierter. Um als Unternehmer von diesen Vorteilen zu profitieren ist aber nicht immer ein Betriebsrat nötig – schon einfache Maßnahmen zur Mitgestaltung auf freiwilliger Basis können bereits merkliche Veränderungen bewirken. 

Die Vereinbarungen, die in diesem Rahmen mit den Angestellten geschlossen werden, können und sollten sich aber nicht nur auf die die unmittelbaren Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen des Personals erstrecken. Stattdessen tun Arbeitgeber gut daran, alle Bereiche der Arbeitswelt im Unternehmen miteinzubeziehen.

Wie lassen sich Innovationspotenziale durch die Mitgestaltung nutzen?

Durch die Mitgestaltung der Arbeitnehmer haben Unternehmer die Möglichkeit, einen weiteren wichtigen Erfolgsfaktor zu nutzen: die Innovationskraft. Wenn Mitarbeiter eigene Ideen und Optimierungsvorschläge einbringen dürfen und an Entscheidungsprozesse beteiligt sind, fördert dies die Entwicklung von Innovationen in der gemeinsamen Arbeitsumgebungen. Auch neue Herausforderungen, wie beispielsweise die Digitalisierung der Arbeitswelt, sowie die damit verbundenen Veränderungsprozesse lassen sich auf diesem Weg deutlich einfacher einleiten und umsetzen – was auf Dauer auch die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs erhält und den Unternehmenserfolg nachhaltig steigert.

Partizipation ist auf vielen Ebenen möglich

Wie intensiv Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Gestaltung ihrer Arbeitsumgebung mitwirken, hängt nicht nur von der jeweiligen Motivation, sondern auch von der Zielsetzung des Veränderungsprozesses ab. In diesem Zusammenhang lassen sich Beschäftigte in drei Formen der betrieblichen Mitgestaltung auf verschiedenen Ebenen einbinden:

  • Operative Mitgestaltung: Mitarbeiter dürfen ihre eigenen Aufgaben täglich und kurzfristig mitgestalten
  • Taktische Mitgestaltung: Mitarbeiter treffen mittelfristige Entscheidungen, die den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beeinflussen
  • Strategische Mitgestaltung: Mitarbeiter erarbeiten existenzielle und langfristige Maßnahmen, um den Betrieb auch auf Dauer wirtschaftlich voranzubringen

Um die Belegschaft dazu zu bringen, ihre Möglichkeiten zur Gestaltung am Arbeitsplatz aktiv zu nutzen, ist allerdings ein mitgestaltungsfreundliches Arbeits- und Betriebsklima wichtig. Besonders Vorgesetzte sollten in diesem Zusammenhang darauf achten, einen entsprechenden Umgang mit allen Beschäftigten zu pflegen: Nicht nur das Interesse für die Meinungen, Ideen und Probleme der Mitarbeiter muss dabei im Verhalten der Führungskräfte zum Ausdruck kommen. 

Auch die Fähigkeit, Verantwortung mit den Beschäftigten zu teilen sowie Spielräume für Kreativität und Innovationen zu schaffen, sorgt für eine vertrauensvolle und motivationsreiche Arbeitsumgebung. So lassen sich auch die verborgenen Potenziale der Angestellten aufdecken und zur Entwicklung gezielter Veränderungen im Unternehmen nutzen.

Kultur der Mitgestaltung zahlt sich aus

Wer als Arbeitgeber von der reinen Befehlsausführung abrückt und stattdessen eine Kultur der Mitgestaltung pflegt, lenkt den Fokus außerdem auf die wichtigste Ressource überhaupt – die Menschen im Unternehmen. Denn gelebte Demokratie und Mitgestaltung machen das Personal nachweislich glücklicher, zufriedener und loyaler. Ob im betriebsinternen Zukunftszentrum, als Organisation einzelner Beschäftigtengruppen oder über die Betriebsratsarbeit: Die Möglichkeit zur Gestaltung der eigenen Aufgaben und des gemeinsamen Arbeitsortes motiviert die Mitarbeiter in besonderem Maß.

Motivation ist dabei einerseits der Schlüssel zur Einführung und Nutzung von Innovationen, zugleich aber auch zu mehr Umsatz. Eine Studie der britischen University of Exeter hat ergeben, dass Mitarbeiter, die ihre Büroräume (mit-)gestalten dürfen, nicht nur zufriedener sind, sondern auch um 32 Prozent produktiver. 

Es muss also nicht immer ein teures Coaching oder Training sein – auch einfache Maßnahmen, wie zum Beispiel etwas Flexibilität in der Bürogestaltung oder bei der Verteilung der Arbeitsaufgaben, können merkliche Erfolge erzielen.

Wer mitgestalten darf, der identifiziert sich mit seiner Arbeit und seinem Arbeitgeber. Das führt letztlich auch zu einer stärkeren Verbundenheit mit dem Unternehmen. Arbeitnehmer bleiben ihrem Arbeitgeber eher treu, was in Zeit des Fachkräftemangels ein durchaus wichtiger Aspekt der Mitgestaltung ist.

Betriebliches Vorschlagswesen (BVW)

Eine Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung ist das betriebliche Vorschlagswesen (BVW). Mitarbeiter können beispielsweise über vorgefertigte Formulare oder das Intranet Verbesserungsvorschläge einreichen. Wir ihre Idee umgesetzt, erhalten sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Prämie als Belohnung, die sich zum Beispiel an den tatsächlichen Einsparungen durch den Optimierungsvorschlag orientiert.

Wieso erfordert die demokratische Unternehmenskultur Mut?

Wie weit ein Arbeitgeber beim Thema Mitbestimmungsrecht geht, hängt nicht zuletzt vom Mut des Unternehmers ab. Ein besonders innovativer Ansatz im Rahmen einer demokratischen Unternehmenskultur schlägt zum Beispiel vor, die die Führungskräfte von den jeweiligen Beschäftigtengruppen wählen lassen. Andere Modelle lösen sämtliche Hierarchieebenen unterhalb der Geschäftsleitung auf und ernennen nur noch Projekt- oder Teamleiter. Viele Firmen beweisen so, dass eine demokratische Unternehmenskultur mit umfangreichem Mitbestimmungsrecht durchaus auch in großen Betrieben funktioniert.

Natürlich nehmen die Einführung und Umsetzung gelebter Demokratie in der Arbeitswelt auch einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch – auf den ersten Blick scheint die einzelne Führungskraft in ihren Entscheidungen schneller. Die endgültige Kommunikation der Arbeitsaufgaben sowie die finale Einführung von Neuerungen geht allerdings deutlich zügiger vonstatten, wenn die Mitarbeiter von Beginn an in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Gerade im Zusammenhang mit möglicherweise unliebsamen Veränderungen, wie zum Beispiel der Digitalisierung von Arbeitsaufgaben, lässt sich langwierige Erklärungs- und Überzeugungsarbeit vermeiden – und gleichzeitig vom Sachverstand und der Motivation des Personals profitieren.

Welche Vorteile bietet die Mitarbeiterbeteiligung?

Wenn Sie Verantwortung übertragen und Mitgestaltung ermöglichen, identifizieren sich Ihre Mitarbeiter stärker mit Ihrem Unternehmen. Sie setzen sich ein und treiben den wirtschaftlichen Erfolg voran. Dabei können Mitarbeiter ihre Arbeit aber nicht nur durch Betriebsratsarbeit im Sinne des BetrVG mitgestalten: Arbeitgeber, die noch einen Schritt weitergehen möchten, können die Motivation dadurch erhöhen, dass sie Ihre Mitarbeiter auch auf dem Papier zu Mitunternehmern machen – und so auch Regelungen zur finanziellen Beteiligung schaffen. Am einfachsten geht das in Form von Aktien. 

Doch auch andere Vereinbarungen und Neuerungen zur Mitbestimmung der Beschäftigten sollten möglichst von vornherein gemeinsam mit der Belegschaft – im Besten Fall auch als Teil der Betriebsratsarbeit – entwickelt werden. Fragen Sie Ihr Personal danach, wie es seine Rolle im Unternehmen sieht und welche Prozesse oder Entscheidungen es gern mitgestalten würde. 

Egal ob Maßnahmen zum Arbeitsschutz oder neue Aufgaben im Rahmen der Digitalisierung: Vereinbarungen und Regelungen aus den eigenen Reihen lassen sich den Mitarbeitern meistens nicht nur besser vermitteln – sie sind oft auch deutlich effektiver als die Interessenvertretung von externen Ideen- oder Innovationsmanagern. Die langjährigen Mitarbeiter kennen das Unternehmen und seine Kunden viel besser und können deshalb konkretere Aussagen über die einzelnen Tätigkeiten und Aufgaben sowie die zugehörigen Vereinbarungen im Unternehmen treffen. 

Fazit: Mehr Mitgestaltung und Demokratie bei der Arbeit wagen

Betriebliche Mitgestaltung durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat vor allem zwei große Vorteile: Zum einen lassen sich mit neuen Ideen der Kolleginnen und Kollegen Projekte und Aufgaben zielgerichtet vorantreiben. Zum anderen steigern Mitgestaltungsmöglichkeiten die Mitarbeiterzufriedenheit, fördern die Motivation, erhöhen die Produktivität und stärken die Loyalität. Denn auch wenn die Einbindung von Betriebsratsarbeit, Berufsgenossenschaften und anderen Interessenvertretungen auf den ersten Blick vor allem aufwendig erscheint, profitieren Arbeitgeber letztlich von mehr Mut zu Mitgestaltung und Demokratie.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Mitgestaltung am Arbeitsplatz

Laut § 1 Abs. 1 BetrVG wird in der Regel ein Betriebsrat gegründet, wenn ein Unternehmen mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt, die wahlberechtigt (also mindestens 18 Jahre alt und kein leitender Angestellter) sind.
Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsumgebung und ihre Aufgaben selbst mitgestalten können, sind nicht nur nachweislich produktiver, sondern meist auch zufriedener und loyaler gegenüber dem Arbeitgeber.
Allgemein unterscheidet man drei Ebenen der Mitgestaltung am Arbeitsplatz: 1) die operative Mitgestaltung im Tagesgeschäft, 2) die taktische Mitgestaltung bei mittelfristigen Entscheidungen und 3) die strategische Mitgestaltung der langfristigen Ausrichtung des Unternehmens.