Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen

Betriebsrat: Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung

Von großer Bedeutung in der Praxis ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), das bei der Einstellung von Mitarbeitern besteht. Betriebsrat: Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung Dieses Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn Sie in Ihrem Unternehmen (vor dem 28.07.2001: in Ihrem Betrieb) in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Mitarbeiter beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis

Hat der Betriebsrat bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht?

Ja, der Betriebsrat hat bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht. Dieses Recht ist im Betriebsverfassungsgesetz (§ 99 BetrVG) verankert und gibt dem Betriebsrat die Möglichkeit, vor jeder Einstellung informiert und beteiligt zu werden. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die geplante Einstellung informieren, einschließlich der Personalien, des Vertrags und der zukünftigen Aufgaben des Bewerbers.

Der Betriebsrat kann die Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn berechtigte Gründe vorliegen, wie etwa Verstöße gegen geltende Gesetze, Benachteiligungen anderer Mitarbeiter oder die Bevorzugung eines Bewerbers aus nicht sachlichen Gründen. Sollte der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle oder das Arbeitsgericht anrufen, um eine Entscheidung herbeizuführen.

Durch dieses Mitbestimmungsrecht wird gewährleistet, dass Personalentscheidungen im Interesse der Belegschaft transparent und fair getroffen werden.

Mitbestimmungsrecht besteht bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages

Zwar fällt unter dem Begriff der Einstellung nicht der Abschluss eines Arbeitsvertrags (BAG, Urteil vom 13.04.1994, Aktenzeichen: 7 AZR 651/93; in: Arbeitsrechtliche Praxis (AP) Nr. 9 zu § 72 LPVG NW). Soll die Beschäftigung des Mitarbeiters jedoch auf Grund eines Arbeitsvertrags erfolgen, müssen Sie den Betriebsrat vor Abschluss dieses Arbeitsvertrages über die geplante Beschäftigung unterrichten und die Zustimmung des Betriebsrat zu dieser Beschäftigung im Betrieb einholen.

Das gilt selbst dann, wenn die vorgesehene Beschäftigung im Betrieb zunächst nur in einem „Rahmenvertrag“ geregelt wird, in dem der Zeitpunkt und die Dauer einer tatsächlichen Beschäftigung im Betrieb noch offen gelassen werden (BAG, Beschluss vom 28.04.1992, Aktenzeichen: 1 ABR 73/91; in: BB 1992, Seite 1852).

Als Arbeitgeber sollten Sie daher folgende Faustregel beachten: Mitbestimmungspflicht besteht bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags, aufgrund dessen Ihr einzustellender Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt und eingegliedert werden soll.

Bei welchen Einstellungen muss die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt werden?

Auch bei folgenden Einstellungen müssen Sie das Mitbestimmungsrecht Ihres Betriebsrats aus § 99 BetrVG beachten:

  • Abschluss von sämtlichen Arbeitsverträgen, auch von Praktikantenverträgen zwecks Berufsausbildung in Ihrem Betrieb,
  • Abschluss eines Mitarbeitervertrags im Betrieb für eine beabsichtigte Beschäftigung, die ohne diesen nicht möglich wäre,
  • Beschäftigung von Arbeitnehmern einer Drittfirma aufgrund eines Werkvertrags, wenn die Eingliederung dieser Arbeitnehmer in Ihrem Betrieb erfolgt. Die Eingliederung setzt voraus, dass der Arbeitgeber des Einsatzbetriebs auch gegenüber dem Fremdpersonal wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung übernimmt, also weisungsbefugt ist. Das gilt jedoch nicht, wenn typische Entscheidungen für das Arbeitsverhältnis den Drittfirmen überlassen bleiben (BAG, Beschluss vom 28.10.1986, Aktenzeichen: 1 ABR 9/94; in: BB 1995, Seite 518). Ein Werkvertrag liegt vor, wenn sich Ihnen gegenüber ein Hersteller (Unternehmen, Drittfirma) verpflichtet, ein Ihnen versprochenes, individuelles Werk herzustellen, also ein bestimmtes Arbeitsergebnis (Erfolg) gegen Zahlung einer Vergütung herbeizuführen.
  • Beschäftigung von Heimarbeitern,
  • Beschäftigung von Rote-Kreuz-Schwestern für Pflegedienste in Ihrem Krankenhaus (BAG, Beschluss vom 22.04.1997, Aktenzeichen: 1 ABR 74/96; in: BB 1997, Seite 1205),
  • Einstellung von Sachverständigen für eine Tätigkeit bei ausländischen Konzerngesellschaften (BAG, Beschluss vom 20.02.2001, Aktenzeichen: 1 ABR 30/00),
  • Teilzeitbeschäftigung von einem Elternzeitnehmer (früher: Erziehungsurlauber) bei Ihnen als bisherigem Arbeitgeber (BAG, Beschluss vom 28.04.1998, Aktenzeichen: 1 ABR 63/97; in: BB 1998, Seite 2525),
  • Versetzung eines Mitarbeiters aus einem Betrieb Ihres Unternehmens in einen anderen Betrieb dieses Unternehmens.

Das Bundesarbeitsgericht hat zu Sachverhalten wie dem letzteren ausgeführt, dass der Begriff der Einstellung nicht auf Fälle der erstmaligen Eingliederung beschränkt ist. Vielmehr besteht das Mitbestimmungsrecht auch, wenn bei einer späteren Änderung der Arbeitsverhältnisse die Interessen der Belegschaft genauso berührt werden wie bei einer Neueinstellung, Verlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen oder Umwandlung dieser Arbeitsverhältnisse auf unbestimmte Zeit (BAG, Beschluss vom 28.10.1986, Aktenzeichen: 1 ABR 16/85; in: BB 1987, Seite 2298).

Wann muss keine Zustimmung des Betriebsrates eingeholt werden?

Demgegenüber besteht in folgenden Punkten kein Mitbestimmungsrecht Ihres Betriebsrats:

  • Aufnahme eines Schülerpraktikanten (BAG, Beschluss vom 08.05.1990, Aktenzeichen: 1 ABR 7/89; in: BB 1990, Seite 1774),
  • Beschäftigung von Arbeitnehmern einer Drittfirma aufgrund eines Werkvertrags, wenn die Drittfirma die für das Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen zu treffen hat (BAG, Beschluss vom 28.10.1986, Aktenzeichen: 1 ABR 16/85; in: BB 1987, Seite 2298).

Hier können Sie jedoch verpflichtet sein, den Betriebsrat über die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer nach § 80 Absatz 2 BetrVG zu unterrichten.

Wann besteht die Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrates?

In folgenden Fällen benötigen Sie zwar nicht die Erlaubnis des Betriebsrates zur Einstellung, müssen die Betriebsratsmitglieder jedoch trotzdem unterrichten:

  • Beschäftigung eines freien Handelsvertreters oder freien Mitarbeiters. Eine Ausnahme gilt nur für so genannte atypische Fallgestaltungen, also wenn diese Personen Ihren Weisungen unterliegen (BAG, Beschluss vom 30.08.1994, Aktenzeichen: 1 ABR 3/94; in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 1995, Seite 649),
  • Dienstverträge mit leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Absatz 3 BetrVG. Das sind die Mitarbeiter, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages oder ihrer Stellung in Ihrem Unternehmen zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind, Generalvollmacht oder Prokura haben, soweit die Prokura im Verhältnis zu Ihnen als Arbeitgeber nicht unbedeutend ist, regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnehmen, die für den Bestand oder die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Zudem müssen die Entscheidungen der leitenden Angestellten im Wesentlichen frei von Arbeitgeber- Weisungen getroffen werden.
  • Einsatz von Testkäufern in einem Betrieb (BAG, Beschluss vom 13.03.2001, Aktenzeichen: 1 ABR 34/00),
  • Rücknahme einer Kündigung beziehungsweise einvernehmliche Fortsetzung des gekündigten Arbeitsverhältnisses (Hessisches Landesarbeitsgericht (LAG), Beschluss vom 12.05.1987, Aktenzeichen: 4 TaBV 267/86; in: BB 1987, Seite 2093),
  • Übernahme von Arbeitsverhältnissen bei einem Betriebsübergang nach § 613 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (BAG, Beschluss vom 07.11.1975, Aktenzeichen: 1 ABR 78/74; in: BB 1976, Seite 134).