Infografik zum Thema Vorsteuer einfach erklärt

Vorsteuer: Definition, Regelungen und Beispiele

Wenn Sie als Unternehmer Waren einkaufen oder Dienstleistungen beziehen, zahlen Sie wie jeder Endverbraucher auch Steuern. Im Vergleich zu privaten Konsumenten können Sie sich diese angefallenen Steuern jedoch beim Finanzamt wieder zurückerstatten lassen – in den meisten Fällen müssen sie es sogar. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, was die sogenannte Vorsteuer ist, wer sie abführen muss und wer nicht. Zudem klären wir die Frage, was der Vorsteuer unterliegt und wie hoch der Vorsteuersatz ist. Neben Rechenbeispielen zur Berechnung der Vorsteuer gehen wir abschließend auf den Vorsteuerabzug ein und zeigen Ihnen, wie Sie die Vorsteuer korrekt verbuchen.
Inhaltsverzeichnis

Was ist die Vorsteuer?

Als Vorsteuer werden die anfallenden Steuern bezeichnet, die Sie als Unternehmer oder Einkäufer innerhalb eines Betriebs für Waren und Dienstleistungen bezahlen. Diese sind ein sogenannter „durchlaufender Posten“. Sie können die Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen und erhalten diese zurück.

Um diese geltend zu machen, müssen Sie im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung dem Finanzamt mitteilen, wie viel Vorsteuer Sie bezahlt haben. Dabei wird zwischen 7 und 19 Prozent Steuerbelastung unterschieden. Von diesem endgültigen Betrag wird die Umsatzsteuer, die Sie selbst durch den Verkauf von Waren und Dienstleistungen einbehalten haben, abgezogen. In vielen Fällen übersteigt letztes Ihre gezahlte Vorsteuer und Sie erhalten nichts zurück, sondern müssen eine Zahlung an das Finanzamt abführen.

Die Begriffe Vorsteuer und Umsatzsteuer sind aus Unternehmenssicht relevant. Beide sind nicht mit der Mehrwertsteuer zu verwechseln – die Mehrwertsteuer betrifft ausschließlich den Endverbraucher. Dennoch wird der Begriff Umsatzsteuer oftmals synonym zur Mehrwertsteuer verwendet. Alle Regelungen zu den genannten Steuerarten sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt.

Wann fällt die Vorsteuer an und wann nicht?

Wenn Sie Waren und Dienstleistungen einkaufen, bezahlen Sie Vorsteuer. Dies gilt mit wenigen Ausnahmen für alles, was sie beziehen. Zu den Ausnahmen zählen unter anderem Ausgaben für Geschenke, Ihre eigene Lebensführung (bei Freiberuflern wichtig) sowie Geldstrafen und Geldbußen, die Ihnen auferlegt werden.

Anbieter müssen nicht immer Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen für Ihre Leistungen erheben, was dazu führt, dass nicht immer Vorsteuer anfällt. Das gilt beispielsweise – nur ein kleiner Auszug der Liste – bei folgenden Lieferungen und Leistungen:

  • Wertpapiergeschäfte,
  • Behandlungen im Krankenhaus,
  • Umsätze im Kulturbetrieb (beispielsweise Chöre, Museen oder Tierparks),
  • Jugendherbergen,
  • alle ehrenamtliche Tätigkeiten,
  • Heilbehandlungen (beispielsweise Heilpraktiker oder Zahnärzte).

Technisch gibt es zudem einen wichtigen Unterschied in der theoretischen Betrachtung der Vorsteuer. Wenn Sie Ihren Gewinn per Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, wird die Vorsteuer als Betriebsausgabe betrachtet. Wer hingegen doppelt Buch führt und eine Bilanz erstellt, also einen Betriebsvermögensvergleich anstellt, betrachtet die Vorsteuer anders. Sie ist dann als Forderung des Unternehmens an das Finanzamt zu verstehen.

In der Praxis und für das allgemeine Verständnis ist das weniger relevant – dort ist die Vorsteuer immer das, was Sie anderen Unternehmen und Betrieben an Steuer bezahlen, wenn sie Leistungen beziehen.

Wer muss Vorsteuer abführen?

Jedes Unternehmen, das steuerpflichtig ist, muss auf seine Verkäufe und auf seinen Rechnungen Umsatzsteuer erheben und diese an das Finanzamt abführen. Wer das tut, ist gleichzeitig auch vorsteuerabzugsberechtigt und kann diese – bei getätigten Einkäufen – gegenüber dem Fiskus geltend machen.

Steuerpflichtig und damit auch vorsteuerabzugsberechtigt sind grundsätzlich alle Unternehmen, egal welcher Rechtsform:

  • Kapitalgesellschaften: GmbH, AG, KG und weitere Formen.
  • Personengesellschaften: GbR, OHG und weitere Formen.
  • Einzelunternehmer
  • Freiberufler

Wer ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt?

Wer unter die Kleinunternehmerregelung fällt, ist weder steuerpflichtig noch vorsteuerabzugsberechtigt. Kleinunternehmer sind Selbstständige und Betriebe, die weniger als 22.000 Euro im vergangenen und weniger als 50.000 Jahr im aktuellen Jahr erwirtschaften – und die Regelung für sich beansprucht haben.

Kleinunternehmer dürfen nicht nur keine Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend machen, sie sind von der Umsatzsteuerpflicht befreit und können Ihre Leistungen ohne das Aufschlagen einer Umsatzsteuer auf der Rechnung sowohl an Privatleute als auch Geschäftskunden verkaufen.

Was unterliegt der Vorsteuer?

Das Umsatzsteuergesetz regelt in Paragraf 15, was der Vorsteuer unterliegt, respektive für welche Vorgänge Vorsteuer abgezogen werden kann. Im Detail können Unternehmer gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des UStG folgende Vorsteuerbeträge abziehen:

  • Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die Sie von anderen Unternehmern bezogen haben.
  • Entstandene Einfuhrumsatzsteuer – die fällt dann an, wenn Sie in Deutschland (oder der EU allgemein) Waren aus einem Drittstaat einführen.
  • Steuer für innergemeinschaftlich (innerhalb der EU) erworbene Waren und Dienstleistungen. Diese Steuer wird auch Erwerbssteuer genannt.

Wie hoch ist der Vorsteuersatz?

Für die Vorsteuer selbst gibt es in der Theorie keine speziellen Sätze. Es sind stets die gleichen, die für die Umsatzsteuer gelten. In Deutschland liegen die zwei Regelsteuersätze bei 19 Prozent (normal) respektive 7 Prozent (ermäßigt). Zeitweise kann der Regelsteuersatz gesenkt oder verändert werden, so zuletzt infolge der Corona-Pandemie geschehen. Das wirkt sich dann analog auf die Vorsteuer aus.

Was ist der Vorsteuerabzug?

Der Vorsteuerabzug ist der offizielle Begriff für den Vorgang, bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuerbeträge) mit der vereinnahmten Umsatzsteuer zu verrechnen. Lediglich Unternehmer sind vorsteuerabzugsberechtigt. Privatpersonen, Kleinunternehmer sowie Körperschaften und juristische Personen öffentlichen Rechts, die steuerfrei Leistungen beziehen dürfen, können nicht vom Vorsteuerabzug profitieren.

Wie funktioniert der Vorsteuerabzug in der Praxis?

Um den Vorsteuerabzug geltend zu machen, füllen Sie die Umsatzsteuervoranmeldung aus, sofern Sie dazu verpflichtet sind. Das kann monatlich oder quartalsweise der Fall sein. Anschließend erhalten Sie die gezahlte Steuer vom Finanzamt zurück oder müssen die einbehaltene Umsatzsteuer bezahlen.

Was ist ein pauschaler Vorsteuerabzug?

Es gibt insgesamt 58 Berufsgruppen gemäß Steuerrecht, die dazu berechtigt sind, pauschal Vorsteuern abzuziehen. Dieser Vorgang ist in § 23 des Umsatzsteuergesetzes geregelt. Je nach Berufsstand liegt der Pauschalsatz zwischen 1,5 Prozent und 12,5 Prozent.

Um vom pauschalen Vorsteuerabzug zu profitieren, müssen Sie eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Zu diesen Voraussetzungen gehören:

  1. Sie zählen zu den genannten Berufsgruppen, sind also beispielsweise Rechtsanwalt, Notar oder im Brennstoff-Einzelhandel angesiedelt.
  2. Sie ermitteln Ihren Gewinn in der Buchhaltung via Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).
  3. Aus Ihren Finanzen und Steuern geht hervor, dass Ihr Nettoumsatz im Vorjahr 61.356 Euro nicht überschritten hat.

Um die Höhe des pauschalen Vorsteuerabzugs zu ermitteln, teilen Sie den Nettoumsatz des betrachteten Jahres durch den pauschalen Vorsteuersatz Ihres Berufs beziehungsweise Ihrer Branche.

Ein Beispiel: Sie sind als selbstständige Friseurin tätig. Im vorangegangenen Jahr haben Sie 34.000 Euro Nettoumsatz erwirtschaftet. Sie ermitteln Ihren Gewinn mit der EÜR. Im laufenden Kalenderjahr haben Sie 46.000 Euro Nettoumsatz in den Büchern stehen. Dieser wird mit dem für Ihre Branche geltenden Pauschalsatz von 4,5 Prozent multipliziert: 46.000 Euro * 4,5 Prozent = 2.116 Euro. Diesen Betrag dürfen Sie pauschal als Vorsteuer abziehen.

Erfüllen Sie die Voraussetzung für die Vorsteuerpauschalierung, haben Sie in der Umsatzsteuerjahreserklärung ein echtes Wahlrecht. Sie entscheiden sich entweder für die Vorsteuer nach der Vorsteuerpauschalierung oder für die tatsächliche Vorsteuer aus den vorhandenen Eingangsrechnungen. Sie können sich für die für Sie steuerlich günstigste Variante entscheiden. 

Entscheiden Sie nach dem Vergleich mit der tatsächlichen Vorsteuer für die Vorsteuerpauschalierung, müssen Sie das dem Finanzamt in der Umsatzsteuerjahreserklärung mitteilen. Sie müssen keinen extra Antrag stellen. Es genügt, wenn Sie die Vorsteuer in die richtigen Zeilen eintragen

Wie wird der Vorsteuerabzug berechnet?

Um die Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen, müssen Sie Ihren persönlichen Vorsteuerabzug berechnen. Das erfolgt mit einer simplen Rechenformel:

Vereinnahmte Umsatzsteuer – gezahlte Umsatzsteuer = Vorsteuerabzug

Ist ein Unternehmen profitabel und tätigt keine größeren Einzelinvestitionen, ist das Ergebnis dieser Rechnung meist negativ. Heißt: Sie haben mehr Umsatzsteuer vereinnahmt als gezahlt und erhalten durch die Verrechnung nichts zurück. Sie müssen über die Umsatzsteuervoranmeldung diese Angaben übermitteln und eine Zahlung leisten.

Haben Sie hingegen mehr Umsatzsteuer / Vorsteuer gezahlt als Umsatzsteuer vereinnahmt, erhalten Sie nach der Verrechnung den Differenzbetrag zurück. In beiden Fällen füllen Sie monatlich oder quartalsweise die Umsatzsteuervoranmeldung(en) aus.

Beispiel 1: Vorsteuerbehandlung eines Handwerkbetriebs

Angenommen, Sie betrieben einen Malerbetrieb, der als GbR firmiert. Aufgrund der Umsätze im vorangegangenen Geschäftsjahr sind Sie dazu verpflichtet, monatlich eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben. Im Mai betrachten Sie Ihre Umsätze und gekauften Waren sowie Betriebsausgaben aus dem April, um spätestens bis zum 10. des Monats die Voranmeldung abzugeben.

Sie haben:

  • Dienstleistungen in Höhe von 119.000 Euro in Rechnung gestellt. Darin enthalten sind 19.000 Euro vereinnahmte Umsatzsteuer.
  • Waren im Wert von 2.380 Euro verkauft. Darin enthalten sind 380 Euro Umsatzsteuer
  • Einkauf von Waren im Wert von 35.700 Euro. Darin enthalten sind 5.700 Euro Vorsteuerbeträge bzw. gezahlte Umsatzsteuer

Da Sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen, sind Sie vorsteuerabzugsberechtigt. Sie errechnen nun aus allen Werten, ob Sie vom Finanzamt etwas zurückerstattet bekommen oder eine Zahlung leisten müssen. In der Umsatzsteuervoranmeldung geben Sie an:

19.380 Euro eingenommene Umsatzsteuer (19.000 + 380 Euro) – 5.700 Euro gezahlte Umsatzsteuer / Vorsteuerbetrag = 13.680 Euro

In diesem Fall beträgt Ihre Umsatzsteuerzahllast 13.680 Euro, die Sie an das Finanzamt für den Monat April abführen müssen.

Im darauf folgenden Monat haben Sie keine Einnahmen, da das Unternehmen aufgrund des Betriebsurlaubs geschlossen ist. Gleichzeitig hatten Sie aber Ausgaben von 11.900 Euro für Waren, um Ihre Bestände aufzustocken.

In der Umsatzsteuervoranmeldung für Mai – diese ist zum 10. Juni fällig – berechnen Sie also wieder wie folgt:

0 Euro eingenommene Umsatzsteuer – 1.900 Euro gezahlte Umsatzsteuer / Vorsteuer = -1.900 Euro

Für diesen Monat erhalten Sie nun den ermittelten Betrag als Vorsteuer vom Finanzamt zurück. Dieser Fall beziehungsweise Betrag wird als Vorsteuerüberhang bezeichnet.

Beispiel 2: Vorsteuerbehandlung als Kleinunternehmer

Sie stehen am Anfang Ihrer Selbstständigkeit und haben sich für die Kleinunternehmerregelung entschieden, da Sie noch nicht Rechnung um Rechnung schreiben und Ihre Umsätze gering sind.

Sie machen 10.000 Euro Umsatz im Geschäftsjahr. Diese Umsätze stellen Sie Ihren Kunden ohne zusätzliche Umsatzsteuer in Rechnung. Aus deren Sicht entfällt also die Zahlung einer Mehrwertsteuer.

Gleichzeitig kaufen Sie für 8.830 Euro Waren ein. Die 1.330 Euro gezahlte Steuer können Sie nicht gegenüber dem Finanzamt geltend machen. Wer unter die Kleinunternehmerregelung fällt, ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.

Wie wird die Vorsteuer gebucht?

Wenn Sie bilanzieren, also die doppelte Buchführung anwenden, benötigen Sie zum Buchen der Vorsteuer ein Umsatzsteuer- und Vorsteuerkonto in der Buchhaltung. Darauf buchen Sie jeweils Vorsteuer (im Soll) und Umsatzsteuer (Haben). Am Ende eines Geschäftsjahres werden beide Steuerkonten von der Buchhaltung geschlossen und die Saldi auf ein sogenannten „Umsatzsteuerverrechnungskonto“ umgebucht. Diesen Betrag erhalten Sie entweder zurück oder müssen ihn bezahlen.

Verwenden Sie hingegen eine Einnahmenüberschussrechnung zur Gewinnermittlung, ist der Vorsteuerabzug einfacher. Dann zählen gezahlte Umsatzsteuerbeträge (Vorsteuer) zu den Betriebsausgaben.

Was ist die Vorsteuerberichtigung?

Die Vorsteuerberichtigung ist in Paragraf 15 des UStG geregelt. Sie bezieht sich vor allem auf Immobilien und resultiert aus der Regelung, dass nur bei solchen Waren und Leistungen Vorsteuer abgezogen werden kann, mit denen Sie umsatzsteuerpflichtig Umsätze generieren.

Bei Immobilien ist das im Vergleich zu „normalen Waren und Dienstleistungen“ anders. Da Vermietung grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist, für Gewerbetreibende jedoch Ausnahmen bestehen, kann das zu komplexen steuerlichen Situationen führen.

Bedeutet vereinfacht erklärt: Errichten Sie eine Immobilie für die gewerbliche Nutzung, können Sie Vorsteuer geltend machen. Jahre später ändert sich die Nutzung und Sie vermieten an Privatpersonen. Nun kommt die Vorsteuerberichtigung ins Spiel und Sie müssen – je nach Sachlage und Feststellung durch das Finanzamt – gegebenenfalls Umsatzsteuer nachzahlen.