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Eigentumsvorbehalt effektiv nutzen: Sicherheit für Unternehmen im Verkaufsprozess

Jeden Tag verkaufen Unternehmen in Deutschland Waren und Dienstleistungen für Milliarden von Euro. Nicht in jedem Fall wird der Verkaufspreis sofort fällig. Häufig bezahlen Geschäftspartner oder Endkunden Waren erst nach einer vereinbarten Zahlungsfrist oder nutzen Finanzierung auf Raten oder Leasing. In diesem Fall ist es aus Sicht des Verkäufers wichtig, das Recht als Eigentümer so lange rechtlich abzusichern, bis der vollständige Verkaufspreis bezahlt ist. Hierfür nutzen Unternehmen den im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beschriebenen Eigentumsvorbehalt. Dieser Artikel beschäftigt sich umfassend mit dem Thema Eigentumsvorbehalt. In der Abhandlung erfahren Sie, was man aus rechtlicher Sicht unter einem Eigentumsvorbehalt versteht und welche Vorteile ein Eigentumsvorbehalt aus Sicht des Verkäufers hat. Im Artikel werden die verschiedenen Arten des Eigentumsvorbehalts beschrieben und es wird gezeigt, wie man einen Eigentumsvorbehalt im Kaufvertrag oder in den AGB rechtskonform kommuniziert.
Inhaltsverzeichnis

Key Facts zum Eigentumsvorbehalt

  • Der Eigentumsvorbehalt wird rechtlich im § 449 BGB beschrieben.
  • Ein Eigentumsvorbehalt nach BGB gilt, wenn der Kaufpreis erst nach Übergabe entrichtet wird.
  • Der Eigentumsvorbehalt muss bei Vertragsabschluss vereinbart werden. Eine nachträgliche einseitige Durchsetzung ist nicht möglich.
  • Man unterscheidet zwischen drei Ausprägungen: Erweiterter Eigentumsvorbehalt, verlängerter Eigentumsvorbehalt und einfacher Eigentumsvorbehalt.
  • Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt darf der Käufer die Ware weiterverkaufen. Die Erlöse werden vorab an den Verkäufer als Eigentümer abgetreten.
  • Eine unter einfachem Eigentumsvorbehalt stehende Ware ist bei der Insolvenz des Schuldners nicht Teil der Insolvenzmasse.

Was versteht man unter einem Eigentumsvorbehalt?

Ein in einem Kaufvertrag oder in den AGB enthaltener Eigentumsvorbehalt erlaubt es dem Verkäufer, eine Ware sofort zu übergeben, während die Rechte als Eigentümer erst mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises auf den Käufer übergehen. Die Grundlage für den Eigentumsvorbehalt finden Käufer und Verkäufer im § 449 BGB. Der Gesetzgeber erklärt:

Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt).

Beim Eigentumsvorbehalt wird eine Ware, beispielsweise eine Maschine bereits an den Verkäufer übergeben, bevor die Zahlung des Kaufpreises erfolgt. Der vereinbarte Eigentumsvorbehalt nach BGB dient dem Verkäufer als Sicherheit, falls der Käufer nicht zahlt oder eine Insolvenz anmeldet. In diesem Fall kann der Verkäufer unter bestimmten Bedingungen vom Vertrag zurücktreten und seine Ware zurückfordern.

Was sind die Vorteile vom Eigentumsvorbehalt?

Aus Sicht des Verkäufers hat ein Eigentumsvorbehalt viele Vorteile. Käufer profitieren vor allem von der Möglichkeit der umgehenden Nutzung einer Ware – noch bevor der Kaufpreis vollumfänglich bezahlt haben. Die folgenden fünf Vorteile sind aus Verkäufersicht signifikant:

  • Sicherung der Zahlungsansprüche: Der Eigentumsvorbehalt gibt dem Verkäufer eine eindeutige rechtliche Sicherheit. Durch den Eigentumsvorbehalt sichert sich der Verkäufer das Recht, das Eigentum an der Ware so lange zu behalten, bis der gesamte Kaufpreis vom Käufer bezahlt wurde. Dies minimiert das Risiko eines Zahlungsausfalls, was besonders bei hochpreisigen Waren grundsätzlich abgesichert werden muss.
  • Recht auf Rücknahme der Ware: Zahlt der Käufer nicht wie vereinbart, kann der Verkäufer die Ware, beispielsweise ein Fahrzeug oder eine Maschine zurückzufordern. Dies ist möglich, da er der rechtmäßige Besitzer der Ware ist, bis sie vollständig bezahlt wurde.
  • Flexibilität beim Verkauf: Der Eigentumsvorbehalt erlaubt es dem Verkäufer, die Ware sofort zu übergeben, ohne auf die vollständige Bezahlung warten zu müssen. Durch diese Flexibilität können Umsätze generiert und die Kosten für die Lagerhaltung minimiert. Zusätzlich kann ein Eigentumsvorbehalt den Verkaufsprozess beschleunigen und ist aus diesem Grund besonders bei Geschäften mit Geschäftskunden attraktiv.
  • Verbesserung der Liquidität: Durch die Übergabe der Ware unter Eigentumsvorbehalt können Verkäufer Umsatz effektiv generieren. Dies verbessert die Liquidität des Unternehmens und hilft, eigene Investitionen schneller tätigen zu können.
  • Anpassungsfähigkeit an individuelle Bedürfnisse: Der Eigentumsvorbehalt ist kein starres rechtliches Gebilde. Da ein Eigentumsvorbehalt flexibel formuliert werden kann, können mit ihm spezifische Risiken abgedeckt werden. Durch Modifikationen bei den Formulierungen können Verkäufer den Eigentumsvorbehalt in Absprache mit dem Käufer an die Besonderheiten des jeweiligen Geschäfts anpassen und auf diese Weise ihr Risiko minimieren. Diese Flexibilität macht das Vereinbarungen eines Eigentumsvorbehalts attraktiv.

Eigentumsvorbehalt bei Insolvenz des Käufers

Wird gegen den Käufer ein Insolvenzverfahren eröffnet, ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Ware an den Verkäufer zurückzugeben oder einen Erlös aus dem Weiterverkauf aufzuzahlen. Die Ware mit Eigentumsvorbehalt darf nicht in die allgemeine Insolvenzmasse eingebracht werden.

Wann ist ein Eigentumsvorbehalt für Unternehmen besonders sinnvoll?

Unternehmen profitieren in verschiedenen Situationen von einem Eigentumsvorbehalt nach BGB. Beispielsweise hilft die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei Neukunden-Geschäften. Da Unternehmen bei einem Geschäft mit einem neuen Kunden noch keine Informationen zur Zahlungsmoral haben, gibt der Eigentumsvorbehalt eine zusätzliche Sicherheit. Ähnlich verhält es sich, wenn Unternehmen Handel mit Kunden treiben, die für eine schlechte Zahlungsmoral bekannt sind.

Auch in den aktuell unsicheren Wirtschaftszeiten mit Krisen durch Kriege und Pandemien kann ein Eigentumsvorbehalt für Unternehmen eine zusätzliche Sicherheit bieten, um sich gegen Zahlungsausfälle zu schützen. Dies gilt besonders bei hohen Warenwerten oder sehr wertvollen, einzigartigen Wirtschaftsgütern wie Spezialmaschinen. Gerade im internationalen B2B-Bereich beim Handel zwischen Unternehmen kann der Eigentumsvorbehalt das Risiko für den Verkäufer streuen und den Warenwert vor der vollständigen Bezahlung rechtlich absichern.

Im Handel werden langfristige Finanzierungsmodelle und das Zahlen auf Raten von Jahr zu Jahr wichtiger. Werden Waren auf Raten oder mit Hilfe von längerfristiger Finanzierungsmodelle verkauft, sichert der Eigentumsvorbehalt den Verkäufer während der gesamten Zahlungsperiode ab.

Welche Arten des Eigentumsvorbehalts werden unterschieden?

Insgesamt kann man drei Arten des Eigentumsvorbehalts nach BGB unterscheiden:

Der einfache Eigentumsvorbehalt

Der einfache Eigentumsvorbehalt zählt zu den üblichen Vereinbarung in Geschäftsbeziehungen. Beim einfachen Eigentumsvorbehalt nimmt der Verkäufer an, dass der Käufer die Ware bis zur vollständigen Bezahlung vom Kaufpreis im eigenen Besitz behalten wird.

Diese Form des Eigentumsvorbehalts ermöglicht es dem Käufer, die Ware sofort zu nutzen und in seinen Geschäftsbetrieb zu integrieren, obwohl das rechtliche Eigentum erst mit der letzten Zahlung auf ihn übergeht. Der Verkäufer behält das Eigentum an der Ware. Der einfache Eigentumsvorbehalt schützt die Interessen des Verkäufers, ohne die operative Tätigkeit des Käufers unnötig zu behindern.

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt oder Verarbeitungsvorbehalt

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt kann als eine erweiterte Form des einfachen Eigentumsvorbehalts definiert werden. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt findet im Besonderen im Handel und in der verarbeitenden Industrie Anwendung.

Bei dieser vertraglichen Vereinbarung wird im ersten Schritt wie beim einfachen Eigentumsvorbehalt vereinbart, dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung vom Kaufpreis Eigentümer an der Ware bleibt. Zusätzlich wird dem Käufer die Ermächtigung erteilt, die Ware im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit weiterzuverkaufen oder weiterzuverarbeiten.

Entscheidend beim verlängerten Eigentumsvorbehalt ist, dass mit dem Weiterverkauf die Forderungen im Voraus an den ursprünglichen Verkäufer abgetreten werden. Dies bedeutet für die Praxis, dass der Verkäufer im Falle eines Weiterverkaufs durch den Käufer einen direkten Anspruch auf die aus dem Verkauf resultierenden Einnahmen erhält. Gleiches gilt für die weiterverarbeiteten Produkte. Der Verkäufer wird Miteigentümer an den neuen Waren. Es gilt das Verhältnis des Werts der von ihm verkauften Waren im Vergleich zu den neu hergestellten Gütern.

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt kann als eine zusätzliche Absicherung des Verkäufers gewertet werden, da ihm ein Zugriffsrecht auf die aus dem Weiterverkauf entstehenden Forderungen gewährt wird. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt minimiert das Risiko eines Zahlungsausfalls signifikant.

Der erweiterte Eigentumsvorbehalt

Der erweiterte Eigentumsvorbehalt überragt den einfachen und verlängerten Eigentumsvorbehalt in seiner Ausprägung. Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt wird nicht nur die Bezahlung der verkauften Ware abgesichert, sondern auch die Begleichung aller weiteren Forderungen. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt umfasst die gesamte Geschäftsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer.

Fachlich bezeichnet man den erweiterten Eigentumsvorbehalt als Kontokorrentvorbehalt. Im Rahmen des Kontokorrentvorbehalts erwirbt der Käufer das Eigentum an der Ware erst, wenn sämtliche Forderungen aus der Geschäftsverbindung zum Verkäufer vollständig beglichen sind.

Wie muss der Eigentumsvorbehalt vereinbart werden?

Um den Eigentumsvorbehalt in seinem vollen Umfang nutzen zu können, muss dieser rechtskräftig vereinbart werden. Dies geschieht entweder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder in einem individuellen Kaufvertrag. Der Eigentumsvorbehalt gehört zu den am häufigsten genutzten Methoden zur Absicherung von Krediten.

Wichtig für internationale B2B-Geschäfte

In vielen Ländern ist der Eigentumsvorbehalt unbekannt oder rechtlich abweichend gestaltet. Die Rechtslage des jeweiligen Landes zu kennen und sich fachliche Unterstützung durch einen Anwalt einzukaufen, ist aus Unternehmenssicht im internationalen Handel alternativlos.

Welche Anforderungen bestehen an die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts?

Für die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts ist es erforderlich, dass die Klauseln zum Eigentumsvorbehalt ein expliziter Vertragsbestandteil zwischen Verkäufer und Käufer werden. Verkäufer sollten dies schriftlich dokumentieren. Dies geschieht üblicherweise durch den Zusatz, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Grundlage des Kaufvertrags sind.

Wichtig ist, dass der Verkäufer den Käufer vor oder spätestens bei Vertragsabschluss über die Einbeziehung seiner AGB informiert. Klauseln, die ausschließlich auf nachvertraglichen Dokumenten wie Rechnungen oder Lieferscheinen stehen, werden nicht Teil des Kaufvertrags und sind nicht wirksam.

Die Form, die Inhalte und die Formulierungen des Eigentumsvorbehalts müssen rechtskonform sein. Es empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung bei der Formulierung eines individuellen Eigentumsvorbehalts.

Muster für die Formulierung eines Eigentumsvorbehalts (gekürzt)

„Die gelieferte Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung aller Forderungen aus der Geschäftsbeziehung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer Eigentum des Verkäufers. Dies gilt unabhängig von der Bezahlung und Lieferung spezifischer Waren.

Der Käufer ist berechtigt, die im Eigentum des Verkäufers stehende Ware weiter zu veräußern. Er tritt jedoch bereits jetzt alle Forderungen in Höhe des Rechnungsbetrages, die ihm aus der Weiterveräußerung erwachsen, an den Verkäufer ab. Der Verkäufer nimmt die Abtretung an.“