Kleinunternehmerregelung: Definition, Umsatzgrenzen & Beispiel
- Was ist die Kleinunternehmerregelung?
- Wer zählt als Kleinunternehmer?
- Wie wird ein Kleinunternehmen angemeldet?
- Was sind die Vorteile der Kleinunternehmerregelung?
- Gibt es auch Nachteile der Kleinunternehmerregelung?
- Wann eignet sich die Kleinunternehmerregelung?
- Wann sollte auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet werden?
- Wann erlischt die Kleinunternehmerregelung?
- Was passiert, wenn die Grenzen überschritten werden?
- Kann die Besteuerung jederzeit gewechselt werden?
- Was ist der Unterschied zwischen Kleinunternehmer und Kleingewerbetreibende?
Was ist die Kleinunternehmerregelung?
Die Kleinunternehmerregelung für Betriebe und Selbstständige ist eine steuerliche wie bürokratische Erleichterung, die der deutsche Staat anbietet. Sie bringt Unternehmern, die verhältnismäßig wenig Umsätze erwirtschaften, Erleichterungen im Umgang mit der Umsatzsteuer. Sie sind nicht umsatzsteuerpflichtig und profitieren von einigen weiteren Vorteilen.
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) legt alle Rahmenbedingungen der Kleinunternehmerregelung fest. In § 19 UStG wird erklärt, unter welchen Umständen die Regelung angewandt werden darf.
Wer zählt als Kleinunternehmer?
Wer als Kleinunternehmer zählt, richtet sich nach der Höhe des erzielten Umsatzes in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren.
Folgende Umsatzgrenzen gelten für das Kalenderjahr 2023, wenn Sie neu gründen:
- Erstes Geschäftsjahr: Nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz erwartet.
- Zweites Geschäftsjahr: Nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz erwartet.
Folgende Umsatzgrenzen gelten für das Jahr 2023, wenn Sie als bestehender Betrieb in die Kleinunternehmerregelung wechseln:
- Aktuelles Geschäftsjahr: Nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz erwartet.
- Vergangenes Geschäftsjahr: Nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz erwirtschaftet.
Die Höhe des Gewinns spielt dabei in keinem der Fälle eine Rolle, es zählen lediglich Ihre Einnahmen. Ob Sie beispielsweise bei 22.000 Euro Umsatz 21.000 Gewinn oder 70.000 Euro Verlust machen, ist für die Betrachtung der Kleinunternehmerregelung unerheblich.
Kann jede Rechtsform von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen?
Es ist unerheblich, ob Sie als Freiberufler, Gewerbetreibender oder Einzelunternehmer agieren – die Kleinunternehmerregelung gilt für alle Arten des Unternehmertums. Einzig und allein entscheidend sind die Umsatzgrenzen. Auch eine Kapitalgesellschaft, beispielsweise eine GmbH oder UG, kann sich von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen.
Müssen kleinere Unternehmen diese Regelung nutzen?
Als „kleines Unternehmen“ sind Sie nicht dazu verpflichtet, die Kleinunternehmerregelung zu nutzen. Wer von Anfang an die Nachteile der Regelung vermeiden möchte, kann auf die Beantragung der Regelung verzichten.
Wie wird ein Kleinunternehmen angemeldet?
Um sich als Kleinunternehmer anzumelden, muss stets der Zeitpunkt der Anmeldung betrachtet werden. Je nachdem, ob Sie sich mit einem bestehenden Betrieb oder im Rahmen der Existenzgründung damit beschäftigen, unterscheiden sich die Perspektiven. Zudem ist erheblich, ob Sie zum 1. Januar eines Jahres oder unterjährig gegründet haben. Wer unterjährig gründet, muss zur Berechnung der Umsatzgrenzen eine prozentuale Berechnung anstellen.
Ein Beispiel: Gründen Sie am 1. Mai 2023, gilt für Sie im ersten Geschäftsjahr 2023 nicht die Umsatzgrenze von 22.000 Euro, als Schwellwert werden rund 14.666 Euro angenommen.
Die dazugehörige Rechnung lautet:
22.000 Euro (Grenze bei vollem Geschäftsjahr) * 8/12 (Anteil der Monate mit laufendem Geschäftsbetrieb am Gesamtjahr – Mai bis einschließlich Dezember) = 14.666 Euro.
Existenzgründung
Gemäß Steuerrecht haben Sie die Möglichkeit, sich im Rahmen der Anmeldung Ihrer Gründung von der Umsatzsteuerpflicht befreien zu lassen. Das ist gleichbedeutend mit der Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Dafür geben Sie im steuerlichen Erfassungsbogen die erwarteten Umsätze im ersten und zweiten Geschäftsjahr an.
Diese dürfen im ersten Jahr 22.000 Euro (oder den anteiligen Wert) und im darauffolgenden Jahr 50.000 Euro nicht überschreiten. Beantragen Sie die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht und geben höhere Werte an, wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Bestehender Betrieb
Etwas anders gestaltet sich die Situation, wenn Sie bereits einen laufenden Geschäftsbetrieb haben und sich aufgrund niedriger Belastung im Bereich Steuern und Finanzen für einen Wechsel (zurück) ins Kleinunternehmertum entscheiden.
Um die Regelbesteuerung „zu verlassen“ und von den Vorteilen als Kleinunternehmer gemäß UStG zu profitieren, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
- Ihr Gesamtumsatz im vorangegangenen Geschäftsjahr darf 22.000 Euro nicht überschritten haben.
- Die erwarteten Umsätze für das aktuelle Geschäftsjahr liegen unter 50.000 Euro.
- Die Entscheidung zur Regelbesteuerung liegt länger als fünf Jahre zurück.
Da Sie im Gegensatz zur Gründung im laufenden Geschäftsbetrieb keinen offiziellen Antrag zur steuerlichen Erfassung an das Finanzamt senden, genügt eine formlose Mitteilung. Das Finanzamt prüft den Antrag anschließend und gibt ihm statt, sollten alle Voraussetzungen erfüllt sein.
Was sind die Vorteile der Kleinunternehmerregelung?
Der größte Vorteil der Kleinunternehmerregelung ist der Wegfall der Umsatzsteuer. Sie müssen diese gemäß § 19 UStG als Kleinunternehmer nicht erheben und an das Finanzamt abführen. Alle Vorteile im Überblick:
- Rechnung ohne Umsatzsteuer: Sie müssen keine Umsatzsteuer auf Ihren Rechnungen ausweisen.
- Einfache Buchhaltung: Sie können Ihre Gewinnermittlung per Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) vornehmen.
- Mögliche Preisvorteile: Gegenüber Mitbewerbern, die keine Kleinunternehmer sind, können Sie niedrigere Preise für Privatkunden anbieten.
- Keine Umsatzsteuervoranmeldungen: Durch die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht werden keine Umsatzsteuervoranmeldungen fällig.
- Weniger Bürokratie: Im Gesamten betrachtet erleichtert die Kleinunternehmerregelung die bürokratischen Erfordernisse in der Selbstständigkeit.
Einfache Buchführung (EÜR)
Grundsätzlich stehen Unternehmern zwei Möglichkeiten der Buchführung zur Verfügung. Die Gewinnermittlung kann mittels einfacher Buchführung und einer EÜR abgewickelt werden, die andere Option ist die doppelte Buchführung mittels Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GUV).
Die erste Variante ist die deutlich einfachere und verursacht weit weniger Kosten und Aufwände. Als Kleinunternehmer müssen Sie nicht doppelt Buch führen. Eine einfache EÜR, die jedes Jahr an das Finanzamt geschickt wird, reicht aus.
Rechnung ohne Umsatzsteuer und Preisvorteile
Als Kleinunternehmer müssen Sie keine Umsatzsteuer auf Ihren Rechnungen ausweisen. Das bedeutet: Sie können Ihre Waren zum Netto-Preis verkaufen. Ihre Kunden zahlen keine zusätzliche Umsatzsteuer / Mehrwertsteuer, wie das möglicherweise bei Konkurrenten von Ihnen der Fall wäre.
Dies ist ein klarer Vorteil, falls Sie im Endkundengeschäft tätig sind. Wer im B2B-Geschäft aktiv ist, profitiert nicht von diesem Vorteil – Geschäftskunden können gezahlte Steuern vom Finanzamt zurückfordern. Ausnahme: Sie unterliegen ebenfalls der Kleinunternehmerregelung.
Keine Umsatzsteuervoranmeldungen
Wer unterhalb der markanten Umsatzgrenzen liegt und als Kleinunternehmer agiert, muss durch die Befreiung der Umsatzsteuerpflicht auch keine monatlichen oder quartalsweisen Umsatzsteuervoranmeldungen leisten. Das erleichtert Ihre Buchhaltung im Vergleich zu Nicht-Kleinunternehmern erheblich.
Gibt es auch Nachteile der Kleinunternehmerregelung?
Neben den genannten Vorteilen gibt es auch klare Nachteile der Kleinunternehmerregelung. Ein Verzicht darauf kann also auch sinnvoll sein. Die Nachteile im Überblick:
- Image: Wer als Kleinunternehmer agiert, hat möglicherweise ein schlechteres Image als Wettbewerber, die der Regelbesteuerung unterliegen. Durch den entsprechenden Ausweis auf der Rechnung wird Privat- und Geschäftskunden ersichtlich, dass Sie verhältnismäßig wenig Umsatz und folglich auch Gewinn erzielen.
- Keine Vorsteuer: Als normal Steuerpflichtiger haben Sie die Möglichkeit, gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen – der sogenannte Vorsteuerabzug. Da Sie als Kleinunternehmer nicht umsatzsteuerpflichtig sind, also keine Umsatzsteuer erheben, dürfen Sie auch keine Vorsteuer bzw. Umsatzsteuer beim Finanzamt zurückfordern.
Wann eignet sich die Kleinunternehmerregelung?
Die Nachteile zeigen: Nicht für jeden Unternehmer eignet sich die Kleinunternehmerregelung. Vor allem kommt sie dann zur Anwendung, wenn Unternehmern beispielsweise nebenberuflich in ihre Selbstständigkeit starten und keine hohen Umsätze erwarten.
Folgende Kriterien sollten Sie beachten – je mehr davon Sie bejahen können, desto sinnvoller ist ein Start als oder ein Wechsel zum Kleinunternehmer:
- Geringe Umsätze: Die Grundvoraussetzung, damit die Regelung steuerrechtlich überhaupt angewendet werden kann. Sie sollten nicht mehr als 22.000 respektive 50.000 Euro in den ersten (oder bei bestehender Tätigkeit nächsten Jahren) erwirtschaften.
- Nebenerwerb: Gerade für Unternehmer, die neben ihrem Hauptjob starten und „etwas dazuverdienen“ möchten, eignet sich die Kleinunternehmerregelung. Meist sind noch keine großen Umsätze zu erwarten und der Aufwand bei einem Verzicht und den entsprechenden Folgen wäre zu hoch.
- Privatkundenfokus: Wer ausschließlich an Privatkunden verkauft, kann preislich gegenüber Wettbewerbern punkten – schließlich müssen Sie keine 19 Prozent Umsatzsteuer / Mehrwertsteuer auf den Netto-Preis erheben.
- Kaum Wareneinsatz: Wer beispielsweise Dienstleistungen anbieten und kaum Waren oder Leistungen als Geschäftskunde einkaufen muss, hat keine Nachteile durch die Nicht-Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
- Längere Auszeit: Haben Sie bereits einen laufenden Betrieb und planen eine Auszeit oder Jahre mit deutlich weniger Umsätzen, könnte sich ein Wechsel in das Kleinunternehmertum lohnen.
Wann sollte auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet werden?
In manchen Fällen ergibt es Sinn, den Verzicht der Kleinunternehmerregelung zu erwägen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Sie bereits im ersten Geschäftsjahr bei Neugründung Umsätze deutlich über 22.000 Euro erwarten.
Der zweite Grund ist ein hoher Wareneinsatz. Wer viele Waren einkauft und Investitionen tätigt, sollte auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. In der Regelbesteuerung sind Sie vorsteuerabzugsberechtigt und können sich – vereinfacht gesagt und verglichen mit einem Kleinunternehmer – 19 Prozent des Kauf- oder Investitionspreises beim Finanzamt „zurückholen“.
Wann erlischt die Kleinunternehmerregelung?
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Kleinunternehmerregelung erlöschen kann. Entweder Sie liegen über den in § 19 UStG festgelegten Grenzen des Umsatzes oder Sie entscheiden sich freiwillig für die Regelbesteuerung.
Was passiert, wenn die Grenzen überschritten werden?
Sobald Sie die festgelegten Grenzen überschreiten, verändert sich Ihr Status. Doch keine Sorge: Sie müssen nicht rückwirkend Steuern zahlen. Die Folgen bei einer Überschreitung im Überblick:
- Sie überschreiten im ersten Geschäftsjahr die Grenze von 22.000 Euro: Sie müssen ab dem 1. Januar des folgenden Jahres Umsatzsteuer ausweisen und sind umsatzsteuerpflichtig. Der Kleinunternehmerstatus erlischt. Für das erste Geschäftsjahr zahlen Sie aber keine Steuern nach.
- Sie überschreiten im zweiten / darauffolgenden Jahr die Grenze von 50.000 Euro: Diese Situation verhält sich analog zur oben geschilderten. In diesem Fall wären Sie ab dem 1. Januar des folgenden Kalenderjahres ebenfalls umsatzsteuerpflichtig.
Kann die Besteuerung jederzeit gewechselt werden?
Sie können von der Regelbesteuerung jederzeit in die Kleinunternehmerregelung wechseln, sollte Ihr Gesamtumsatz im vergangenen Geschäftsjahr 22.000 und im aktuellen Geschäftsjahr 50.000 Euro nicht überschreiten. Eine Ausnahme gibt es: Wer bei der Existenzgründung auf den Status als Kleinunternehmer verzichtet hat, wird für fünf Jahre für die Kleinunternehmerregelung „gesperrt“.
Was ist der Unterschied zwischen Kleinunternehmer und Kleingewerbetreibende?
Wer ein Gewerbe als Kleinunternehmer betriebt, ist ein Kleingewerbetreibende. Wenn Sie hingegen beispielsweise freiberuflich tätig sind und keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, sind Sie Kleinunternehmer und kein Kleingewerbetreibender. Letztlich ist der Unterschied in der Theorie gegeben, in der Praxis werden beide Begriffe jedoch oft synonym benutzt. Für beide gelten die gleichen Umsatzgrenzen von 22.000 und 50.000 Euro.