Wassergefährdende Stoffe

Wassergefährdende Stoffe: Einstufung, Klassen und Beispiele

Das Thema Wassergefährdung ist ein dauerhaft wichtiger Bestandteil des Umweltmanagements für alle Anlagenbetreiber, die Stoffe und Gemische mit einem Wassergefährdungspotenzial verwenden. Zum Schutz der Gewässer müssen ortsfeste Anlagen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen so gebaut und betrieben werden, dass Verunreinigungen oder nachteilige Veränderungen der Gewässer so gut wie ausgeschlossen sind.
Inhaltsverzeichnis

Was sind wassergefährdende Stoffe?

Wassergefährdende Stoffe sind Substanzen, die bei Freisetzung in die Umwelt das Grundwasser, Oberflächengewässer oder die Kanalisation verunreinigen und damit die Wasserqualität erheblich beeinträchtigen können. Dazu zählen Chemikalien wie Öle, Benzin, Säuren, Laugen, Pestizide sowie Schwermetalle und bestimmte organische Verbindungen.

Diese Stoffe können bereits in geringen Mengen erhebliche Schäden anrichten, indem sie das Wasser ungenießbar machen, Ökosysteme stören und die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden. Um solche Risiken zu minimieren, unterliegen wassergefährdende Stoffe strengen gesetzlichen Regelungen, die ihre Lagerung, Verwendung und Entsorgung genau vorschreiben. Ziel dieser Vorschriften ist es, den Schutz der Wasserressourcen sicherzustellen und eine nachhaltige Nutzung zu ermöglichen.

Wo werden wassergefährdende Stoffe definiert?

In der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (kurz: AwSV) werden Stoffe als wassergefährdend bezeichnet, wenn sie geeignet sind, die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers – auch des Grundwassers – nachhaltig zu verändern.

WGK Einstufung: Wie werden wassergefährdende Stoffe eingeteilt?

Wassergefährdende Stoffe werden entsprechend ihrer Gefährlichkeit in Wassergefährdungsklassen (WGK) eingestuft. Dabei unterscheidet man folgende Wassergefährdungsklassen:

WGK BedeutungBeispiel
Wassergefährdungsklasse 1 (WGK 1)schwach wassergefährdendBeispiel: Chlorwasserstoff (HCl)
Wassergefährdungsklasse 2 (WGK 2)wassergefährdendBeispiel: Diesel
Wassergefährdungsklasse 3 (WGK 3)stark wassergefährdendBeispiel: Benzol
Überblick: Einteilung, Bedeutung und Beispiele der Wassergefährdungsklassen

Wie erfolgt die Einstufung eines Stoffes in Wassergefährdungsklassen?

Zur korrekten Einstufung eines Stoffes in seine jeweilige Wassergefährdungsklasse gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Option 1: Der Anhang des AwSV führt eine Liste mit zu berücksichtigenden Stoffen. Anhang 1 beinhaltet alle als nichtwassergefährdend benannten Stoffe, Anhang 2 die wassergefährdenden.
  • Option 2: Wenn der Stoff weder im Anhang 1 noch 2 zu finden ist, müssen Sie wassergefährdende Stoffe auf der Grundlage von R-Sätzen und Bewertungspunkten bestimmen und einstufen.

Die Kriterien, nach denen die wassergefährdenden Stoffe entsprechend ihrer Gefährlichkeit in die WGK 1, 2, 3 oder als nichtwassergefährdend eingestuft werden, sind im Anhang 3 der AwSV aufgeführt.

Ein wichtiger Unterschied zu anderen Einstufungssystemen besteht darin, dass bisher nicht ausreichend untersuchte, nicht eingestufte oder nicht identifizierte Stoffe vorsorglich als stark wassergefährdend (WGK 3) gelten.

Wie erfolgt die Einstufung bei wassergefährdenden Gemischen?

Bei Gemischen sieht die Einstufung wie folgt aus: Die Wassergefährdungsklasse wird entweder nach Anhang 4 Nr. 3 anhand der Komponenten ermittelt, soweit das Gemisch nicht in Anhang 2 eingestuft ist.

Eine weitere Option ist, die WGK nach Anhang 4 Nr. 4 durch Prüfung am Gemisch selbst festzustellen, soweit das Gemisch nicht in Anhang 2 eingestuft ist.

Wassergefährdende Gemische und Grenzwerte der WGK

Nicht alle Gemische müssen als wassergefährdend eingestuft werden. Eine Einstufung als nichtwassergefährdendes Gemisch ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Gehalt an Komponenten der WGK 1 ist geringer als 3 % Massenanteil.
  • Der Gehalt an Komponenten der WGK 2 und 3 ist geringer als 0,2 % Massenanteil.
  • Es sind keine Komponenten der WGK 3, krebserzeugende Komponenten oder Komponenten unbekannter Identität zugesetzt.

Außerdem muss gegeben sein, dass dem Gemisch keine Dispergatoren (Additive, die die Durchmischung zweier nicht mischbarer Stoffe wie etwa von Öl und Wasser erleichtern) zugesetzt sind.

Nach der Einstufung: Grünes Licht fürs Umweltmanagement

Aus der WGK und der Menge der gehandhabten wassergefährdenden Stoffe werden aus der AwSV die detaillierten Anforderungen an die ortsgebundenen Anlagen abgeleitet. Damit soll eine Gefährdung von Grund- und Oberflächengewässern beim Gebrauch der Stoffe und bei Havarien ausgeschlossen werden.

Außerdem bietet die Einstufung von Stoffen in drei Wassergefährdungsklassen oder als nichtwassergefährdend für Anlagenbetreiber, lokale Vollzugsbehörden sowie im Störfall für die örtlichen Feuerwehren eine einfache Entscheidungsgrundlage.

Dies ist ebenso wichtig, wenn es tatsächlich ein Störfall eintritt, um die Umwelt- und Finanzschäden weitestgehend zu minimieren und entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung anzuwenden.

WGK-Auflagen als Innovations-Chance

Die WGK-Einstufung schafft darüber hinaus den Anreiz, besonders gefährliche oder schlecht untersuchte Stoffe durch solche, die weniger wassergefährdend und gut untersucht sind, zu ersetzen. Hier lohnt sich der Aufwand, nach weniger wassergefährdenden Stoffen zu suchen und diese in den Betriebsprozessen einzusetzen.

AwSV ersetzt VAwS: Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Seit 2017 ist die bundesweite Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) in Kraft getreten und löste damit die 16 bisher unterschiedlichen Landesverordnungen VAwS bzw. VwVwS (Verwaltungsvorschrift zum Wasserhaushaltsgesetz über die Einstufung wassergefährdender Stoffe in Wassergefährdungsklassen) ab.

Unternehmen verschiedener Bundesländer stellen sich auch jetzt noch die Frage, ob die weitergehenden Regelungen der Landesverordnungen für bestimmte Fälle bestehen bleiben. Eine Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums hilft, hier den richtigen Weg zu finden.

AwSV und VAwS – Nachrüsten notwendig?

Die AwSV regelt als Ersatz für die Länderverordnungen bundesweit die Einstufung von Stoffen und Gemischen nach deren Gefährlichkeit sowie die technischen Anforderungen, die Anlagen erfüllen müssen, wenn sie mit diesen Stoffen und Gemischen umgehen. Bei vielen Unternehmen war die Freude über die AwSV groß. Denn die Regelungen der AwSV sind im Vergleich zu den alten Länderverordnungen (VAwS) weniger spezifisch. Für die Mehrzahl der kleineren Anlagen wird deshalb vorerst keine Nachrüstung notwendig. Im Gegenteil: Einige Anlagenbetreiber profitieren zukünftig von Erleichterungen.

Landesbehörden können Regelungen der AwSV erweitern

Die gelockerten Maßnahmen in der Bundesverordnung sorgen lokal für Schwierigkeiten. Die zentrale Frage: Inwieweit kann das kommunale Umweltamt seine eigenen Verwaltungsvorschriften weiter durchsetzen? Die Mitteilung des Bundesumweltministeriums hierzu ist deutlich: Die speziellen Regelungen der einzelnen Landes-Verordnungen sind mit Inkrafttreten der AwSV generell nicht mehr anwendbar.

Allerdings gibt es zwei wichtige Ausnahmen:

Über bestehende Schutzgebietsverordnungen können die Länder nach § 49 Abs. 5 AwSV weitergehende Regelungen (z.B. das Verbot von Erdwärmesonden) bestimmen, die dann auch über den Regelungsbereich der AwSV hinaus Gültigkeit behalten.

Außerdem können Behörden aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall nach § 16 Abs. 1 AwSV weitergehende Anforderungen an Anlagen festlegen. Dies ist vor allem im Rahmen von imissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu erwarten, gilt aber auch in Überschwemmungsgebieten.

Experten-Rat hilft bei Erfüllung der Rechtsnorm

Die Relevanz aller Kombinationen von Gefährlichkeitsmerkmalen für den Gewässerschutz müssen im Einzelnen nicht von einem Unternehmen selbst beurteilt werden. Externe oder interne Sachverständige unterstützen bei der Einschätzung, für welche Stoffe und Gemische im Betrieb die WGK ermittelt werden sollten.

Zudem ist empfehlenswert, die Versicherungsunterlagen des Unternehmens genau zu prüfen. Eventuell muss die Versicherungssumme für potenzielle Umweltschäden angepasst werden. Denn im schlimmsten Fall kann es zu ernsten finanziellen Problemen für einen Betrieb kommen, wenn Umweltschäden von der Versicherungssumme nicht abgedeckt sind.

So gewährleisten Betriebe gleichzeitig verantwortlichen Wasser- und Umweltschutz und erfüllen aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen des WHG.