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Psychische Belastung am Arbeitsplatz: Ursachen und Prävention

Die psychische Belastung von Beschäftigten am Arbeitsplatz nimmt Jahr für Jahr zu. Burn-out und Depressionen gehören zu den Volkserkrankungen. Dieser Artikel zeigt praxisbezogen auf, was Arbeitgeber dagegen tun können.
Inhaltsverzeichnis

Was sind psychische Belastungen am Arbeitsplatz? 

Unter psychischen Belastungen am Arbeitsplatz versteht man im Arbeitsschutz die Summe an äußeren Einflüssen am Arbeitsplatz, die sich auf Dauer negativ auf die menschliche Psyche auswirken. Resultierend daraus können sowohl kurz- als auch langfristige gesundheitliche Folgen auftreten. 

Wie wird eine psychische Belastung definiert?

Die internationale DIN-Norm ISO 10075-1 definiert den Begriff psychische Belastung als „Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“. 

Psychische Belastungen oder psychischer Druck wird demnach durch äußere Ereignisse oder Situationen verursacht und führen zu körperlicher, geistiger und emotionaler Belastung von Menschen. Kurzfristig kann der Mensch psychische Belastungen durch Ruhe, Schlaf oder positive und entspannende Freizeitbeschäftigungen kompensieren.

Dominiert im Gegensatz die psychische Belastung im privaten Umfeld oder am Arbeitsplatz, können sich eine Reihe von psychischen Erkrankungen und die Gesundheit der Arbeitnehmer dauerhaft beeinträchtigen entwickeln.

Was sind die Ursachen von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz? 

Eine der häufigsten Ursachen für psychische Belastungs- und Erschöpfungszustände ist arbeitsbedingter Stress. Psychischer Stress am Arbeitsplatz entsteht im Zusammenhang mit:

  • unsicheren Arbeitsplätzen, 
  • steigender Zeitdruck,
  • Arbeitsverdichtung,
  • schnell wechselnde Organisationsstrukturen,
  • zunehmende Konkurrenz zwischen den Mitarbeitern,
  • Mobbing,
  • fehlende materielle oder personelle Ressourcen,
  • unklare Aufgabenverteilung,
  • Überforderung oder Unterforderung,
  • langen Arbeitszeiten ohne ausreichende Pausen, 
  • mangelnder Autonomie und Kontrolle über Arbeitsaufgaben, 
  • hoher Arbeitsbelastung mit engen Fristen oder 
  • hohen Erwartungen von Vorgesetzten und Kollegen.

All diese negativen Rahmenbedingungen können bei Beschäftigten zu Gefühlen der Frustration und Hilflosigkeit führen und längerfristig und unbehandelt in einer psychischen Erkrankung enden. 

Infografik zu den Ursachen psychischer Belastung
Infografik: Ursachen psychischer Belastung

Die Ursachen psychischer Belastung am Arbeitsplatz können in mindestens sechs Unterkategorien geclustert werden: 

Ursache psychischer BelastungBeispiele
ArbeitsorganisationLange Arbeitszeiten

Ungeregelte Pausenzeiten

Schichtdienst

Unregelmäßige Arbeitszeiten

Anhaltender Zeitdruck und Stress auf der Arbeit

Fehlende Transparenz bei der Zuständigkeit von Aufgaben

Unklare Verantwortungsbereiche

Unklare Organisationsstruktur im Unternehmen
Soziale FaktorenSchlechtes Arbeitsklima im Betrieb

Mobbing und häufige Konflikte am Arbeitsplatz

Wenige soziale Beziehungen

Wenig Unterstützung von Kollegen

Unzureichende Teamarbeit
ArbeitsinhalteGeringe Handlungsspielräume und Entscheidungsfreiräume

Geringe Verantwortung

Fehlende Kommunikation im Betrieb

Überforderung

Unterforderung

Zunehmende Verdichtung der Aufgaben
ArbeitszeitgestaltungUnflexible Arbeitszeiten

Unvorhersehbare Arbeitszeiten

Schichtarbeiten

Häufige Überstunden
ArbeitsumgebungFehlende ergonomische Büroausstattung

Störfaktoren wie Lärm und schlechte Beleuchtung

Unzureichende materielle Ressourcen bei der Arbeit
ArbeitsmittelVeraltete Technologien

Unpassende Werkzeuge

Wie beeinflusst die Arbeitsorganisation psychische Belastungen am Arbeitsplatz?

Wie ein Unternehmen die anfallenden Arbeiten und Tätigkeiten im Betrieb organisiert, hat einen entscheidenden Einfluss auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter. Professionell aufgebaute innerbetriebliche Strukturen fokussieren sich darauf, eine effiziente Erfüllung der betrieblichen Ziele zu ermöglichen. Im Praxisalltag können in Bezug auf die Arbeitsorganisation gleichzeitig jedoch Probleme auftreten.

Beispielsweise können eine ineffiziente interne Kommunikation oder fehlende Kommunikationsregeln dazu führen, dass Fehler im Arbeitsablauf entstehen. Redundanzen, eine hohe Arbeitsintensität, negatives Feedback und unnötige Kosten führen in der Folge zu psychischen Belastungen der Beschäftigten. Selbst wenn die Unternehmensleitung aus arbeitspsychologischer Sicht zukunftsorientierte Arbeitsbedingungen anstrebt, ist die proaktive Umsetzung in der Praxis herausfordernd.  

Welche Rolle spielen soziale Faktoren bei psychischen Belastungen auf der Arbeit?

Das Verhalten der Führungskräfte und die allgemeine Stimmung am Arbeitsplatz hat ebenfalls eindeutige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten. Ein raues Arbeitsklima, fehlende Wertschätzung, Disharmonien am Arbeitsplatz, Mobbing oder wenig Chancen auf persönliche und fachliche Weiterentwicklung führen zu emotionalem Rückzug und psychischer Belastung. 

Versäumen es Arbeitgeber, eine positive, offene und zukunftsorientierte Atmosphäre am Arbeitsplatz zu erzeugen und werden Probleme und Konflikte nicht fair und einvernehmlich gelöst, kann dies am Ende dazu führen, dass Beschäftigte innerlich kündigen und die dauerhafte emotionale Belastung zu psychischen Erkrankungen führt. 

Mobbing als Ursache von psychischen Belastungen auf der Arbeit

Gemäß einer Umfrage haben 60 % aller deutschen Arbeitnehmer Mobbing am Arbeitsplatz erlebt. 24 % wurden persönlich am Arbeitsplatz gemobbt. Mobbing wird im Allgemeinen als gezielter, wiederholter und absichtlicher sowie teilweise aggressiver Angriff auf eine Person oder Gruppe definiert. Das Mobbingopfer soll durch die Attacke gezielt sozial isoliert oder ausgegrenzt werden. Mobbing geschieht über einen längeren Zeitraum und häufig öffentlich. 

Zu den typischen Formen von Mobbing im Unternehmen gehören:

  • verbale Beschimpfungen, 
  • Demütigungen, 
  • körperliche Drohungen und Einschüchterungen, 
  • Ausschluss von Aktivitäten und Entscheidungsprozessen, 
  • Isolierung von Kollegen, 
  • Vorenthaltung von Ressourcen oder Anerkennung für geleistete Arbeit sowie 
  • unfaire Kritik. 

Mobbingopfer leiden durch das Mobbing an signifikanten gesundheitlichen Belastungen, die schnell zu psychischen Erkrankungen bis zu suizidalen Gedanken auswachsen können. 

Aus Unternehmenssicht ist Mobbing kein Bagatelldelikt, sondern eine Straftat. Prävention beginnt damit, dass man klare Erwartungen an das akzeptable Verhalten von Kollegen und Managern stellt. Die Entwicklung von Richtlinien gegen Mobbing und Diskriminierung im Betrieb sollte allen Mitarbeitern klar mitgeteilt werden, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, was ein inakzeptables Verhalten am Arbeitsplatz darstellt. Mobbing darf zu keiner Zeit geduldet werden! Disziplinarverfahren mit Konsequenzen für diejenigen, die gegen diese Richtlinien verstoßen, sind entscheidend, um abzuschrecken und die Sicherheit aller Mitarbeiter zu gewährleisten.

Wie wirken sich die Arbeitsinhalte auf die psychische Belastung aus?

Sind Mitarbeiter mit den Inhalten ihrer Arbeit unzufrieden oder führen steigender Zeitdruck und Arbeitsverdichtung zu Frust und Druck, entstehen psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Mitarbeiter, die langfristig eine Tätigkeit ausführen, für die sie nicht eingestellt sind und die nicht zu ihren persönlichen Präferenzen und Wünschen passt, lehnen die Arbeitsinhalte ab, sind deprimiert und entwickeln psychische Erkrankungen. 

Welchen Einfluss hat die Arbeitszeitgestaltung auf psychische Belastungen?

Überschneidet sich Arbeitszeit langfristig mit Zeitabschnitten, die üblicherweise privat genutzt werden, entstehen bei Beschäftigten negative Effekte und eine psychische Belastung. Mitarbeiter, die fortlaufend Überstunden machen, oder Arbeitnehmer, die sich abrupt auf veränderte Arbeitszeiten einstellen müssen, werden ebenfalls unzufrieden. 

Die Kombination mit Nacht- und Schichtarbeitsmodellen stört zusätzlich den Biorhythmus. Kommen neben negativ empfundenen Arbeitszeiten lange Anfahrts- und Wegezeiten hinzu, verstärkt dies die psychische Belastung am Arbeitsplatz. Flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten oder eine individuelle Pausengestaltung sind wirksame Mittel, um derartigen Belastungsfaktoren entgegenzuwirken. 

Wie beeinflusst die Arbeitsumgebung psychische Belastungen im Büro?

Mitarbeiter benötigen eine Arbeitsumgebung, in der sie optimal arbeiten können. Zur Arbeitsumgebung gehören neben unter anderem die Arbeitsmittel wie beispielsweise Werkzeuge und Maschinen und das Büro-Equipment. Ebenso zählen zur Arbeitsumgebung die Beleuchtung, Lautstärke und die Temperatur. Arbeiten Beschäftigte in einem Arbeitsumfeld, das sie psychisch belastet, beispielsweise bei Lärm oder einer zu hohen Umgebungstemperatur, hat dies Einfluss auf die körperliche und psychische Gesundheit. 

Welchen Einfluss haben Arbeitsmittel auf psychische Belastungen auf der Arbeit?

Die Arbeitsmittel sind untrennbar mit der Arbeitsumgebung verbunden. Je nach Branche und Tätigkeitsbereich verfügen Beschäftigte über einen Büroarbeitsplatz mit PC, Drucker und Ablagemöglichkeiten für kreatives Arbeiten. Andere Arbeitnehmer im Fertigungsbereich eines Unternehmens arbeiten vor allem an und mit Maschinen. 

Verfügen die Arbeitnehmer eines Betriebs über moderne und qualitativ hochwertige Maschinen oder Büroarbeitsplätze führt dies zu Zufriedenheit. Im Umkehrschluss steigen die Beanspruchung und der Stress der Beschäftigten, wenn sie mit veralteten, defekten oder langsamen Geräten arbeiten oder Maschinen bedienen müssen, bei denen eine hohe Unfallgefahr besteht. 

Welche persönlichen Faktoren beeinflussen psychische Belastungen?

Es gibt unterschiedliche persönliche Faktoren, die die psychische Belastung von Menschen beeinflussen und demnach nicht aktiv durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes beeinflusst werden können. Hierzu gehören: 

  • Größe des persönlichen Selbstvertrauens,
  • soziale und interkulturelle Kompetenz,
  • Maß der persönlichen Resilienz,
  • Wahrnehmung von psychischen und seelischen Bedürfnissen,
  • Einbettung in Familie und Partnerschaft,
  • Steuerung von Emotionen und Impulsen,
  • Maß der Empathie, die anderen entgegengebracht wird,
  • positives Denken und Zielorientiertheit,
  • eigene Gefühle artikulieren können und
  • positiver und realistischer Umgang mit Problemen und Herausforderungen.

Resiliente Menschen, die sozial gefestigt und durch Freunde und ihr soziales Umfeld gestärkt sind, können besser mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz umgehen als vulnerable Menschen. Sie sind schnell verletzbar, entwickeln negative Gefühle und haben eine geringe Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Belastungen. Rückschläge, Stress oder Belastungsfaktoren treffen sie hart und führen zu einer hohen Beanspruchung bis hin zu emotionalen Erschöpfung.  

Was sind die Folgen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz? 

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz führen zu einer hohen emotionalen, seelischen und auch gesundheitlichen Beanspruchung, die mit verschiedenen Folgen einhergeht – darunter:

  • Angst- und Zwangsstörungen, 
  • Anpassungs- und Belastungsstörungen,
  • Depression, 
  • Abhängigkeitserkrankungen (Alkohol, Tabletten),
  • Burn-out, 
  • Traumata oder
  • Persönlichkeitsstörungen wie „Borderline.“

Je nach Intensität und auch, wie lange diese psychischen Belastungen anhalten, können verschiedene gesundheitliche Folgen auftreten. Die folgende Tabelle liefert einen Überblick über die kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Folgen von psychischer Belastung am Arbeitsplatz:

Kurzfristige Folgen psychischer BelastungMittelfristige Folgen psychischer BelastungenLangfristige Folgen psychischer Belastung
Verspüren von Stress, Hektik und DruckInnere KündigungTiefes Erschöpfungsgefühl
Allgemeines UnwohlseinPsychosomatische StörungenFreudlosigkeit
NiedergeschlagenheitErhöhter Konsum von Alkohol und NikotinAntriebslosigkeit und negative Grundstimmung
Müdigkeit und ErschöpfungStarke UnzufriedenheitSchlafstörungen
 Innere Anspannung und NervositätHäufige KrankschreibungenDepression
 GereiztheitGedrückte Stimmung oder AngstgefühleBurn-out und andere seelische Erkrankungen

Was ist ein Burnout?

Eine besondere Folge von Fehlbeanspruchung am Arbeitsplatz ist das “Burnout-Syndrom”. Der medizinische und umgangssprachliche Begriff Burn-out beschreibt einen Zustand der emotionalen, geistigen und körperlichen Erschöpfung, der durch übermäßigen und lang anhaltenden Stress verursacht wird. 

Ein Burn-out tritt auf, wenn ein Mitarbeiter sich überwältigt und emotional ausgelaugt fühlt und nicht in der Lage ist, die ständigen Anforderungen seiner beruflichen Tätigkeit zu erfüllen. Ein Burn-out äußert sich neben Antriebslosigkeit vor allem in körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Magen-Darm-Problemen und wächst unbehandelt zu einer mittelschweren bis schweren Depression aus. 

Können psychische Belastungen auch positive Folgen haben?

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können sich auch positiv auf die Beschäftigten auswirken. Wie die BAuA mitteilt, können sie:

  • anregend und aktivierend wirken sowie
  • Lernprozesse beschleunigen und
  • zur Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter beitragen.

Steigt zum Beispiel der Zeit- und Leistungsdruck innerhalb von kurzer Zeit, kann dies zu einem verstärkten Kollegenzusammenhalt führen.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber bezüglich psychischer Belastungen am Arbeitsplatz?

Arbeitgeber tragen eine bedeutende Verantwortung, wenn es um den Umgang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz geht. Es ist im Rahmen der Fürsorgepflicht von Arbeitgebern unerlässlich, dass sie eine angemessene und gesunde Arbeitsumgebung schaffen, die das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert.

Hier sind einige der wichtigsten Pflichten, die Arbeitgeber in Bezug auf psychische Belastungen haben:

  1. Gefährdungsbeurteilung: Arbeitgeber müssen regelmäßig eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um potenzielle psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu identifizieren. Hierbei sollen Stressoren wie hohe Arbeitslast, Zeitdruck oder soziale Konflikte erkannt werden.
  2. Prävention und Schutz: Auf Basis der Gefährdungsbeurteilung sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Prävention von psychischen Belastungen zu ergreifen. Dies kann beispielsweise durch die Anpassung von Arbeitsabläufen, die Bereitstellung von Ressourcen oder Schulungen zur Stressbewältigung geschehen.
  3. Information und Aufklärung: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter über mögliche psychische Belastungen am Arbeitsplatz informieren und aufklären. Dies kann durch Schulungen, Informationsmaterialien oder Gespräche erfolgen, um das Bewusstsein zu schärfen.
  4. Ansprechpartner und Unterstützung: Es ist essenziell, dass Arbeitgeber Ansprechpartner zur Verfügung stellen, an die sich Mitarbeiter wenden können, wenn sie psychische Belastungen erleben. Dies kann ein betrieblicher Psychologe oder eine Vertrauensperson sein, die Unterstützung und Beratung bietet.
  5. Arbeitsorganisation und -gestaltung: Die Arbeitsbedingungen sollten so gestaltet sein, dass psychische Belastungen minimiert werden. Dazu gehören klare Arbeitsanweisungen, angemessene Pausenregelungen und eine ausgewogene Work-Life-Balance.
  6. Diskriminierungsfreiheit: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass es keine Diskriminierung oder Mobbing am Arbeitsplatz gibt, da dies erhebliche psychische Belastungen verursachen kann. Ein respektvolles und wertschätzendes Arbeitsumfeld ist von entscheidender Bedeutung.
  7. Frühwarnsystem: Arbeitgeber sollten Mechanismen etablieren, die es ermöglichen, frühzeitig Anzeichen von psychischen Belastungen bei Mitarbeitern zu erkennen. So können rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um das Wohlbefinden zu unterstützen.

Wie erkennt man Betroffene psychischer Belastungen auf der Arbeit? 

Psychische Belastung kann sich auf vielfältige Weise äußern. Um Hilfe und Unterstützung anbieten zu können, ist es wichtig, die Anzeichen und Symptome einer psychischen Belastung zu erkennen. Häufige Anzeichen sind:

  • Stimmungsschwankungen,
  • Antriebslosigkeit und schnelle Überlastung,
  • Gefühle der Hilfslosigkeit und Hoffnungslosigkeit,
  • häufige Krankheitstage am Anfang und Ende einer Arbeitswoche,
  • Veränderung des Schlafverhaltens und Unpünktlichkeit,
  • Konzentrationsschwierigkeiten und
  • sozialer Rückzug.
SymptomeDefinitionAnzeichen
Psychische ErmüdungVorübergehende Beeinträchtigung der psychischen und körperlichen Leistungsfähigkeit eines Menschen, die von Intensität, Dauer und Verlauf der vorangegangenen Beanspruchung abhängt. Mehr Zeitbedarf für Handlungen, Bewegungsfehler wie Fehlgreifen, Fehltreten, Vergessen von wichtigen Informationen oder Zwischenergebnissen.
Ermüdungsähnliche ZuständeZustände, die als Auswirkung psychischer Beanspruchung in abwechslungsarmen Situationen auftreten.

Schläfrigkeit, Leistungsabnahme und -schwankung, Verminderung der Umstellungs- und Reaktionsfähigkeit, herabgesetzte Wachsamkeit, psychische Sättigung (Ärger, Leistungsabfall, Rückzug von der Aufgabe)
StressAls unangenehm empfundener Zustand, der als bedrohlich, kritisch, wichtig und unausweichlich empfunden wird. Entsteht vor allem dann, wenn die Person einschätzt, dass sie ihre Aufgabe nicht bewältigen kann.Befindlichkeitsstörungen, Angstzustände, hoher Blutdruck, nervöse Magenschmerzen, steigendes Herzinfarktrisiko, sinkende Leistung, erhöhte Fehlerzahl

Wen betreffen psychische Belastungen am Arbeitsplatz?

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können sowohl bei Mitarbeitern und Angestellten als auch beim Arbeitgeber selbst sowie leitenden Angestellten und Führungskräften auftreten.

Der Druck auf Mitarbeiter am Arbeitsplatz hat durch die rasante Entwicklung der Technologie, die Globalisierung und die ständig steigenden Anforderungen an Effizienz und Produktivität in den letzten Jahren signifikant zugenommen. Gleichzeitig hat die Angst vor Arbeitslosigkeit und seinen Folgen aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs auf den globalen Märkten, der Automatisierung und anderer Faktoren in manchen Branchen ebenfalls zugenommen.  

Arbeitgeber, Geschäftsführer und Führungskräfte haben ebenso mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Neben dem steigenden Wettbewerbsdruck entstehen diese vor allem durch die demografische Entwicklung, die den Fachkräftemangel beschleunigt, sowie durch hohe Krankenstände und wirtschaftliche Verwerfungen aufgrund von Kriegen und Pandemien. 

Wie erfolgt die Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen? 

Gemäß § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen eines Arbeitsplatzes individuell durch eine Gefährdungsbeurteilung zu beurteilen. Neben weiteren potenziell gefährlichen Faktoren wird im Punkt 6 im Absatz 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) die psychische Belastung bei der Arbeit explizit erwähnt. 

Eine Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen kann beispielsweise nach folgenden 9 Schritten erfolgen:

  1. Planung und Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung. An dieser Stelle können sich die Betroffenen Gedanken über die Art der Erhebung und das dafür angewandte Verfahren machen.
  2. Klassifizierung der Arbeitsbereiche bzw. Arbeitsaufgaben. Untergliederung in Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalt, Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung und soziale Beziehungen.
  3. Erfassen der Belastungsfaktoren. Hier bieten sich verschiedene Verfahren an. So kann die Erhebung durch Mitarbeitergespräche erfolgen oder anonymisiert per Fragebogen.
  4. Beurteilung der erfassten Belastungen und Prüfung, ob entsprechende Maßnahmen erforderlich sind oder nicht. Die Evaluation kann in moderierten Kleingruppen erfolgen. Die Einzelergebnisse werden dann zusammengetragen.
  5. Entwickeln von geeigneten Maßnahmen
  6. Umsetzung der aufgestellten Maßnahmen
  7. Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen
  8. Dokumentation der gesamten Aktionen zur Vermeidung von psychischen Belastungen.
  9. Regelmäßige Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung

Wie ermittelt man psychische Belastungen?

Psychische Belastung bei der Gefährdungsbeurteilung tz messen ist nicht so einfach, denn anders als z. B. bei Lärm oder Staubbelastungen gibt es kaum objektive Messwerte oder gar physikalisch messbare Grenzwerte.

Nur durch Gespräche mit Mitarbeitern, Befragungen und der Beobachtung der Arbeitssituation lässt sich eine eventuelle Fehlbelastung ermitteln. Meist ist es sogar ein konkreter Anlass, der signalisiert, dass die Beschäftigten einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt sind.

Messbare Indikatoren dafür sind z. B.

  • Krankenstand,
  • Fluktuation,
  • Fehlerquote,
  • Überlastungsanzeigen,
  • Qualitätsprobleme,
  • mangelnde Kommunikation,
  • häufige Konflikte
  • oder Mobbingfälle.

Die psychische Gefährdungsbeurteilung sollte für jede Abteilung bzw. jeden Bereich relevanten Kennzahlen erhoben und verglichen werden. Am besten wird Matrix, die anzeigt, wo es hinsichtlich der Psyche Handlungsbedarf gibt.

Welche Fehler sollten bei der Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen vermieden werden?

Die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen ist nicht trivial. Schnell passieren Fehler, die vermieden werden können. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Fehlende Zielsetzung
  • Keine vorhandenen Strukturen
  • Ungeeignete Werkzeuge
  • Falscher Schwerpunkt
  • Zu lange Wartezeit

Im Rahmen des Gesundheitsschutzes der Mitarbeiter müssen psychische Belastungen der Mitarbeiter konsequent abgebaut werden. Neben Erschöpfungs- und Ermüdungserscheinungen darf dabei das Mobbing nicht vergessen werden.

Prävention: Wie können psychische Belastungen vermieden werden? 

Um den psychischen Stress am Arbeitsplatz für alle Beteiligten in den Griff zu bekommen, ist es wichtig, dass Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, die sicherstellen, dass sich ihre Mitarbeiter von ihrem Arbeitsumfeld unterstützt und motiviert fühlen. Ausgangspunkt für diese Präventionsmaßnahmen im Rahmen des Arbeitsschutzes bildet stets eine Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen ab. Anschließend können unter anderem folgende Maßnahmen zur Vermeidung beziehungsweise Reduktion von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz eingesetzt werden:

Psychische Belastung durchMaßnahmen
ArbeitsorganisationVerteilung der Aufgaben und Bereiche unter Berücksichtigung individueller Kompetenzen

Priorisierung von Aufgaben und Tätigkeiten

Unterstützung durch weitere Arbeitskräfte ermöglichen

Erhöhung des Mitspracherechts von Arbeitnehmern
Soziale FaktorenImplementierung einer offenen und transparenten Unternehmenskultur

Schaffung eines angenehmen Betriebsklimas

Positive Kommunikationskultur

Gesunde Konfliktkultur

Wertschätzung, Lob und konstruktives Feedback

Richtlinien zum Umgang mit Kollegen, Kunden und Co. zur Vermeidung von Konflikten und Mobbing

Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen

Ernennung eines direkten Ansprechpartners bei auftretenden Problemen
ArbeitsinhalteVerteilung der Aufgaben unter Berücksichtigung der Präferenzen und Kompetenzen der Arbeitnehmer

Regelmäßige Feedbackgespräche

Chance zur Führung von individuellen Entwicklungsgesprächen

Möglichkeit zur Fort- und Weiterbildung und Übernahme weiterer Tätigkeitsbereiche
Arbeitsmittel wie Maschinen, Geräte oder ComputerEinsatz moderner funktionierender Geräte

Regelmäßige Schulung und Support

Ansprechpartner bei Fragen und Reklamationen
Arbeitsumgebung, zum Beispiel Raumklima, Ausstattung und Beleuchtung des ArbeitsplatzesPersönlicher Platz zur Entfaltung

Moderne Arbeitsgeräte und Bildschirmarbeitsplätze

Ergonomische Bürostühle und -tische

Proaktive Maßnahmen des Gesundheitsschutzes
ArbeitszeitgestaltungHomeoffice-Möglichkeit

Flexible Arbeitszeitmodelle

Vertrauensarbeitzeit

Maßnahmen zur Vermeidung von Überstunden

Unternehmen, die die psychische Belastung von Arbeitnehmern erkennen und proaktiv angehen, minimieren das Risiko von Langzeitkranken im Betrieb und achten darauf, ein modernes, motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen, das die Produktivität fördert. 

Psychische Entlastung: Wie reduziert man psychische Belastungen gezielt?

Als psychische Entlastung können alle Maßnahmen zum Schutz und zur Stärkung der Gesundheit von Arbeitnehmern gelten, die als Reaktion auf arbeitsbedingte psychische Belastung eingeführt werden.

Letztendlich wird es Ihnen als Arbeitgeber nicht gelingen, alle Belastungsfaktoren auf der Arbeit vollständig einzudämmen. Denn Zeitdruck, Stress und herausfordernde Aufgaben gehören zum Arbeitsalltag nun mal dazu. Allerdings können Sie Faktoren, die Ihre Mitarbeiter psychisch belasten, gezielt ausgleichen, indem Sie entlastende Ressourcen schaffen. Unter Ressourcen werden dabei organisatorische und individuelle Faktoren verstanden, mit denen Sie Fehlbelastungen gezielt entgegensteuern können.

Die folgende Tabelle enthält potenzielle Belastungsfaktoren sowie Beispiele für entlastende Ressourcen:

Belastungsfaktoren auf der ArbeitEntlastende Ressourcen
AufgabenverdichtungZusammenarbeit im Team

Kollegiale Unterstützung bei den Arbeitsaufgaben
Zeitdruck und StressSeminare zum Stressmanagement

Handlungsfreiräume

Möglichkeit zur Delegation
Konflikte, Konkurrenzdenken und Mobbing auf der ArbeitMaßnahmen zum Teambuilding

Förderung des Teamgeistes

Konfliktmanagement

Anti-Mobbing-Workshops

Soziale Integration von Mitarbeitern
Undeutliche OrganisationstrukturenEindeutige Verantwortungsbereiche

Optimierung unternehmensinterner Kommunikation

Erhöhung der Transparenz
Unklare TätigkeitsbereicheEindeutige Verantwortlichkeiten

Klare Aufgabenzuteilung

Abgrenzung einzelner Abteilungen
Arbeitsort und ArbeitszeitenFlexible Arbeitszeitmodelle

Home Office

Seminare zur optimalen Schreibtischarbeit

Vertrauensarbeitszeit
Unzureichende materielle oder personelle Ressourcen auf der ArbeitOptimale Arbeits- und Büroausstattung

Kollegiale Unterstützung

Unabhängig von den Belastungsfaktoren gibt es weitere Entlastungsmaßnahmen, die Arbeitgeber zur psychischen Entlastung ergreifen können.

Psychische Entlastungsmaßnahmen für Arbeitnehmer
Infografik: Psychische Entlastungsmaßnahmen für Arbeitnehmer

Zu den wichtigsten Entlastungsmaßnahmen heute gehören unter anderem:

EntlastungsmaßnahmenUmsetzung
Pausenregelungen:Arbeitgeber sollten immer auf die Einhaltung von der Arbeitszeit sowie der Pausenregelungen achten. Diese sind ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.
Ausgleich: Viele Unternehmen bieten ihren Beschäftigten entweder vor Ort oder für deren Freizeit Ausgleichsmöglichkeiten zur beruflichen Belastung an. Diese Möglichkeiten reichen vom Kickertisch bis hin zum bezahlten Fitnessstudio.
Work-Life-Balance:Die viel zitierte “Work-Life-Balance” wird zwar häufig erwähnt, findet jedoch nur selten Anwendung. Für eine nachhaltige psychische Entlastung und eine Verringerung von Leistungsdruck und Arbeitsbelastung ist es wichtig, wenn Arbeitnehmer ausreichend Freizeit genießen können und z.B. nicht permanent per Mail oder Telefon erreichbar sind.
Urlaubszeit: Beschäftigte können ihren Urlaub für psychischen Arbeitsschutz verwenden. Jeder Urlaub soll ihnen die Möglichkeit geben, sich von den berufsbedingten Belastungen zu erholen.
Weiterbildung: Firmen können ihren Beschäftigten anbieten, sich zu Themen wie Resilienz, Entspannungstechniken oder Yoga weiterbilden zu lassen.
Arbeitsumgebung: Arbeitgeber können die Auswirkungen einer hohen Arbeitsbelastung und Überlastung reduzieren, wenn sie eine möglichst angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen, z.B. durch Grünpflanzen, eine besondere Beleuchtung, Erholungsbereiche oder besonders ergonomische Arbeitsplätze. Auch das Gewähren von Homeoffice-Tätigkeiten, kann den Gesundheitsschutz stärken.

Schulungen oder Kurse lassen sich zudem mit Psychologen oder Coaches vor Ort im Unternehmen durchführen und in die Präventionsmaßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements integrieren.

Wo findet man die gesetzlichen Grundlagen zur Reduktion psychischer Belastungen? 

Die Notwendigkeit zur Reduktion und Vermeidung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz sind in folgenden Gesetzen geregelt:

  • Die Definitionen der WHO: Die WHO betrachtet Gesundheit als Zustand des vollkommenen körperlichen, sozialen und geistigen Wohlbefindens.
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Nach dem ArbSchG müssen Arbeitgeber u.a. Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit einführen und die Arbeit so gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird.
  • Maschinenrichtlinie (MRL): Demnach sollen u.a. Ermüdung und psychische Belastung beim Bedienen von Maschinen auf ein Minimum reduziert werden.
  • Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV): Gemäß dieser Richtlinie müssen Arbeitgeber bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen nicht nur Ergonomie, sondern auch mögliche psychische Belastungen ermitteln und beurteilen.
  • Betriebsverfassungsgesetz: Demnach muss der Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber darauf achten, dass die Arbeit menschengerecht gestaltet wird.

In der Praxis wird darüber hinaus mit der Lastenhandhabungsverordnung, der Arbeitsmittelbenutzungsverordnung, der PSA (Persönliche Schutzausrüstung) sowie der Arbeitsstättenverordnung und dem Arbeitszeitgesetz auf die psychische Belastung von Arbeitnehmern geachtet.