Beitragsbild. Links ist der Schriftzug "Pflichten des Betriebsarztes" zu lesen. Rechts ist ein Bild abgebildet, das einen Arzt und eine Ärztin in selbstbewusster Haltung zeigt.

Pflicht Betriebsarzt: Rechtliche Vorgaben und Einsatzmöglichkeiten

Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sind ohne Zweifel für jedes Unternehmen in Deutschland wichtig. Nicht nur der Gesetzgeber verlangt, dass beide Themen in Unternehmen einen hohen Stellenwert haben. Auch jedes Unternehmen hat ein vitales Interesse daran, die eigenen Arbeitnehmer vor Gefahren am Arbeitsplatz zu schützen und präventive Maßnahmen zum Gesundheitsschutz bereitzuhalten. Aus diesem Grund ist die Rolle des Betriebsarztes von zentraler Bedeutung, um die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. In diesem Artikel werden die verschiedenen Aspekte der Betriebsarztpflicht, die Aufgaben und Pflichten des Betriebsarztes sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter einem Betriebsarzt?

Ein Betriebsarzt ist ein auf den arbeitsmedizinischen Bereich spezialisierter Arzt. Er konzentriert sich ausschließlich auf die arbeitsmedizinische Betreuung im Betrieb und das Wohlergeben der Mitarbeiter. Seine Hauptaufgabe im Betrieb besteht darin, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung zu unterstützen. Dabei berät er sowohl das Management als auch die Mitarbeiter in allen Fragen der Vorsorge, der Arbeitsmedizin und des Gesundheitsschutzes.

Das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) behandelt im Detail die rechtliche Ausgestaltung zur Betriebsmedizin. Der Gesetzgeber erklärt hier auch, welche Mediziner sich als Betriebsärzte eignen. Entscheidend ist gemäß § 4 ASiG, dass Betriebsärzte berechtigt sind:

den ärztlichen Beruf auszuüben, und über die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen.

Ist ein Betriebsrat im Unternehmen Pflicht und ab wann?

Unternehmen in Deutschland benötigen grundsätzlich und ab dem ersten Beschäftigten einen Betriebsarzt. Die Pflicht zur Bestellung eines Betriebsarztes besteht unabhängig von der Betriebsgröße. Je nach Unternehmensgröße unterscheidet der Gesetzgeber unterschiedliche Betreuungsmodelle:

  • Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten: Grundbetreuung und anlassbezogene Betreuung (alternative Betreuung möglich)
  • Betriebe mit 11 bis 50 Mitarbeitern: Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung (alternative Betreuung durch ein Kompetenzzentrum möglich)
  • Betriebe ab 50 Beschäftigten: Regelbetreuung und betriebsspezifische Betreuung (keine alternative Betreuung möglich)

Der konkrete Umfang der betriebsärztlichen Betreuung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Betriebsart, den damit verbundenen Gesundheitsgefahren, der Anzahl und Zusammensetzung der Beschäftigten sowie der Betriebsorganisation.

Wie bestellen Unternehmen einen Betriebsarzt?

Unternehmen haben verschiedene Möglichkeiten, einen Betriebsarzt zu bestellen:

  • Anstellung eines hauptberuflichen Betriebsarztes (in großen Unternehmen zielführend)
  • Beauftragung eines freiberuflichen Arztes auf Basis eines Dienstvertrags
  • Inanspruchnahme eines überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienstes

Welche Aufgaben und Pflichten hat der Betriebsarzt?

Der Betriebsarzt hat gemäß § 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) vielfältige Aufgaben und Pflichten. Diese umfassen vor allem die Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in allen Fragen des Gesundheitsschutzes und der Unfallverhütung. Insbesondere ist der Betriebsarzt für die Durchführung arbeitsmedizinischer Untersuchungen verantwortlich. Ziel aller medizinischen Untersuchungen ist es, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu erkennen und zu beurteilen.

Als Arzt überwacht er die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zum Gesundheitsschutz und unterstützt bei Fragen zur Gestaltung gesunder und ergonomischer Arbeitsplätze sowie bei der Auswahl persönlicher Schutzausrüstung (PSA). Zudem ist der Betriebsarzt verpflichtet, an der Planung und Durchführung von Schulungen und Unterweisungen im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz mitzuwirken.

Welche Rechte hat der Betriebsarzt?

Zu seinen Rechten im Betrieb gehören der uneingeschränkte Zugang zu allen Arbeitsbereichen und relevanten Dokumenten, die notwendig sind, um seine Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Des Weiteren hat der Betriebsarzt das Recht, vom Arbeitgeber alle erforderlichen Informationen zu erhalten, die zur Beurteilung des Gesundheitszustands der Mitarbeiter nötig sind.

Der Betriebsarzt kann proaktiv Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen machen und hat das Recht, an Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses teilzunehmen. Insgesamt agiert der Betriebsarzt als unabhängiger Experte, dessen primäres Ziel der Schutz und die Förderung der Gesundheit der Beschäftigten ist.

Betreuungsarten: Welche Betreuung je nach Unternehmensgröße vorgeschrieben ist

Es gibt drei unterschiedliche arbeitsmedizinische Betreuungsarten, die ein Betriebsarzt anbieten kann, abhängig von der Größe und den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens:

Arbeitsmedizin: Grundbetreuung

Die Grundbetreuung umfasst die allgemeinen Maßnahmen des Arbeitsschutzes und ist für alle Unternehmen verpflichtend.

Der Anhang 3 der DGUV Vorschrift 2 bietet detaillierte Erläuterungen und mögliche Leistungen für jedes Aufgabenfeld, um die betriebliche Umsetzung und Abgrenzung zur betriebsspezifischen Betreuung zu erleichtern.

Aufgabenfelder der arbeitsmedizinischen Grundbetreuung:

  • Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung (Beurteilung der Arbeitsbedingungen)
  • Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhältnisprävention
  • Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhaltensprävention
  • Unterstützung bei der Schaffung einer geeigneten Organisation und Integration in die Führungstätigkeit
  • Untersuchung nach Ereignissen
  • Allgemeine Beratung von Arbeitgebern und Führungskräften, betrieblichen Interessenvertretungen, Beschäftigten
  • Erstellung von Dokumentationen und Erfüllung von Meldepflichten
  • Mitwirken in betrieblichen Besprechungen
  • Selbstorganisation

Für die Grundbetreuung steht Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit ein festes Zeitkontingent zur Verfügung, welches je nach betrieblichen Erfordernissen verteilt wird. Mindestens 20 % des Grundbetreuungsumfangs und mindestens 0,2 Stunden pro Jahr und Beschäftigtem sind bei Einteilung auf Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit jeweils einzuplanen. Wege- und Fahrzeiten werden nicht auf die Einsatzzeiten angerechnet.

Die Einsatzzeiten sind in drei Betreuungsgruppen gestaffelt, wobei die Zuordnung anhand der Betriebsart gemäß dem WZ-Schlüssel erfolgt. Für die Zuordnung ist der vorherrschende Betriebszweck entscheidend, eine Differenzierung nach Tätigkeiten oder Bereichen innerhalb des Betriebs ist nicht möglich.

Arbeitsmedizin: Anlassbezogene Betreuung

Die anlassbezogene arbeitsmedizinische Betreuung wird bei besonderen Anlässen wie der Einführung neuer Arbeitsmittel oder bei betrieblichen Umstrukturierungen durchgeführt. Sie umfasst eine Vielzahl von Aufgaben, die speziell auf bestimmte Ereignisse und Veränderungen im Unternehmen ausgerichtet sind.

Dazu gehören die Planung, Errichtung, Instandhaltung und Änderung von Betriebsanlagen, Betriebsstätten oder der Betriebsorganisation. Ebenfalls arbeitsmedizinisch betreut werden die Einführung neuer oder die grundlegende Veränderung vorhandener Arbeitsmittel, insbesondere wenn diese ein erhöhtes Gefährdungspotenzial mit sich bringen.

Arbeitsmedizin: Betriebsspezifische Betreuung

Die betriebsspezifische Betreuung richtet sich nach den spezifischen Gefährdungen und Anforderungen des einzelnen Betriebs.

Vorsorge: Welche Vorsorgearten werden unterschieden?

Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit des Betriebsarztes. Sie werden in drei Kategorien unterteilt:

Pflichtvorsorge

Die Pflichtvorsorge ist für bestimmte gefährdende Tätigkeiten vorgeschrieben und muss vom Arbeitgeber veranlasst werden. Ein Praxisbeispiel für die verpflichtende Vorsorge ist die medizinische Untersuchung von Maschinenbedienern in der Holzindustrie. Da diese Arbeitnehmer Gefahren wie Lärm und Verletzungsrisiken ausgesetzt sind, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Vorsorge regelmäßig durchzuführen.

Angebotsvorsorge

Die Angebotsvorsorge wird für weniger gefährliche Tätigkeiten angeboten und kann vom Arbeitnehmer freiwillig in Anspruch genommen werden. Ein Beispiel für Angebote der Vorsorge könnte die Untersuchung von Büroangestellten sein, die häufig am Computer arbeiten. Hier bietet der Arzt regelmäßige Seh- und Ergonomie-Checks an, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern. Aus rechtlicher Sicht besteht für die Angestellten keine Pflicht zur Untersuchung.

Wunschvorsorge

Die Wunschvorsorge ermöglicht es Arbeitnehmern, sich auf eigenen Wunsch hin untersuchen zu lassen. Dies gilt selbst dann, wenn keine spezifische Gefährdung vorliegt. Ein Beispiel für einen Wunsch auf Vorsorge könnte ein Mitarbeiter sein, der aufgrund von familiären Vorbelastungen eine Untersuchung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen wünscht.

Hat der Betriebsarzt gegenüber den Arbeitnehmern Schweigepflicht?

Betriebsärzte unterliegen wie alle anderen Ärzte der ärztlichen Schweigepflicht. Diese Pflicht ist im Strafgesetzbuch (§ 203 StGB) und im Arbeitssicherheitsgesetz (§ 8 ASiG) festgelegt:

Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten.

Betriebsärzte dürfen somit ohne ausdrückliche Einwilligung des Patienten keine medizinischen Informationen an den Arbeitgeber weitergeben. In der Regel beschränkt sich die Informationsweitergabe des Betriebsarztes an den Arbeitgeber darauf, ob ein Mitarbeiter für eine bestimmte Tätigkeit geeignet ist, ohne dabei spezifische Diagnosen oder medizinische Details zu nennen.

Bei Verdacht auf eine Berufskrankheit, bei meldepflichtigen Krankheiten sowie wenn eine Gefahr für Leib und Leben Dritter am Arbeitsplatz besteht, kann die Schweigepflicht zugunsten des Schutzes Dritter aufgehoben werden.

Wer trägt die Kosten für den Betriebsarzt?

Die Kosten für die Bestellung und die Tätigkeit des Betriebsarztes trägt ausschließlich der Arbeitgeber. Die Pflicht zur Kostenübernahme umfasst sowohl die Honorare für Untersuchungen und Beratungen als auch die Bereitstellung von Räumen und Hilfsmitteln.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber in Bezug auf den Betriebsarzt?

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, die notwendigen Voraussetzungen für die Tätigkeit des Betriebsarztes zu schaffen. Dazu gehört die Bereitstellung von Räumen, die Unterstützung bei der Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen sowie die Umsetzung der Empfehlungen des Betriebsarztes. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass alle Mitarbeiter regelmäßig an den vorgeschriebenen Untersuchungen teilnehmen.

Welche Strafen drohen bei Nicht-Beschäftigung eines Betriebsarztes?

Bei Nicht-Beschäftigung eines Betriebsarztes müssen Arbeitgeber mit einem Bußgeld bis zu 25.000 Euro rechnen. Bereits bei Nichterteilung von Auskünften über die betriebsärztliche Betreuung droht ein Bußgeld von bis zu 500 Euro.

Neben Bußgeldern besteht aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Haftungsrisiko im Falle eines Arbeitsunfalls, der auf Verletzungen des Arbeitsschutzes zurückzuführen ist. In sehr schwerwiegenden Fällen sind sogar strafrechtliche Konsequenzen möglich. So wurde ein Geschäftsführer vom Landgericht Osnabrück zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldauflage von 100.000 Euro verurteilt (10 KLs 16/13). Hier kam es tragischerweise zu einem Arbeitsunfall mit Todesfolge durch einen Maschinenunfall. Grund für den Unfall war, dass der Arbeitgeber die Maschine wissentlich ohne Sicherheitseinrichtung betrieben hat.

Bereits ab dem ersten Beschäftigten ist ein Betriebsarzt verpflichtend. Arbeitgeber, die die betriebsärztliche Betreuung ernst nehmen, vermeiden rechtliche und finanzielle Konsequenzen und schützen gleichzeitig ihre Mitarbeiter.

Wo finden Unternehmen einen geeigneten Betriebsarzt?

Unternehmen können geeignete Betriebsärzte über verschiedene Kanäle finden. Dazu gehören:

  1. Berufsgenossenschaften,
  2. Online-Verzeichnisse wie die Gelben Seiten oder spezialisierte Branchenverzeichnisse oder
  3. Externe arbeitsmedizinische Dienste, die regionale und überregionale Betreuung anbieten.

FAQ zum Betriebsarzt

Weitere Fragen und Antworten rund um den Betriebsarzt in einem Unternehmen finden Sie hier:

Der Betriebsarzt muss regelmäßig in den Betrieb kommen, um die Arbeitsbedingungen zu kontrollieren und Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen. Die Häufigkeit hängt von der Betriebsgröße und den spezifischen Gefährdungen ab.
Pflichtvorsorgeuntersuchungen sind für Tätigkeiten vorgeschrieben, die mit besonderen Gefährdungen verbunden sind, wie z. B. der Umgang mit Gefahrstoffen oder bei Baulärm.
Der Betriebsarzt kann Empfehlungen zur Wiedereingliederung abgeben, die Entscheidung darüber liegt jedoch beim behandelnden Arzt und dem Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber sollte die Empfehlungen des Betriebsarztes berücksichtigen, ist aber nicht verpflichtet, ihnen zu folgen.
Ein Betriebsarzt kann im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge Impfungen anbieten. Diese sind jedoch freiwillig und bedürfen der Einwilligung des Arbeitnehmers.
Der Betriebsarzt kann grundsätzlich ein ärztliches Beschäftigungsverbot aussprechen, aber es gehört nicht zu seinen originären Aufgaben. Häufig wird ein Beschäftigungsverbot im Rahmen einer Schwangerschaft direkt vom behandelnden Gynäkologen ausgesprochen.
Betriebsärzte dürfen keine Krankmeldungen ausstellen. Dies ist ausschließlich die Aufgabe eines niedergelassenen Arztes, den ein Mitarbeiter im Krankheitsfall konsultiert.
Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, die Empfehlungen des Betriebsarztes umzusetzen. Die Nichtbeachtung von Empfehlungen kann im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit jedoch rechtliche Konsequenzen haben.