Räum- und Streupflichten

Wintersportler und Kinder sind vom ersten Schneefall begeistert, für Grundstücksbesitzer ist der Wintereinbruch allerdings mit viel Arbeit verbunden. Denn die weiße Pracht bringt Verpflichtungen mit sich. Unfälle drohen nicht nur im verschneiten Firmengelände oder auf vereisten Gehwegen, auch das Schneeräumen selbst birgt Gefahren. Hier einige Hinweise zur Räum- und Streupflicht und für einen sicheren und unfallfreien Winterdienst.
Inhaltsverzeichnis

Besteht für Unternehmen eine Räum- und Streupflicht im Winter?

Unternehmen unterliegen im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht auch bestimmten Räum- und Streupflichten, um die Sicherheit auf ihrem Grundstück, insbesondere in den Wintermonaten, zu gewährleisten. Diese Pflichten umfassen das Beseitigen von Schnee und Eis sowie das Streuen von Gehwegen und Verkehrsflächen, um Unfälle durch Glätte zu verhindern. Dies betrifft das komplette Betriebsgelände, aber auch Zufahrtsstraßen, Parkflächen und angrenzende Gehwege.

Für Unternehmen, zu denen Kunden ins Haus kommen, gilt nach Auffassung von Gerichten eine besonders hohe Verantwortung, Besucher vor Schaden zu bewahren.

Was umfasst die Räum- und Streupflicht von Unternehmen?

Zunächst ist jeder Grundeigentümer für die Sicherheit auf seinem Grundstück verantwortlich; er muss also Verkehrswege für Fahrzeuge und Fußgänger bei jeder Witterung sicher benutzbar halten. Auch die Sicherungspflicht für öffentliche Gehwege, die an die Grundstücke grenzen, übertragen die Gemeinden durch ihre Satzung i. d. R. den Grundstücksbesitzern.

Folgende Räum- und Streupflichten sollte das Unternehmen zu erfüllen:

Sicherung von Gehwegen und Zugängen: Unternehmen müssen dafür sorgen, dass alle betriebsinternen Gehwege, Eingangsbereiche und Zufahrten zu Gebäuden sowie Parkplätze von Schnee und Eis befreit sind. Wenn Ihr Grundstück an mehrere Straßen grenzt, gilt die Räumpflicht für alle Seiten.

Räumzeiten: Die Räum- und Streupflicht erstreckt sich in der Regel auf die Geschäftszeiten, kann aber auch darüber hinausgehen, wenn öffentlich zugängliche Bereiche wie Parkplätze betroffen sind. Üblich ist eine Räumung am frühen Morgen, um zu gewährleisten, dass die Flächen bereits vor Beginn des Betriebs sicher begehbar sind. In der Regel muss der Grundstücksbesitzer zwischen 7 und 20 Uhr Gehwege, Zugänge und Einfahrten von Schnee und Eis freiräumen. In Sonderfällen, z. B. bei Kundenverkehr auch außerhalb dieser Zeiten, kann diese Zeitspanne entsprechend erweitert sein. Bei Glatteis und Schnee ist folgendes zu beachten:

  • Glatteis: Wenn mit Glatteis zu rechnen ist, weil der Wetterbericht z. B. auf Regen Minusgrade meldet, müssen Sie vorbeugend streuen.
  • Schnee schippen: Schnee schippen müssen Sie aber so lange nicht, wie dies z. B. wegen starken und anhaltenden Schneefalls sinnlos wäre – danach setzt die Räum- und Streupflicht jedoch sofort wieder ein!

Geeignete Streumittel: Zum Bestreuen der Wege und Flächen müssen geeignete Streumittel wie Splitt, Sand oder Granulat verwendet werden. Salz sollte nur in Ausnahmefällen und unter Berücksichtigung örtlicher Vorgaben eingesetzt werden, da es umweltschädlich ist.

Verantwortungsdelegation: Arbeitgeber können die Räum- und Streupflichten an externe Dienstleister oder Mitarbeiter delegieren, müssen jedoch sicherstellen, dass diese Pflichten verlässlich erfüllt werden. Eine schriftliche Regelung ist sinnvoll, um im Schadensfall nachweisen zu können, dass diese Aufgabe ordnungsgemäß übertragen wurde.

Dokumentation: Es ist ratsam, die Erfüllung der Räum- und Streupflichten schriftlich zu dokumentieren, um im Falle eines Unfalls oder einer rechtlichen Auseinandersetzung einen Nachweis zu haben, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden.

Wichtig: Auch ein Betriebsurlaub oder wenn die Firma über die Feiertage geschlossen ist, entbindet Sie nicht von der Pflicht zur Verkehrssicherung.

Urteil: Räumen allein reicht nicht!

Wichtiges Urteil: Eine Frau hatte sich beim Sturz auf einem vereisten Hotelparkplatz schwer verletzt. Das Landgericht (LAG) Augsburg entschied dazu: Schneeräumen allein reicht nicht, wenn der Parkplatz für Gäste bestimmt ist. Der Unternehmer habe neben der Räum- auch eine Streupflicht und muss die Anlage von Stolperfallen wie z. B. Glatteis freihalten. Das Gericht entschied, dass der Holtelier für 50 % des Schadens haften musste. (LAG Augsburg, Urteil vom 11. 01.2001, Az. 3 O 2846/00).

Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen die Räum- und Streupflicht?

Wenn Besucher oder Kunden auf Ihrem Betriebsgelände wegen Schnee- oder Eisglätte ausrutschen und sich verletzen, haftet der Unternehmer: wegen “Verletzung der Verkehrssicherungspflichten“ (Bürgerliches Gesetzbuch) insbesondere der Räum- und Streupflicht. Doch auch wenn Passanten auf Gehwegen und Zugängen zu Ihrem Betrieb ausrutschen, kann das Unternehmen haftbar gemacht werden. Es drohen nicht nur Schmerzensgeldzahlungen. Gestürzte Mitarbeiter können für den Betrieb lange ausfallen. Deshalb sollten Sie rechtzeitig einen Räum- und Streuplan aufstellen.

Wie organisieren Sie den „Winterdienst“ auf dem Betriebsgelände?

Am bequemsten ist es, spezielle Dienstleister, z. B. eine Gebäudereinigungsfirma, für den Winterdienst anzuheuern. So können Sie direkt nachweisen, dass Sie sich Ihrer Räum- und Streupflicht angenommen haben. Wenn Sie das Problem aber lieber mit „Bordmitteln“ lösen wollen, sollten Sie frühzeitig einen Räum- und Streuplan erstellen. Denken Sie dabei an Folgendes:

1. Personal: Wer ist verantwortlich, wer hilft mit?

Der Verantwortliche hat z. B. die Schlüsselaufgabe, bei kritischen Wetterlagen abends den regionalen Wetterbericht zu verfolgen, die Helfer „vorzuwarnen“ und ggf. morgens um 4 Uhr telefonisch zum Schneeräumen zu beordern.

2. Geeignetes Streumittel wählen

Der Einsatz von Salz ist vielerorts verboten. Splitt oder andere Granulate reichen meist aus. Bei schwierigen Verhältnissen oder z. B. Gefälle auf Ihrem Firmengelände klären Sie besser bereits im Voraus die optimale Streumethode. Für besonders gefährdete Stufen im Außenbereich z. B. kann es Ausnahmen geben. Salz kann jedoch die Vegetation auf ihrem Firmengelände massiv schädigen, sodass im Sommer möglicherweise der bislang schattige Parkplatz in der prallen Sonne liegt, weil Bäume und Gebüsche kränkeln.

3. Materialvorrat überprüfen

Lagern Sie rechtzeitig genügend Streugut wie Splitt oder Salz ein. Wenn die „Schneekatastrophe“ unmittelbar bevorsteht, ist oft nicht genügend zu bekommen. 

4. Hilfsmittel und Ausrüstung bereitstellen

Dazu gehören Schneeschaufeln und -schieber, Streugeräte usw. Für größere Flächen eignen sich (gemietete) fahrbare Schneefräsen usw. Allerdings sollten Sie vorhandene Geräte rechtzeitig auf Funktionsbereitschaft

checken und Kraftstoff für motorbetriebene Geräte bereitstellen.

Wenn Sie eigene Mitarbeiter zum Winterdienst einsetzen, stellen Sie Ihnen geeignete Ausrüstung (Schuhwerk, Handschuhe etc.). Nützlich ist reflektierende Kleidung, die bei Dunkelheit für frühe Sichtbarkeit in Verkehrsnähe sorgt. Auch Stirnlampen können in den Morgen- oder Abendstunden sehr hilfreich sein.

Hinweis: Manches Grundstück blieb frühmorgens schon ungeräumt, weil zwar die Mannschaft zur Stelle war, der Schlüssel für den Geräteschuppen aber fehlte. Deshalb die „Schlüsselgewalt“ immer gleich mit organisieren.