Gefahrstoffe im Überblick

Gefahrstoffe im Betrieb: Gesetzliche Vorgaben, Pflichten und Schutzmaßnahmen

Unternehmen, die in ihrem Betrieb Gefahrstoffe einsetzen oder herstellen, haben zahlreiche gesetzliche Pflichten, um sowohl die Umwelt als auch die Mitarbeiter zu schützen. Der folgende Artikel liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über das Thema "Gefahrstoffe im Betrieb" - von der Definition und den Risiken von Gefahrstoffen über die gesetzlichen Vorgaben und Pflichten bis hin zu den Schutzmaßahmen, dem Gefahrstoffbeauftragten und den Einsatz von Gefahrstoffen.
Inhaltsverzeichnis

Was sind Gefahrstoffe?

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) definiert Gefahrstoffe als „Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse mit gefährlichen Eigenschaften. Sie können akute oder chronische gesundheitliche Schäden beim Menschen verursachen, entzündlich, explosionsgefährlich oder gefährlich für die Umwelt sein.“ 

Als Gefahrstoffe gelten alle Materialien, die aufgrund ihrer physikalischen Beschaffenheit oder Zusammensetzung eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen, wenn sie nicht ordnungsgemäß gehandhabt werden.

Lese-Tipp!

Was ist der Unterschied zwischen Gefahrgut und Gefahrstoff?

Ein Gefahrstoff kann aufgrund seiner Eigenschaften zu jeder Zeit eine Gefahr für den Menschen oder die Umwelt darstellen. Bei einem Gefahrgut ergibt sich die Gefährdungslage durch den Transport. Jeder Stoff oder jeder Gegenstand, der während des Transports oder bei einem Unfall während des Transports potenziell gefährlich ist, wird als Gefahrgut bezeichnet.

Welche Risiken gehen von Gefahrstoffen aus?

Gefahrstoffe stellen ein erhebliches Risiko für Menschen, Tiere, die Umwelt und Sachwerte dar. Diese Risiken variieren je nach Art des Gefahrstoffes und seiner physikalischen oder chemischen Eigenschaften.

Gesundheitsgefährdungen durch Gefahrstoffe

Mitarbeiter, die mit Gefahrstoffen arbeiten und diese im beruflichen Alltag verwenden, stehen bei unsachgemäßem Gebrauch oder bei einem Unfall vor verschiedenen Risiken, beispielsweise:

  • Brandverletzungen bei entzündlichen Gefahrstoffen,
  • Schwerste innere und äußere Verletzungen bei Explosionen,
  • Akute äußere Verletzungen wie Verätzungen,
  • Chronische gesundheitliche Schäden, beispielsweise eine Staublunge bei Bergarbeitern,
  • Körperliche Folgen, die als Berufskrankheit anerkannt werden, beispielsweise eine Asbestose oder asbeststaubbedingte Krebserkrankungen,
  • Unfälle mit Gefahrstoffen mit Todesfolge, wie Ersticken oder Ertrinken bei der unsachgemäßen Verwendung von Gefahrstoffen.

Wie werden Gefahrstoffe vom Körper aufgenommen?

Mitarbeiter, die mit Gefahrstoffen arbeiten und bei denen es im Umgang oder bei der Lagerung zu Problemen und Unfällen kommt, nehmen Gefahrstoffen über die folgenden vier Wege und teilweise unbemerkt in den menschlichen Körper auf: 

AufnahmewegErklärung, wie die Gefahrstoff in den Körper gelangt
SubkutanEindringen eines kontaminierten Fremdkörpers unter die Haut
InhalativEinatmen von kleinsten Partikeln, Aerosolen, Gasen, Stäuben oder Dämpfen
OralÜber den Mund gelangen Staub oder Flüssigkeiten in den Körper
DermalBei Berührung von Gefahrstoffen mit der Haut kommt es durch Resorption zu einem Eindringen der gefährlichen Stoffe unter die Haut und in den Organismus
Tabelle: Aufnahmewege von Gefahrstoffen

Was ist die gesetzliche Grundlage für Gefahrstoffe?

Es gibt eine Reihe von deutschen und europäischen Gesetzen, die sich mit Gefahrstoffen beschäftigen. Im Gefahrstoffrecht sind vor allem die folgenden vier Gesetze und Richtlinien maßgeblich:

Welche Pflichten sind im Umgang mit Gefahrstoffen einzuhalten?

Der Umgang mit Gefahrstoffen erfordert besondere Sorgfalt und Einhaltung strenger Vorschriften, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sowie den Schutz der Umwelt zu gewährleisten. Hier sind die wesentlichen Pflichten, die Arbeitgeber bei der Arbeit mit Gefahrstoffen einhalten müssen:

  • Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe durchführen: Gemäß § 6 Abs. 1 GefStoffV und § 5 ArbSchG muss eine umfassende Gefährdungsbeurteilung erstellt werden, um potenzielle Risiken zu identifizieren. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind schriftlich zu dokumentieren.
  • Schutzmaßnahmen ableiten und regelmäßig analysieren: Schutzmaßnahmen müssen gemäß § 8 GefStoffV abgeleitet und deren Wirksamkeit kontinuierlich überprüft werden. Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehören unter anderem: Reduktion der Expositionsdauer, Vermeidung von Kontamination sowie Minimierung von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz.
  • Gefahrstoffkataster erstellen: Ein vollständiges Gefahrstoffkataster gemäß § 6 Abs. 12 GefStoffV ist erforderlich, um den Überblick über alle verwendeten Gefahrstoffe zu behalten. Zu den Pflichtangaben des Gefahrstoffverzeichnis gehört die Bezeichnung des Gefahrstoffes und dessen Einstufung sowie Hinweise zur Menge und den Bereichen, wo die Gefahrstoffe Anwendung finden.
  • Sicherheitsdatenblätter erstellen: Sicherheitsdatenblätter müssen in Übereinstimmung mit den Regelungen im Artikel 31 der REACH-Verordnung und den Anforderungen im Anhang erstellt werden.
  • Schutzkleidung und Schutzausrüstung bereitstellen: Arbeitgeber sind verpflichtet, gemäß § 7 GefStoffV geeignete Schutzkleidung und Schutzausrüstung bereitzustellen.
  • Sichere Lagerung und Entsorgung: Die Lagerung und Entsorgung gefährlicher Stoffe muss nach den Vorgaben der TRGS 510 erfolgen.
  • Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe erstellen: Gemäß § 14 GefStoffV sind Betriebsanweisungen für den Umgang mit Gefahrstoffen zu erstellen. Die unmittelbare Zugänglichkeit für Mitarbeiter ist unabdingbar.
  • Gefahrstoffunterweisungen und Schulungen durchführen: Unterweisungen und Schulungen für Mitarbeiter müssen gemäß § 14 Abs. 2 GefStoffV regelmäßig durchgeführt werden (mindestens einmal jährlich), um den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen sicherzustellen.

Die einzelnen Pflichten sind vom Arbeitgeber umzusetzen. Dies erfolgt in der Regel durch ein implementiertes Gefahrstoffmanagement.

Welche Schutzmaßnahmen müssen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ergriffen werden?

Der § 8 der Gefahrstoffverordnung gibt im Detail vor, welche allgemeinen Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen, wenn Unternehmen mit Gefahrstoffen arbeiten. Arbeitgeber sind zu folgenden Schutzmaßnahmen verpflichtet: 

  • Geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
  • Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
  • Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
  • Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
  • Angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
  • Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die erforderliche Menge,
  • Geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren zur Gesundheitssicherung,
  • Alle verwendeten Stoffe und Gemische müssen identifizierbar sind,
  • Gefährliche Stoffe und Gemische sowie Apparaturen und Rohrleitungen sind innerbetrieblich mit einer eindeutigen Kennzeichnung zu versehen,

Grundlage aller innerbetrieblichen Maßnahmen bildet die individuelle Gefährdungsbeurteilung auf Grundlage des § 5 des Arbeitsschutzgesetzes. Reichen die allgemeinen Schutzmaßnahmen der Gefahrstoffverordnung nicht aus, müssen die im § 9 GefStoffV dargestellten zusätzlichen Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. 

Diese beziehen sich unter anderem auf den Umgang mit sehr gefährlichen Gefahrstoffen, bei denen Arbeitsplatzgrenzwerte oder biologische Grenzwerte überschritten werden oder auf haut- oder augenschädigenden Gefahrstoffe. Besondere Schutzmaßnahmen müssen ebenso bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Gefahrstoffen oder bei Gefahrstoffen ergriffen werden, bei denen eine Brand- und Explosionsgefährdung besteht. 

Was ist ein Gefahrgutbeauftragter und was sind seine Aufgaben? 

Ein Gefahrgutbeauftragter ist der Sicherheitsexperte im Betrieb, der sich auf die sichere Handhabung, Lagerung und den Transport von Gefahrstoffen spezialisiert hat. Er ist dafür verantwortlich, dass beim Transport von Gefahrgut die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Dafür schult er die Mitarbeiter regelmäßig im sicheren Umgang mit Gefahrstoffen. Der Gefahrgutbeauftragte ist ebenfalls dafür zuständig, dass bei der Entsorgung von gefährlichen Abfällen alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Letztendlich sorgt der Gefahrgutbeauftragte dafür, dass alle Sicherheitsvorschriften beim Umgang mit Gefahrstoffen eingehalten werden. 

Aus gesetzlicher Sicht besteht keine grundsätzliche Verpflichtung, einen Gefahrgutbeauftragten im Betrieb zu bestellen. Da der Arbeitgeber gemäß Gefahrstoffverordnung gleichzeitig verpflichtet ist, alle Gefährdungen zu erfassen und von einer fachkundigen Person beurteilen zu lassen, ist ein Gefahrgutbeauftragter in vielen Firmen alternativlos. Aufgrund seiner sukzessiven Fort- und Weiterbildung und seiner Sachkenntnis ist er in der Lage ist, die gesetzlichen Vorgaben, die die GefStoffV aufgibt, zu erfüllen.

In welchen Branchen kommen Gefahrstoffe zum Einsatz? 

Gefahrstoffe werden in einer Vielzahl von Industriezweigen verwendet, die von der Fertigung und dem Bauwesen bis hin zur Landwirtschaft und Energieerzeugung reichen. Die Automobilindustrie verwendet beispielsweise Produkte auf Erdölbasis wie Benzin und Motoröl, in Kernkraftwerken werden gefährliche radioaktive Stoffe eingesetzt, und die Pharmaindustrie verwendet verschiedene Formen giftiger Chemikalien.