Beitragsbild. Links ist der Schriftzug "Feuerwiderstandsklassen" zu lesen. Rechts ist ein Bild abgebildet, dass eine Flamme auf einem Schild zeigt, welche durchgestrichen wurde.

Wie, wann und warum Feuerwiderstandsklassen Leben retten können

Am 29. November 2020 hielt die Welt den Atem an, als der französische Formel-1-Rennfahrer Romain Grosjean während des Formel-1-Rennens in Bahrain einen schrecklichen Unfall hatte. Sein Auto kam von der Strecke ab, durchstieß die Begrenzungsschienen und zerbrach in zwei Teile. Sofort ging das Fahrzeug mit dem im Cockpit angeschnallten Rennfahrer in Flammen auf. Ganze 27 Sekunden dauerte es, bis sich Romain Grosjean nahezu unverletzt aus dem Wrack befreien konnte. Derartige Unfälle zeigen, wie wichtig durchdachte Sicherheitsmaßnahmen in allen Bereichen des Lebens sind. Ein entscheidender Faktor bei Feuerunfällen ist die Feuerwiderstandsfähigkeit der verwendeten Materialien. Das gilt nicht nur für die Formel 1, sondern ebenso für viele andere Bereiche. Auch im Bauwesen ist der Schutz vor Feuer und das Wissen um das individuelle Brandverhalten von Bauteilen von zentraler Bedeutung. Dieser Artikel beschäftigt sich daher im Detail mit den Feuerwiderstandsklassen und den gesetzlichen Normen. Er geht auf die Einteilung der Feuerwiderstandsklassen nach DIN EN 13501-2 und DIN 4102-02 ein und vergleicht diese. Zum Schluss des Artikels erfahren Sie, welche Einflussfaktoren zur Einteilung in eine Feuerwiderstandsklasse besonders wichtig sind.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter einer Feuerwiderstandsklasse?

Feuerwiderstandsklassen beschreiben die Fähigkeit eines Bauteils, einem Brand für eine festgelegte Zeit standzuhalten. Die Feuerwiderstandsklasse gibt an, wie lange Wände, Decken oder Türen ihre strukturelle Integrität und Funktionalität beibehalten, ohne durch das Brandverhalten beeinträchtigt zu werden.

Beton ist ein hervorragendes Beispiel für ein Material mit hohem Feuerwiderstand. Aufgrund seiner dichten Struktur und seiner hohen thermischen Masse wird Beton als tragendes Element in Wänden und Decken verwendet, um das Ausbreiten eines Feuers effektiv zu verhindern.

Gipskartonplatten, die häufig in Form von speziellen feuerhemmenden Varianten in Innenwänden eingesetzt werden, haben ähnlich feuerhemmende Eigenschaften. Sie dienen als zusätzliche Barrieren gegen Feuer und Rauchentwicklung und bieten eine Wärmedämmung. Feuerfeste Ziegel sind ebenfalls feuerhemmend. Sie werden zum Brandschutz häufig in Kaminverkleidungen und Trennwänden eingesetzt, um die strukturelle Integrität eines Gebäudes im Falle eines Brandes zu bewahren.

Feuerwiderstandsklasse: Gesetzliche Normen

In Deutschland sind Feuerwiderstandsklassen durch DIN-Normen geregelt.

Info: Eine DIN-Norm ist eine standardisierte Richtlinie, die vom Deutschen Institut für Normung e. V. entwickelt wird, um eine einheitliche Basis für Qualität und Sicherheit in der Industrie zu schaffen. DIN-Normen geben klare Anforderungen und Spezifikationen vor und werden in verschiedenen Fachbereichen als Grundlage und Standard genutzt.

In Bezug auf die Feuerwiderstandsklassen gelten die DIN 4102-2 und die DIN EN 13501-2 als wesentlich. Beide Normen definieren die Anforderungen und Prüfverfahren, die Baustoffe durchlaufen müssen, um in eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse eingeteilt zu werden.

Die Einhaltung dieser Normen ist gesetzlich vorgeschrieben und stellt sicher, dass Gebäude feuerbeständig gebaut werden. Jedes Bundesland in Deutschland hat im letzten Schritt spezifische Bauordnungen, die die Umsetzung dieser Normen im Brandschutz regeln.

Einteilung der Feuerwiderstandsklassen nach DIN EN 13501-2

Die europäische Norm DIN EN 13501-2 bietet ein umfassendes und differenziertes System zur Klassifizierung von Bauteilen.

Die Norm betrachtet nicht nur die Tragfähigkeit, sondern auch den Raumabschluss und die Wärmedämmung von Bauteilen. Die Leistung wird in Minuten angegeben und reicht von 15 bis 360 Minuten. Ein Bauteil, das 120 Minuten lang tragfähig bleibt, 60 Minuten den Raumabschluss aufrechterhält und 30 Minuten Wärme isoliert, erhält die Klassifizierung R 120 / RE 60 / REI 30.

Leistungskriterien im Brandschutz

  • R: Tragfähigkeit
  • E: Raumabschluss
  • I: Wärmedämmung

Zeitklassen

15, 20, 30, 45, 60, 90, 120, 180, 240 und 360 Minuten Feuerwiderstand

Klassifizierung

Die Klassifizierung erfolgt durch Kombination der Leistungskriterien und Zeitklassen. Ergänzend können die folgenden weiteren Kriterien angegeben werden:

  • W: Begrenzung der Wärmestrahlung durch Wärmedämmung
  • M: Mechanische Einwirkung
  • C: Selbstschließend
  • S: Rauchdichtheit und Feuerwiderstand
  • P: Funktionserhalt der Stromversorgung im Brandfall

Info: Bei bestimmten Baustoffen kann zusätzlich die Brandeinwirkungsrichtung von Teilen spezifiziert werden.

Einteilung der Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102-02

Die DIN 4102-02 ist eine deutsche Norm, die die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile anhand von Brandversuchen bestimmt. Diese Norm klassifiziert Bauteile in Kategorien wie F 30, F 60 und F 90. Die Zahl gibt die Dauer in Minuten angibt, die ein Bauteil einem Normbrand im Brandfall widerstehen kann. Dies bedeutet, dass Bauteile der Klasse F 30 mindestens 30 Minuten lang seine strukturelle Integrität bewahrt und feuerbeständig ist. Diese Einteilung ist weniger detailliert als die europäische Norm, aber nach wie vor in Deutschland weit verbreitet.

Feuerwiderstandsklassen von Baustoffen

KategorieBedeutungFeuerwiderstandsdauer
F 30feuerhemmendFeuerwiderstandsdauer von mindestens 30 Minuten
F 60hochfeuerhemmendFeuerwiderstandsdauer von mindestens 60 Minuten
F 90feuerbeständigFeuerwiderstandsdauer von mindestens 90 Minuten
F 120hochfeuerbeständigFeuerwiderstandsdauer von mindestens 120 Minuten
F 180höchstfeuerbeständigFeuerwiderstandsdauer von mindestens 180 Minuten

Die Zahl hinter dem „F“ gibt dabei die Mindestdauer in Minuten an, für die das Bauteil im Brandfall seine Funktion erfüllen muss und feuerhemmend wirkt.

Die Feuerwiderstandsklasse wird durch einen Kennbuchstaben für das jeweilige Bauteil ergänzt, zum Beispiel:

  • F für Wände, Decken, Stützen, Treppen.
  • T für Feuerschutzabschlüsse wie Türen und Tore.
  • G für Brandschutzverglasungen.
  • I für Installationsschächte und -kanäle.

Zusätzlich kann die Baustoffklasse angegeben werden:

  • A für nicht brennbare Baustoffe.
  • B für brennbare Baustoffe.

Beispiel: F90-A bezeichnet ein feuerbeständiges Bauteil aus nicht brennbaren Baustoffen.

Vergleich: DIN EN 13501-2 und DIN 4102-02 – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Hauptunterschiede zwischen den beiden Normen bestehen in der Anzahl der Leistungskriterien und der genauen Zeitklassifikation.

Während die DIN 4102-02 auf wenige Kategorien beschränkt ist, bietet die DIN EN 13501-2 eine umfassendere Bewertung von Baustoffen, die auch zusätzliche Faktoren wie mechanische Stabilität berücksichtigt. Beide Systeme sind in Deutschland gültig, wobei die europäische Norm zunehmend an Bedeutung gewinnt. Unternehmen sollten sich aus diesem Grund mit beiden Systemen im Brandschutz vertraut machen, um die bestmöglichen Entscheidungen für ihre Bauprojekte zu treffen.

Wichtige Faktoren, die den Feuerwiderstand beeinflussen

Mehrere Faktoren beeinflussen die Feuerwiderstandsfähigkeit eines Bauteils, darunter:

  • die Art des verwendeten Baustoffs,
  • die Dicke des Materials,
  • das Konstruktionsdesign sowie
  • die Anordnung von Bauteilen und
  • das statische System.

Beispielsweise kann Stahl, obwohl nicht brennbar, bei hohen Temperaturen an Tragfähigkeit verlieren, Das Brandverhalten von Holz hingegen differiert. Bei Bauteilen aus Holz bleibt die Tragkraft durch Verkohlung länger stabil. Dies sieht man an den tragischen Ereignissen am 11. September 2001, die die Welt in Atem hielten.

Durch den Aufprall der Flugzeuge in das World Trade Center in New York wurden zum einen massive strukturelle Schäden an der Stahlkonstruktion in den oberen Gebäudeteilen verursacht. Die durch die Explosionen und das daraufhin entstandene Feuer erzeugte Hitze schwächte die Stahlträger und begrenzte den Raumabschluss der Türme so stark, dass ein Verlust der Tragfähigkeit unvermeidbar war. Schließlich kollabierten die Türme, als die Struktur das Gewicht der oberen Etagen nicht mehr halten konnte.

Um die Konstruktion der Türme zu schützen, hätten im Vorfeld verschiedene bauliche Maßnahmen ergriffen werden können. Die Tragfähigkeit der Struktur hätte beispielsweise durch feuerhemmende Beschichtungen der Stahlträger und den Einsatz von feuerbeständigem Beton für entscheidende Bauteile erheblich verbessert werden können.

Eine sorgfältige Planung und die Wahl der richtigen Materialien sind zusammenfassend entscheidend, um die Feuerwiderstandsfähigkeit zu maximieren und das Brandverhalten zu beeinflussen.