Evakuierungsübung mit Erfolg durchführen: Alle Schritte
- Was ist eine Evakuierungsübung?
- Ist eine Evakuierungsübung Pflicht?
- Planung & Vorbereitung: Wie muss die Evakuierungsübung vorbereitet werden?
- Unterweisung: Wie schulen Sie Ihre Mitarbeiter in Evakuierungen?
- Ablauf: Wie muss eine Evakuierungsübung ablaufen?
- Nachbereitung & Bewertung der Evakuierungsübung
- Wie oft muss eine Evakuierungsübung durchgeführt werden?
- Evakuierungsübung – Checkliste
- Gesetzliche Grundlagen von Evakuierungsübungen
Was ist eine Evakuierungsübung?
Eine Evakuierungsübung kann als eine geplante Simulation einer Notfall-Evakuierung bezeichnet werden. Im Vorfeld der Evakuierungsübung wird ein praxisrelevantes Szenario entwickelt, dass geprobt werden soll. Das Ziel von Evakuierungsübungen besteht darin zu üben, wie es gelingt, alle Mitarbeiter, Besucher und anderen Personen im Notfall sicher und geordnet an einen sicheren Ort zu bringen. Statt unkontrollierter Flucht ist eine kontrollierte Evakuierung das Ziel.
Evakuierungsübungen im Unternehmen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass jeder im Betrieb die Notausgänge im Gebäude kennt und weiß, wie er sich im Ernstfall zu verhalten hat. Evakuierungsübungen testen nicht nur die Reaktionsfähigkeit der Mitarbeiter, sondern auch die Funktionalität der Alarmsysteme und die Effizienz der Evakuierungspläne im Betrieb. Eine gut durchgeführte Übung kann lebensrettende Informationen liefern und Schwachstellen in der Notfallplanung aufdecken.
Unterschied zwischen Evakuierung und Räumung
Gemäß DGUV-Information 205-033 bezeichnet eine Evakuierung das organisierte Verlassen von Personen eines gefährdeten oder gesicherten Bereichs im Betrieb, beispielsweise aus Brandschutz-Gründen. Die Räumung hingegen ist ein Begriff aus dem Polizeirecht. Das Wort Räumung bezieht sich vor allem auf eine polizeitaktische Maßnahme zur Sicherheit und Gefahrenabwehr. Beispielsweise wird eine Demonstration, auf der es zu Ausschreitungen kommt, geräumt.
Ist eine Evakuierungsübung Pflicht?
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit haben in Deutschland eine hohe Priorität. Daher sind Evakuierungsübungen gesetzlich vorgeschrieben. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet Arbeitgeber im § 4 Absatz 4 zu Evakuierungsübungen. Der Gesetzgeber schreibt vor:
Der Arbeitgeber hat einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend diesem Plan zu üben.
Ergänzend dazu konkretisieren die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), insbesondere die ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“, die Anforderungen an Evakuierungsübungen. In der ASR A2.3 wird empfohlen, die Übungen mindestens einmal jährlich durchzuführen.
Planung & Vorbereitung: Wie muss die Evakuierungsübung vorbereitet werden?
Die Vorbereitung einer Evakuierungsübung ist entscheidend für deren Erfolg. Die folgenden drei Schritte gehören zu einer professionell geplanten Evakuierungsübung:
- Planung und Zielsetzung: Definition klarer Ziele für die Evakuierungsübung. Welche Szenarien (beispielsweise Brandschutz) sollen geübt werden? Gibt es spezifische Bereiche, die besonders risikobehaftet sind?
- Überprüfung des Evakuierungsplans: Ist der Evakuierungsplan, der alle Fluchtwege, Notausgänge und Sammelplätze beinhaltet, aktuell und ist dieser Plan allen Mitarbeitern bekannt und zugänglich?
- Kommunikation und Schulung: Information aller Mitarbeiter über die bevorstehende Übung.
Unterweisung: Wie schulen Sie Ihre Mitarbeiter in Evakuierungen?
Die Schulung der Beschäftigten ist ein zentraler Bestandteil der Vorbereitung auf eine Evakuierungsübung. Hier sind die wichtigsten Schritte:
- Einführungsschulungen: Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter sollte eine Einführungsschulung zur Evakuierung erfolgen. Diese Schulung sollte Informationen über die Fluchtwege, Notausgänge und Sammelplätze beinhalten.
- Regelmäßige Auffrischungskurse: Auch langjährige Mitarbeiter oder Außendienstmitarbeiter, die selten am Unternehmensstandort anwesend sind, sollten regelmäßig an Auffrischungskursen teilnehmen. Dies stellt sicher, dass im Notfall alle Beschäftigten die Evakuierungsprozeduren kennen und verstehen.
- Spezielle Schulungen für Evakuierungshelfer: In jedem Unternehmen sollte es spezifische Evakuierungshelfer geben, die besondere Schulungen erhalten. Diese Personen sind verantwortlich für die Koordination der Evakuierung und die Unterstützung der Mitarbeiter im Notfall.
Ablauf: Wie muss eine Evakuierungsübung ablaufen?
Eine Evakuierungsübung sollte strukturiert und organisiert durchgeführt werden. Die DGUV-Information 205-033 enthält auf Seite 12 ein Schaubild für den Übungsfall mit drei wesentlichen Schritten. Bevor die Evakuierungsübung eingeleitet wird, wird der Evakuierungsgrund (beispielsweise Brandschutz) bestimmt. Hierbei wird zwischen einer inneren oder äußeren Gefährdung differenziert.
Danach werden die folgenden 3 Schritte abgearbeitet:
- Alarmierung: Der Evakuierungsalarm wird ausgelöst. Die Alarmierung kann durch manuelle Auslösung oder durch die Aktivierung eines automatischen Alarmsystems geschehen.
- Evakuierung: Alle Mitarbeiter verlassen geordnet das Gebäude und begeben sich zu den vorher festgelegten Sammelplätzen. Evakuierungshelfer unterstützen dabei und stellen sicher, dass keine Person zurückbleibt.
- Sammeln und Zählen: An den Sammelplätzen werden die Mitarbeiter gezählt und überprüft, ob alle anwesend sind. Fehlende Personen müssen sofort gemeldet und gesucht werden.
Nachdem die drei Schritte der Evakuierungsübung durchgeführt sind, wird die Betriebsleitung informiert. Die Übung wird beendet.
Im realen Notfall und bei einer konkreten Gefahrensituation würde zusätzlich die Einsatzleitung der Feuerwehr oder Polizei involviert werden. Sie bestimmt darüber, ob die Betriebsstätte nach einer Evakuierung und Beseitigung der Gefahr wieder betreten werden darf.
Nachbereitung & Bewertung der Evakuierungsübung
Nach der Evakuierungsübung ist eine umfassende Nachbereitung und Bewertung essenziell. Hierbei sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Feedback einholen: Sammeln Sie Rückmeldungen von allen Teilnehmern, um herauszufinden, was gut gelaufen ist und wo es Verbesserungsbedarf gibt.
- Analyse der Übung: Analysieren Sie die Evakuierungsübung anhand von festgelegten Kriterien. Wurden die Ziele erreicht? Gab es Verzögerungen oder Probleme?
- Optimierung der Evakuierungspläne: Basierend auf der Analyse und dem Feedback sollten die Evakuierungspläne und die Prozesse zur Evakuierung im Bedarfsfall optimiert werden. Dies beinhaltet auch die Überarbeitung der Schulungsinhalte und der Informationsvermittlung.
Die DGUV-Information 205-033 fasst die Nachbereitung der Wirksamkeitskontrolle (Manöverkritik) in drei einfachen Punkten wie folgt zusammen:
- Positive Erfahrungen (Was ist gut gelaufen?)
- Negative Erfahrungen (Was ist nicht gut gelaufen?)
- Besondere Vorkommnisse.
Wie oft muss eine Evakuierungsübung durchgeführt werden?
Die Häufigkeit der Evakuierungsübungen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Allgemein empfiehlt die DGUV, mindestens einmal jährlich eine Evakuierungsübung durchzuführen.
In einigen Branchen, wie beispielsweise dem Gesundheitswesen oder der chemischen Industrie, können häufigere Übungen erforderlich sein, um den speziellen Risiken gerecht zu werden.
Evakuierungsübung – Checkliste
Eine Checkliste zur Evakuierungsübung ist sinnvoll, um die Vorbereitung und Durchführung einer Evakuierungsübung fachgerecht zu strukturieren. Hier sind die wichtigsten Punkte in Kurzform:
Checkpunkte in Schritten | Maßnahme | Wann? |
Schritt 1 | Ziele der Übung festlegen | Vor der Evakuierungsübung |
Schritt 2 | Evakuierungsplan erstellen und aktualisieren | Vor der Evakuierungsübung |
Schritt 3 | Mitarbeiter informieren und schulen | Vor der Evakuierungsübung |
Schritt 4 | Alarmierung | Während der Evakuierungsübung |
Schritt 5 | Evakuierung koordinieren | Während der Evakuierungsübung |
Schritt 6 | Mitarbeiter zählen | Während der Evakuierungsübung |
Schritt 7 | Feedback sammeln | Nach der Evakuierungsübung |
Schritt 8 | Übung analysieren | Nach der Evakuierungsübung |
Schritt 9 | Prozesse optimieren | Nach der Evakuierungsübung |
Gesetzliche Grundlagen von Evakuierungsübungen
Die gesetzlichen Grundlagen für Evakuierungsübungen in Deutschland sind vielfältig und umfassen verschiedene Vorschriften und Verordnungen. Die wichtigsten Gesetze und Vorgaben finden Unternehmen hier:
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) § 4: Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge stets frei sind und geeignete Vorkehrungen treffen, damit Beschäftigte im Gefahrenfall sofort evakuiert und gerettet werden können. Zudem ist ein Flucht- und Rettungsplan zu erstellen, auszuhängen und regelmäßig zu üben, wenn es die Arbeitsstätte erfordert.
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) § 10: Das ArbSchG legt grundsätzliche Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Beschäftigten fest, einschließlich der Pflicht zur Durchführung von Evakuierungsübungen.
- DGUV-Regeln und Informationen: Verschiedene DGUV-Schriften, wie die DGUV Information 205-033, enthalten detaillierte Vorgaben und Empfehlungen für Evakuierungsübungen.