Asbest: Schutzmaßnahmen, PSA und Maßnahmenplan
- Was ist Asbest?
- Risiken: Warum ist Asbest gefährlich?
- Welche Materialien gelten als asbesthaltig?
- Gibt es unterschiedliche Asbest-Arten?
- Gibt es Leitlinien zur Asbest-Erkundung in älteren Gebäuden?
- Welche Sicherheitsmaßnahmen nach TRGS gelten zur Arbeit mit Asbest?
- TOP-Schutzmaßnahmen gegen Asbest
- Arbeitsschutz bei Asbest: In 5 Schritten zum Maßnahmenplan für Asbest
Was ist Asbest?
Asbest ist eine Gruppe von natürlich vorkommenden, faserigen Mineralien, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften, wie Hitzebeständigkeit, Festigkeit und Beständigkeit gegenüber chemischen Einflüssen, lange Zeit in verschiedenen Industrien weit verbreitet waren. Besonders in der Bauwirtschaft fand Asbest in Dämmmaterialien, Zementprodukten und Isolierungen Anwendung.
Die feinen Asbestfasern können jedoch bei der Freisetzung und Einatmung schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen, darunter Lungenkrebs, Asbestose und Mesotheliom. Seit dem 31. Oktober 1993 sind in Deutschland die Herstellung, das Inverkehrbringen sowie die Verwendung von asbesthaltigen Materialien bzw. Baustoffen verboten. Im Jahr 2005 wurde die Verwendung von Asbest aufgrund der krebserregenden Eigenschaften europaweit verboten.
Risiken: Warum ist Asbest gefährlich?
Asbest ist Auslöser von Krebserkrankungen, wie zum Beispiel Lungen- und Brustkrebs sowie von Krankheiten wie Asbestose und Verdickungen des Lungenfells.
Asbestose – auch Asbestlunge genannt – entsteht durch das Einatmen und die Ablagerung von Asbeststaub in den Atemwegen. Fachleute sprechen bei Asbestose auch von einer Form von anorganischer Staublunge. Wenn der Asbeststaub über Jahre hinweg eingeatmet wird, kommt es zur Vernarbung und Verhärtung des Bindegewebes der Lunge – zu einer Fibrosierung der Lunge.
Asbestose zählt nicht nur zu den bösartigen Staublungenerkrankungen, sondern ist auch eine anerkannte Berufskrankheit. Laut Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist eine Berufserkrankung eine Erkrankung, die ein Versicherter durch seine berufliche Tätigkeit erleidet, und die von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung als Berufskrankheit bezeichnet ist.
Für die BAuA ist nicht nur Asbestose eine Berufskrankheit, sondern auch Krebserkrankungen, wie Lungen-, Kehlkopf- und Eierstockkrebs in Verbindung mit Asbestose. Zudem gehören durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura (Brustfell) zu den Berufskrankheiten. Das Erkrankungsrisiko steigt mit der Dauer und Intensität der Belastung, das heißt mit der Asbeststaubkonzentration in der Luft.
Zur Liste der Berufskrankheiten, verursacht durch Asbest, gehört auch das sogenannte Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards. Bei einem Mesotheliom handelt es sich um einen Tumorbefall des Weichteilgewebes. Meistens tritt das Mesotheliom bei Männern in den höheren Lebensjahren auf. Oft wird das Mesotheliom im Brustfell diagnostiziert. In manchen Fällen ist auch das Bauchfell betroffen. Laut Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten, das dem Robert Koch Institut untersteht, erkrankten 2019 in Deutschland rund 1.200 Männer und 301 Frauen an einem Mesotheliom. In den vergangen zehn Jahren sei die Erkrankungs- und Sterberate hierzulande kontinuierlich zurückgegangen. Die Vermutung liegt nahe, dass es mit dem deutschland- und europaweiten Verbot von Asbest zu tun hat.
Welche Materialien gelten als asbesthaltig?
Asbesthaltig bzw. asbestverdächtig sind unter anderem Baustoffe, wie zum Beispiel:
- Putze und Dekorputze von Boden-, Wand- und Deckenfliesen,
- Gipskarton-Leichtbauwände sowie Gipskartondecken und Akustik-Lochdecken,
- Spanplattenwände sowie Fertigfußböden aus Span-, Wand- und Deckenflächen, die Spachtel- und Reparaturmassen.
Auch in Fliesenklebern kann Asbest vorkommen. In Häusern, die vor 1993 gebaut oder saniert wurden, muss mit einer Asbestbelastung der verwendeten Fliesenkleber gerechnet werden. Die Asbestbelastung – vor allem in den vor 1993 erbauten Gebäuden – ist im Allgemeinen sehr hoch.
Wichtig: Obwohl Asbest 1993 in Deutschland verboten wurde, haben Handwerksbetriebe und Bauunternehmen auch danach asbesthaltige Bauprodukte aus Lagerbeständen verarbeitet. Daher sind Gebäude, deren Baujahr vor 1995 liegt, grundsätzlich asbestverdächtig. Solange nicht das Gegenteil bewiesen wurde, muss davon ausgegangen werden, dass Asbest im Gebäude verarbeitet wurde.
Gibt es unterschiedliche Asbest-Arten?
Es gibt sowohl den schwach gebundenen und fest gebundenen Asbest als auch den Asbest in Reinform:
- Beim schwach gebundenen Asbest beträgt der Asbestgehalt in der Regel um die 60 Prozent. Spritzasbest gehört zum Beispiel zu den schwach gebundenen Asbesten. Spritzasbest wurde in der Vergangenheit vor allem in Industriebauten sowie in anderen Großbauten verbaut – und das oft als Hitze- und Brandschutz. Gleichzeitig gilt Spritzasbest als die gefährlichste Form von Asbest. Hier reichen bereits kleine Erschütterungen, damit Asbestfasern freigelassen werden.
- Anders verhält es sich bei dem sogenannten Asbestzement, bei dem die Fasern erst durch die thermische oder mechanische Behandlung freigesetzt werden. Asbestzement gehört demnach zu den fest gebundenen Asbesten und wurde zum Beispiel in Fensterbänken und Lüftungskanälen verbaut.
- Neben dem schwach und fest gebundenen Varianten kommt Asbest auch in Reinform vor, wie zum Beispiel in Kaminen und Öfen, in denen die Asbestschnüre zum Abdichten verwendet wurden. Darüber hinaus wurde er als feuerfester Füllstoff verwendet. Das Gefährliche an Asbest in Reinform ist, – ebenfalls wie bei schwach gebundenem Asbest – dass die Fasern schnell freigesetzt werden.
Laut Angaben des Umweltbundesamtes beträgt der Asbestgehalt bei Asbestzement bis zu 15 Prozent. Wenn der Zement bei Arbeiten zerstört oder bearbeitet wird, können größere Fasermengen beim Asbestzement freigesetzt werden. Das trifft vor allem dann zu, wenn die Materialien mit Asbestzement abgeschliffen oder abgestemmt werden.
Gibt es Leitlinien zur Asbest-Erkundung in älteren Gebäuden?
Ja, die BAuA stellt auf ihrer Website eine Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und älteren Gebäuden zum kostenfreien Download bereit. Laut Angaben der BAuA richtet sich die Leitlinie an diejenigen, die Baumaßnahmen planen, durchführen und mit einer Erkundung von Asbest in Gebäuden konfrontiert werden. Obwohl sich die Leitlinie in erster Linie an Laien und Heimwerker wendet, sei sie auch für kleine und mittlere Handwerksbetriebe geeignet, da sie Hinweise und Orientierungshilfen darin finden. Neben allgemeinen Informationen zu Asbest sowie zu Hinweisen zu Asbest in Gebäuden erfahren Leser, wie sie bei der Asbesterkundung vorgehen und wie asbesthaltige Bauabfälle korrekt entsorgt werden.
Welche Sicherheitsmaßnahmen nach TRGS gelten zur Arbeit mit Asbest?
Die TRGS (Technische Regeln für Gefahrstoffe) thematisieren Asbest und geben Unternehmen unter anderem wichtige Hinweise darauf, wie bei Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen umgegangen werden muss. Punkt 8 der TRGS 519 thematisiert die sicherheitstechnischen Maßnahmen.
Demnach müssen die Arbeiten – beispielsweise bei einer Asbestsanierung – so gestaltet sein, dass Asbestfasern nicht frei werden und die Ausbreitung von Asbeststaub verhindert wird. Ebenso wichtig ist die Bereitstellung einer Persönlichen Schutzausrüstung und Atemschutz.
Persönliche Schutzausrüstung (PSA) bei Arbeiten mit Asbest
Darüber hinaus müssen Arbeitgeber den Beschäftigten Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung stellen. Gemäß Punkt 9.1 (Allgemeine Anforderungen) müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass die PSA in einem gebrauchsfähigen und hygienisch einwandfreien Zustand ist. Zudem müssen die Vorgesetzten vor dem Beginn der Arbeiten festlegen, welche PSA für die Arbeiten mit Asbest – beispielsweise bei einer Asbestsanierung – verwendet werden.
Atemschutz beim Umgang mit Asbest
Wie es in Punkt 9.2 der TRGS 519 heißt, müssen die Beschäftigten FFP2-Masken tragen ab einer Asbestfaserkonzentration von 10.000 F/m3 bis zu einer Konzentration von 100.000 F/m3. Die FF2-Masken dürfen ausschließlich für kurzzeitige Tätigkeiten von maximal zwei Stunden Schicht getragen werden.
Weiterer Atemschutz als PSA sind:
- Halbmasken mit P2-Filter für länger andauernde Tätigkeiten
- Masken mit Gebläse und Partikelfilter TM1P
- FFP3-Masken für Tätigkeiten bis zu zwei Stunden (in Bereichen mit Asbestfaserkonzentrationen von 100.000 F/m3 bis 300.000 F/m3
- Halbmasken mit P3-Filter für länger andauernde Tätigkeiten
- Masken mit Gebläse und Partikelfilter TM2P
Bei Arbeiten mit Faserkonzentrationen von mehr als 300.000 und größer als 4.000.000 F/m3 müssen Arbeitgeber höherwertige Atemschutzgeräte oder Isoliergeräte einsetzen – wenn es notwendig ist mit Anwärmung der Atemluft.
TOP-Schutzmaßnahmen gegen Asbest
Laut den Handlungsempfehlungen der TRGS sollten Arbeitgeber bei der Entwicklung und Umsetzung der Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten nach dem sogenannten STOP-Prinzip vorgehen. Das Prinzip beschreibt die Rangfolge bzw. die Hierarchie der Maßnahmen. Die einzelnen Buchstaben stehen dabei für die verschiedenen Maßnahmen:
- S: Substitution
- T: Technische Schutzmaßnahmen
- O: Organisatorische Maßnahmen
- P: Persönliche Schutzmaßnahmen
Bei der Substitution sollen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Möglichkeit vermieden werden. Darüber hinaus sollen im Rahmen der Substitution Gefahrstoffe durch andere Stoffe oder Gemische ersetzt werden, die weniger gesundheitsschädlich sind. Im Fall von Arbeiten mit Asbest, wie beispielsweise bei einer Asbestsanierung, ist eine Substitution nicht möglich.
Aus diesem Grund müssen Arbeitgeber auf die Technischen Schutzmaßnahmen zurückgreifen. Laut Angaben der BAuA müssen organisatorische Maßnahmen dann ergriffen werden, wenn das Schutzziel durch die Substitution und die technischen Maßnahmen nicht erreicht wird bzw. es absehbar ist, dass es nicht erreicht werden kann. Darüber hinaus dienen die organisatorischen Maßnahmen dazu, dass sämtliche getroffenen Schutzmaßnahmen nachhaltig sind. Erst im letzten Schritt geht es an die persönlichen Schutzmaßnahmen.
Arbeitsschutz bei Asbest: In 5 Schritten zum Maßnahmenplan für Asbest
Unternehmen bzw. Arbeitgeber tun gut daran, einen konkreten Maßnahmenplan zu erarbeiten, der im Sinne des Arbeitsschutzes für die erhöhte Sicherheit der Beschäftigten sorgt. So bereiten Unternehmen die Arbeiten mit Asbest in fünf Schritten vor:
Schritt 1: Informationen sammeln
Arbeitgeber müssen vor dem Arbeitsbeginn ermitteln, ob Arbeiten mit asbesthaltigen Gefahrstoffen zu erledigen sind oder solche Stoffe bei den geplanten Tätigkeiten freigesetzt werden können. Sie müssen insbesondere prüfen, ob Asbest in schwach gebundener Form vorliegt. Eine Abgrenzung von Verdachtsflächen bzw. Unterscheidung eventuell asbesthaltiger von nicht asbesthaltigen Flächen ist ohne weitere Laboranalysen in den meisten Fällen nicht möglich. Liegen hierzu keine Angaben vor, müssen sie gegebenenfalls Materialproben in einem Labor für Baustoffanalysen untersuchen lassen.
Zur Gefährdungsbeurteilung benötigen Arbeitgeber folgende Informationen:
- Art und Bezeichnung der vorhandenen asbesthaltigen Produkte
- mechanischer Zustand der Asbestprodukte sowie Kontaminationen, die ggf. relevant sind
Schritt 2: Gefährdungsbeurteilung erstellen
Für die Tätigkeit mit Asbest muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Dabei müssen Arbeitgeber folgende Punkte berücksichtigen:
- Ausmaß und Dauer der inhalativen Exposition
- Arbeitsbedingungen und Verfahren einschließlich der Arbeitsmittel und der Menge des jeweiligen Asbestproduktes
- erforderliche Schutzmaßnahmen
- Festlegungen zur Wirksamkeitsprüfung der getroffenen Schutzmaßnahmen
In die Gefährdungsbeurteilung müssen die Mitarbeiter mit eingezogen werden, die Tätigkeiten mit asbesthaltigen Gefahrstoffen durchführen. Darüber hinaus sollten auch die Kollegen sowie andere Personen berücksichtigt werden, soweit eine Gesundheitsgefährdung möglich und deren Aufenthalt im Gefährdungsbereich notwendig ist.
Die Gefährdungsbeurteilung muss dokumentiert werden. Zudem muss die Dokumentation auch die geplanten Schutzmaßnahmen enthalten. Arbeitgeber sollten ihre Gefährdungsbeurteilung bei jeder Veränderung im Unternehmen aktualisieren.
Schritt 3: Arbeitsplan entwickeln
Im Vorfeld von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen mit Asbest und der Asbestabfallbeseitigung sollten Arbeitgeber einen entsprechenden Arbeitsplan entwickeln. In dem Plan müssen nicht nur die Ergebnisse aus der Gefährdungsbeurteilung Eingang finden, sondern auch:
- Vorgehensweisen und Arbeitstechniken bei der Entfernung von Asbest und asbesthaltigen Materialien sowie Einrichtungen zum Schutz und zur Dekontamination der Beschäftigten und anderer Personen, die im Gefahrenbereich tätig sind.
- Angaben zur Persönlichen Schutzausrüstung
- Informationen zur Freigabe des Arbeitsbereichs nach Abschluss der Arbeiten
- Informationen zur Freigabe des Arbeitsbereichs nach Abschluss der Arbeiten
- Angaben zur Abfallbehandlung und -bereitstellung zur Abholung an der Arbeitsstätte
Bei wesentlichen Änderungen muss der Arbeitsplan aktualisiert werden.
Schritt 4: Erstellung von Betriebsanweisung zu Asbest
Auf Basis der Gefährdungsbeurteilung sollte eine arbeitsplatzbezogene Betriebsanweisung erstellt werden. Diese muss unter anderem folgende Informationen enthalten:
- Angaben zu den asbesthaltigen Gefahrstoffen, die am Arbeitsplatz auftreten sowie Informationen zu weiteren Gesundheitsgefährdungen.
- Hinweise über angemessene Vorsichtsmaßregeln und Maßnahmen, die der Beschäftigte zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen Beschäftigten am Arbeitsplatz durchzuführen hat. Dazu gehören insbesondere a) Hygienemaßnahmen, b) Informationen über expositionsmindernde Maßnahmen, c) Informationen zum Tragen und Benutzen von Schutzausrüstungen und Schutzkleidung.
- Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen und zur Ersten Hilfe
- Informationen über die sachgerechte Behandlung und Beseitigung entstehender Asbestabfälle
Die Betriebsanweisung muss am Arbeitsplatz aushängen. So stellen Unternehmen sicher, dass jeder Mitarbeiter Zugang zu den Informationen hat.
Schritt 5: Mitarbeiterunterweisung
Mitarbeiter müssen über auftretende Gefährdungen und Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen werden. Die Unterweisung muss vor Beginn der Arbeiten erfolgen und mindestens jährlich wiederholt werden. Bei umfangreichen Arbeiten, wie beispielsweise dem Entfernen von schwach gebundenen Asbestprodukten an Dachbindern, Wänden und Decken, müssen Vorgesetzte die Beschäftigten zusätzlich objektbezogen hinsichtlich der Gefährdungen und Schutzmaßnahmen einweisen.
Wichtige Punkte der Einweisung sind unter anderem:
- Eigenschaften von Asbest und dessen Wirkungen auf die Gesundheit einschließlich der verstärkenden Wirkung des Rauchens
- Hinweis auf gewerkspezifische asbesthaltige Materialien
- Unterrichtung über sachgerechte Anwendung sicherer Arbeitsverfahren und Persönlicher Schutzausrüstungen
- Maßnahmen bei auftretenden Störungen des Betriebsablaufes